Bruno Lezzi

Schweizer Militärhistoriker, Journalist und Generalstabsoffizier

Bruno Lezzi (* 13. Juni 1945 in Zürich; † 25. Juni 2023[1] ebenda) war ein Schweizer Militärhistoriker, Journalist und Generalstabsoffizier. Er arbeitete viele Jahre als Sicherheitsexperte für die Neue Zürcher Zeitung und publizierte in diesem Bereich. Er war zudem Mitarbeiter beim schweizerischen Nachrichtendienst und Mitglied der Ausserparlamentarischen Kommission für militärische Einsätze der Schweiz zur internationalen Friedensförderung und der Milizkommission C VBS.

Leben Bearbeiten

Lezzi war Schüler am Zürcher Literargymnasium, sein Geschichtslehrer war Walter Schaufelberger.[2] Er studierte Geschichte (lic. phil.) und wurde 1975 bei Schaufelberger,[3] dem Nestor der Schweizer Militärgeschichte, an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich mit der Dissertation 1914. General Ulrich Wille und die Kriegsbereitschaft der schweizerischen Armee zum Dr. phil. promoviert. Bereits nach Veröffentlichung wurde die Dissertation ausserordentlich positiv durch den Doktorvater in der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift rezensiert.[4] Die Arbeit über Ulrich Wille gehört heute zur wichtigsten Sekundärliteratur zum Thema.[5]

Als Leutnant war er in der Schweren Füsilier Kompanie IV/63 (Minenwerfer) eingeteilt,[6] später kam er als wissenschaftlicher Beamter zum Stab der Gruppe für Generalstabsdienste.[7] Von 1977 bis 1983 war er Stabsoffizier für die Stabsführung der Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr (UNA, heute: Nachrichtendienst des Bundes) im Eidgenössischen Militärdepartement.[8] In der Schweizer Armee war er zuletzt (bis 2008) als Milizoffizier im Rang eines Generalstabsobersten in der Sachgruppe Strategie des Armeechefs.[9]

Von 1984 bis 2009 war er bei der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) Innenredaktor, zuständig für Sicherheits- und Verteidigungspolitik.[10][11] 1996 gehörte er zu den sogenannten Gelbmützen, der Swiss Headquarters Support Unit in Bosnien-Herzegowina. Dort fertigte er für das Aussendepartement eine Arbeit an. Ausserdem war er als Journalist in Afghanistan, in Tschetschenien und im Kosovo im Einsatz.[12] Dort interviewte er u. a. General Klaus Reinhardt, Befehlshaber der KFOR-Friedenstruppe.[13] Ein weiteres Interview führte er mit General David D. McKiernan, Kommandeur der internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF).[14] Eingehend widmete er sich der österreichischen Sicherheitspolitik, in Vorbereitung dessen er auch Offiziere des Bundesheeres zum Balkaneinsatz befragte.[10]

Lezzi war Lehrbeauftragter für schweizerische Sicherheitspolitik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich.[9] Er lud hochrangige Gastreferenten wie André Blattmann, Martin Dahinden, Hans-Lothar Domröse, Adolf Ogi und Markus Seiler ein.[15] Lezzi nahm als Referent und Diskutant an Tagungen teil wie der zu „Karl Schmid als strategischer Denker“[16] (1997) und zu „Peace Support Operations[17] (2004), ausgerichtet durch die Forschungsstelle für Sicherheitspolitik (und Konfliktanalyse) der ETH Zürich. 2005 moderierte er anlässlich des Symposiums „Liechtenstein – 10 Jahre im EWR. Bilanz, Herausforderungen, Perspektiven“ eine Podiumsdiskussion mit Otmar Hasler, Hans Brunhart, Josef Biedermann und Michael Stürmer am Liechtenstein-Institut in Bendern.[18]

Beim Brandenburgischen Institut für Gesellschaft und Sicherheit gehörte er dem Arbeitskreis Risikokommunikation an.[19] Darüber hinaus ist er Mitglied des International Institute for Strategic Studies (IISS) in London[20] und Beiratsmitglied der Clausewitz-Gesellschaft. Lezzi war zudem Mitglied der Ausserparlamentarischen Kommission für militärische Einsätze der Schweiz zur internationalen Friedensförderung (PSO-Kommission), die das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beriet,[21] und der vom Bundesrat Ueli Maurer (SVP), Vorsteher des VBS, initiierten Milizkommission C VBS.[22]

Lezzi trat wiederholt im Schweizer Radio und Fernsehen als Experte auf u. a. bei der Tagesschau.[23][24][25] Als solcher wird er auch bei ausländischen Medien wie der Süddeutschen Zeitung und Der Standard (Österreich) betrachtet.[26][27]

Verheiratet war er mit der Klassischen Archäologin Adrienne Lezzi-Hafter.

Auszeichnungen Bearbeiten

Veröffentlichungen (Auswahl) Bearbeiten

Monografien Bearbeiten

  • 1914. General Ulrich Wille und die Kriegsbereitschaft der schweizerischen Armee (= Studien zur Militärgeschichte, Militärwissenschaft und Konfliktsforschung. Band 13). Biblio Verlag, Osnabrück 1975, ISBN 3-7648-1059-9 (= Dissertation).
  • Armee unter Druck. Auf der Suche nach einem neuen Rollenverständnis (= NZZ-Fokus. Nr. 38). Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2009.
  • Von Feld zu Feld. Ein Leben zwischen Armee, Journalismus und Politik. Edition Königstuhl, St. Gallenkappel 2022, ISBN 978-3-907339-26-8.

Aufsätze in Fachzeitschriften Bearbeiten

Lezzi ist Autor zahlreicher Aufsätze u. a. in der Allgemeinen Schweizerische Militärzeitschrift sowie als Rezensent in der Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte. Nachfolgend eine Auswahl von Zeitschriften, in denen er veröffentlichte:

  • Ulrich Wille und Fritz Gertsch als Redaktoren der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitung». In: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift. Band 137 (1971), Heft 11, S. 745 ff.
  • mit Hartmut Bühl, Dominique Pennachioni: Dieœ Legitimation von Streitkräften. In: Derœ Mittler-Brief, 4 (1989) 3, S. 1 ff.
  • Journalismus und Militär – eine schwierige Partnerschaft. In: Österreichische Militärische Zeitschrift, 1/1998, S. 35 ff.
  • Streitkräfte und Öffentlichkeitsarbeit. In: Truppendienst, Folge 263, Ausgabe 3/2002, S. 228 ff.
  • Die Schweiz ringt um eine neue Sicherheitspolitik. In: Europäische Sicherheit, 1/2010, S. 87 ff.

Beiträge Bearbeiten

Er veröffentlichte mehrere Beiträge in Sammelbänden und Jahrbüchern u. a. auch ein Vorwort in Albert A. Stahels Klassiker der Strategie – eine Bewertung (4. Auflage 2004).

  • Die demokratische Kontrolle der Streitkräfte in Bosnien-Hercegovina. In: Marie-Janine Calic (Hrsg.): Friedenskonsolidierung im ehemaligen Jugoslawien. Sicherheitspolitische und zivile Aufgaben. SWP S 413, Stiftung Wissenschaft und Politik, Forschungsinstitut für Politik und Sicherheit, Ebenhausen 1996, S. 49 ff.
  • Welche Voraussetzungen haben sich im Bereich der Führung gegenüber dem Bericht Schmid verändert?. In: Kurt R. Spillmann, Hans Künzi (Hrsg.): Karl Schmid als strategischer Denker. Beurteilungen aus historischer und aktueller Perspektive. Bericht und Auswertung der Tagung vom 1. Juli 1997 (= Zürcher Beiträge zur Sicherheitspolitik und Konfliktforschung. Nr. 45). Forschungsstelle für Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse, Zürich 1997, ISBN 3-905641-54-2, S. 65 ff.
  • Die Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union. In: Peter Boehringer, Walter Jacob (Hrsg.): Die Europäische Union. Wesen, Struktur, Dynamik. Zwölf Beiträge zu einem vertieften Verständnis der europäischen Integration. Mit Synopsen, Materialien und Kommentaren zur Situation nach Abschluss der Regierungskonferenz 1996/97. Schulthess, Polygraph. Verlag, Zürich 1997, ISBN 3-7255-3671-6, S. 133 ff.
  • Beitrag. In: Kulturkommission Kanton Schwyz (Hrsg.): «Die 29er». Geschichte und wehrpolitisches Umfeld des Gebirgsinfanterie-Regiments 29. Verlag Schwyzer Hefte, Schwyz 2000, ISBN 978-3-909102-38-9.
  • Schweizerisches militärisches Engagement im Ausland. Öffentliche Meinung und Anforderungen an die Information und Kommunikation seitens der Armee. In: Hans Eberhart, Albert A. Stahel (Hrsg.): Schweizerische Militärpolitik der Zukunft. Sicherheitsgewinn durch stärkeres internationales Engagement. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2000, ISBN 3-85823-849-X, S. 119 ff.
  • Die schweizerische Sicherheitspolitik – eine tagespolitische Bewertung. In: Landesverteidigungsakademie (Hrsg.): Die Entwicklung der sicherheitspolitischen Situation Schweiz – Österreich. GCSP-Tagungsbericht (= Schriften der Landesverteidigungsakademie). Wien 2000, ISBN 3-901328-49-1, S. 29 ff.
  • Zwischen Öffnung und Abschottung. Mühevolle Kurskorrekturen der schweizerischen Sicherheitspolitik. In: Erich Reiter: Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik. Mittler, Hamburg 2000, ISBN 3-8132-0711-0, S. 323 ff.
  • Experience as a newcomer. Switzerland's contribution to international peace support operations. In: Kurt R. Spillmann, Thomas Bernauer, Jürg M. Gabriel, Andreas Wenger (Hrsg.): Peace support operations. Lessons learned and future perspectives (= Studien zu Zeitgeschichte und Sicherheitspolitik. Vol. 9). Lang, Bern u. a. 2001, ISBN 3-906768-21-X, S. 213 ff.
  • Forum 2009 der Clausewitz-Gesellschaft in Luzern. In: Jahrbuch der Clausewitz-Gesellschaft, Band 5, Hamburg 2009, ISBN 978-3-9810794-4-9, S. 142 ff.
  • Beitrag. In: Paul Schneeberger (Hrsg.): Schweizer Mobiliar. Ikonen des öffentlichen Raums (= NZZ Libro). Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2010, ISBN 978-3-03823-608-5.

Diskussionspapier Bearbeiten

  • Wider die sicherheits- und verteidigungspolitische Stagnation. Für eine Neubelebung der Diskussion auf politisch-strategischer Ebene. Diskussionspapier, Avenir Suisse, 3/2011, S. 5 ff. (ein weiterer Autor) (Digitalisat)

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Traueranzeige, NZZ, 6. Juli 2023, S. 10.
  2. Bruno Lezzi: Nestor der Militärgeschichte. In: Neue Zürcher Zeitung, 6. Oktober 2014, Nr. 231, S. 8.
  3. Jürg Stüssi-Lauterburg, Martin Pestalozzi-Schäfer, Hans Eberhart-Rogenmoser, Anton Künzi (Hrsg.): Festschrift Walter Schaufelberger (= Studien zur Militärgeschichte und Militärwissenschaft). Sauerländer, Aarau 1986, ISBN 3-7941-2728-5, S. 310.
  4. Sbr (Walter Schaufelberger): 1914. General Ulrich Wille und die Kriegsbereitschaft der schweizerischen Armee von Bruno Lezzi (Rez). In: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift, Band 143 (1977), Heft 3, S. 118.
  5. Gerhard Wyss: General Ulrich Wille und sein Einfluss auf die Ausbildung. In: Hans Rudolf Fuhrer, Paul Meinrad Strässle (Hrsg.): General Ulrich Wille. Vorbild den einen – Feindbild den anderen. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2003, ISBN 3-85823-998-4, S. 182.
  6. siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Ulrich Wille und Fritz Gertsch als Redaktoren der „Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitung“. In: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift. Band 137 (1971), Heft 11, S. 739, 745 ff.
  7. siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Die Aussagen der Weizsäcker-Studie „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“. In: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift Band 139 (1973), Heft 6, S. 281, 313 ff.
  8. siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Geheimnisumwitterter Zeuge des Kalten Krieges. In: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift Band 77 (2011), Heft 6, S. 45.
  9. a b siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Forum 2009 der Clausewitz-Gesellschaft in Luzern. In: Jahrbuch der Clausewitz-Gesellschaft, Band 5, Hamburg 2009, ISBN 978-3-9810794-4-9, S. 142 ff.
  10. a b Ernest F. Enzelsberger: Die österreichische Sicherheitspolitik aus Schweizer Sicht. In: Strategie und Sicherheit, Band 2012, Heft 1 (2012), S. 785–792, hier: S. 787 ff.
  11. siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Die Schweiz ringt um eine neue Sicherheitspolitik. In: Europäische Sicherheit, 1/2010, S. 87 ff.
  12. Matthias Saxer: Ein Experte im Dienst der Sicherheitspolitik. In: Neue Zürcher Zeitung, 30. Juni 2009, Nr. 148, S. 15.
  13. Klaus Reinhardt: KFOR. Streitkräfte für den Frieden. Tagebuchaufzeichnungen als deutscher Kommandeur im Kosovo. Verlag der Universitätsbuchhandlung Blazek und Bergmann, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-9806536-9-2, S. 262.
  14. Timo Noetzel, Benjamin Schreer: Missing Links: The Evolution of German Counter-Insurgency Thinking. In: RUSI Journal, Vol. 154, No. 1, 2009, S. 16–22, hier: S. 22.
  15. Wolfram Knurr: Ein Fenster zur Realität. In: Vision – Schweizerische Hochschulzeitung, Edition 3 – 2014, S. 7.
  16. Kurt R. Spillmann, Hans Künzi: Vorwort. In: ders. (Hrsg.): Karl Schmid als strategischer Denker. Beurteilungen aus historischer und aktueller Perspektive. Bericht und Auswertung der Tagung vom 1. Juli 1997 (= Zürcher Beiträge zur Sicherheitspolitik und Konfliktforschung. Nr. 45). Forschungsstelle für Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse, Zürich 1997, ISBN 3-905641-54-2, S. 1.
  17. Andreas Wenger, Jean-Jacques de Dardel: Vorwort. In: ETH Zürich (Hrsg.): Peace Support Operations. Ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik. Tagungsbericht, Forschungsstelle für Sicherheitspolitik, Zürich 2004, S. 4.
  18. Norbert Jansen: 10 Jahre EWR-Mitgliedschaft. Wie erfolgreich war das Experiment und wie soll es weitergehen? Zusammenfassung der Podiumsdiskussion. In: Thomas Bruha, Zoltán Tibor Pállinger, Rupert Quaderer (Hrsg.): Liechtenstein – 10 Jahre im EWR. Bilanz, Herausforderungen, Perspektiven (= Liechtenstein Politische Schriften. Band 40). Verlag der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft, Schaan 2005, ISBN 3-7211-1063-3, S. 225.
  19. Hans-Peter Weinheimer: Behördliche Risikokommunikation im Bevölkerungsschutz. Hrsg. durch das Brandenburgische Institut für Gesellschaft und Sicherheit, Potsdam 2011, S. 3.
  20. Albert A. Stahel (Hrsg.): Klassiker der Strategie. Eine Bewertung. 4. Auflage, vdf, Zürich 2004, ISBN 3-7281-2920-8, S. XI.
  21. siehe Kurzvita: Bruno Lezzi: Kein Konzept in Sicht. In: NZZ am Sonntag, 1. November 2009, Nr. 44, S. 28.
  22. VBS: Milizkommission C VBS (Memento vom 2. März 2015 im Internet Archive)
  23. SRF: Studiogespräch – Tagesschau vom 22. März 2003 (Memento vom 8. Februar 2015 im Internet Archive)
  24. SRF: Militärexperte Bruno Lezzi im Interview (Memento vom 8. Februar 2015 im Internet Archive)
  25. Debatte zur Zukunft der Schweizer Armee. Echo der Zeit/SRF, 19. Mai 2014.
  26. Michael König: Schutzschild mit Schwächen. Süddeutsche.de, 10. März 2011.
  27. Klaus Bonanomi: Schweiz entscheidet über Armee. In: Der Standard, 20. September 2013, S. 4 (online).
  28. Internationaler Liechtensteiner Presseclub (Hrsg.): Streifzug durch die Geschichte des LPC. Stand 2014, o. S.