Als terminale σ-Algebra oder asymptotische σ-Algebra[1] bzw. σ-Algebra der terminalen/asymptotischen Ereignisse[2], englisch tail σ-field, wird in der Wahrscheinlichkeitstheorie eine spezielle σ-Algebra bezeichnet. Sie findet Anwendung bei der Untersuchung von Grenzwerten und enthält anschaulich alle Ereignisse, deren Eintreten sich nicht durch die Abänderung von endlich vielen Folgengliedern ändert. Bekannteste Anwendung der terminalen σ-Algebra ist das Kolmogorowsche Null-Eins-Gesetz.

Definition Bearbeiten

Gegeben sei ein Messraum   sowie eine Folge   von Unter-σ-Algebren von  . Dann heißt

 

die terminale σ-Algebra der Folge von σ-Algebren oder einfach die terminale σ-Algebra.

Die terminale σ-Algebra einer Folge von Ereignissen   wird definiert als die terminale σ-Algebra der Folge von σ-Algebren  .

Die terminale σ-Algebra einer Folge von Zufallsvariablen   wird definiert als die terminale σ-Algebra der Folge   der von den Zufallsvariablen erzeugten σ-Algebren.

Die Notation für die terminale σ-Algebra ist in der Literatur nicht einheitlich. Teils wird sie mit   (für "asymptotisch") bezeichnet, ebenso findet sich   sowie   als Notation.

Aufbauende Begriffe Bearbeiten

Jede Menge, die in der terminalen σ-Algebra enthalten ist, wird ein terminales Ereignis oder ein asymptotisches Ereignis genannt.

Eine Funktion  , die  - -messbar ist heißt eine terminale Funktion.

Erläuterung Bearbeiten

Die Bedeutung der terminalen σ-Algebra wird durch Auftrennen der Definition klarer: Die σ-Algebra

 

enthält nach Definition alle Mengen, die in den σ-Algebren   für   enthalten sind.

Die terminale σ-Algebra ist nun der Schnitt aller dieser Mengensysteme

 

und enthält demnach diejenigen Mengen, die in allen   enthalten sind. Somit enthält die terminale σ-Algebra diejenigen Ereignisse, die nicht von den ersten   σ-Algebren abhängen. Eine Abänderung von endlich vielen σ-Algebren verändert die terminale σ-Algebra also nicht.

Eigenschaften Bearbeiten

  • Die terminale σ-Algebra ist nichttrivial in dem Sinne, dass sie mehr Mengen als nur die Obermenge   und die leere Menge enthält. So sind beispielsweise der Limes superior und Limes inferior von Mengenfolgen terminale Ereignisse, also in der terminalen σ-Algebra enthalten. Ebenso existieren nichttriviale terminale Funktionen. Zu ihnen gehören beispielsweise der Limes superior und Limes inferior einer Folge von Zufallsvariablen, genauso wie die Grenzwerte des Cesàro-Mittels von Zufallsvariablen.
  • Eine der wichtigsten Aussagen über die terminalen σ-Algebra ist das Kolmogorowsche Null-Eins-Gesetz. Es besagt, dass wenn   stochastisch unabhängige σ-Algebren auf dem Wahrscheinlichkeitsraum   sind, die terminale σ-Algebra eine P-triviale σ-Algebra ist, also für jedes terminale Ereignis   entweder   oder   gilt.
  • Außerdem ist die terminale σ-Algebra immer in der austauschbaren σ-Algebra   enthalten. Ist   eine austauschbare Familie von Zufallsvariablen, so gibt es auch für jedes austauschbare Ereignis   ein terminales Ereignis  , so dass  .
  • Ist   trivial, so ist jede terminale Funktion   fast sicher konstant.[3]

Allgemeinere Definitionen Bearbeiten

Die obige Definition der terminalen σ-Algebra wird in der Literatur wie folgt verallgemeinert:

  • Sie wird nicht für Folgen von σ-Algebren definiert, sondern allgemeiner für Folgen von beliebigen Mengensystemen  .[4] Die terminalen σ-Algebra ist dann immer noch eine σ-Algebra, allerdings bleiben einige Aussagen ohne Zusatzannahmen über die Mengensysteme nicht richtig. Zu diesen Aussagen gehört auch das Kolmogorowsche Null-Eins-Gesetz.
  • Sie wird für beliebige abzählbar unendliche Indexmengen   definiert.[5] Dabei wird die Idee der obigen Definition, dass terminale Ereignisse nicht von den ersten k Ereignissen beeinflusst werden, so angepasst, dass terminale Ereignisse nicht von der Abänderung von endlich vielen Ereignissen beeinflusst werden. Dementsprechend ist die terminale σ-Algebra dann definiert als
 .

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Georgii: Stochastik. 2009, S. 85.
  2. Kusolitsch: Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie. 2014, S. 51.
  3. David Meintrup, Stefan Schäffler: Stochastik: Theorie und Anwendungen. 1. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2005, ISBN 978-3-540-26707-2, S. 145–146.
  4. Schmidt: Maß- und Wahrscheinlichkeit. 2011, S. 234.
  5. Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 2013, S. 64.