Hans Schulte-Nölke

deutscher Rechtswissenschaftler

Hans Schulte-Nölke (* 31. Januar 1963 in Olsberg[1]) ist ein deutscher Rechtswissenschaftler.

Leben Bearbeiten

Hans Schulte-Nölke, aus einer Juristenfamilie stammend, studierte nach dem Abitur 1982 am Gymnasium Petrinum Brilon[2] Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Von 1989 bis 1992 war er Stipendiat am Graduiertenkolleg für mittelalterliche und neuzeitliche Rechtsgeschichte (Johann Wolfgang Goethe-Universität/Max Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte) in Frankfurt am Main.[3] 1994 wurde er an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit der Arbeit Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Dr. iur. promoviert. 1995 legte er sein zweites Staatsexamen ab und war bis 1997 wissenschaftlicher Assistent bei Reiner Schulze am Institut für Rechtsgeschichte, Abteilung Deutsche und Europäische Privatrechtsgeschichte, an der Universität Münster. Nach Forschungsaufenthalten in mehreren europäischen Ländern, unter anderem am Forschungszentrum für Unternehmensrecht der niederländischen Radboud-Universität Nimwegen, habilitierte er sich 2000 in Münster mit der Schrift Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch.

Hans Schulte-Nölke erhielt 2001 einen Ruf auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Privatrecht, Rechtsvergleichung, Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität Bielefeld. Seit dem Sommersemester 2008 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität Osnabrück und Direktor am dortigen European Legal Studies Institute. Seit 2013 ist er außerdem Professor für deutsches Recht an der Radboud-Universität Nimwegen.[4]

Schulte-Nölke ist Gründungsmitglied des European Law Institute. Seit 2016 ist er Mitglied der Academia Europaea (MAE). 2019 wurde er zum Mitglied des American Law Institute gewählt.[5]

Wirken Bearbeiten

Schulte-Nölke gründete 2002 zusammen mit anderen europäischen Rechtswissenschaftlern die „Acquis-Gruppe“, eine Reaktion auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Annäherung des Zivil- und Handelsrechts sowie auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Laeken/Laken und Tampere und insbesondere auf die Mitteilung der Kommission […] zum europäischen Vertragsrecht 2001.[6]

Schulte-Nölke wurde 2010 zum deutschen Mitglied der Expertengruppe für Vertragsrecht der Europäischen Kommission ernannt, die an dem Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht arbeitet, das seit 2011 vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union beraten, 2020 aber von der Kommission zurückgenommen wurde.[7]

Schulte-Nölke hat unter anderem Veröffentlichungen zum Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht sowie zu europäischen Rechtsordnungen publiziert. Er war von 2002 bis 2011 zusammen mit Friedrich Graf von Westphalen Herausgeber der ZGS – Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht.

Schulte-Nölke ist Mitherausgeber des Draft Common Frame of Reference zum europäischen Privatrecht. Außerdem ist er Mitherausgeber (mit Christian Twigg-Flesner (Hull/UK) und Martin Ebers (Barcelona/ES)) des Consumer Law Compendium, einer Studie zur Umsetzung von acht Verbraucherschutzrichtlinien in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die das Grünbuch der Europäischen Kommission zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz beeinflusst hat.[8]

Schulte-Nölke gehört seit 2011 dem Concil des European Law Institute an. Von 2011 bis 2013 war er Vorsitzender des Projects Committee des European Law Institute, dem er seit 2013 weiter als Mitglied angehört.[9]

Seit 2011 ist Schulte-Nölke Mitglied des Advisory Board des American Law Institute für das Restatement Third, The Law of Consumer Contracts.[10]

Zusammen mit Siegrid Westphal leitete Schulte-Nölke 2021/22 das Forschungsprojekt zur wissenschaftlichen Untersuchung von Fällen des sexuellen Missbrauchs in der römisch-katholischen Diözese Osnabrück seit 1945 bis heute, das von der Diözese bei der Universität Osnabrück in Auftrag gegeben wurde, um eine unabhängige Aufarbeitung zu gewährleisten.[11] Die im September 2022 veröffentlichten Zwischenergebnisse der Studie belasteten unter anderem den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode schwer, was im Ergebnis zu dessen Amtsverzicht im März 2023 führte.[12]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. Saur, München 2005, Bd. 3, S. 3219.
  2. Abiturientia 1982. In: Der Petriner, Jahresschrift des Gymnasiums Petrinum Brilon. Band 43, 1982.
  3. Joachim Rückert: Das Graduiertenkolleg „Europäische mittelalterliche Rechtsgeschichte, neuzeitliche Rechtsgeschichte und juristische Zeitgeschichte“. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Germanistische Abteilung. Band 114, Nr. 1, 1. August 1997, ISSN 2304-4861, S. 697–701, doi:10.7767/zrgga.1997.114.1.697 (degruyter.com [abgerufen am 31. Dezember 2023]).
  4. Pressemeldung der Radboud-Universität Nimwegen
  5. The American Law Institute: Members. Abgerufen am 3. Januar 2021 (englisch).
  6. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum europäischen Vertragsrecht /* KOM/2001/0398 endg. */ , abgerufen am 26. April 2019
  7. Verfahren 2011/0284/COD: COM (2011) 635: Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht
  8. Grünbuch — Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz, abgerufen am 26. April 2019. In: Amtsblatt der Europäischen Union. C, Nr. 61, 15. März 2007, S. 1–23.
  9. European Law Institute: Hans Schulte-Nölke (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  10. Homepage des American Law Institute (Memento vom 10. Juni 2015 im Internet Archive)
  11. Wissenschaftler arbeiten Missbrauchsfälle im Bistum Osnabrück auf. In: Rundblick – Politikjournal für Niedersachsen, 4. Mai 2021, abgerufen am 25. März 2023.
  12. Franz-Josef Bode wirft das Handtuch. In: Katholisch.de 25. März 2023, abgerufen am selben Tag.