Die Formel von Ascoli (englisch formula of Ascoli) ist eine mathematische Formel, die auf eine von dem italienischen Mathematiker Guido Ascoli im Jahre 1932 vorgelegte Arbeit zurückgeht und im Übergangsfeld zwischen den Gebieten Funktionalanalysis und Geometrie angesiedelt ist. Sie gibt eine Beschreibung des Abstandes zwischen einem Raumpunkt und einer gegebenen affinen Hyperebene in einem reellen normierten Raum.[1][2][3]

Darstellung der Formel Bearbeiten

Die Formel lässt sich folgendermaßen angeben:[4][2]

Gegeben seien ein normierter  -Vektorraum   und sein Dualraum   der reellwertigen stetigen linearen Funktionale, wobei sowohl die Norm von   als auch die Operatornorm von   mit   bezeichnet sein sollen.
Weiter gegeben sei eine affine Hyperebene  , wobei   gelten soll mit einer reellen Zahl   und einem Funktional   .
Dann berechnet sich für einen beliebigen Raumpunkt   der Abstand   zwischen ihm und der Hyperebene nach der Formel
 .[A 1]

Direkter Beweis Bearbeiten

Anschließend an die Darstellung in der Monographie von Ivan Singer lässt sich ein direkter Beweis in folgender Weise führen:[3]

Zunächst ist für beliebiges  

 

und damit – aufgrund der Eigenschaften der Operatornorm! –

 

und daher

 .

Also gilt die Ungleichung

 .

Zum Beweis der umgekehrten Ungleichung stellt man in Rechnung, dass – wiederum aufgrund der Eigenschaften der Operatornorm! – die Beziehung

 

besteht, und somit für jede reelle Zahl   mit   stets ein   mit   und   gegeben ist.

Hierfür wird

 

gesetzt. Offenbar ist   und dabei

 .

Durch Grenzübergang   gewinnt man schließlich

 .

Das beweist die Formel.

Hintergrund Bearbeiten

Die Ascoli'sche Formel lässt sich ebenfalls aus dem sogenannten Dualitätssatz der linearen Approximationstheorie (englisch duality theorem of linear approximation theory) gewinnen, der folgendes besagt:[5][2]

Seien  ,   und   gegeben wie oben.
Seien weiter ein Untervektorraum   gegeben sowie ein Raumpunkt  .
Dabei sei   das orthogonale Komplement von   in  .
Dann gilt für den Abstand   zwischen Raumpunkt und Untervektorraum die Formel
 .

Erläuterungen und Anmerkungen Bearbeiten

  • Die Fragestellung, die der Formel von Ascoli zu Grunde liegt, ist eng verwandt mit dem in der Analytischen Geometrie im Zusammenhang mit der Hesse'schen Normalform gestellten Problem, wie man den euklidischen Abstand eines Punktes von einer Geraden im   beziehungsweise von einer Ebene im   berechnet.
  • Ist oben   für einen Raumpunkt  , so berechnet sich der in der Ascoli'schen Formel behandelte Abstand auch nach der Formel  .[4]
  • Einem allgemeinen Lehrsatz des Mathematikers Werner Fenchel zufolge existiert das im obigen Dualitätssatz der linearen Approximationstheorie auftretende Maximum stets.[6]

Beispielrechnung Bearbeiten

Zum reellen Vektorraum   soll für den Raumpunkt   und den Operator   sowie die zugehörige Ebene   nach wechselnder Norm   innerhalb   der Abstand   berechnet werden. Dabei soll diese Norm nacheinander die euklidische Norm  , die Summennorm   und die Maximumsnorm   sein.

Man erhält dazu die folgenden Abstände:[4][A 2]

(a) Für  :

 

(b) Für  :

 

(c) Für  :

 

(d) Für  :[A 3]

 

Literatur Bearbeiten

  • Guido Ascoli: Sugli spazi lineari metrici e le loro varietà lineari. In: Annali di Matematica Pura ed Applicata. Band 10, 1932, S. 33–81, 203–232 (MR1553181).
  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. Eine Einführung für Studienanfänger. 16., überarbeitete und erweiterte Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-0428-0, S. 280–281.
  • Peter Kosmol: Optimierung und Approximation (= De Gruyter Studium). 2. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 2010, ISBN 978-3-11-021814-5 (MR2599674).
  • Peter Kosmol, Dieter Müller-Wichards: Optimization in Function Spaces. With stability considerations in Orlicz spaces (= De Gruyter Series in Nonlinear Analysis and Applications. Band 13). Walter de Gruyter & Co., Berlin 2011, ISBN 978-3-11-025020-6 (MR2760903).
  • Ivan Singer: Best Approximation in Normed Linear Spaces by Elements of Linear Subspaces. Translation of the original Romanian version "Cea mai bună aproximare în spații vectoriale normate prin elemente din subspații vectoriale". Translated by Radu Georgescu (= Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen mit besonderer Berücksichtigung der Anwendungsgebiete. Band 171). Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1970 (MR0270044).

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Peter Kosmol: Optimierung und Approximation. 2010, S. 399–400
  2. a b c Peter Kosmol, Dieter Müller-Wichards: Optimization in Function Spaces. 2011, S. 108
  3. a b Ivan Singer: Best Approximation in Normed Linear Spaces by Elements of Linear Subspaces. 1970, S. 24
  4. a b c Kosmol, op. cit., S. 400
  5. Kosmol, op. cit., S. 399
  6. Kosmol, op. cit., S. 385, S. 399

Hinweise Bearbeiten

  1.   ist die reelle Betragsfunktion.
  2. Zu beachten ist hierbei, dass hier die im Nenner auftretende Norm von   jeweils die Operatornorm von   ist, die ja ebenfalls Bezeichnung   hat.
  3. Bei   gilt ja  .