Hermann Hussong

deutscher Architekt und Stadtplaner

Hermann Hussong (* 20. September 1881 in Blieskastel; † 16. September 1960 in Heidelberg) war ein deutscher Architekt und Stadtplaner, der vor allem in Kaiserslautern und Heidelberg tätig war.

Bunter Block in Kaiserslautern

Leben und Werdegang Bearbeiten

Hermann Georg Hussong war Sohn des Kaufmanns Ludwig Valentin Hussong und seiner Frau Amalia Apollonia aus Blieskastel. Mit seiner Frau Karoline Luise Hussong, geb. Lorch, aus Zweibrücken hatte er zwei Kinder: Hans Hussong (* 19. April 1912; † 25. August 2005 Kassel) und Lieselotte, verheiratet mit Alois Bischoff.

Nach dem Abitur 1900 in Zweibrücken nahm er ein Studium an der Technischen Hochschule München auf, das er 1905 mit Auszeichnung als Diplom-Ingenieur und Regierungsbaumeister abschloss.[1] Als Referendar kehrte er in die Pfalz zurück und wirkte am Neubau der Heil- und Pflegeanstalt[2] in Homburg mit. 1908 wurde er an das Landbauamt Bamberg berufen, wo er die staatliche Korbflechterei Lichtenfels und zwei Domherrenhäuser entwarf.

Ausgewählt unter mehreren Bewerbern, trat Hermann Hussong am 1. Juli 1909 als Stadtbauamtmann in Kaiserslauterer Dienste. Ihm wurden die Geschäfte der Wohnungs-, Feuer- und Baupolizei übertragen.[3] Er war Mitarbeiter und später Nachfolger von Stadtbaurat Eugen Bindewald, der am 15. Januar 1913 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Am 15. April 1920 wurde Hermann Hussong zum Stadtbaurat und damit zum Leiter des Stadtbauamts berufen. Am 26. November 1920 wurde er zum Oberbaurat befördert und am 10. März 1921 als berufsmäßiger Stadtrat gewählt.[4] 1931 ernannte man ihn zum Oberbaudirektor.

Vom nationalsozialistisch dominierten Stadtrat wurde Hermann Hussong, der keiner Partei angehörte[5], am 12. September 1933 zwangspensioniert. Auslöser war ein Schreiben von elf Architekten der Arbeitsgemeinschaft der Privatarchitekten vom 23. Mai 1933, die Vorwürfe der Vorteilsannahme und der Bereicherung gegen Hermann Hussong erhoben. Sie forderten die „Entfernung dieses Herrn“.[6] Am 30. Mai 1933 folgten Schreiben des Bauhandwerks mit Vorwürfen in Bezug auf Vergabeverfahren. Die Kreisleitung der NSDAP unterstellte Hermann Hussong, kommunistischen Ideen nahe zu stehen. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 23. Juni 1933 wollte man Hermann Hussong nicht nur aus dem Amt entfernen und die Auszahlung seiner Besoldung sperren, sondern ihn darüber hinaus für Schäden während seiner Amtszeit haftbar machen. Hermann Hussong, dem alle Vorwürfe nie persönlich vorgelegt worden waren und der sich nur auf Pressemitteilungen stützen konnte, legte am 12. Juli 1933 einen Rechenschaftsbericht vor. Zwar wurde er zum 12. September 1933 in den Ruhestand versetzt, weil seine Tätigkeit „Erbitterung und Ablehnung in den weitesten Kreisen Kaiserslauterns ausgelöst“ habe und eine „ersprießliche Tätigkeit nicht mehr zu erwarten sei“. Aber seine Ruhestandsbezüge mussten gezahlt und der Anspruch auf Schadensersatz fallen gelassen werden. Die Regierung der Pfalz bestätigte, dass im Falle Hussong „eine unsaubere persönliche Bereicherung im Sinne der Korruption nicht vorliegt.“[7] Die Familie verließ die Dienstwohnung in der Fliegerstraße 1, zog 1933 zu den Schwiegereltern nach Zweibrücken und 1934 über Mannheim nach Heidelberg.[8]

Als bereits ein Teil der Stadt Kaiserslautern zerstört war, holte man Hermann Hussong zurück und stellte ihn am 1. Juni 1943 als „Leiter der örtlichen Sofortbaumaßnahmen“ ein[9], wo er für den Bau von Luftschutzbunkern und Beseitigung von Kriegsschäden zuständig war.[10]

Alex Müller, erster Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg, wollte Hermann Hussong für den Wiederaufbau der Stadt Kaiserslautern gewinnen. Die Anstellung kam jedoch wegen interner Widerstände nicht zustande.[11] Nach dem Krieg wirkte Hermann Hussong ab 16. April 1945 als Oberbaudirektor in Heidelberg bis zu seiner Pensionierung 1952.[12] Für das neu geschaffene Verwaltungsgebiet Saar-Pfalz-Südhessen wurde er am 18. Mai 1945 zum Abteilungsleiter für Bau und Wiederaufbau ernannt.[13]

Hermann Hussong verstarb am 16. September 1960 in Heidelberg, sein Grab befindet sich auf dem Handschuhsheimer Friedhof.[14]

Wirken Bearbeiten

Bebauungspläne Bearbeiten

Stadtbaurat Eugen Bindewald hatte 1887 einen Erweiterungsplan für die Stadt Kaiserslautern vorgelegt. Die Zunahme der Bevölkerung infolge der fortschreitenden Industrialisierung machten eine Weiterentwicklung nötig. Die bereits bestehenden Arbeitersiedlungen auf dem „Kotten“ in der Nähe der Kammgarn-Spinnerei und das Wohngebiet „Krimm“ im Osten der Stadt zeichneten sich durch kleine Häuser mit wenigen Kammern, Stall und Garten aus, die oft durch Hofverbauung und Überbelegung hygienische Missstände aufwiesen. Da man für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg einen zusätzlichen Wohnungsmangel erwartete, überprüfte man die Wohnverhältnisse durch eine Analyse, die Gewerbelehrer Eugen Rhein durchführte.[15]

In der Überarbeitung des innerstädtischen Bebauungsplans kam es im Bereich „Westlich der Schloßstraße“ 1913 zur Durchführung der Fackelstraße vom Schillerplatz zum Fackelrondell und damit zur Einrichtung einer Ost-West-Achse im Innenstadtkern. Hermann Hussong legte in mehreren Plänen die Bebauung der Gebiete am damaligen Stadtrand fest: „Am Gersweilerweg“ 1910, „Im Altenwoog“ 1911, „Am heiligen Häuschen“ 1912, „Am Stophelspfad“ 1912 und Landbausiedlung Lämmchesberg 1917.[16]

Am 15. April 1919 stimmte der Stadtrat der von Hermann Hussong entworfenen Staffelbauordnung zu. Ziele Hussongs waren die Geschlossenheit und Einheitlichkeit im Straßenbild und eine neue Ordnung für das bisher oft willkürlich gehandhabte Bauen. Der Plan teilt die Viertel der Stadt aufgrund ihrer Funktion in Geschäfts-, Wohn-, und Industrieviertel ein. Die Höhe und die Geschosszahl der Gebäude in jedem Viertel wurden festgelegt.[17] Hermann Hussong stellte 1925 rückblickend fest, dass „die neuen Pläne Sinn und Ordnung, Maß und Verhältnis, Wohlklang und warmes Leben in die Erweiterung der Städte“[18] brachten. Er legte in der Stadt Brunnen[19], Plätze und Grünanlagen an, mit dem Ziel der Aufwertung des Stadtbildes und der Schaffung städtischer Naherholungsgebiete.

Gründung der Bau AG Bearbeiten

Zum Bau von neuen Wohnanlagen wurden im April 1919 die Gemeinnützige Baugenossenschaft zur Errichtung von Kleinwohnungen eGmbH und der Gemeinnützige Bauverein e.V. gegründet, die zwei Jahre später zur Gemeinnützigen Bau-Aktiengesellschaft vereinigt wurden. Der engen Zusammenarbeit des Leiters der Bau AG, Eugen Rhein, mit Bürgermeister Franz Xaver Baumann und Stadtbaurat Hermann Hussong verdankt die Stadt Kaiserslautern zahlreiche Gebäudekomplexe mit vielen Wohnungen, die das Stadtbild noch heute prägen.

Wohnanlagen und -gebäude in Kaiserslautern Bearbeiten

In Kaiserslautern entwarf er 1912 den Waldfriedhof, der zum Vorbild für ähnliche Anlagen in Deutschland wurde. 1920 wurde er zum Oberbaudirektor ernannt. Bis zu seiner Zwangspensionierung 1933 entwarf er in Kaiserslautern zahlreiche Neubauten, deren Stil von expressionistisch verfremdeter Barockarchitektur bis zum Funktionalismus reicht. Beispiele sind die Wohnanlage in der Fischerstraße (1919 ff.), das „Bunte Viertel“ in der Königstraße / Marienstraße (1924–1925) und der Rundbau (1928). Verloren sind u. a. das Ausstellungsgelände (1925, im Krieg zerstört)[20] und das Protestantenhaus (nach dem Krieg umgebaut zum Pfalztheater, 1999 abgerissen) sowie das Kolonnengebäude des DRK (abgerissen 2021[21]).

Bau-Projekte in Heidelberg Bearbeiten

Zu Hermann Hussongs Aufgaben in Heidelberg gehörte die Wiederherstellung der Neckarbrücken, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs gesprengt worden waren. Er war beteiligt an „Heidelbergs größtem Bauprojekt“, der Verlegung und dem Neubau des Hauptbahnhofes[22], der am 19. Januar 1950 von der Deutschen Bundesbahn beschlossen worden war. Hiermit sollte der Kopfbahnhof zum Durchgangsbahnhof werden und die Stadt verkehrstechnisch entlastet werden. Durch die veränderte Verkehrsführung konnten neue bauliche Schwerpunkte gesetzt werden. Auch für den am 07. Dezember 1950 vom Stadtrat beschlossenen Neubau des Bunsen-Realgymnasiums im Neuenheimer Feld war Hermann Hussong zuständig.[23]

Sonstige Tätigkeiten Bearbeiten

Hermann Hussong engagierte sich in der Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler und im Bund Pfälzer Künstler. Zu seinem Freundeskreis zählten der Schriftsteller Paul Münch und die Museumsdirektoren Eduard Brill und Hermann Graf.[24] 1951 machte er sich um die Gründung des Architekten- und Ingenieur-Vereins Rhein-Neckar verdient, den er als erster Vorsitzender vom 30. Mai 1951 bis 1953 leitete.[25]

In seiner Freizeit entwarf er Kohlestift-Zeichnungen u. a. von den Ortsmittelpunkten zahlreicher pfälzischer Dörfer und Städte.

Literatur Bearbeiten

  • Daniela Christmann: Die Moderne in der Pfalz. Künstlerische Beiträge, Künstlervereinigungen und Kunstförderung in den zwanziger Jahren. Kehrer, Heidelberg 1999, ISBN 3-933257-06-9, S. 98–117.
  • Daniela Christmann, Britta E. Buhlmann (Hrsg.): Es kommt eine neue Zeit! Kunst und Architektur der zwanziger Jahre in der Pfalz. Pfalzgalerie, Kaiserslautern 1999, ISBN 3-89422-102-X.
  • Daniela Christmann: Vom Pathos zur Sachlichkeit. Hermann Hussong – Fischerstraße und Rundbau in Kaiserslautern. Zwei Beispiele für den Wohnungsbau der zwanziger Jahre in Kaiserslautern. In: Daniela Christmann (Hrsg.): RückSicht. Festschrift für Hans-Jürgen Imiela zum 5. Februar 1997. Schmidt, Mainz 1997, ISBN 3-87439-420-4, S. 199–212.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Archiv für Architektur und Ingenieurbau: Hermann Hussong. In: Karlsruher Institut für Technologie KIT. Abgerufen am 1. Mai 2024.
  2. Architekt Heinrich Ullmann
  3. Melitta Rinnert: Herr Karcher und Fräulein Benzino sowie weitere Kaiserslauterer Persönlichkeiten. MeRiKa-Verlag, Kaiserslautern 2017, ISBN 978-3-9816186-3-1, S. 126.
  4. Daniela Christmann: Die Moderne in der Pfalz. Kehrer-Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-933257-06-2, S. 100.
  5. Daniela Christmann: RückSicht: Festschrift für Hans-Jürgen Imiela zum 5. Februar 1997. Hermann Schmidt, Mainz 1997, ISBN 978-3-87439-420-8, S. 210.
  6. Ulrich Hussong: Die Absetzung von Oberbaudirektor Hermann Hussong in Kaiserslautern im Jahre 1933. In: Jürgen Keddigkeit (Hrsg.): Jahrbuch für pfälzische Geschichte und Volkskunde. Nr. 4, 2004. Kaiserslautern 2005, ISBN 978-3-9810838-0-4, S. 199–220, S.201.
  7. Ulrich Hussong: a.a.O., S. 214.
  8. Ulrich Hussong: a.a.O., S. 219.
  9. Ulrich Hussong: a.a.O., S. 219.
  10. Anmerkung: Spätere Bombenangriffe erfolgten am 14. August und 28. September 1944.
  11. Gerhard Westenburger: Hermann Hussong hat große Teile von Kaiserslautern neu geordnet. In: Die Rheinpfalz. Kaiserslautern 22. Juli 2021.
  12. Ulrich Hussong: a.a.O., S. 220.
  13. Heidelberger Geschichtsverein e.V.: Zeittafel zur Heidelberger Geschichte ab 1945. Abgerufen am 1. Mai 2024.
  14. Karl Kollnig, Inge Frese: Der Handschuhsheimer Friedhof. Ein Rundgang. 2. Auflage. Brigitte Gunderjahn, Heidelberg 2000, ISBN 978-3-924973-83-4, S. 110.
  15. Daniela Christmann: Die Moderne in der Pfalz. a.a.O., S. 99.
  16. Daniela Christmann: Vom Pathos zur Sachlichkeit. a.a.O., S. 211.
  17. Daniela Christmann: Die Moderne in der Pfalz. a.a.O., S. 100.
  18. Hermann Hussong: Städtebau in der Pfalz. In: Pfälzer Land. Nr. 6, 1925, S. 79.
  19. u. a.: Spittelmüller-Brunnen am Stiftsplatz, Bärenbrunnen in der Otto-Straße
  20. zeitgenössische Abb. in: Walter Müller-Wulckow: Deutsche Baukunst der Gegenwart. Bauten der Gemeinschaft. Langewiesche Verlag, Königstein/Taunus / Leipzig 1929, S. 42.
  21. Kaiserslautern reißt sich selber ab. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 28. März 2021, abgerufen am 18. April 2021.
  22. Heidelbergs größtes Bauprojekt: Die Verlegung des Hauptbahnhofs. Die Ausführungen von Oberbaudirektor Hussong vor dem Stadtrat. In: Heidelberger Amtsanzeiger. Nr. 25. Heidelberg 20. Juni 1952.
  23. Karl Kollnig, Inge Frese: a.a.O., S. 110.
  24. Daniela Christmann: RückSicht. a.a.O., S. 211.
  25. Andreas Schenk: "Mit collegialem Gruß". 125 Jahre AIV Architekten- und Ingenieurverein Rhein-Neckar e.V. 1885-2010. Hrsg.: Stadtarchiv Mannheim. Mannheim, S. 31.