Tassilo Wallentin

österreichischer Kolumnist, Rechtsanwalt und Autor

Tassilo Wallentin (* 25. Dezember 1973 in Wien[1]) ist ein österreichischer Bestsellerautor[2][3], Kolumnist und Rechtsanwalt. Er kandidierte bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich 2022.

Tassilo Wallentin (2016)

Werdegang Bearbeiten

Tassilo Wallentin maturierte bei den Schulbrüdern in Wien-Strebersdorf. Daran anschließend absolvierte er seinen Grundwehrdienst als Einjährig-Freiwilliger bei den Gebirgsjägern als Leutnant der Reserve[4] und begann im Herbst 1994 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg. Sein Doktoratsstudium beendete er im Frühjahr 1998 mit ausgezeichnetem Erfolg. Wallentin arbeitete anschließend als Universitätsassistent am Institut für Österreichisches und Internationales Handels- und Wirtschaftsrecht. Er erlangte ein Master of Laws degree mit Auszeichnung in den USA und arbeitete für eine Anwaltskanzlei an der Westküste der Vereinigten Staaten (Law Offices of Carroll, Burdick & McDonough, LLP, San Francisco). Nach Anwaltspraxis in Wien und der Rechtsanwaltsprüfung mit sehr gutem Erfolg gründete Wallentin 2004 seine Anwaltskanzlei.[5]

Rechtsanwalt Bearbeiten

Wallentin vertrat über mehrere Jahre den Gründer, Herausgeber und Chefredakteur der Neuen Kronen Zeitung, Hans Dichand, einerseits im Medien-Schiedsverfahren gegen die deutsche WAZ-Mediengruppe[6], andererseits in anderen Causen, wie etwa der Schadenersatzklage wegen der Einstellung der Gratis-Zeitung U-Express. Im Zuge der Gründung der Gratiszeitung Heute gab es Schlagzeilen und Spekulationen, da Wallentin die Markenrechte der Gratis-Zeitung schützen ließ. Es wurde eine versteckte Gründung von Hans Dichand vermutet.[7] Bekanntheit erlangte Wallentin auch als Rechtsanwalt und Verteidiger des ehemaligen Generaldirektors der BAWAG Helmut Elsner im Zuge der BAWAG-Affäre, bei der eine Verschuldung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) von über zwei Milliarden Euro verursacht wurde.[8] Es kam zu diversen TV-Auftritten Wallentins, unter anderem in der ZIB 2 bei Armin Wolf.[9] Wallentin vertrat zudem die deutsche Bavaria Film in Österreich und war Vorstand einer Filmstiftung.[10] Aufsehen erlangte Wallentin auch mit einem Freispruch für zwei Geschäftsführer, die Hunderte „Scheinfirmen“ im Baugewerbe gegründet hatten, indem Wallentin nachweisen konnte, dass die Meldung an das Handelsgericht über die Verfügbarkeit des Stammkapitals nur „eine juristische Sekunde lang“ richtig sein muss („Logische Sekunde hilft Scheinfirmen“). Der Prozesserfolg Wallentins führte dazu, dass das Gesetz gegen Sozialbetrug geändert werden musste.[11]

Ende Jänner 2022 tauchte ein bisher geheimes Zusatzpapier zum Koalitionsabkommen 2017, ein Side letter, auf, der zeigte, wie sich ÖVP und FPÖ Posten aufgeteilt und politische Projekte abgestimmt haben. In dem Papier wird Wallentin als zukünftiges parteiunabhängiges Mitglied des Verfassungsgerichtshofes genannt, statt ihm wurde allerdings Michael Rami Höchstrichter. Am Ende jeder Seite trägt das Dokument die Unterschriften von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.[12]

Journalismus Bearbeiten

Journalistisch tätig wurde Wallentin bereits 2004 unter einem Pseudonym, als er für die Neue Zürcher Zeitung Rezensionen schrieb. Von 2013 bis 2022 schrieb er jeden Sonntag die ganzseitige „Offen gesagt“-Kolumne in der Sonntagsbeilage der Kronen Zeitung Krone bunt.

Am 19. September 2022 war Wallentin in der ZIB 2 zu Gast, wo er von Moderator Armin Wolf damit konfrontiert wurde, dass seine Krone-Kolumnen zahlreiche Falschbehauptungen beinhalten würden. So hat Wallentin etwa behauptet, dass Asylwerber Mindestsicherung erhalten würden, was falsch ist.[13] Bereits 2017 analysierte das Magazin Vice eine Kolumne von Wallentin, die zahlreiche Fehler beinhaltete.[14]

Kandidatur bei der österreichischen Bundespräsidentenwahl 2022 Bearbeiten

Am 11. August 2022 gab Wallentin bekannt, bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten 2022 kandidieren zu wollen[15], beim Sammeln der dafür notwendigen Unterstützungserklärungen wurde er vom Industriellen und Ex-Politiker Frank Stronach unterstützt.[16] Am 21. August 2022 schaltete Wallentin in der Sonntagsausgabe der Kronen Zeitung ein ganzseitiges Inserat zu seiner Kandidatur. Auf der gegenüberliegenden Seite ließ er eine Unterstützungserklärung abdrucken, die man ausschneiden konnte. Die hintere Seite der Unterstützungserklärung blieb weiß. Wallentin hatte recherchiert, dass es keine rechtliche Norm hinsichtlich der Papierstärke einer Unterstützungserklärung gibt, weshalb auch Zeitungspapier ausreichend ist.[17] Am 24. August 2022 gab er bekannt, die für eine Kandidatur notwendigen 6000 Unterstützungserklärungen erhalten zu haben,[18] insgesamt reichte er 18.000 Unterstützungserklärungen ein.[19] Der Medienblog Kobuk analysierte Leserbriefe, die während des Wahlkampfs in der Krone veröffentlicht wurden. Demnach erschienen über Wallentin 27 positive und drei negative Leserbriefe, während im selben Zeitraum über Amtsinhaber Alexander Van der Bellen 30 negative und vier positive Leserbriefe abgedruckt wurden.[20]

Im Rahmen seiner Kandidatur forderte er unter anderem ein Verbot von Nebenbeschäftigungen für ORF-Moderatoren und eine Abschaffung der GIS-Gebühr.[21] Am 26. August 2022 geriet Wallentin in Kritik, da er auf seinem Instagram-Account mehrfach sexistische Inhalte gepostet hatte, die nach Bekanntgabe seiner Kandidatur wieder gelöscht worden waren. Er erklärte daraufhin, sein Account wäre „eine Satire-Seite und als solche gekennzeichnet“ gewesen, wobei der Content nicht von ihm alleine geliefert wurde.[22] Wallentin ortete eine Schmutzkübelkampagne, denn man habe aus dutzenden Postings gezielt einige wenige herausgegriffen.[23] Die Journalistin und Publizistin Anneliese Rohrer nannte Wallentins Postings und den Umstand, die Leute nachher „für dumm zu verkaufen“, als „eines Bundespräsidenten unwürdig“.[24] Insgesamt war Wallentins Wahlkampf stark gegen das politische „Establishment“ in Person des Amtsinhabers Alexander Van der Bellen und der amtierenden Bundesregierung Nehammer gerichtet, über deren Entlassung er im Fall seiner Wahl zum Bundespräsidenten spekulierte.[25] Bei der Wahl erreichte Wallentin 8,1 Prozent der Stimmen und damit den vierten Rang unter sieben Kandidaten.[26]

Bei einem Interview mit Ö3 nach der Wahl erklärte Wallentin, dass er seinen angeblichen Wahlkampfleiter, dessen Namen er gegenüber Journalisten (samt Telefonnummer) als zuständige Kontaktperson genannt hatte, nur erfunden hätte. Später erklärte er, der Name sei jener eines Mitarbeiters seiner Kanzlei.[27]

Schriften Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kundmachung der Wahlvorschläge für die Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober 2022. In: Bundeswahlbehörde. 7. September 2022, abgerufen am 14. September 2022.
  2. Wallentin im Wahlkampf. orf.at, 3. Oktober 2022, abgerufen am 4. Februar 2024.
  3. Homepage Wallentin. www.wallentinlaw.com, 8. Oktober 2015, abgerufen am 4. Februar 2024.
  4. Tassilo Wallentin: „Der Bundespräsident kann ein Ideengeber sein“. www.tt.com, 16. September 2022, abgerufen am 4. Februar 2024.
  5. Homepage Wallentin. www.wallentinlaw.com, 8. September 2014, abgerufen am 2. Mai 2022.
  6. Dichand fordert Schadenersatz von der WAZ. derstandard.at, 8. August 2005, abgerufen am 30. April 2022.
  7. Die Fidelis-Connection. dossier.at, 8. September 2014, abgerufen am 30. April 2022.
  8. Kein Gerichtsauftritt – Elsner blieb im Spital. wienerzeitung.at, 2. Mai 2012, abgerufen am 30. April 2022.
  9. Tanz mit dem Anwalt. derstandard.at, 20. März 2012, abgerufen am 30. April 2022.
  10. "Sisi" wird als sechsteilige Serie für RTL wiederaufbereitet. derstandard.at, 1. März 2020, abgerufen am 30. April 2022.
  11. Nur ein neues Gesetz könnte gegen Sozialbetrug helfen. wienerzeitung.at, 14. Juli 2004, abgerufen am 11. Mai 2022.
  12. Die Geheimpapiere der Koalitionen. orf.at, 28. Januar 2022, abgerufen am 30. April 2022.
  13. Kolumnist im Vorhof der Macht: Tassilo Wallentin in der „ZiB 2“, derstandard.at, 20. September 2022, abgerufen am 20. September 2022
  14. Wir haben die falschen Behauptungen des „Krone“-Kolumnisten korrigiert, vice.com, 23. Januar 2017, abgerufen am 20. September 2022
  15. Tassilo Wallentin: „Krone“-Kolumnist will Bundespräsident werden. 11. August 2022, abgerufen am 15. August 2022.
  16. Frank Stronach unterstützt Tassilo Wallentin bei Bundespräsidentenwahl. Abgerufen am 15. August 2022.
  17. Unterstützungserklärung für Wallentin in „Krone bunt“ abgedruckt DerStandard. 21. August 2022. Abgerufen am 7. September 2022
  18. BP-Wahl: Wallentin und Grosz haben die nötigen 6.000 Unterschriften DerStandard. 24. August 2022. Abgerufen am 27. August 2022
  19. Tassilo Wallentin mit 18.000 Unterstützungserklärungen. Abgerufen am 30. August 2022.
  20. Wie die Kronen Zeitung Leserbriefe missbraucht, um Tassilo Wallentin zu pushen, kobuk.at, 8. Oktober 2022, abgerufen am 10. Oktober 2022
  21. Präsidentschaftskandidat Wallentin fordert GIS-Abschaffung DerStandard, 5. Oktober 2022, abgerufen am 7. Oktober 2022
  22. Tassilo Wallentins sexistische Instagram-Posts, kleinezeitung.at, 26. August 2022, abgerufen am 27. August 2022
  23. „Wir rutschen in vorindustrielles Zeitalter ab“, krone.at, 29. August 2022, abgerufen am 7. September 2022
  24. Rohrer: Eines Bundespräsidenten „unwürdig, Leute für dumm zu verkaufen“, puls24.at, 26. August 2022, abgerufen am 27. August 2022
  25. Bundespräsidentenwahl – Kein Proteststurm, aber ein kräftiger Gegenwind. In: wienerzeitung.at. 10. Oktober 2022, abgerufen am 11. Oktober 2022.
  26. Bundespräsidentenwahl 2022. In: bundeswahlen.gv.at. Bundesministerium für Inneres, abgerufen am 11. Oktober 2022.
  27. Wallentin will „Wahlkampfleiter“ doch nicht erfunden haben. In: derstandard.at. 11. Oktober 2022, abgerufen am 12. Oktober 2022.