Jean de Lescun

französischer Adliger, Gouverneur von Dauphiné und Lyon

Jean bâtard d’Armagnac, genannt Jean de Lescun (* um 1405/10; † kurz nach dem 1. Juni 1473 in der Dauphiné), Comte de Comminges et de Briançonnais, war Marschall von Frankreich, Gouverneur der Dauphiné, Lieutenant-général von Guyenne, Ratgeber und Erster Kammerherr des Königs Ludwig XI. etc.

Jean de Lescuns Wappen bis 1461

Leben Bearbeiten

Jean de Lescun ist der uneheliche Sohn von Arnaud-Guilhem de Lescun, der 1393–1418 Bischof von Aire war, und Annette d‘Armagnac de Termes[1] und stammt somit väterlicherseits von der alten und kleinen Herrschaft Lescun im Béarn.[1] Sein Bruder ist der ebenfalls uneheliche Jean de Lescun, der von 1462 bis 1483 Erzbischof von Auch war.[2]

Er begann seine militärische Laufbahn bei Jean d’Armagnac, Vicomte de Lomagne, in dessen Dienst er es zu einem renommierten Capitaine schaffte. Als Jean d’Armagnac König Karl VII. seine Gefolgschaft aufkündigte, folgte ihm Jean de Lescun bis in die Auvergne, wobei er das Land, das sie durchquerten, verwüstete.[1] 1444 wurde der Kronprinz, der spätere König Ludwig XI. gegen den Grafen von Armagnac in Marsch gesetzt.[1] Ludwig behielt schnell die Oberhand und nahm Jean d’Armagnac gefangen. Jean de Lescun hingegen schloss sich dem Kronprinzen an und stand von nun bis zu seinem Lebensende in dessen Dienst.[1]

 
Jean des Lescuns Wappen ab 1461

Jean de Lescun verdankte seine Karriere der Gunst Ludwigs XI., dessen Favorit er schon war, als dieser noch Dauphin war. Am 10. August 1450 – zu dieser Zeit war er Seigneur de Gourdon und Tournon – wurde er zum Seneschall des Valentinois ernannt, am 4. Oktober 1450 zum Marschall der Dauphiné. 1454 erwarb er vom Grafen von Armagnac die Baronien Mauléon und Cazaubon.

Am 4. Januar 1457 wurde er Gouverneur der Dauphiné[3], allerdings konnte er sein Amt erst am 8. August 1461 antreten.[4]

Am 3. August 1461 – zehn Tage nach Ludwigs Thronbesteigung – wurde er zum Marschall von Frankreich ernannt, eine Woche später, am 11. September, zum Offizier an der Cour des Aides,[5] sowie – noch vor der Krönung Ludwigs – den Nießbrauch der Grafschaft Comminges.[6]

1462 wurde er zum Lieutenant-général und Gouverneur von Guyenne ernannt.[7] Am 26. Mai 1463 wurde er legitimiert. Am 16. Juni 1463 wurde Louis Bastet de Crussol zu seinem Nachfolger als Gouverneur der Dauphiné ernannt.[8] Am 30. November 1464 wurde er zum Comte de Briançonnais ernannt. Von 1468 bis 1473 war er Gouverneur von Lyon.[1][9]

Bei der Gründung des Ordre de Saint-Michel am 1. August 1469 wurde er zum Ordensritter ernannt. Nach dem Rücktritt Louis de Crussols als Gouverneur der Dauphiné in der zweiten Jahreshälfte 1472 übernahm Jean de Lescun noch einmal dieses Amt bis zu seinem Tod.[10] Am 26. April 1473 verfasste er sein Testament, das er am 1. Juni 1473 um Regelungen zu seiner Beerdigung ergänzte. Er starb kurz darauf im gleichen Jahr.[11]

Jean de Lescun war auch Seigneur de Sauveterre en Comminges et Lombez[12], Vicomte de Serrières[13], Sire de Saint-Béat und Seigneur de Langoiran.

Die endgültige Rückeroberung Aquitaines von den Engländern, sein Amt als Gouverneur, das Scheitern des Hauses Lomagne (Grafen von Armagnac, Rodez und La Marche sowie Herzöge von Nemours)[14], sowie die Gunst des Königs brachte ihm weitere Lehen ein: Labastide-d’Armagnac, Monclar, Marguestau, Castelnau, Larée... , dazu im Albigeois die Herrschaften Labastide-de-Lévis, Castelnau-de-Lévis, Puybegon, Sénégats und Graulhet[15]; im Quercy und Agenais erwarb er Gourdon, Fumel und Tournon.

Ehe und Familie Bearbeiten

Jean de Lescun heiratete 1465 Margherita di Saluzzo († nach 1478), Tochter von Lodovico I. del Vasto, Marchese di Saluzzo, und Isabella Paleologa von Montferrat. Ihre Kinder sind :

  • Catherine d’Armagnac, Dame de Langoiran, die von ihrem die Lehen im Quercy erhielt; ⚭ Gaston de Montferrand, Sohn von Bertrand IV. de Montferrand und Antoinette
  • Madeleine d’Armagnac († 1515), Dame de Sauveterre en Comminges et Lombez, Baronne de l'Eauzan (Casaubon, Mauléon etc.), der ihr Vater auch die Lehen im Albigeois hinterließ.; ⚭ 13. November 1484 Hugues d’Amboise, Seigneur , Seigneur d’d'Aubijoux, Seneschall von Beaucaire, gefallen am 14. September 1515 in der Schlacht bei Marignano; sie sind die Eltern von Jacques d’Amboise und die Großeltern von Louis d'Amboise d'Aubijoux.
  • Antoinette d‘Armagnac

Darüber hinaus hatte er von Marie Sohier aus Gennep in Brabant drei uneheliche Kinder, die im April 1466 legitimiert wurden: Jeannot de Mauléon et Cazaubon, Catherine et Jeanne.

Literatur Bearbeiten

  • Père Anselme, Histoire généalogique et chronologique de la Maison de France, Band 7, 1733, S. 94
  • Emmanuel Johans, Jean de Lescun (v. 1405-1473): Destinée politique d’un vrai bâtard, pseudo-Armagnac, au service du roi, in: Bâtards et bâtardises dans l’Europe médiévale et moderne, Rennes, Presses universitaires de Rennes, 2016, ISBN 9782753555471, S. 279–288.
  • Emmanuel Johans, Les bâtards d'Armagnac (XIVe-XVIe siècles), in: Éric Bousmar, Alain Marchandisse, Christophe Masson, Bertrand Schnerb (Hrsg.), La bâtardise et l'exercice du pouvoir en Europe du XIIIe au début du XVIe siècle, Coll. Revue du Nord (Hors Série Histoire) Nr. 31, 2015, S. 251–266.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. a b c d e f Association des amis du Musée d'histoire militaire de Lyon et de sa région (Lyon, Rhône), Les gouverneurs de Lyon, 1310-2010 le gouvernement militaire territorial, Ed. Lyonnaises d'Art et d'Histoire, ISBN 9782841472260
  2. Père Anselme
  3. Guy Allard, Les gouverneurs et lieutenans généraux au gouvernement de Dauphiné, Grenoble, Jean Verdier impr., 1704 (Neudruck bei H. Gariel, Grenoble, 1864, S. 176–177); Père Anselme nennt den 24. Januar
  4. Père Anselme, der aber auch notiert, dass Jean de Lescun – da er ständig in der Nähe des Königs war – am 30. Januar 1461 Aymé Allemant, Seigneur de Champs, zu seinem Stellvertreter ernannte, am 25. März 1465 dann Soffrey Allemant, Seigneur de Chasteauneuf et Uriage – Père Anselme zitiert dazu Dokumente aus den Jahren 1468 bis 1472, in denen Jean de Lescun als: „conseiller & premier chambellan du Roi, comte de Cominges, maréchal de France, lieutenant- general au duché de Guyenne, & gouverneur du Dauphiné“ bezeichnet wird, während er nach Allard von Mitte 1463 bis Mitte 1472 nicht Gouverneur der Dauphiné war (siehe unten)
  5. Ordonnances des roys de France de la troisième race : Ordonnances rendues depuis le commencement du règne de Louis XI jusqu'au mois de mars 1473, 1811-20, 1811, Nr. 468
  6. Die Grafschaft Comminges war mit dem Tod von Mathieu de Foix-Comminges 1453 an die Krone zurückgefallen, so dass der König über sie verfügen konnte. Jean de Lescun behauptete jedoch in der Folge, zu dem alten Grafenhaus zu gehören und trug in seinem Wappen das Kreuzmuster von Comminges und dem Armagnac-Löwen und gab sich als Erbe der Grafen von Armagnac aus, obwohl seine Mutter Annette zum jüngeren Zweig der Familie, den Armagnac de Termes, gehörte; nach Père Anselme wurde er am 3. August 1461 nicht nur zum Marschall, sondern auch zum Graf von Comminges ernannt.
  7. Père Anselme zitiert: „bâtard d’Armagnac, maréchal de France, gouverneur et lieutenant general des Pays & duché de Guyenne“.
  8. Allard, S. 177
  9. Bei Père Anselme nicht erwähnt
  10. Allard
  11. Père Anselme
  12. Zu unterscheiden von Sauveterre-de-Comminges
  13. Die Region von Saint-Frajou: l'Isle-en-Dodon, Salherm, Lilhac, Montbernard, Puymaurin, Mondilhan, Saint-Ferréol, Escanecrabe, Castéra-Vignoles... in der Provinz Savès
  14. das nach Père Anselme auf den schlechten Eindruck („mauvaises impressions“) zurückzuführen ist, die Jean de Lescun dem König vermittelte
  15. Diese Lehen der Vicomtes de Lautrec wurden ihm 1460/66 von den Brüdern Jean († 1474) und Antoine († 1494) de Lévis-Lautrec abgetreten; dass er Graulhet zu diesem Zeitpunkt bekam, ist nicht gesichert, es könnte auch an seinen Schwiegersohn oder seinen Enkel gegangen sein.