Liste der Stolpersteine in Dachau

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Diese Liste der Stolpersteine in Dachau enthält die Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunstprojekts von Gunter Demnig in der oberbayrischen Stadt Dachau verlegt wurden. Mit ihnen soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die in Dachau lebten und wirkten.

Auf der Oberseite der Betonquader mit zehn Zentimeter Kantenlänge ist eine Messingtafel verankert, die Auskunft über Namen, Geburtsjahr und Schicksal der Personen gibt, derer gedacht werden soll. Die Steine sind in den Bürgersteig vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eingelassen.

Die ersten sechs Stolpersteine zur Erinnerung an die Dachauer, die im Holocaust ermordet wurden, verlegte Demnig 2005. 2014 kamen vier Stolpersteine für Menschen mit anderem Verfolgungshintergrund hinzu. 2017 ließ die Stadt Dachau fünf weitere Stolpersteine" zur Erinnerung an Opfer des Naziregimes verlegen. Darunter sind erstmals auch behinderte Menschen, die in der „Aktion T4“ der Nazis ermordet wurden.[1][2] Die Stolpersteinverlegungen wurden jeweils von Gedenkveranstaltungen begleitet.[3][4]

Adresse Name Inschrift Verlegedatum Bild Anmerkungen
Herrmann-Stockmann-Straße 10
(Standort)
Johann Neumeyer Hier wohnte
Hans
Neumeyer
JG. 1887
deportiert 1942
Theresienstadt
tot 19.5.1944
9. November 2005
Im Haus der Familie Neumeyer herrschte ein reges kulturelles Leben: Hans Neumeyer, der seit seiner Jugend blind war, hatte Musik studiert und komponierte; Vera Neumeyer gab den Damen der Dachauer Künstlergesellschaft Unterricht in Tanz und Gymnastik. Die Kinder des Ehepaars, Ruth und Raimond, konnten nach England entkommen.[5]
Vera Neumeyer Hier wohnte
Vera
Neumeyer
Geb. Ephraim
JG. 1893
Majdanek
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9. November 2005
Julius Kohn Hier wohnte
Julius Kohn
JG. 1886
deportiert 1943
Auschwitz
Ermordet
März 1943
9. November 2005
Julius Kohn war Untermieter bei der Familie Neumeyer.[5]
Herrmann-Stockmann-Straße 27
(Standort)
Alice Jaffé Hier wohnte
Alice Jaffé
JG. 1875
deportiert 1942
Auschwitz
Ermordet 1944
9. November 2005
Johanna Jaffé, Privatsekretärin beim Ehepaar Meinhold und Julie Rau, konnte zusammen mit diesen nach England entkommen.[5]
Oskar-von-Miller-Straße 1
(Standort)
Max Wallach Hier wohnte
Max Wallach
JG. 1875
Deportiert 1942
Auschwitz
Ermordet 1944
9. November 2005
Max Wallach und seine Ehefrau Melitta, genannt Melly, betrieben in der Stockmannstraße eine Stoffdruckerei. Ihr Sohn Franz konnte sich nach England retten.[5]
Melitta Wallach Hier wohnte
Melitta Wallach
Geb. Hollaender
JG. 1894
Deportiert 1942
Auschwitz
Ermordet 1944
9. November 2005
Wieningerstraße 10
(Standort)
Thomas Bleisteiner Hier wohnte
Thomas Bleisteiner
JG. 1908
′Schutzhaft′ 1933
Dachau
1938 Buchenwald
Ermordet 16.4.1940
Mauthausen
22. Mai 2014
Der Hilfsarbeiter Thomas Bleiseiner wurde zwischen 1933 und 1940 mehrfach inhaftiert, vor allem wegen Arbeitsverweigerung. Dabei musste er viele Arbeitsstellen nur ablehnen, weil er weder Schuhe noch ein Fahrrad besaß, um dort hinzugelangen.[6]
Friedenstraße 17
(Standort)
Anton Felber Hier wohnte
Anton Felber
JG. 1902
Verhaftet 1938
′Sicherungsverwahrung′
Dachau
1939 Flossenbürg
Ermordet 20.10.1939
22. Mai 2014
Der Korbmacher Anton Felber wurde bis 1938 mehrfach inhaftiert, vor allem wegen Diebstählen. Der frühe Tod seiner Eltern zwang ihn zum Stehlen und Herumtreiben. Ab 1938 kam er in Vorbeugungshaft ins KZ Dachau.[6]
Heimgartenstraße 14
(Standort)
Johann Pflügler Hier wohnte
Johann Pflügler
JG. 1909
im Widerstand
Ermordet 28.4.1945
Rathausplatz
′Dachauer Aufstand′
22. Mai 2014
Johann Pflüger, geboren 1909 in Niederroth, arbeitete bei Krauß Maffei in Allach. Er hatte Kontakte zur KPD und verteilte mit Franz Klein und anderen Mitgliedern der KPD Flugblätter. 1933 war er 47 Tage im Amtsgericht Dachau inhaftiert. Er pflegte zudem Kontakte zur Freiheitsaktion Bayern, die den Dachauer Aufstand organisierte. Pflügler war an den Kämpfen um das Rathaus beteiligt und wurde entweder bei den Kämpfen oder der nachfolgenden Vergeltungsaktion der SS erschossen.[6]
Schleißheimer Straße 149
(Standort)
Albert Vettermann Hier wohnte
Albert Vettermann
JG. 1900
Verhaftet 1940
′Sicherungsverwahrung′
Dachau
1941 Ravensbrück
Ermordet 30.5.1942
22. Mai 2014
Albert Vettermann, geboren 1900 in Chemnitz, war im Juni 1937 beim Bau der Reichsautobahn von München nach Ulm (heute A8) eingesetzt. Dabei lernte er Johannes Rudolf Grosser kennen, mit dem er eine sexuelle Beziehung begann. Er wurde deshalb verurteilt und war so von 1940 bis 1942 in den KZs Dachau und Ravensbrück in polizeilicher Sicherungsverwahrung inhaftiert. Am 25. März 1942 wurde er in die Tötungsanstalt Bernburg/Saale überführt und sofort nach Ankunft ermordet.[6]
Augustenfelder Straße 20
(Standort)
Alwine Dölfel Hier wohnte
Alwine Dölfel
JG. 1931
Eingewiesen 1938
Associationsanstalt
Schönbrunn
′Verlegt′ 2.6.1944
Heilanstalt Eglfing-Haar
′Kinderfachabteilung′
Ermordet 1.10.1944
4. Mai 2017
Alwine Dölfel war nach einer Impfung so schwer erkrankt, dass sie eine Behinderung behielt und von ihrer Familie nicht dauerhaft gepflegt werden konnte. Sie wurde im Alter von 13 Jahren in Eglfing-Haar ermordet.[7]
St. Peter Straße 2
(Standort)
Samuel Gilde Hier wohnte
Dr. Samuel Gilde
JG. 1874
Berufsverbot 1938
′Schutzhaft′ 1938
Dachau
Deportiert 1942
Theresienstadt
Ermordet 30.6.1944
4. Mai 2017
Seine letzte frei gewählte Wohnung fand der Arzt Samuel Gilde im Herbst 1938 bei dem jüdischen Schriftsteller Hermann Gottschalk in Augustenfeld. Nur eine Woche später mussten Gilde und Gottschalk vor der Vertreibung durch die SS fliehen. Gilde wurde kurz darauf verhaftet und am 12. November 1938 im KZ Dachau in Schutzhaft genommen. Bis dahin hatte der Mediziner noch zahlreiche Patienten behandelt, obwohl er von den Nazis gezwungen worden war, seine renommierte Praxis aufzugeben.[7][8]
Benediktenwandstraße 3
(Standort)
Therese Wildmoser Hier wohnte
Therese
Wildmoser
JG. 1910
Eingewiesen 1.11.1938
Heilanstalt Taufkirchen
′Verlegt′ 25.2.1941
Hartheim
Ermordet 25.2.1941
′Aktion T4′
4. Mai 2017
Therese Wildmoser war Dienstmädchen und litt unter Epilepsie. Sie wurde Opfer des als „Aktion T4“ bezeichneten Krankenmordprogramms der Nationalsozialisten.[7]
Münchner Straße 29
(Standort)
Johann Eisenmann Hier wohnte
Johann
Eisenmann
JG. 1909
Im Widerstand / KPD
′Schutzhaft′ 1933
Gefängnis München
tot 3.4.1933
Umstände nie geklärt
4. Mai 2017
Der Hilfsarbeiter Johann Eisenman schloss sich als junger Mann dem Kreis um den Kommunisten Franz Klein an. Nach der Machtergreifung wurde er als politischer Gegner ins Gefängnis München Neudeck gebracht, wo er unter nicht geklärten Umständen zu Tode kam.[7][8]
Gottesackerstraße 5
(Standort)
Maria Linner Hier wohnte
Maria Linner
JG. 1899
Eingewiesen 23.3.1935
Heilanstalt Gabersee
′Verlegt′ 7.11.1940
Hartheim
Ermordet 7.11.1940
′Aktion T4′
4. Mai 2017
Maria Linner hatte nach einer Krankheit ihr Gehör verloren und lebte trotz ihres Berufs als Näherin in einer Dachauer Fürsorgeeinrichtung. Sie wurde in der „Euthanasie“-Tötungsanstalt Hartheim bei Linz vergast.[7]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Stolpersteine in Dachau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Fünf neue Stolpersteine. Süddeutsche Zeitung, 24. April 2017, abgerufen am 5. Dezember 2017.
  2. Für die Opfer der Kinder-Euthanasie – Fünf Stolpersteine werden in Dachau verlegt. Münchner Merkur, 4. Mai 2017, abgerufen am 5. Dezember 2017.
  3. Veranstaltung: Verlegung neuer Stolpersteine. Dachauer Forum – Katholische Erwachsenenbildung e.V., abgerufen am 5. Dezember 2017.
  4. Medienberichte über das Gedächtnisbuch. Dachauer Forum – Katholische Erwachsenenbildung e.V., abgerufen am 5. Dezember 2017.
  5. a b c d Die letzte der einst Vertriebenen. Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 2013, abgerufen am 5. Dezember 2017.
  6. a b c d Projekt "Stolpersteine" – Statt Ziffern wieder Namen. Dachauer Rundschau, Lokalausgabe des Münchner Merkur, 28. Mai 2014, abgerufen am 5. Dezember 2017.
  7. a b c d e Gedenken an Dachauer NS-Opfer im Rathaus. Dachauer Forum – Katholische Erwachsenenbildung e.V., abgerufen am 5. Dezember 2017.
  8. a b Neue Stolpersteine in Dachau. Dachauer Forum – Katholische Erwachsenenbildung e.V., abgerufen am 5. Dezember 2017.