Einfache Funktion

mathematische Funktion

In der Mathematik, speziell in der Analysis, ist eine einfache Funktion eine Funktion, die messbar ist und nur endlich viele Werte annimmt. Dabei ist der Wertebereich oder allgemeiner ein Banachraum. Einfache Funktionen spielen eine zentrale Rolle in der Integrationstheorie.

Eine einfache Funktion wird auch als Elementarfunktion[1] oder als Treppenfunktion[2][3] bezeichnet.

Definition

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Sei   ein Messraum und   ein (reeller oder komplexer) Banachraum. Eine Funktion   heißt einfache Funktion, falls folgende Bedingungen erfüllt sind:

  •   nimmt nur endlich viele Werte   an
  •   ist messbar, d. h. für alle   gilt  .

Ist   sogar auf einem Maßraum   definiert, so verlangt man manchmal noch zusätzlich, dass

  •  

endlich ist.[4]

Dazu äquivalent ist, dass die Funktion   eine Darstellung der Form

 

besitzt. Dabei ist   und   bezeichnet die charakteristische Funktion der messbaren Menge  . Diese Darstellung nennt man kanonisch.

Abzählbarwertige Funktionen

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Die Definition lässt sich auf eine unendliche Folge   messbarer disjunkter Mengen und eine unendliche Folge von realen oder komplexen Werten   verallgemeiner

 

welche man abzählbarwertige Funktion nennt.

Eigenschaften

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Summen, Differenzen und Produkte (vorausgesetzt,   ist eine Banachalgebra) von einfachen Funktionen sind wieder einfach, ebenso skalare Vielfache. Somit bildet die Menge der einfachen Funktionen einen Vektorraum (eine [kommutative] Algebra, wenn   eine [kommutative] Algebra ist) über   bzw.  .

Verwendung

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Einfache Funktionen spielen eine zentrale Rolle bei der Definition des Lebesgue-Integrals und des Bochner-Integrals. Dabei wird das Integral zunächst für positive (wenn  ) einfache Funktionen durch

 

definiert und dann durch Approximation auf weitere Funktionen übertragen. Dabei ist   einer der endlich vielen Werte der einfachen Funktion  .   ist die Menge der Werte, für die   gleich   ist.

Abgrenzung zu Treppenfunktionen

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Häufig werden einfache Funktionen mit Treppenfunktionen verwechselt, die zur Definition des Riemann-Integrals verwendet werden. Beide Funktionen nehmen nur endlich viele Funktionswerte an. Eine Treppenfunktion besteht jedoch auch nur aus endlich vielen Intervallen, auf denen sie konstante Funktionswerte hat. Eine einfache Funktion dagegen kann zum Beispiel auf beliebig vielen Intervallen immer abwechselnd zwei Funktionswerte annehmen und ist damit keine Treppenfunktion mehr. Insbesondere ist die Indikatorfunktion der rationalen Zahlen   (Dirichlet-Funktion) eine einfache Funktion, obwohl sie nicht Riemann-integrierbar ist.

Literatur

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  • Richard M. Dudley: Real Analysis and Probability (= Cambridge Studies in Advanced Mathematics. Bd. 74). Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2002, ISBN 0-521-80972-X, S. 114–7.
  • David Meintrup, Stefan Schäffler: Stochastik. Theorie und Anwendungen. Berlin, Heidelberg u. a. 2005, ISBN 3-540-21676-6.

Einzelnachweise

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  1. Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, S. 39, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.
  2. Hans Wilhelm Alt: Lineare Funktionalanalysis. 6. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-22260-3, S. 77, doi:10.1007/978-3-642-22261-0.
  3. Dirk Werner: Funktionalanalysis. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York 2011, ISBN 978-3-642-21016-7, S. 32, doi:10.1007/978-3-642-21017-4.
  4. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. Birkhäuser, Basel u. a. 2001, ISBN 3-7643-6613-3, S. 65.