Arabische Welt

Region in Nordafrika und in Vorderasien mit einer mehrheitlich arabischen Kultur

Der Begriff arabische Welt (arabisch العالم العربي, DMG al-ʿālam al-ʿarabī) bezeichnet eine Region in Nordafrika und in Vorderasien. Staaten mit einer mehrheitlich arabischen Kultur gelten als Teil der arabischen Welt.

Karte der arabischen Welt, basierend auf der üblichen Definition, die die 22 Länder der Arabischen Liga beinhaltet.

Der Begriff ist trotz seiner vielfachen Verwendung nicht exakt definiert (deshalb meistens Kleinschreibung bei arabische). Es lassen sich mehrere Kriterien anwenden, um die Zugehörigkeit zur arabischen Welt zu definieren: die Dominanz der arabischen Sprache (sprachliches Kriterium), der Einfluss des Islam (religiöses Kriterium) und schließlich die Mitgliedschaft in der Arabischen Liga (politisches Kriterium).

Die ursprünglichen Araber sind die Ureinwohner der Arabischen Halbinsel bzw. Arabiens, während die Araber aus anderen Teilen der arabischen Welt, wie die aus der Levante oder aus Nordafrika, hauptsächlich Völker sind, die nach der islamischen Expansion sprachlich und teilweise genetisch arabisiert wurden, daher gelten sie heute als Araber. Seit der islamischen Expansion hat es innerhalb der Arabischen Welt viel genetische und kulturelle Durchmischung gegeben, weshalb heute Araber aus allen arabischen Ländern oft ähnliche physische und kulturelle Merkmale aufweisen.[1][2]

Da Somalia, die Komoren und Dschibuti in der Arabischen Liga sind und Arabisch als eine ihrer Amtssprachen haben, könnten sie als arabische Länder betrachtet werden. Da jedoch die Muttersprache der überwiegenden Mehrheit der Einwohner weder Arabisch ist noch die Menschen dieser Länder sich normalerweise als Araber identifizieren, ist die arabische Identität dieser Länder umstritten.[3]

Geografische Einteilung der arabischen StaatenBearbeiten

 
Staaten Nordafrikas
 
Die Arabische Maghreb Union (AMU)
 
Arabische Halbinsel

AfrikaBearbeiten

Die nordafrikanischen Staaten an der Atlantik- und der Mittelmeerküste, die nach der islamischen Eroberung des Maghreb im 7. und 8. Jahrhundert arabisiert wurden und noch mehr oder weniger starke Traditionen autochthoner Völker (Berber, Tuareg) aufweisen:

Die Nil-Staaten, die nach der islamischen Eroberung Ägyptens und Nubiens im 7. Jahrhundert arabisiert wurden:

Die Staaten am Horn von Afrika, die bereits seit frühester Zeit über intensive Verbindungen nach Südarabien verfügten, in denen aber Arabisch nicht die vorherrschende Sprache ist, und in denen sich die Einwohner normalerweise nicht als Araber bezeichnen:

AsienBearbeiten

Die Staaten auf der Arabischen Halbinsel bzw. Arabien:

Die Staaten der Levante und Mesopotamien (die beiden Regionen zusammen werden manchmal als Nordarabien bezeichnet), die nach der islamischen Eroberung der Levante und des Sassanidenreiches im 7. Jahrhundert arabisiert wurden:

Sprachliches KriteriumBearbeiten

 
Geografische Verbreitung der arabischen Sprache.
Blau: Arabisch ist nicht die alleinige offizielle Sprache

Nach dem sprachlichen Kriterium entspricht die arabische Welt einer Gruppe aus 24 Staaten von Mauretanien im Westen bis zum Sultanat von Oman im Osten und 2 nicht souveränen Gebieten. Die Ausbreitung des Arabischen ist weitgehend auf die Geschichte der Ausbreitung des Islam im 7. Jahrhundert zurückzuführen. Allerdings ist das sprachliche Kriterium nicht ausreichend, um die arabische Welt zu betrachten. Einige Länder, in denen Teile der Bevölkerung Arabisch sprechen, gelten weiterhin in der Regel nicht als Teil der „arabischen Welt“, darunter Israel, Somalia, Dschibuti, Eritrea und der Tschad.

Die folgende Liste führt 26 souveräne Staaten und nicht souveräne Gebiete auf, in denen die arabische Sprache gesprochen wird. Länder mit einer arabischen Mehrheit werden farblich hervorgehoben. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar werden als Teil der arabischen Welt angesehen, obschon aufgrund der vielen Ausländer die Araber dort in der Gesamtbevölkerung eine Minderheit stellen. In der Tabelle werden für die Vereinigten Arabischen Emirate deshalb die ausländischen, zeitweisen Bewohner ausgenommen.

Liste von Staaten und nicht souveränen Gebieten, in denen Arabisch gesprochen wird
Land Hauptstadt Fläche
(in km²)
Einwohner
(in Mio.)
Anteil an
Arabisch-Sprechern
Agypten  Ägypten Kairo 1.001.449 94,04 k. A.
Algerien  Algerien Algier 2.381.741 31,84 98 %
Bahrain  Bahrain Manama 711 1,04 ca. 51 %
Dschibuti  Dschibuti Dschibuti 23.200 0,51 k. A.
Eritrea  Eritrea Asmara 121.144 5,02 k. A.
Irak  Irak Bagdad 434.128 28,94 75–80 %
Israel  Israel Tel Aviv bzw. Jerusalem 22.380 8,00 k. A.
Jemen  Jemen Sana'a 536.869 25,41 97 %
Jordanien  Jordanien Amman 89.342 6,34 99,2 %
Katar  Katar Doha 11.606 2,67 (davon ca. 0,3 Mio. Staatsbürger) 45 % (100 % der Staatsbürger)
Komoren  Komoren Moroni 1.862 0,75 k. A.
Kuwait  Kuwait Kuwait 17.818 2,75 ca. 60 %
Libanon  Libanon Beirut 10.452 4,52 95 %
Libyen  Libyen Tripolis 1.775.500 6,31 90 %
Marokko  Marokko Rabat 446.550 32,60 60 % [4]
Mauretanien  Mauretanien Nouakchott 1.030.700 3,44 ca. 70 %
Oman  Oman Maskat 309.500 3,15 k. A.
Palastina Autonomiegebiete  Palästina (Staat Palästina, nicht souveränes Gebiet) Gaza / Ramallah ca. 6.300, ohne Gebiete der Zone C 4,33 k. A.
Saudi-Arabien  Saudi-Arabien Riad 2.149.690 27,01 90 %
Somalia  Somalia Mogadischu 637.657 13,18 ca. 13 %[5]
Sudan  Sudan Khartum 1.886.068 30,89 ca. 70 %
Syrien  Syrien Damaskus 185.180 17,83 k. A.
Tschad  Tschad N’Djamena 1.284.000 10,32 26 %
Tunesien  Tunesien Tunis 163.610 10,78 98 %
Vereinigte Arabische Emirate  Vereinigte Arabische Emirate Abu Dhabi 83.600 5,47
(davon weniger als 20 % Staatsbürger)
k. A.
Westsahara  Westsahara (nicht souveränes Gebiet) El Aaiún 266.000 0,54 k. A.

Religiöses KriteriumBearbeiten

Verwandt ist der Begriff mit der islamischen Welt. Die Araber sind in der islamischen Welt in der Minderheit, obwohl der Islam aus Arabien stammt und auf Arabisch tradiert und gepredigt wird.

Arabertum definiert sich unabhängig von der Religionszugehörigkeit: Araber können jeder religiösen Weltanschauung angehören oder Atheisten sein. Im Libanon weisen ganze Regionen (etwa die drei Regierungsbezirke Kesrouan, Metn und Jabal Lubnan (Mont Liban)) eine geschlossene arabisch-christliche Bevölkerungsstruktur auf, bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts stellten sie dort sogar die Bevölkerungsmehrheit.

Der Panarabismus gilt als Rekrutierungsfeld des Islamismus, der aber ideologisch andere Ziele verfolgt als der nationalistische Panarabismus. Im Gegensatz zu religiös legitimierten arabischen Ideologien negiert der Islamismus das christliche Element in der arabischen Welt und dessen autochthonen Charakter. So waren in der panarabischen Bewegung überdurchschnittlich viele Araber aus christlichen Familien aktiv, neben Michel Aflaq (syrischer Gründer der Baath-Partei) und Elias Farah (syrisch-irakischer Baath-Ideologe) zum Beispiel der 1949 im Libanon hingerichtete SSNP-Gründer Antun Saada, der 2005 ermordete libanesische KP-Generalsekretär George Hawi und (marxistische) PLO-Führer wie George Habasch.

Politisches KriteriumBearbeiten

 
Länder der Arabischen Liga
 
Die arabischen Länder als Saladin-Adler, irakisch-baathistische Darstellung

Der Begriff kann zum einen die Gesamtheit der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga (und ihrer Bewohner), zum anderen das zusammenhängende Siedlungsgebiet der Araber beziehungsweise das al-watan al-arabi / الوطن العربي / al-waṭan al-ʿarabī /‚Arabisches Vaterland‘ bezeichnen.

Die beiden Begriffe sind nicht identisch, da es sowohl arabische Minderheiten in Ländern gibt, die nicht Mitglied der Arabischen Liga sind (wie der Türkei und dem Iran oder Israel), als auch Mitgliedsstaaten, die keine eindeutige arabische Bevölkerungsmehrheit besitzen, so etwa Somalia, Dschibuti oder die Komoren. Zum Arabischen Vaterland zählen Nationalisten aber meistens auch die iranische Provinz Chuzestan, den Sandschak Alexandrette (İskenderun), die Westsahara und Eritrea, obwohl diese Gebiete nicht zur Liga gehören.

Politisch gibt es in der arabischen Welt den gemeinsamen Traum einer in einem Staat vereinten arabischen Nation. Alle bisherigen Einigungsversuche des Panarabismus sind aber erfolglos geblieben. Bekannte panarabische Vordenker und Führer der Neuzeit sind Michel Aflaq, Gamal Abdel Nasser und Muammar al-Gaddafi, aber auch die PLO sieht sich als Speerspitze der arabischen Einigungsbewegung in dem Gedanken, dass die palästinensische Revolution der Auslöser der arabischen Revolution sein könnte. Nicht zuletzt wegen dieser Auffassung ist der Nahostkonflikt nicht nur für Israel prägend, sondern bewegt regelmäßig die arabischen Massen.

Die Arabische Liga ist ein Verbund arabischer Staaten, wurde am 22. März 1945 in Kairo gegründet und besteht aus 22 Mitgliedstaaten.

Wirtschaftliche und soziale SituationBearbeiten

Die meisten arabischen Staaten sind Schwellenländer oder Entwicklungsländer. Ausnahmen bilden Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, die heute Industrieländer mit allerdings sehr wenig diversifizierter Branchenstruktur sind, weil sie stark auf Erdölexporte angewiesen bleiben. Die Erdölressourcen begründen auch die geopolitische Bedeutung der Region, in der sich früher das Vereinigte Königreich und seit der iranischen Revolution die Vereinigten Staaten immer mehr militärisch engagieren. Diese Abhängigkeit vom Erdöl ist mit für die Verzögerung bei der Entwicklung einer diversifizierten Branchenstruktur verantwortlich (sog. Ressourcenfluch). Es gibt zwar einen hohen Anteil von Klein- und Kleinstunternehmern, die jedoch zum großen Teil auf traditionellen Geschäftsfeldern tätig sind. Die Rate der Neugründungen liegt (außer in Katar und Marokko) unter dem weltweiten Durchschnitt.[6] Frauen sind weit unterdurchschnittlich am Gründungsgeschehen beteiligt, was sich nur langsam ändert.[7] Eine überwiegend patriarchalische Gesellschaftsstruktur behindert die Beteiligung von Frauen am ökonomischen Leben.[8] Große Staatsfonds wie ADIA in Abu Dhabi dominieren große Bereiche der Wirtschaft und behindern private Initiativen.

In den Ländern des Nahen Ostens ist die Wirtschaft laut Weltbank zwischen 2000 und 2006 um durchschnittliche 5,31 Prozent pro Jahr gewachsen. Das Bruttonationaleinkommen aller 22 Länder der Arabischen Liga lag 1999 bei 631,2 Milliarden Dollar. Im Jahr 2006 stieg das Bruttosozialprodukt auf 1.585.14 Milliarden Dollar. Saudi-Arabien hat das größte Bruttoinlandsprodukt der arabischen Welt.

LiteraturBearbeiten

Siehe auchBearbeiten

Portal: Arabische Welt – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Arabische Welt

WeblinksBearbeiten

 Wikinews: Portal:Arabische Welt – in den Nachrichten

EinzelnachweiseBearbeiten

  1. North Africa - From the Arab conquest to 1830 | Britannica. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  2. Megha Srigyan, Héctor Bolívar, Irene Ureña, Jonathan Santana, Andrew Petersen, Eneko Iriarte, Emrah Kırdök, Nora Bergfeldt, Alice Mora, Mattias Jakobsson, Khaled Abdo, Frank Braemer, Colin Smith, Juan José Ibañez, Anders Götherström, Torsten Günther, Cristina Valdiosera: Bioarchaeological evidence of one of the earliest Islamic burials in the Levant. In: Communications Biology. Band 5, Nr. 1, 7. Juni 2022, ISSN 2399-3642, S. 1–13, doi:10.1038/s42003-022-03508-4 (nature.com [abgerufen am 1. Dezember 2022]).
  3. Why is The Comoros in the Arab League? 17. August 2021, abgerufen am 1. Dezember 2022 (englisch).
  4. Moha Ennaji: Multilingualism, Cultural Identity, and Education in Morocco (2005) DOI:10.1007/b104063
  5. Angaben zu den in Somalia verwendeten Sprachen. IN: Ethnologue.com. In: Ethnologue.
  6. Zu den Ursachen siehe z. B. GEM-Länderbericht 2008 für Ägypten (Memento vom 25. Juli 2014 im Internet Archive), S. IX.
  7. Women’s Empowerment (Memento vom 4. Juli 2010 im Internet Archive) Aktivitäten des UNDP, abgerufen am 4. Oktober 2012
  8. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, abgerufen am 11. Januar 2016