Düdelsheim

Stadtteil von Büdingen, Hessen
(Weitergeleitet von Aussichtsturm Düdelsheim)

Düdelsheim ist der zweitgrößte Stadtteil Büdingens im hessischen Wetteraukreis.

Düdelsheim
Stadt Büdingen
Wappen der Gemeinde Düdelsheim
Koordinaten: 50° 18′ N, 9° 2′ OKoordinaten: 50° 17′ 33″ N, 9° 1′ 44″ O
Höhe: 125 m ü. NHN
Fläche: 11,93 km²[1]
Einwohner: 2658 (2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 223 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. August 1972
Postleitzahl: 63654
Vorwahl: 06041
Blick über Düdelsheim, 2019
Blick über Düdelsheim, 2019
Übersichtskarte von Düdelsheim

Geographische Lage Bearbeiten

Düdelsheim liegt 5,5 km westlich von Büdingen am Seemenbach. Zur Gemarkung gehört auch der südöstlich von Düdelsheim gelegene Findörfer Hof.

Geschichte Bearbeiten

Die älteste erhaltene Erwähnung von Düdelsheim findet sich unter dem 16. August 792 als Dudilesheim im Lorscher Codex. Anlass war die Schenkung eines „Hunolt“ an das Kloster Lorsch.[3] Damit gehört Düdelsheim zu den am frühesten erwähnten Siedlungen in der östlichen Wetterau.

Vermutlich leitet sich der Name von der Besiedlung des Landes durch einen fränkischen Adligen namens TutiloTutilosheim → Düdelsheim ab. Seit der staufischen Zeit ist mit den Herren von Düdelsheim ein Niederadligengeschlecht fassbar, dass sich nach dem Ort benannte.

  • 1602 lebten 74 Untertanen in Düdelsheim.
  • 1660 wurden in einem Grenzgang die Düdelsheimer Gemarkungsgrenzen erfasst.[4]
  • Bereits im 15. Jahrhundert braute man in Düdelsheim ein gehopftes Bier und betrieb Weinbau. 1695 schreibt Graf Carl August von Ysenburg-Büdingen zu Marienborn an seine Räte in Büdingen über den Düdelsheimer Wein: „Der Wein sei so rauh als er wolle, man muß ihn annehmen, wie ihn Gott gibt.“
  • 1722 wandern die ersten bekannten Düdelsheimer Auswanderer nach Ungarn aus.
  • 1766 wandern 21 Düdelsheimer und 5 Rohrbacher nach Russland aus.
  • Im 19. Jahrhundert ist von Auswanderern nach Brasilien und nach Nordamerika zu berichten.
  • Ein altes Sprichwort, das noch heute gilt: „Däi Beuringer konne kaan Märt haale, wann mir Dilsemer näit komme.“ (‚Die Büdinger können keinen Markt halten, wenn wir Düdelsheimer nicht kommen‘) – eine Anspielung auf die Größe des heutigen Büdinger Stadtteils.
  • Martin Knaus, vulgo Mühlarzt oder Kartoffel-Müller, war ein Räuber und Mitglied der Wetterauer und Vogelsberger Bande. Er wurde ca. 1772 in Düdelsheim geboren.

Gebietsreform Bearbeiten

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Düdelsheim am 1. August 1972 kraft Gesetzes in die Stadt Büdingen eingegliedert,[5][6] da ein freiwilliger Grenzänderungsvertrag nicht zustande kam.

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

 Quelle: Historisches Ortslexikon[7]

  • 1961: 2017 (davon 1738 evangelische (= 86,17 %) und 243 katholisch (= 12,05 %)) Einwohner
Düdelsheim: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2021
Jahr  Einwohner
1834
  
1.256
1840
  
1.355
1846
  
1.273
1852
  
1.297
1858
  
1.319
1864
  
1.161
1871
  
1.144
1875
  
1.173
1885
  
1.173
1895
  
1.216
1905
  
1.371
1910
  
1.347
1925
  
1.424
1939
  
1.465
1946
  
2.161
1950
  
2.198
1956
  
2.016
1961
  
2.017
1967
  
2.042
1970
  
2.097
1990
  
2.302
2000
  
2.777
2010
  
2.756
2015
  
2.760
2019
  
2.713
2020
  
2.681
2021
  
2.668
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [7]; Nach 1970: Stadt Büdingen

Politik Bearbeiten

Ortsvorsteher Bearbeiten

Jahr Ortsvorsteher
1972–1981 Helmuth Knaf
1981–1985 Helmut Rabel
1985–1989 Helmuth Knaf
1989–1993 Gerhard Steiner
1993–1998 Dieter Hartig
1999–2006 Hermann Zinn
2006–2021 Robert Preußer
2021 – dato Ramon Franke

Wappen Bearbeiten

Am 29. Februar 1968 wurde der Gemeinde Düdelsheim im damaligen Landkreis Büdingen ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: In schwarzem Schild ein goldener Schräglinks-Wellenbalken, beseitet von je einem stilisierten goldgekrönten und rotbezungten silbernem Löwenkopf.[8]

Das Wappen soll die beiden Ortsteile – Dilsem und Iwwerdorf – darstellen, die durch den Seemenbach getrennt sind.

Religion Bearbeiten

Jüdische Gemeinde Bearbeiten

Erstmals wurde ein jüdischer Einwohner Düdelsheim am Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt. Ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus lässt sich seit 1722 nachweisen. 1860/61 wurde in Düdelsheim eine Synagoge errichtet, bei deren Bau auch der evangelische Pfarrer und die christlichen Mitbürger mithalfen. Die jüdische Gemeinde verfügte auch über eine Religionsschule, ein rituelles Bad und zwei Friedhöfe, den alten und den neuen.

1905 schlossen sich die Juden aus dem benachbarten Rohrbach der Gemeinde an.

Während des Pogroms vom 9. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Männern verwüstet und ausgeraubt. Das Mobiliar verbrannte man unter großer Beteiligung auf einer Wiese.[9] Jüdische Einwohner wurden auf übelste Weise verhöhnt.[10] Das Gebäude wurde nach 1950 abgerissen.

Christliche Kirchen Bearbeiten

 
Düdelsheim, die evangelische Kirche

Das traditionell evangelisch geprägte Düdelsheim hat eine eigene evangelische Kirchengemeinde, die zum Dekanat Büdingen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gehört. Das Kirchengebäude mit dem hohen dachreiterartigen und schieferverkleideten achteckigen Zwiebelturm liegt in der Ortsmitte.[11]

Die katholische Kirche St. Josef, die sich ebenfalls in der Ortsmitte befindet[12], gehört mittlerweile zur katholischen St. Bonifatius-Gemeinde in Büdingen.[13] Das von außen recht unscheinbare Kirchengebäude ist 1953 aus einer ehemaligen Lkw-Garage entstanden.[14]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Werkstattgemeinschaft der Keramik-Künstler Bearbeiten

Seit 1956 besteht in Düdelsheim eine Werkstattgemeinschaft mehrerer Keramik-Künstler, die die Entwicklung der Keramik in Deutschland entscheidend geprägt haben und seit Jahrzehnten auch international sehr renommiert sind: Beate Kuhn (* 1927 in Düsseldorf), Karl Scheid (* 1929 in Lengfeld (Odenwald)) und, seit 1959, auch dessen Frau Ursula Scheid (1932–2008). In letzter Zeit ist auch der Sohn von Karl und Ursula Scheid, Sebastian Scheid, mit eigenen Arbeiten hervorgetreten. Außerdem gehört noch der Holzbildhauer Bernhard Vogler zur Gemeinschaft. 2006 wurde das 50-jährige Bestehen der Düdelsheimer Werkstattgemeinschaft mit einem großen Fest gefeiert. 2007 wurden Beate Kuhn zu ihrem 80. Geburtstag diverse Ausstellungen gewidmet (u. a. in der Stiftung Keramion in Frechen bei Köln). Alle Künstler wohnen und arbeiten im Zentrum von Düdelsheim.

Düdelsheimer Markt Bearbeiten

 
Düdelsheimer Markt 2004

Die wichtigste Veranstaltung des Jahres ist der Düdelsheimer Markt (Dilsemer Määrt). Er findet jährlich jeweils am letzten August-Wochenende statt (Freitag bis Montag) und zählt zu den größten Veranstaltungen dieser Art in der Umgebung. Neben einem großen Festzelt erwartet die Besucher alljährlich ein großer Krammarkt sowie Fahrgeschäfte und Vergnügungsstände. Jeweils freitags findet ein Fußballspiel des SV Phönix Düdelsheim 1919 e. V. statt, samstags um 22 Uhr ein großes Feuerwerk.

Im Jahr 2023 fand der Düdelsheimer Markt zum 240. Mal statt.[15]

Wanderwege Bearbeiten

Düdelsheim liegt an der Bonifatius-Route, einem 172 km langen Pilger- und Wanderweg, der von Mainz nach Fulda verläuft. Er führt von Himbach kommend auf den nördlich von Düdelsheim gelegenen 189,2 m[16] hohen Weinberg, wegen seiner Basaltfelsen auch Die Steinern genannt, und weiter nach Glauberg. Neben dem Weg befindet sich ein früher auf dem Glauberg stehender, zwischenzeitlich erweiterter Aussichtsturm aus Holz, welcher der Keltenwelt am Glauberg weichen musste.[17]

Am Rande des Düdelsheimer Hochwalds, südlich-westlich der Ortschaft, befindet sich der überregional bekannte Düdelsheimer Märchenwald. Rund um den 350 Meter langen Märchenpfad mit geschnitzten Märchenfiguren aus Holz und dem Goldbörnchen, aus dem frisches Quellwasser fließt, führen verschieden lange Routen für Spaziergänger und Wanderer.[18]

Kulturdenkmäler Bearbeiten

Siehe: Liste der Kulturdenkmäler in Düdelsheim

Verkehr Bearbeiten

Direkt durch Düdelsheim verläuft die B 521 in Richtung Frankfurt. Die Anschlussstelle Altenstadt (A 45) ist 5 km, die Anschlussstelle Gründau-Lieblos (A 66) 17 km entfernt. Die nächsten regionalen Bahnanschlüsse befinden sich in Büches (Bahnlinie 46: Gießen / Gelnhausen) sowie in Lindheim (Bahnlinie 34: Glauburg-StockheimBad Vilbel – Frankfurt) in jeweils 3 km Entfernung. Dabei trägt der Haltepunkt in Büches den Namen Büches-Düdelsheim. Durch Düdelsheim verlaufen verschiedene Lokalbuslinien nach Büdingen, Limeshain, Altenstadt sowie in die Kreisstadt Friedberg.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Ehrenbürger Bearbeiten

Straßennamen nach Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Chronik Düdelsheim 1992–2017, Fortsetzung der Chronik Düdelsheim 792 – 1992. Festausschuss Düdelsheim und Magistrat der Stadt Büdingen, 2017.[19]
  • Chronik Düdelsheim 792–1992. Magistrat der Stadt Büdingen, 1991.
  • Hans Georg Ruppel: Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform (= Darmstädter Archivschriften. Bd. 2). 1976, S. 76.
  • Baudenkmale in Hessen. Denkmaltopographie Wetteraukreis I. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1982, ISBN 3-528-06231-2, S. 143–159.
  • Werner Wagner, Der alte Judenfriedhof in Düdelsheim, in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XVII, 2001, S. 317–341.
  • Werner Wagner, Der alte Judenfriedhof in Düdelsheim, in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XX, 2007/08, S. 205–208.
  • Literatur über Düdelsheim nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks Bearbeiten

Commons: Düdelsheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Familienstadt Büdingen: Düdelsheim. Abgerufen am 10. September 2023.
  2. Wetteraukreis: Bevölkerung: Einwohner/-innen nach Ortschaften. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. August 2023; abgerufen am 11. September 2023.
  3. Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 5), Urkunde 2977, 16. August 792 – Reg. 2391. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 44, abgerufen am 5. Mai 2019.
  4. Werner Wagner, Der Düdelsheimer Grenzgang von 1660. in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XX, 2007/08, S. 209–224.
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Büdingen und Friedberg (GVBl. II 330-19) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 230, § 11 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 353.
  7. a b Düdelsheim, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  8. Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Düdelsheim, Landkreis Büdingen, Regierungsbezirk Darmstadt vom 29. Februar 1968. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1968 Nr. 12, S. 451, Punkt 368 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6 MB]).
  9. Wilhelm Wagner, Synagogein Düdelsheim (Wetteraukreis). In Büdinger Geschichtsblätter XXII, 2011, S. 267–275.
  10. Alemannia Judaica: „Düdelsheim (Stadt Büdingen, Wetteraukreis) Jüdische Geschichte / Synagoge“
  11. Dekanat Büdingen über Düdelsheim (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive)
  12. Kirche Düdelsheim Pfarrei St. Bonifatius Büdingen. Abgerufen am 13. September 2021.
  13. Homepage der Pfarrei St. Bonifatius Büdingen. Abgerufen am 13. September 2021.
  14. Historie und Fotos zur Kirchengemeinde St. Josef in Düdelsheim
  15. Düdelsheimer Markt bei duedelsheim.de
  16. Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
  17. Umzug vom Glauberg auf die Steinern. (Memento vom 20. April 2017 im Internet Archive) In: Kreis-Anzeiger vom 20. Mai 2010, abgerufen am 19. April 2017
  18. Düdelsheimer Märchenwald. In: Düdelsheim - unsere Heimatgemeinde. Abgerufen am 22. März 2022 (deutsch).
  19. Düdelsheimer Chronikerweiterung erzählt vom letzten Vierteljahrhundert. 10. Juni 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Juli 2017; abgerufen am 28. Juli 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kreis-anzeiger.de