Reiner und gemischter Zustand

Begriffe der Quantenmechanik

Die Begriffe reiner und gemischter Zustand (besser: Zustandsgemisch) bezeichnen in der Quantenmechanik bestimmte Arten von quantenmechanischen Zuständen von einem oder mehreren Teilchen.

Reiner Zustand Bearbeiten

Ein reiner Zustand liegt vor, wenn das betrachtete System mit der Wahrscheinlichkeit   in einem fest definierten Zustand ist. Wird dieser durch einen Zustandsvektor   aus dem Hilbertraum beschrieben, dann beschreiben auch alle Vektoren   mit beliebiger Phase   denselben Zustand. Somit ist der Dichteoperator

 

gerade die Projektion auf den eindimensionalen Unterraum, der durch den Vektor   als Repräsentant definiert ist. Die Projektion ist idempotent, d. h., es gilt  .

Eine andere Definition eines reinen Zustandes, die insbesondere die mathematischen Probleme mit überabzählbarer, nicht normierbarer Basis vermeidet, aber ansonsten äquivalent zu der obigen ist, geht von dem allgemeineren Zustandsbegriff für C*-Algebren von Operatoren aus. Ein Zustand auf einer C*-Algebra   ist ein positives lineares Funktional mit Norm 1, also eine Abbildung   mit   und  . Die Menge der Zustände   bildet eine konvexe Menge. Ein reiner Zustand ist ein Zustand, der extremal in   ist. D. h., ein reiner Zustand lässt sich nicht als Konvexkombination (eine Linearkombination mit positiven Koeffizienten, deren Summe 1 ergibt) zweier anderer Zustände beschreiben.

Zustandsgemische Bearbeiten

Das Gegenstück zu einem reinen Zustand ist ein Zustandsgemisch. Dieses wird manchmal auch als gemischter Zustand bezeichnet, was aber unpassend ist, weil dann zwischen kohärenter und inkohärenter Mischung zu unterscheiden ist, und die kohärente Mischung gerade nicht zu einem Zustandsgemisch sondern zu einem reinen Zustand führt. Gewöhnlich wird die „kohärente Mischung“ als Überlagerung bezeichnet. Dabei werden Wellenfunktionen linear superponiert,   mit komplexen Faktoren  , die unter anderem Phaseninformation ausdrücken. ‚Inkohärente Mischung‘ beschreibt zunächst Ensemble, in denen Objekte in reinen Zuständen   statistisch mit Wahrscheinlichkeiten  ,  , gemischt sind. Dabei spielen die Phasen der   keine Rolle. Ein solcher ‚Zustand‘ wird dann auch den einzelnen Objekten des Ensembles zugeschrieben. Es ist aber zu beachten, dass das Objekt bei einer Messung die Zustände   im Allgemeinen nicht mit der angegebenen Wahrscheinlichkeit zeigen wird. Dies geschieht nur, wenn die zusammengemischten Zustände orthogonal sind.

Ein analoger Unterschied besteht in der Optik zwischen der kohärenten Addition von Amplituden (Wellenoptik) und der inkohärenten Addition von Intensitäten (Strahlenoptik). Bei inkohärenter Überlagerung, also bei einem Zustandsgemisch, tritt an die Stelle des Projektionsoperators der Dichteoperator, den man als Linearkombination der einzelnen Projektionsoperatoren bildet:

 .

Zustandsgemische verschiedener Zusammensetzung lassen sich nur dann durch Messungen (von geeigneten Observablen) unterscheiden, wenn ihre Dichteoperatoren sich unterscheiden. Ein reiner Zustand ist der Spezialfall eines Gemischs mit nur einer Komponente.

Sind die gemischten reinen Zustände orthogonal, so sind sie die Eigenzustände des Dichteoperators und die   sind die zugehörigen Eigenwerte.

Zustandsgemische entstehen häufig, z. B. wenn beim Präparieren des Systems unterschiedliche reine Zustände   mit relativen Häufigkeiten   erzeugt werden. Der Erwartungswert eines beliebigen Operators   (mit Eigenwerten   und Eigenzuständen  ) ist die mit den   gewichtete Summe der Erwartungswerte von   in jedem der inkohärent gemischten Zustände  :

  

Sind die reinen Zustände   orthogonal zueinander, dann gibt das Gewicht   die Wahrscheinlichkeit dafür an, das System im reinen Zustand   zu finden. Sind sie nicht orthogonal, gilt das nicht. Vielmehr gilt für die Wahrscheinlichkeit, das Gemisch in einem bestimmten Zustand   zu finden:

 

Unterschiedliche Zusammensetzungen können die gleiche Dichtematrix erzeugen:

 
 

Hierbei sind die Zustände   und   die Eigenzustände des Spin-1/2-Systems zur z- bzw. x-Achse. Die beiden Formeln mit unterschiedlichen Projektionsoperatoren scheinen einmal die z-Achse, das andere Mal die x-Achse auszuzeichnen. Sie sind jedoch identisch, wie man erkennt, wenn man die üblichen Identifikationen   und   benutzt (siehe z. B. Bell-Zustand).

Den Dichteoperator eines inkohärenten Zustandsgemischs (aus mindestens zwei Zuständen) erkennt man daran, dass für ihn gilt:   während bei kohärenter Mischung immer das Gleichheitszeichen gilt,  

Beispiele Bearbeiten

Das prominenteste Beispiel für inkohärente Superposition gibt die Thermodynamik bzw. Statistische Physik (Quantenstatistik). Hier ist  . Dabei ist   die reziproke Fermi-Temperatur T, genauer:   mit der Boltzmann-Konstante      ist der Hamiltonoperator (Energieoperator) des Systems; es ist also    Z(T) schließlich ist die sogenannte Zustandssumme,   was   entspricht. Für die thermodynamische Entropie   des Systems gilt:   mit der im Artikel Bell-Zustand statistisch definierten Von-Neumann-Entropie   Beide Entropien sind also im Wesentlichen identisch.

Das prominenteste Beispiel für kohärente Superpositionen gibt die Laserstrahlung. Hier strahlen die Laseratome gleichphasig, also im Takt. Es werden Übergänge zwischen unterschiedlichen „reinen“ Energiezuständen des bestrahlten Systems induziert, wobei die Übergangrate, das ist die Zahl der Übergänge dividiert durch die Zeit, nicht wie bei inkohärenter Strahlung konstant ist, sondern z. B. über eine gewisse Zeitspanne sehr rasch anwächst. Die erzeugte Strahlungsintensität ( ) ist sehr viel größer als bei inkohärenter Anregung (  verglichen mit   bei inkohärentem Licht. Dabei ist  , die Zahl der beteiligten Atome, extrem groß, sodass   um viele Zehnerpotenzen größer ist als  )

Bei inkohärenter Anregung erfolgen die Energieübergänge nicht im Takt, sondern z. B. mit Zufallsphasen. Für die mittlere Übergangsrate gilt jetzt eine sog. „Goldene Regel“ von E. Fermi.

Quellen Bearbeiten

  • Huaxin Lin: An Introduction to the Classification of Amenable C*-algebras. World Scientific, Singapur 2001, ISBN 981-02-4680-3.