Satz von Wilson

mathematischer Satz

Der Satz von Wilson (benannt nach John Wilson) ist ein mathematischer Satz aus der Zahlentheorie. Er macht Teilbarkeitsaussagen zu den natürlichen bzw. ganzen Zahlen und wird deswegen auch der elementaren Zahlentheorie zugeordnet, mit deren Methoden er auch bewiesen werden kann.

Aussage Bearbeiten

Der Satz von Wilson besagt: Eine natürliche Zahl   ist genau dann eine Primzahl, wenn   durch   teilbar ist. Dabei bezeichnet   das Produkt  .

Mit Hilfe des Begriffes der Kongruenz kann man den Satz auch so formulieren: Ist   eine natürliche Zahl, so gilt

 

Umgekehrt kann man mit dem Satz auch schließen: Sei   eine natürliche Zahl, so gilt

 

Ist also   und   nicht durch   teilbar, so ist   eine Primzahl. Ist   aber durch   teilbar, so erhält man aus dem Satz von Wilson die Information, dass   zusammengesetzt ist, ohne eine konkrete Faktorisierung   mit   zu kennen. Allerdings ist der Rechenaufwand für die Fakultät nicht geringer als Probedivisionen.

Direkter Beweis Bearbeiten

Ist   eine Primzahl, so ist der Restklassenring   ein Körper, in dem   und   die einzigen zu sich selbst inversen Elemente bezüglich der Multiplikation sind. Daher kommt im Produkt   jeder Faktor zusammen mit seinem inversen Element vor, weshalb das Produkt gleich   ist. Das bedeutet aber gerade  , woraus   folgt. Ist umgekehrt   keine Primzahl, so gibt es Faktoren   mit  . Daher ist   und  , jedenfalls gibt es im Produkt   zwei Faktoren, deren Produkt   ist, weshalb das gesamte Produkt in   verschwinden muss. Das bedeutet aber   und erst recht  .

Anmerkungen Bearbeiten

  • Für jede natürliche Zahl   ist jede der beiden Kongruenzen   und   genau dann erfüllt, wenn die jeweils andere erfüllt ist. Man gewinnt dabei die eine aus der anderen (und vice versa) durch Rechtsmultiplikation mit  , indem man berücksichtigt, dass für   und   stets die Kongruenzen   und   gelten. Der Satz von Wilson ist also gleichwertig zu der bei Sierpiński[1] als „Leibniz’ Theorem“ bezeichneten Formulierung
Eine natürliche Zahl   ist eine Primzahl dann und nur dann, wenn sie die Kongruenz
 
erfüllt.
  • Von Fischer/Sacher – wie auch von anderen Autoren – wird als Satz von Wilson lediglich die Kongruenzaussage für Primzahlen   zitiert.

Beispiele Bearbeiten

Die folgende Tabelle zeigt die Werte von n von 2 bis 30, (n-1)! und den Rest von (n-1)! modulo n. Wenn n eine Primzahl ist, dann ist die Hintergrundfarbe pink. Und wenn n eine zusammengesetzte Zahl ist, dann ist die Hintergrundfarbe hellgrün.

Tabelle der Rest modulo n
     
2 1 1
3 2 2
4 6 2
5 24 4
6 120 0
7 720 6
8 5040 0
9 40320 0
10 362880 0
11 3628800 10
12 39916800 0
13 479001600 12
14 6227020800 0
15 87178291200 0
16 1307674368000 0
17 20922789888000 16
18 355687428096000 0
19 6402373705728000 18
20 121645100408832000 0
21 2432902008176640000 0
22 51090942171709440000 0
23 1124000727777607680000 22
24 25852016738884976640000 0
25 620448401733239439360000 0
26 15511210043330985984000000 0
27 403291461126605635584000000 0
28 10888869450418352160768000000 0
29 304888344611713860501504000000 28
30 8841761993739701954543616000000 0

Geschichte Bearbeiten

Das heute als Satz von Wilson bekannte Resultat wurde erstmals von Ibn al-Haytham entdeckt, aber schließlich nach John Wilson (einem Studenten des englischen Mathematikers Edward Waring) benannt, der es mehr als 700 Jahre später wiederentdeckte. Waring veröffentlichte diesen Satz im Jahr 1770, obwohl weder er noch Wilson einen Beweis erbringen konnten. Joseph Louis Lagrange gab den ersten Beweis 1773.

Nach Dietrich Mahnke besteht Grund zur Annahme, dass Gottfried Wilhelm Leibniz ein Jahrhundert zuvor von diesem Resultat wusste, es aber niemals publizierte. In einem aus dem Jahr 1683 stammenden Manuskript bewies Leibniz den Kleinen Satz von Fermat und erwähnte auch die für Primzahlen   zum Satz von Wilson äquivalente (und von Sierpiński als „Leibniz’ Theorem“ bezeichnete) Tatsache, dass   ist, wobei er fälschlich behauptete, dass der Rest 1 oder −1 sein könnte. Mahnke führt in „Leibniz auf der Suche nach einer allgemeinen Primzahlgleichung“[2] auf Seite 42 aus:

Leibniz hat in der Tat, wie Vacca im Boll. di bibl. e storia mat. 1899 festgestellt hat, den Wilsonschen Satz schon etwa ein Jahrhundert eher erkannt als Waring ihn in seinen Meditationes algebraicae (Cantabrigiae 1770) veröffentlicht und Lagrange an der angegebenen Stelle ihn zuerst bewiesen hat. Leibniz hat nämlich in Handschrift 25 die Reste von 1!,2!,3!,...,16! mod 17, ferner die Reihe mod 3, mod 4,...,mod 17 zusammengestellt und daraus geschlossen [...] D.h. (p-2)!=1 mod p, wenn p eine Primzahl ist, dagegen (n-2)!=m mod n, wobei m einen gemeinsamen Faktor mit n besitzt. Würde man die erste Kongruenz mit p-1 multiplizieren, so [...] würde der bekannte Wilsonsche Satz folgen. Leibniz hat nun seinen induktiv gefundenen Satz noch bei der nächsten Primzahl, p=17, nachgeprüft, sich dabei aber verrechnet. Er gibt nämlich an 11!=16,...,15!=16,16!=1 mod 17, während in Wirklichkeit 11!=1,...15!=1,16!=16 mod 17 ist. Durch diesen Rechenfehler ist er veranlasst worden, seinen richtigen Satz abzuändern und noch den falschen Zusatz zu machen: „... relinquish [1 vel complementum ad 1]“, d. h. p-1. In der Tat ist ja bei seiner Rechnung 15!=17-1, während in Wirklichkeit 15!=1 mod 17 ist. So erklärt sich dieser falsche Zusatz, der Vacca unverständlich war.

Korollare Bearbeiten

  • Ist   das Produkt von 2 mit einer Primzahl, so gilt auch:
 
Ansonsten ist das Ergebnis kongruent zu Null.
  bezeichnet dabei die eulersche Phi-Funktion
  • Ein weiteres Korollar bezieht sich auf eine Summe von Produkten, in denen jeweils eine Fakultät als Faktor enthalten ist:
  ist genau dann eine Primzahl, wenn die Summe   durch   teilbar ist.
Beweis:
 
Wegen   folgt:
 
Es gilt folgende Äquivalenzkette:
 
 
  (1)
Nach dem Satz von Wilson ist   genau dann eine Primzahl, wenn   durch   teilbar ist.
Nach (1) ist demnach   genau dann eine Primzahl, wenn   durch   teilbar ist, was wiederum gleichbedeutend damit ist, dass   durch   teilbar ist.
Da   und   teilerfremd sind, ist die letzte Aussage äquivalent dazu, dass   die Summe   teilt, was zu beweisen war.[3][4]

Verallgemeinerungen Bearbeiten

Es gilt allgemein:

 

Eine leichte Verallgemeinerung des Satzes von Wilson lautet:

Eine Zahl   ist genau dann Primzahl, wenn für alle  

 

gilt. Dieser Satz lässt sich leicht mit vollständiger Induktion nach   und mit dem Satz von Wilson beweisen. Für   oder   ergibt sich der Satz von Wilson. Setzt man hier  , so ergibt sich:

  mit   und ungerade ist genau dann Primzahl, wenn  .

Körpertheoretische Formulierung Bearbeiten

Allgemeiner Satz Bearbeiten

Der Satz von Wilson ist ein Spezialfall eines allgemeinen Satzes aus der Theorie der endlichen Körper, der sich wie folgt angeben lässt:[5]

Ist   ein endlicher Körper und   seine Einheitengruppe,
so ist stets die Gleichung
 
erfüllt.

Beweis des allgemeinen Satzes Bearbeiten

Der Darstellung von Fischer/Sacher folgend kann man wie folgt argumentieren:[6]

Die in   gelegene Teilmenge

 

ist die Nullstellenmenge des Polynoms   und wegen   gilt

 .

Andererseits ist offenbar

 ,

denn jedes Körperelement   liefert in dem Produkt zusammen mit seinem Inversen stets den Beitrag  .

Also gilt die behauptete Gleichung.

Verwandte Begriffe Bearbeiten

Das nur für Primzahlen   ganzzahlige Ergebnis der Division

 

wird als Wilson-Quotient   bezeichnet[7] (Folge A007619 in OEIS).

Primzahlen  , bei denen   sogar durch   teilbar ist, heißen Wilson-Primzahlen.

Beispiel: 13 ist Wilson-Primzahl; denn  .

Weblinks Bearbeiten

Wikibooks: Beweis zum Satz von Wilson – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Wacław Sierpiński: Elementary Theory of Numbers (= North-Holland Mathematical Library. Band 31). 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. North-Holland (u. a.), Amsterdam (u. a.) 1988, ISBN 0-444-86662-0 (MR0930670).
  2. Dietrich Mahnke: "Leibniz auf der Suche nach einer allgemeinen Primzahlgleichung." Bibl. Math. 13 (1912-13), 29–61.
  3. Ross Honsberger: Gitter - Reste - Würfel Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1984, ISBN 978-3-528-08476-9, Seiten 34 und 35
  4. Douglas Lind, Kenneth Kramer, Steven Minsker: Problem E 1702, American Mathematical Monthly, Los Angeles, (Kalifornien) (1965)
  5. Gerd Fischer, Reinhard Sacher: Einführung in die Algebra. 1978, S. 162
  6. Gerd Fischer, Reinhard Sacher: Einführung in die Algebra (= Teubner Studienbücher: Mathematik). 2. überarbeitete Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1978, ISBN 3-519-12053-4 (MR0492996).
  7. Eric W. Weisstein: Wilson Quotient. In: MathWorld (englisch).