Ruqaya al-Ghasra

bahrainische Leichtathletin
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Ruqaya al-Ghasra (arabisch رقية الغسرة Ruqaya al-Ghasara, DMG Ruqaya al-Ġasara, auch Rakia al-Gassra geschrieben; * 6. September 1982, Bani Jamra) ist eine ehemalige bahrainische Sprinterin.

Roqaya al-Gassra, 2009

Die Leichtathletin erregte besonderes Aufsehen durch das Tragen eines langärmeligen Shirts, einer langen Hose und eines dicht schließenden Hidschābs (Kopfbedeckung) bei sportlichen Wettkämpfen, mit denen sie die sogenannte ʿAura ihres Körpers gemäß islamischen Vorschriften so bedeckte, dass nur Hände und Gesicht freiblieben.

Al-Ghasra begann ihre sportliche Laufbahn als Basketballspielerin in ihrer Schulmannschaft, kam aber aufgrund ihrer Schnelligkeit mit 19 Jahren[1] zur Leichtathletik. Nachdem sie einige Schulmeisterschaften gewinnen konnte, brachte sie eine Lehrerin 2000 zur nationalen Bahrain Athletics Association, die wenig später ein Programm zur Unterstützung von weiblichen Jugendsportlern startete.[2] Bis dahin konnten sich Frauen in diesem Golfstaat nur in Mannschaftssportarten betätigen, da die Leichtathletikvereine für sie nicht zugänglich waren.[3] Im selben Jahr erreichte al-Ghasra bei den arabischen Jugendmeisterschaften in Damaskus einen sechsten Platz.[4]

Bei den 13. Panarabischen Leichtathletikmeisterschaften in Amman (Jordanien) errang al-Ghasra 2003 Gold über 100 Meter (11,61 s) und im 200-Meter-Lauf (24,09 s).[5] Bei den erstmals 2004 in Teheran ausgetragenen Hallenasienmeisterschaften gewann sie Silbermedaillen über 60 Meter (7,48 s), 200 Meter (24,18 s) und 400 Meter (55,29 s).[6] Bei den Hallenweltmeisterschaften 2004 in Budapest schied sie über 400 Meter schon im Vorlauf aus, obwohl sie mit 54,24 s einen bahrainischen Rekord aufstellte.

Al-Ghasra erfüllte mit 11,39 s als erste Frau aus einem arabischen Land die olympische 100-Meter-Qualifikationsnorm,[2] (Qualifikationsgrenze 11,40 Sekunden[7]) war also nicht wie einige andere Teilnehmerinnen aus islamischen Staaten auf eine Wildcard des IOCs angewiesen.[7][8] Mit 11,49 s schied sie bei den Olympischen Spielen in Athen im Vorlauf aus, wobei sie das Weiterkommen um sechs Hundertstelsekunden verfehlte.

2005 reichten ihr bei den dritten Westasiatischen Spielen in Doha 12,28 s zum Sieg bei dem erstmals für Frauen ausgetragenen 100-Meter-Lauf.[9] Mit 24 Jahren errang sie bei den Asienspielen 2006 in Katar mit 23,19 s die Goldmedaille im 200-Meter-Lauf vor der Usbekin Goʻzal Xubbiyeva und der Sri-Lankerin Susanthika Jayasinghe, die al-Ghasra im 100-Meter-Lauf, wo sie nach einem Fehlstart 11,40 s erzielte, auf den Bronzerang verdrängt hatten.[10][1][11] Diese Asienspiele waren die ersten, bei denen bahrainische Leichtathletinnen eine Medaille gewannen. Während jedoch die eingebürgerte, aus Äthiopien stammende Mittelstreckenläuferin Maryam Yusuf Jamal die für ihre Sportart typische Kleidung trug, war al-Ghasra wie auch einige Athletinnen anderer Nationen so gekleidet, wie es der kulturellen Tradition ihrer Heimat entsprach. Al-Ghasra sagte nach ihrem Sieg in einem Interview, das Tragen von Kleidung nach traditionellen Vorschriften beflügele sie und sei keine Behinderung.[12]

Aufgrund eines Muskelfaserrisses, den sich al-Ghasra im Juli 2007 im linken Oberschenkel zuzog, konnte sie die Weltmeisterschaften im August in Ōsaka und den Asiatischen Hallenspielen im Oktober in Macau nicht bestreiten.[13][14] Bei den zweiten Hallenasienmeisterschaften im Februar 2008 in Doha errang die genesene al-Ghasra Goldmedaillen über 60 m (7,40 s)[15] und 400 m (53,28 s).[16]

 
Bei den Olympischen Spielen 2008

Obwohl sie auch über 100 Meter qualifiziert war, kündigte sie vor den Olympischen Spielen in Peking an, sich auf den 200-Meter-Lauf zu beschränken, bei dem sie eine Medaille anstrebte.[17] Sowohl im Vorlauf wie auch im Viertelfinale war sie mit 22,81 s und 22,76 s Erste, im Halbfinale jedoch schied sie als Sechste mit 22,72 s aus.[18]

Bei der Eröffnungsfeier zogen erstmals Frauen als Flaggenträger für Golfstaaten ein, außer al-Ghasra die Iranerin Homa Hosseini und Sheikha Maitha Al Maktoum aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.[19][20]

Al-Ghasra trug in Peking auf dem Kopf einen Hijood, entworfen von der australischen Modedesignerin Aheda Zanetti, die später durch ihren islamkonformen Schwimmanzug Burkini, den sie für ihr Textilunternehmen Ahiida entworfen hatte, bekannt wurde.[21] Der Hijood ist ein haubenförmiger Hidschāb (das Wort ist zusammengesetzt aus den englischen Wörtern für Schleier, Hijab, und Haube, Hood), der Haar und Nacken bedeckt.[22][23][24] Zuvor trug sie Kleidung des Sportartikelherstellers Nike.[25][26] Die fromme Schiitin[27] wollte mit ihrem Auftreten ihre Glaubensgenossinnen dazu anregen, Wettkampfsport zu betreiben, denn Frauensport sei in Bahrain und anderen Golfstaaten neu.[12] Der Präsident der Bahrain Athletics Association (BAA) bezeichnete sie als „Vorbild, besonders für junge Mädchen“.[28] Der Start von Musliminnen mit Kleidung nach traditioneller islamischer Sitte bei Olympischen Spielen wird einerseits als Schritt hin zur Gleichberechtigung in islamischen Ländern betrachtet,[29][30] andererseits aber auch als Zeichen der Re-Islamisierung wahrgenommen.[31]

Bei den Weltmeisterschaften 2009 in Berlin erreichte al-Ghasra das Halbfinale über 200 Meter und das Viertelfinale über 100 Meter.[32][33] Am Ende des Jahres trat sie aus gesundheitlichen Gründen zurück.[34] Im Juli 2010 gab der Weltleichtathletikverband IAAF jedoch bekannt, dass bei ihr bei einer Trainingskontrolle eine Woche vor den Weltmeisterschaften 2009 ein Epitestosteron-Verstoß festgestellt wurde und sie eine zweijährige Dopingsperre erhielt.[35][36] Die Ergebnisse von Berlin wurden gestrichen.[37][38]

Ihre persönlichen Bestzeiten liegen bei 11,12 s für 100 Meter (Mailand, 2. Juli 2008, arabischer Rekord) und 22,65 s für 200 Meter (Rom, 11. Juli 2008, arabischer Rekord).[19] Al-Ghasra ist 1,70 m groß und wog zu Wettkampfzeiten 65 kg. Sie hat Sport-Management studiert.[39]

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Commons: Ruqaya al-Ghasra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Times of Oman: Sprinter debunks myth of hijab on track (Memento vom 3. Januar 2010 im Internet Archive). 12. Dezember
  2. a b New York Times: Summer 2004 Games; Free at Last, Islamic Women Compete With Abandon. 21. August 2004
  3. IAAF: A first for Bahrain (Memento vom 13. Februar 2008 im Internet Archive). 1. Juni 2007
  4. Gulf News: Breaking Free (Memento vom 9. Oktober 2007 im Internet Archive). 19. Mai 2007
  5. gbrathletics.com: Pan Arab Championships
  6. Asian Athletics Association: Asian Indoor Championchips (Memento vom 8. Februar 2012 im Internet Archive)
  7. a b Chicago Tribune (via The Muslim News): Muslim women show their options (Memento vom 11. September 2005 im Internet Archive). 20. August 2004
  8. ESPN: Running into History. 25. September 2004
  9. Asian Athletics Association: West Asian Games (Memento vom 15. Februar 2009 im Internet Archive)
  10. Al Jazeera English: Glory for Al Ghasara (Memento vom 18. Februar 2009 im Internet Archive). 11. Dezember 2006
  11. Athletenporträt von Ruqaya Al Ghasara (Memento vom 4. Januar 2007 im Internet Archive) auf der Website der Asienspiele 2006 (Internet Archive)
  12. a b coolrunning.com: No bother at all: Bahrain sprinter says Muslim dress makes her faster (Memento vom 5. Februar 2011 im Internet Archive), coolrunning.com, 12. Dezember 2006
  13. Gulf Daily News: Ruqaya getting back on track… (Memento vom 14. Dezember 2015 im Internet Archive). 1. Dezember 2007
  14. Al Jazeera English: Olympic dreams for Al Ghasara (Memento vom 27. Mai 2010 im Internet Archive). 18. Februar 2008
  15. Asian Indoor Athletics Championships 2008 – Results Day 1. Asian Athletics Association, archiviert vom Original am 1. April 2008; abgerufen am 11. April 2014 (englisch).
  16. Asian Indoor Athletics Championships 2008 – Results Day 2. Asian Athletics Association, archiviert vom Original am 28. März 2008; abgerufen am 11. April 2014 (englisch).
  17. Gulf Daily News: Ruqaya to carry flag at Games. 31. Juli 2008
  18. Gulf Daily News: Ruqaya’s dream run comes to an end (Memento vom 13. Januar 2016 im Internet Archive). 21. August 2008
  19. a b Gulf Daily News: Bahrain ready for opening show. 8. August 2008
  20. The Washington Post: Let the Women Play (Memento vom 2. Juli 2014 im Internet Archive). 14. August 2008
  21. Gulf Daily News: Ruqaya to wear new Aussie outfit (Memento vom 23. Juli 2015 im Internet Archive). 11. August 2008
  22. Ahiida-Pressemitteilung: The Rise and Rise of the Hijood (Memento vom 24. Juli 2008 im Internet Archive) (PDF)
  23. Reuters: Aussie „burqini“ designer creates athletic veil. 18. August 2008
  24. Süddeutsche Zeitung: Islamkonforme Sportausrüstung (Memento vom 24. Juni 2009 im Internet Archive). 19. August 2008
  25. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Kommentar Sport: Auf Tuchfühlung. 12. Dezember 2006
  26. ESPN: Nike swoosh raises debate 19. Dezember 2006.
  27. Al Ghasara: I will always run wearing hijab
  28. Gulf Daily News: Ruqaya 'top role-model. 19. Februar 2008
  29. Stern: Muslimische Frauen bei Olympia: Die mit dem Schleier starten (Memento vom 6. Juli 2007 im Internet Archive). 26. August 2004
  30. The Washington Post: Unveiling the Olympics, washingtonpost.com, 15. August 2008
  31. 3sat: Wettkampf der Kulturen. Wie arabische Medien über die Olympischen Spiele berichten. 25. August 2004
  32. Berlin 2009 – Frauen – 200 m (Memento vom 16. Mai 2016 im Internet Archive), NDR 2011
  33. Berlin 2009 – Frauen – 100 m (Memento vom 6. Juni 2016 im Internet Archive), NDR 2011
  34. Bahraini sprinter Rakia Al Gassra retires for health reasons (Memento vom 14. Januar 2016 im Internet Archive), www.all-athletics.com 17. Dezember 2009
  35. IAAF News – Newsletter Edition 115 (Memento vom 3. Dezember 2016 im Internet Archive), IAAF 20. Juli 2012
  36. IAAF: Athletes currently suspended, wacathle.voila.net Juli 2010
  37. 200 Metres – W Semi-Final (Memento vom 15. August 2012 im Internet Archive), IAAF
  38. 100 Metres – W Quarter Final (Memento vom 12. September 2012 im Internet Archive), IAAF
  39. Gulf News: Veil no barrier, says Al Ghasara (Memento vom 29. Mai 2008 im Internet Archive). 13. Dezember 2006