Berzona (Valle Onsernone)

Dorf und ehemalige Gemeinde in Isorno im Kanton Tessin, Schweiz

Berzona ist eine Ortschaft in der Gemeinde Onsernone im Schweizer Kanton Tessin. Bis nach der Jahrtausendwende bildete sie eine eigene politische Gemeinde.

Berzona
Wappen von Berzona
Wappen von Berzona
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Tessin Tessin (TI)
Bezirk: Bezirk Locarnow
Kreis: Kreis Onsernone
Gemeinde: Onsernonei2
Postleitzahl: 6661
Koordinaten: 694515 / 117759Koordinaten: 46° 12′ 17″ N, 8° 39′ 48″ O; CH1903: 694515 / 117759
Höhe: 815 m ü. M.
Fläche: 5,24 km²
Einwohner: 48 (31. Dezember 2000)
Einwohnerdichte: 9 Einw. pro km²
Website: www.onsernone.ch
Berzona (Valle Onsernone)
Berzona (Valle Onsernone)

Berzona (Valle Onsernone)

Karte
Berzona (Valle Onsernone) (Schweiz)
Berzona (Valle Onsernone) (Schweiz)
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Gemeindestand vor der Fusion am 13. April 2001

Im ebenfalls im Kanton Tessin gelegenen Verzascatal gibt es einen weiteren Ort namens Berzona, der zur dortigen Gemeinde Vogorno gehört.

Geografie Bearbeiten

Berzona liegt auf 764 m ü. M. im Onsernonetal, an der Strasse Locarno-Comologno am linken Ufer des Flusses; 4 km nordwestlich von Cavigliano und 12 km westnordwestlich von Locarno in einer von Kastanienwäldern umgebenen Hangmulde. Berzona selbst besteht aus dem Unterdorf Seghellina und dem autofreien Oberdorf. Beide Ortsteile werden ganzjährig bewohnt, jedoch lebt der grösste Teil im Unterdorf.

Geschichte Bearbeiten

Das Dorf findet sich als Berzona 1265 erstmals erwähnt. Seit dem Mittelalter gehörte es mit den Weilern Seghellina, Isalei und Lavello zur alten Talgemeinde Onsernone und bildete eine Unterpfarrei des Dekanats Onsernone. 1411–1412 leistete Berzona nach dem Zug der Schweizer ins Ossolatal dem savoyardischen Hauptmann Pierre de Chevron den Treueid.[1][2]

Die Kirche San Defendente (mit den Kapellen St. Maria von 1682 und St. Maria Lauretana von 1766) wurde 1777 zur Pfarrkirche erhoben. Berzona als eigenständige Gemeinde entstand mit der Kantonsgründung 1803. Von 2001 bis 2015 bildete Berzona zusammen mit Loco und Auressio die Gemeinde Isorno. Diese wiederum wurde 2016 in die Gemeinde Onsernone eingemeindet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Dorf im Zuge der Abwanderung und mit dem damit verbundenen Verkauf von Immobilien an Auswärtige zum Aufenthaltsort bekannter Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, so z. B. Alfred Andersch, Golo Mann und Max Frisch. Letzterer erwarb 1964 hier ein Haus und lebte bis 1984 in Berzona, dann kehrte er nach Zürich zurück. Auch später hielt er sich immer wieder in Berzona auf. Seine Erzählung Der Mensch erscheint im Holozän spielt in Berzona. Darin unternimmt der 73-jährige Protagonist eine Wanderung vom Valle Onsernone über Sella und den Passo della Garina bis nach Aurigeno im benachbarten Valle Maggia. Frisch war Ehrenbürger von Berzona.

Nachdem Ackerbau und Weidewirtschaft nahezu verschwunden waren und sich die Abwanderung verlangsamt hatte, fanden die Erwerbstätigen von Berzona Ende des 20. Jahrhunderts vor allem als Wegpendler in Locarno und Umgebung Arbeit.

Bevölkerung Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung
Jahr 1597 1795 1801 1808 1850 1870 1900 1910 1950 2000[3]
Einwohner 50 Haushaltungen 306 286 279 235 212 151 146 84 48

Bilder Bearbeiten

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Das Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft.[4]

  • Pfarrkirche San Defendente (1564), der frei stehende Glockenturm wurde 1676 errichtet, mit Gemälde aus dem XVII Jahrhundert, das den heiligen Carlo Borromeo meditierend, über den toten Körper Christi[5][6]
  • Pfarrhaus (1713)[5][6]
  • Casa Notaris: ein komplexes bürgerliches Gebäude, dessen älterer Teil aus dem Jahre 1589 stammt. Hauptcharakteristik ist die Bogenhalle und der Laubengang[5][6]
  • Oratorium del Matro: diese Kapelle wurde im XVII Jh. erbaut und der Madonna delle Grazie geweiht[5][6]
  • Oratorium della Madonna di Loreto: die Kapelle liegt in der Nähe von Seghelina und wurde 1767 von der Familie Lucchini aus Berzona erbaut[5][6]
  • II sentiero del signor Geiser: die Erzählung von Max Frisch Der Mensch erscheint im Holozän spielt in Berzona, und der Protagonist Geiser geht den Wanderweg entlang, der von Berzona über den Colmo-Berg zum Garina Pass führt.

Persönlichkeiten Bearbeiten

(Sortierung nach Geburtsjahr.)

 
Haus von Max Frisch
  • Familie Schira aus dem Onsernonetal, in Loco und später auch in Berzona[7]
    • Giovanni Schira (* 1818 in Berzona; † 1886 ebenda), Unternehmer, Gründer eine Strohflechterei in Carouge, die später ins Onsernonetal verlegt wurde, Tessiner Grossrat und Gemeindepräsident von Loco[8]
    • Giacomo Schira (* 1827 in Berzona; † 1901 in Loco), Unternehmer, Gründer eine Strohflechterei in Berzona und Loco, Besitzer eines Lebensmittelladens mit Bäckerei und Gasthaus sowie Posthalter und Fuhrhalter der eidgenössische Pferdepost[9][10]
  • Pietro Maroggini (* 1864 in Berzona; † 1926 in Menton), Architekt in Nizza, Menton und Cap Martin[11]
  • Jan Tschichold, Kalligraf, Typograf, Plakatgestalter, Autor und Lehrer
  • Max Frisch (1911–1991), Schweizer Schriftsteller und Architekt
  • Golo Mann (1909–1994), Historiker und Schriftsteller. Sein ehemaliges Haus, das er 1961 als Ferienhaus bauen liess, steht oberhalb des Ortes hinter einer Kapelle an einer Waldlichtung.
  • Auf dem Friedhof begraben sind der deutsche Schriftsteller Alfred Andersch (1914–1980) und dessen Frau,
  • Gisela Andersch (1913–1987), deutsche Malerin, Graphikerin und Kollagekünstlerin
  • Christoph von Schwerin (* 1933 in Prenzlau; † 1996 in Paris), Literaturwissenschaftler, Publizist, Lektor und Übersetzer[12]
  • Kurt Tucholsky (1890–1935), deutscher Journalist und Schriftsteller

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Berzona – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vasco Gamboni: Berzona. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 18. Januar 2017.
  2. Berzona auf biblio.unibe.ch/digibern/hist_bibliog_lexikon_schweiz (abgerufen am 21. Juni 2017).
  3. Vasco Gamboni: Berzona. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 18. Januar 2017.
  4. Liste der Ortsbilder von nationaler Bedeutung (Memento des Originals vom 10. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bak.admin.ch, Verzeichnis auf der Website des Bundesamts für Kultur (BAK), abgerufen am 10. Januar 2018.
  5. a b c d e Simona Martinoli u. a.: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S. 224.
  6. a b c d e Elfi Rüsch: Distretto di Locarno IV. Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 2013, ISBN 978-3-03797-084-3, S. 322–336.
  7. Daniela Pauli Falconi: Schira. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 20. August 2013, abgerufen am 26. September 2020.
  8. Celestino Trezzini: Giovanni Schira. In Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 6, S. 189 (PDF Digitalisat, abgerufen am 23. Oktober 2017)
  9. Celestino Trezzini: Giacomo Schira. In Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 6, S. 189 (PDF Digitalisat, abgerufen am 23. Oktober 2017)
  10. Daniela Pauli Falconi: Schira. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 20. August 2013, abgerufen am 26. September 2020.
  11. Celestino Trezzini: Pietro Maroggini. In Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. S. 109, 110 (PDF Digitalisat, abgerufen am 23. Oktober 2017)
  12. Christoph von Schwerin auf portal.dnb.de (abgerufen am: 17. September 2016.)