Umfahrung Innsbruck

zweigleisige elektrifizierte Hauptbahn in Österreich, überwiegend im Tunnel
(Weitergeleitet von Güterzugumfahrung Innsbruck)

Koordinaten: 47° 16′ 55,5″ N, 11° 32′ 28,9″ O

Abzw Fritzens-Wattens 2–Abzw Innsbruck 1
Südportal des Inntaltunnels bei der Einmündung in die Brennerbahn
Südportal des Inntaltunnels bei der Einmündung in die Brennerbahn
Strecke der Umfahrung Innsbruck
Streckennummer (ÖBB):305 01
Streckenlänge:14,853 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Netzkategorie:A
Stromsystem:15 kV 16,7 Hz ~
Maximale Neigung:
Höchstgeschwindigkeit:160 km/h
Brenner-Nordzulauf von Grafing Bahnhof
Unterinntalbahn von Kufstein
0,561 Abzw Fritzens-Wattens 2 (L 558 m)
Unterinntalbahn nach Innsbruck
1,9 Innbrücke (L 488 m)
2,1 Inntalautobahn A 12
2,315 Inntaltunnel Nordportal (L 12,696 km) 571 m
4,174 Sbl Fritzens-Wattens 13
9,966 Üst Fritzens-Wattens 14
10,050 zum Brennerbasistunnel (vorbereitet)
13,242 Sbl Fritzens-Wattens 15
14,7 Brennerautobahn A 13
15,011 Inntaltunnel Südportal 667 m
Brennerbahn von Innsbruck
15,414 Abzw Innsbruck 1 (L 716 m)
Brennerbahn nach Verona

Die Umfahrung Innsbruck, auch amtlich Südumfahrung Innsbruck (E330a) und Güterzugumfahrung Innsbruck genannt, ist eine etwa 15,4 km lange zweigleisige elektrifizierte Hauptbahn in Österreich. Sie führt im Wesentlichen in einem Tunnel (Inntaltunnel) an der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck vorbei und verbindet die Unterinntalbahn mit der Brennerbahn. Die 1994 eröffnete Strecke gehört zum Kernnetz der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), und sie wird auch mit etwa 2/3 ihrer Länge eine von zwei nördlichen Zufahrten in den Brennerbasistunnel bilden.

Geschichte und Funktion Bearbeiten

1944 wurde erstmals eine Umfahrung des Innsbrucker Hauptbahnhofes gebaut, die aber 1945 wieder abgetragen wurde.[1]

Die Umfahrung Innsbruck wurde einerseits zur Kapazitätssteigerung des Güterverkehrs und andererseits zur Verminderung der Lärmbelastung durch Güterzugfahrten im Innsbrucker Stadtgebiet errichtet. Die Gesamtbaukosten wurden mit rund 211 Millionen Euro angegeben.[2]

Die Eröffnung der Strecke erfolgte am 29. Mai 1994.

Diese Umfahrung wird in die geplante Eisenbahnachse Berlin–Palermo, in deren Brennerbasistunnel der Inntaltunnel künftig eingeleitet wird, einbezogen: Der Brennerbasistunnel wird auf seiner Nordseite einen zweiten, in Innsbruck beginnenden Ast haben, wodurch Fernzüge Berlin–Palermo auch über den Innsbrucker Hauptbahnhof fahren und halten können. Durch den Inntaltunnel werden wie bisher vorwiegend Güterzüge an der Stadt vorbei geleitet.

Anlagen Bearbeiten

Hauptbestandteile der Umfahrung Innsbruck (in Fahrtrichtung Inntal → Brenner):

  • Niveaufreies Abzweigbauwerk von der Unterinntalbahn (Fritzens-Wattens 2),
  • 488 m lange Innbrücke,
  • 12.696 m langer Inntaltunnel,
  • Anschluss an die Brennerbahn (Abzw. Innsbruck 1)

Abzweigbauwerk Fritzens-Wattens 2 Bearbeiten

Das Abzweigbauwerk Fritzens-Wattens 2 ist im Kilometer 60,980 der Strecke KufsteinInnsbruck Hbf (Unterinntalbahn) nahe der Haltestelle Volders-Baumkirchen situiert. Das Bauwerk wurde in der Weise angelegt, dass die Züge dort niveaufrei aus- und einzweigen können. Die Gleise der Umfahrung Innsbruck verlaufen dabei zwischen jenen der Unterinntalbahn. Die beiden Streckengleise der Umfahrung werden über das Streckengleis 1 der Unterinntalbahn geführt. Für die Unterinntalbahn wurde in die Abzweigung eine Überleitstelle integriert. Die Weichen sind mit Radien von 1.200 m ausgestattet, die ein Befahren ohne Geschwindigkeitsverlust erlauben. Weiters mündet die neue Hochleistungsstrecke, welche im Zuge des viergleisigen Ausbaues der Unterinntalbahn errichtet wurde, direkt in dieses Verknüpfungsbauwerk ein (ebenfalls innenliegend), was ein direktes Durchfahren ohne Gleiswechsel erlaubt. Die Umfahrung Innsbruck wird damit sozusagen zur Verlängerung der Hochleistungsstrecke.

 
Blick vom nördlichen Portal des Inntaltunnels auf die Innbrücke

Innbrücke Bearbeiten

Die Innbrücke ist eine 488 m lange Trogbrücke aus Spannbeton. Sie überquert den Inn und die A12 Inntalautobahn und führt zum unmittelbar daran anschließenden Nordportal des Inntaltunnels. Die Seitenwände der Trogbrücke wurden aus statischen Gründen bis auf 220 cm über die Schienenoberkante hochgezogen. Die Innenwände wurden mit speziellen Kassetten ausgestattet, die den Schienenverkehrslärm absorbieren. Der Bau der Brücke verlief aufwändig, denn zur Wahrung der Mindestdurchfahrtshöhe von 4,20 m musste das über die Inntalautobahn führende, 52 m lange und 2.800 Tonnen schwere Brückenfeld in höher liegender Position betoniert und nach Abbau der Schalung in die Endlage abgesenkt werden.[2] Wegen ihrer besonderen ovalen Bauform – selbst die Oberleitungsmasten sind eiförmig angeordnet – wird die Brücke im Volksmund „Sautrog“ genannt. Die architektonische Planung stammt von Karl Heinz.[3]

Inntaltunnel Bearbeiten

Der Inntaltunnel ist ein zweigleisiger 12,696 km langer Eisenbahntunnel zwischen dem Inntal und dem Wipptal in Tirol. Er wurde im Dezember 2012 vom Münsterertunnel als längster Eisenbahntunnel Österreichs abgelöst.

Der Baubeginn des Inntaltunnels erfolgte im September 1989. Der Bau wurde von beiden Seiten gleichzeitig vorangetrieben. Am 12. Dezember 1992 wurde der Tunnel durchbrochen.[1] Die bauliche Fertigstellung war im Juli 1993. Nach der Verlegung des Oberbaus, der Herstellung der Oberleitung und der sicherungstechnischen Ausstattung des Tunnels erfolgte die Betriebsaufnahme am 29. Mai 1994. Der Tunnel wurde nach der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise errichtet. Der Tunnel ist im Gegensatz zu anderen Neubautunnels nicht mit einer Festen Fahrbahn, sondern mit konventionellem Schotteroberbau und Betonschwellen ausgestattet.

Der Ausbruchsquerschnitt ohne Sohlgewölbe betrug 95 m², mit Sohlgewölbe 108 m². Der Gleisabstand entspricht mit 4,70 m jenem von Hochleistungsstrecken.

Etwa in der Mitte des Tunnels wurde bei Streckenkilometer 9,966 eine Überleitstelle errichtet. Diese darf jedoch aus Sicherheitsgründen nur im Falle von Bauarbeiten und bei Betriebsstörungen nach gesonderter Anordnung benutzt werden. Die davor und dahinter liegenden beiden Streckenabschnitte sind zur Erhöhung der Durchlässigkeit mit den Selbstblockstellen Fritzens-Wattens 13 (km 4,174) und Fritzens-Wattens 15 (km 13,242) unterteilt.

Unmittelbar nach den Weichen der Überleitstelle Fritzens-Wattens 14 wurde in Fahrtrichtung links ein Stollen vorangetrieben, über den später mit zwei Gleisen an den geplanten Brennerbasistunnel angeschlossen wird.

 
Einsatzzentrale und Rettungsplatz

Neben dem Südportal des Inntaltunnels bei Gärberbach und Vill wurde ein Tunnelrettungsplatz errichtet. Die rund 1200 m² große Fläche dient zum Abstellen von Rettungs- und Bergungsfahrzeugen. Im Ereignisfall kann die ebenfalls dort errichtete Einsatzzentrale jederzeit in Betrieb genommen werden. Die Portalfeuerwehren Hall in Tirol, Tulfes und Volders wurden für die Tunnelrettung von den ÖBB mit speziellen Fahrzeugen und Gerätschaften ausgestattet.[4] In Innsbruck Hauptbahnhof ist ein eigener Tunnelrettungszug stationiert, der spätestens binnen 30 Minuten abfahrbereit sein muss. Von den örtlichen Feuerwehren wurde bemängelt, dass der Tunnel nicht mit einer Löschwasserleitung ausgestattet wurde.[5]

Für den Brennerbasistunnel ist bei Egerdach der Fensterstollen Ampass geplant (Portallage im Bereich der Betriebsumkehr Inntalautobahn), der als stadtnah verkehrsgünstig angeschlossener Rettungsstollen dienen wird.[6]

Im Rahmen der Errichtung des Brenner Basistunnels war die Verbesserung des Sicherheitskonzeptes notwendig. Es wurde von 2014 bis 2017 ein Rettungsstollen parallel zum Umfahrungstunnel mit 30 Meter Abstand auf 9,7 Kilometer Länge zwischen Tulfes und der Abzweigung der Verbindungsröhren zum Brennerbasistunnel gebaut. Der befahrbare Stollen hat einen Ausbruchsquerschnitt von rund 35 m² und alle 333 Meter einen Querschlag zum Haupttunnel.[7]

Zwischen 14. Juli und 3. September 2018 wurde die Brennerbahn bei Innsbruck Süd gesperrt, in diesem Zeitraum wurde die Umfahrung Innsbruck in den Brennerbasistunnel eingebunden.[8]

Abzweigung Innsbruck 1 Bearbeiten

Nach kurzer Freilandstrecke mündet die Umfahrung Innsbruck im Streckenkilometer 79,646 in die Brennerbahn ein. Die Abzweigung wurde mit acht Weichen ausgestattet und so gestaltet, dass Güterzüge beider Fahrtrichtungen gleichzeitig und ohne Geschwindigkeitsverlust ein- und abzweigen können.

Betrieb Bearbeiten

Der Inntaltunnel ist komplett mit allen behördlich geforderten Rettungseinrichtungen ausgestattet und die Betriebsbewilligung ist für alle Zugarten, also auch für Personenzüge, erteilt worden. Allerdings halten alle regulären Personenzüge weiterhin in Innsbruck Hbf, was sich mit einer Befahrung der Umfahrung Innsbruck ausschließt. Häufig wird die Neubaustrecke von Zügen des begleiteten kombinierten Verkehrs befahren.

Die gesamte Strecke ist für den Gleiswechselbetrieb ausgestattet. Zur Unterscheidung der Streckengleise der Unterinntalbahn und der Brennerbahn wurden die Gleise der Umfahrung Innsbruck mit 3 und 4 bezeichnet. Das Regelgleis ist rechts.


Da die Umfahrung Innsbruck in die Brennerbahn einmündet, die Neigungen von bis zu 25 ‰[9] aufweist, müssen nahezu alle Güterzüge mit Vorspann- oder Nachschiebelokomotiven verstärkt werden. Diese werden meist schon ab dem Bahnhof Wörgl Terminal Nord oder Wörgl Hauptbahnhof beigegeben.

Da der Verschiebebahnhof Hall in Tirol keinen direkten Anschluss an die Strecke hat, müssen Güterzüge, die in Hall manipuliert werden, weiterhin die Stammstrecke der Unterinntalbahn benutzen.

Trivia Bearbeiten

Anlässlich der Fahrt des Festzuges 18341 kam es zu einem peinlichen Fauxpas. Verkehrsminister Viktor Klima ließ es sich nicht nehmen, sich während der Fahrt des Zuges selbst an die Fahrregler der Brennerlok 1822.005 zu setzen. Dabei fuhr er am „Halt“ zeigenden Deckungssignal der Abzweigung Innsbruck Hbf 1 vorbei. Nachdem der Triebfahrzeugführer durch den allgemeinen Rummel auf dem Führerstand der Lok ebenfalls abgelenkt wurde, kam der mit geringer Geschwindigkeit fahrende Eröffnungszug erst durch die darauf erfolgte Indusi-Zwangsbremsung kurz nach dem Signal zum Stillstand. Die Peinlichkeit wurde in der Presse dementsprechend ausgeschlachtet.[2]

Literatur Bearbeiten

  • Dimitrios Kolymbas: Geotechnik – Tunnelbau und Tunnelmechanik. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1998, ISBN 3-540-62805-3, S. o.A.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Umfahrung Innsbruck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Zeitschrift Eisenbahn-Modelleisenbahn Österreich, Heft 7 aus 1994, S. 1: Betriebsaufnahme der Umfahrung Innsbruck.
  2. a b c Helmut Petrovitsch in Schienenverkehr aktuell, Heft 7 aus 1994, S. 2/3: Inbetriebnahme der Umfahrung Innsbruck.
  3. Eisenbahnbrücke Südumfahrung Innsbruck. Karl Heinz Architekt; abgerufen am 25. Juli 2023
  4. Freiwillige Feuerwehr Tulfes: FF TulfesChronik.
  5. Zeitschrift Eisenbahn-Modelleisenbahn Österreich, Heft 8 aus 1994, S. 6: Umfahrung Innsbruck – wenig befahren.
  6. Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Gruppe Schiene, Abteilung IV/ Sch 2: Umweltverträglichkeitsprüfung Ausbau der Brennerachse Eisenbahnstrecke Innsbruck – Franzensfeste: Brenner-Basistunnel. Abschnitt Innsbruck – Staatsgrenze bei Brenner. Umweltverträglichkeitsgutachten inkl. Zusammenfassung, Teil 7: Exkurs, Wien, 26. September 2008, Abschnitt Fensterstollen Ampass, S. 9 (pdf, bmvit.gv.at; 443 S., 3,1 MB);
    Materialien siehe Geologie, Geotechnik und Hydrogeologie: Rettungsstollen Umfahrung Innsbruck und Zugang Ampass. bmvit.gv.at.
  7. Baufortschritt:Tulfes-Pfons. In:bbt-se.com
  8. http://tirol.orf.at/news/stories/2922430/
  9. Brennerbahn, academic.ru