Nierow

Ortsteil der Gemeinde Schollene

Nierow ist ein Ortsteil der Gemeinde Schollene im Osten des Landkreises Stendal in Sachsen-Anhalt.[3]

Nierow
Gemeinde Schollene
Koordinaten: 52° 41′ N, 12° 11′ OKoordinaten: 52° 41′ 11″ N, 12° 11′ 6″ O
Höhe: 30 m ü. NHN
Fläche: 6,31 km²[1]
Einwohner: 20 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 3 Einwohner/km²
Eingemeindung: 30. September 1928
Eingemeindet nach: Neuwartensleben
Postleitzahl: 14715
Vorwahl: 039389
Nierow (Sachsen-Anhalt)
Nierow (Sachsen-Anhalt)

Lage von Nierow in Sachsen-Anhalt

Geografie Bearbeiten

Nierow, eine ehemalige Gutslage, liegt 2½ Kilometer nordwestlich von Schollene auf einer Moräneninsel am Nordrand des Naturschutzgebietes Schollener See im Land Schollene.[4][5] Zum Ortsteil Nierow gehört der 1½ Kilometer nordwestlich gelegene Elshof, der im amtlichen Verzeichnis irrtümlich als Eishof bezeichnet wird.[6]

Nachbarorte sind Mahlitz im Westen, der Elshof im Nordwesten, Molkenberg im Nordosten, Neumolkenberg und Schollene im Osten sowie Neuwartensleben im Südwesten.[5]

Geschichte Bearbeiten

Mittelalter bis Neuzeit Bearbeiten

Als erste Erwähnung gilt die Nennung von Niecerim im Jahre 948.[7]

Im Jahre 1782 wird ein Vorwerk Niero genannt, das Frau von Werder zu Karow gehörte und nach Alt-Scholläne eingepfarrt war.[8] Es war ein Vorwerk des Rittergutes Schollene, dem die Bewohner von Nierow, die selbst kein Grundeigentum hatten, zu Dienstgeldzahlungen verpflichtet waren. Zwischen 1835 und 1840 kam das Gut Nierow in Besitz des Amtsmanns Wienkop in Wassersuppe.[9] Er und sein Bruder ließen die Nierower Häuser erbauen. Der letzter Besitzer des Gutes bis zum Kriegsende war Paulsen.[10]

Im Zuge der Bodenreform wurde das Gut 1945 aufgeteilt, 5 Neubauernhöfe entstanden. Nach Gründung der Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft wurde nördlich des Gutes ein Schweineproduktionsbetrieb und ein Rinderstall errichtet. Im alten Gutshaus war die LPG-Küche untergebracht.[4]

Vom einstigen Vorwerk steht nur noch das im 18. Jahrhundert errichtete inzwischen umgebaute einstöckige Wohnhaus.[4]

Andere Erwähnungen Bearbeiten

Hanns H. F. Schmidt nennt in seinen „Wanderungen“ das Jahr 946 als erste Erwähnung von Nierow als Niecerim.[11] Die Erwähnung von Niecurim in der Stiftungsurkunde des Bistums Havelberg[12][13] ist zeitlich umstritten, da die Urkunde als Fälschung aus dem Mittelalter gilt.[14] Ledebur nannte für das Jahr 946 die Lesarten Nicurini und Niecurim, jedoch nicht Niecerim. Er meinte, dass damit Niermark (Neuermark) östlich von Arneburg oder „auch das wüste Dorf und heutige Vorwerk Niero“ gemeint sein könnte.[15] Eduard Jacobs bestätigte Ledburs Angaben, schreibt aber Niere, statt Niero.[16]

Reischel behauptet, dass Riedel bei der Beschreibung der Urkunden das Bistums Havelberg „Nierow bei Schollene“ nennen würde.[17] Riedel führt „Niro“ und „Melkow“ als zu Cabelitz gehörig auf und verweist dabei auf Ledebur.[18] Der Bearbeiter des Registers von Riedel Moritz Wilhelm Heffter schreibt „Niecormi oder Niecurim, Nieukerin“ könnte für „Niero“ stehen als ein „vergangenes Dorf im Magdeburgischen auf der Elbinsel bei Parey“.[19]

Burgwall und Wüstung Nierow Bearbeiten

Auf einer Halbinsel des Nierower oder Schollener Sees befindet sich ein abgetragener slawischer Burgwall, der 1958 als Bodendenkmal erfasst wurde.[20][21] Er wird auch als „Borchwall“ bezeichnet. Daneben befindet sich eine slawische Wüstung.[22]

Eingemeindungen Bearbeiten

Das Gut Nierow gehörte früher zum zweiten Distrikt im Jerichowschen Kreis im Norden des Herzogtums Magdeburg.[8] 1816 kam es zum Kreis Jerichow II, dem späteren Landkreis Jerichow II in der preußischen Provinz Sachsen.

Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Nierow mit der Landgemeinde Neuwartensleben vereinigt.[23] Da am 20. Juli 1950 die Gemeinde Neuwartensleben in die Gemeinde Schollehne eingemeindet worden war,[24] wird Nierow seitdem als Ortsteil von Schollene geführt.

Herkunft des Ortsnamens Bearbeiten

Aleksander Brückner deutet aus dem Namen Nierow die Silbe nyr als altslawisch „nyrati“ für „tauchen“.[25] Zum Ortsnamensuffix -ow siehe hier.

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Jahr Einwohner
1782 [0]27[8]
1818 [0]41[9]
1840 [0]55[9]
1864 [00]54[26]
1871 13
1885 95
Jahr Einwohner
1895 46
1905 51
1910 37
2014 [00]23[27]
2017 [00]24[28]
2018 [00]24[29]
Jahr Einwohner
2019 [00]23[29]
2020 [00]25[30]
2021 [00]22[30]
2022 [0]20[2]

Quellen: 1871 bis 1910 Unterlagen der Volkszählung

Religion Bearbeiten

Die evangelischen Christen aus Nierow gehören zur Kirchengemeinde Schollene, die früher zur Pfarrei Schollene gehörte.[31] Sie wird heute betreut vom Pfarrbereich Schönhausen im Kirchenkreis Stendal im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[32]

Literatur Bearbeiten

  • Sebastian Kinder, Haik Thomas Porada (Hrsg.): Das Havelland um Rathenow und Premnitz: eine landeskundliche Bestandsaufnahme (= Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat. Band 74). 2017, ISBN 978-3-412-22297-0, S. 136, Schollene… Nierow und Elshof.
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 193, 68. Nierow (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Gemeindelexikon für die Provinz Sachsen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 und anderer amtlicher Quellen bearbeitet vom Königlich Preußischen Statistischen Landesamte. In: Königliches Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Heft VII, 1909, DNB 365941735, ZDB-ID 1046036-6, S. 52.
  2. a b Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB 1047269554, S. 19–20.
  3. Hauptsatzung der Gemeinde Schollene. 29. August 2019, abgerufen am 29. Mai 2021.
  4. a b c Sebastian Kinder, Haik Thomas Porada (Hrsg.): Das Havelland um Rathenow und Premnitz: eine landeskundliche Bestandsaufnahme (= Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat. Band 74). 2017, ISBN 978-3-412-22297-0, S. 136, Schollene… Nierow und Elshof.
  5. a b Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  6. Verzeichnis Gemeinden und Gemeindeteile. Gebietsstand: 1. April 2013 (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Verzeichnisse / 003. Nr. 2013). Halle (Saale) Mai 2013, S. 116 (destatis.de [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 24. August 2019]).
  7. Erholungsort Schollene an der Havel – Historie. In: schollene-land.de. 29. Dezember 2020, abgerufen am 2. Juni 2021.
  8. a b c Johann Ludwig Heineccius: Ausführliche topographische Beschreibung des Herzogthums Magdeburg und der Grafschaft Mansfeld, Magdeburgischen Antheils. Berlin 1785, S. 285 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10709863~SZ%3D00271~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  9. a b c J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 193, 68. Nierow (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Erholungsort Schollene an der Havel – Nierow. In: schollene-land.de. 29. Dezember 2020, abgerufen am 2. Juni 2021.
  11. Hanns H. F. Schmidt: Zwischen Elbe und Havel: Wanderungen vom Fiener Bruch bis in die Prignitz. 1990, ISBN 3-325-00242-0, S. 117.
  12. Theodor Sickel (Hrsg.): Diplomata 12: Die Urkunden Konrad I., Heinrich I. und Otto I. (Conradi I., Heinrici I. et Ottonis I. Diplomata). Hannover 1879, S. 155 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat) Nr. 76.
  13. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 3. Berlin 1843, S. 81 (Digitalisat).
  14. Fritz Curschmann: Die Stiftungsurkunde des Bisthums Havelberg (= Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe… Band 28). 1903, S. 416 (Digitalisat).
  15. Leopold von Ledebur: Die Landschaften des Havelberger Sprengels (= Märkische Forschungen. Band 1). 1841, S. 213, Nicurini (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A11682582~SZ%3D00225~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  16. Eduard Jacobs: Früheste Erwähnung der noch bestehenden Ortschaften des Herzogthums Magdeburg mit Ausschluss des Saalkreises (= Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg. Band 7). 1872, S. 481 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A11039315~SZ%3D00491~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  17. Gustav Reischel: Wüstungskunde der Kreise Jerichow I und Jerichow II (= Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt. Band 9). 1930.
  18. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 2. Berlin 1842, S. 383 (Digitalisat).
  19. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Namenverzeichniß zu sämmtlichen Bänden. Band 2. Berlin 1868, S. 429 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10478021~SZ%3D00435~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  20. Johannes Schneider: Die geschützten Bodendenkmale des Bezirkes Magdeburg. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 69, 1986, S. 112 (Online)
  21. Paul Grimm: Handbuch der vor- und frühgeschichtlichen Wall- und Wehranlagen. Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle der Bezirke Halle und Magdeburg (= Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte. Band 6). 1958, ZDB-ID 1410760-0, Nr. 874. (zitiert nach Schneider)
  22. Max Bathe: Zur Wüstungskunde der Kreise Jerichow (= Sachsen und Anhalt. Band 7). 1931, S. 455–473 (uni-halle.de).
  23. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S. 224.
  24. Zweite Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen zum 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr. 18, 5. August 1950, ZDB-ID 511105-5, S. 274–281 (PDF).
  25. Aleksander Brückner: Die slavischen Ansiedlungen in der Altmark und im Magdeburgischen (= Preisschriften, gekrönt und herausgegeben von der Fürstlich-Jablonowskischen Gesellschaft zu Leipzig. Band 22). 1879, S. 76, 44 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A11381473~SZ%3D00082~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  26. A. Bühling: Geographisch-statistisch-topographisches Handbuch des Regierungsbezirks. Ortschafts-Verzeichniß des Regierungs-Bezirkes Magdeburg. Magdeburg 1864, S. 34–35, VI. 54 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10136781~SZ%3D00144~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  27. Anke Schleusner-Reinfeldt: Zahl der Einwohner sinkt nur leicht. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 30. Januar 2015 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
  28. Anke Schleusner-Reinfeldt: 33 Einwohner weniger im Elbe-Havel-Land. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 15. Januar 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
  29. a b Anke Schleusner-Reinfeldt: Einwohnerzahl sinkt. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 17. Januar 2020 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
  30. a b Ingo Freihorst: Klietz und Kamern legen 2021 zu. In: Havelberger Volksstimme, Elb-Havel-Echo. 19. Februar 2022, DNB 1047268663, S. 18.
  31. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 104 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  32. Pfarrbereich Schönhausen. Abgerufen am 2. Juni 2021.