Tučekit

Mineral aus der Hauchecornit-Gruppe

Tučekit (auch Tucekit) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Ni9Sb2S8[3] und damit chemisch gesehen ein Nickel-Antimon-Sulfid.

Tučekit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1975-022[1]

IMA-Symbol

Tuč[2]

Andere Namen

Tucekit

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/B.15-010

2.BB.10
03.02.05.05
Ähnliche Minerale Ullmannit, Millerit
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal; 4/m2/m2/m[6]
Raumgruppe P4/mmm (Nr. 123)Vorlage:Raumgruppe/123[5]
Gitterparameter a = 7,17 Å; c = 5,40 Å[5]
Formeleinheiten Z = 1[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5 bis 6[4] (VHN20 = 718 kg/mm2[7][8])
Dichte (g/cm3) berechnet: 6,15[7]
Spaltbarkeit fehlt[7]
Bruch; Tenazität muschelig; spröde[7]
Farbe hellmessinggelb, auf polierten Flächen bräunlichgelb[7]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz

Tučekit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem, konnte bisher jedoch nur in Form mikroskopisch kleiner, unregelmäßiger Körner bis etwa 20 μm Größe sowie als Einschlüsse in oder als Randbildung an anderen Mineralen gefunden werden. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf der Oberfläche der hellmessinggelben (auf polierten Flächen auch bräunlichgelben) Körner einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Entdeckt wurde Tučekit erstmals in den archaischen Chlorit-Schiefern bei Kanowna in Westaustralien. Die Erstbeschreibung erfolgte 1978 durch J. Just und C. E. Feather, die das Mineral nach Karel Tuček (1906–1990), einem ehemaligen Kurator des Nationalmuseums von Tschechien in Prag benannten.[9]

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Mines ParisTech (englisch Ecole Nationale Supérieure des Mines) in Paris (Frankreich), der Sammlung des Melbourne Museum (ehemals Museum of Victoria) in Australien unter der Katalog-Nr. M34248 (HT) und der Sammlung des National Museum of Natural History in Washington, D.C. (USA) unter den Katalog-Nr. 146921 und 146920 aufbewahrt.[10]

Klassifikation Bearbeiten

Da der Tučekit erst 1975 als eigenständiges Mineral anerkannt und dies erst 1978 publiziert wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.15-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wo Tučekit (hier: Tucekit) zusammen mit Hauchecornit, Arsenohauchecornit, Tellurohauchecornit, Bismutohauchecornit die „Hauchecornit-Gruppe“ bildet (Stand 2018).[4]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Tučekit in die etwas präziser definierte Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Nickel (Ni)“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Arsenohauchecornit, Bismutohauchecornit, Hauchecornit und Tellurohauchecornit die „Hauchecornitgruppe“ mit der System-Nr. 2.BB.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tučekit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er in der „Hauchecornitgruppe, komplexe Nickelsulfide (Tetragonal: P4/nnn oder I4/mmm)“ mit der System-Nr. 03.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis z/y = 4 und der Zusammensetzung (A+)i (A2+)j [ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ zu finden.

Chemismus Bearbeiten

Der idealen (theoretischen) chemischen Zusammensetzung von Tučekit (Ni9Sb2S8) zufolge besteht die Verbindung aus 51,37 % Nickel (Ni), 23,68 % Antimon (Sb) und 24,95 % Schwefel (S).[12]

Mikrosondenanalysen des Typmaterials aus Kanowna (Westaustralien) ergaben neben 47,34 % Ni, 21,62 % Sb und 25,19 % S zusätzliche Gehalte von 3,61 % Eisen (Fe), 1,06 % Cobalt (Co) und 0,86 % Arsen (As) sowie 1,84 % Bismut (Bi) und 0,30 % Tellur, die einen entsprechenden Anteil des Nickels beziehungsweise Antimons ersetzen. Auf der Grundlage von acht Schwefelatomen ergibt sich die empirische Zusammensetzung (Ni8,21Fe0,66Co0,18)Σ=9,05(Sb1,81As0,12Bi0,09Te0,02)Σ=2,04S8,00,[7] die zu (Ni,Fe,Co)9,05(Sb,Bi,Te)1,00(Sb,As)1,04S8 idealisiert wurde.[9]

Weitere Analysen von Tučekitproben vom Witwatersrand in Südafrika ergaben eine ähnliche Zusammensetzung von 47,8 % Ni, 21,87 % Sb und 25,13 % S sowie 3,75 % Fe, 1,34 % As und 1,02 % Bi, was mit der empirischen Formel (Ni8,31Fe0,69)Σ=9,00(Sb1,83As0,18Bi0,05)Σ=2,06S8,00 korrespondiert.[7]

Kristallstruktur Bearbeiten

Tučekit kristallisiert isotyp mit Hauchecornit im tetragonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P4/mmm (Raumgruppen-Nr. 123)Vorlage:Raumgruppe/123 mit den Gitterparametern a = 7,17 und c = 5,40 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Tučekit bildet sich durch hydrothermale Vorgänge in nickelreichen Erzgängen. An seiner Typlokalität, dem Kanowna-Goldfeld etwa 25 km nordöstlich von Kalgoorlie[13] in Westaustralien, fand sich das Mineral dabei in Paragenese mit Chalkopyrit, Gersdorffit, Magnetit, Millerit, Pentlandit und Pyrit sowie supergenen (sekundären) Polydymit.[9]

Als seltene Mineralbildung konnte Tučekit nur an wenigen Orten weltweit nachgewiesen werden, wobei bisher rund 20 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2020).[14] Mit der Kupfergrube „Whim Creek“ bei Karratha City (ehemals Roebourne Shire) ist dabei bisher nur ein weiterer Fundort in Australien bekannt.[15]

In Deutschland fand sich das Mineral bisher nur in Nordrhein-Westfalen, genauer in den ehemaligen Gruben Stahlberg bei Müsen, Schnellenberg nahe Beienbach, Jakobskrone und Kronewald bei Achenbach (Siegen), Brüderbund bei Eiserfeld und Adler nahe Siegen-Eisern im Siegerländer Erzrevier (Kreis Siegen-Wittgenstein).

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist eine metamorph gebildete Mangan-Lagerstätte nahe der Gemeinde Dürnstein in der Steiermark. In der Schweiz ist mit der ehemaligen „Mine de Grand-Praz“, einem aufgelassenen Bergwerk mit Cu-Ni-Bi-As-Vererzungen bei Ayer im Kanton Wallis bisher ebenfalls nur ein einziger Fundort für Tučekit bekannt.

In Südafrika konnte Tučekit außer in der Goldlagerstätte am Witwatersrand und dem Goldbergwerk Vaal Reef bei Klerksdorp in der Provinz Nordwest, wo das Mineral mit Dyskrasit, Geversit, Michenerit, Stibnit, Stibiopalladinit, Sudburyit und Tetraedrit vergesellschaftet auftrat,[7] noch in der „Western Deep Levels 1 Mine“ und allgemein im Distrikt West Rand in der Provinz Gauteng gefunden werden.

In den Mineralproben aus dem Vozhmin-Massiv (auch Vozhma-Massiv; russisch: Вожминского массива[16]) mit serpentinisiertem Wehrlit und Olivinit in der zu Finnland gehörenden Landschaft Nordkarelien an der Grenze zu Russland traten als weitere Paragenesen noch Cobaltit, Geversit, Heazlewoodit, Maucherit, Melonit, Nickelin, gediegen Kupfer und Silber sowie als Typmineral Vozhminit hinzu.[7]

Weiterhin wurde Tučekit noch in Frankreich, im Vereinigten Königreich und in der Ukraine entdeckt. Ein möglicher Fundort in der ehemaligen Mangangrube Hirogawara in der Präfektur Saitama auf der japanischen Insel Honshū ist fraglich und konnte bisher nicht bestätigt werden.[15]

Verwendung Bearbeiten

Aufgrund seiner Seltenheit ist Tučekit als Nickelerz nicht von Bedeutung. Stufen des Minerals sind ausschließlich bei Sammlern begehrt.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • J. Just, C. E. Feather: Tučekite, a new antimony analogue of hauchecornite. In: Mineralogical Magazine. Band 42, 1978, S. 278–278 (englisch, rruff.info [PDF; 55 kB; abgerufen am 14. April 2020]).
  • Michael Fleischer, G. Y. Chao, Adolf Pabst: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 64, 1979, S. 464–467 (englisch, rruff.info [PDF; 335 kB; abgerufen am 14. April 2020]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 834 (Erstausgabe: 1891).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF; 2,44 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 69 (englisch).
  6. David Barthelmy: Tucekite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  7. a b c d e f g h i Tučekite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 104 kB; abgerufen am 14. April 2020]).
  8. Tučekite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  9. a b c J. Just, C. E. Feather: Tučekite, a new antimony analogue of hauchecornite. In: Mineralogical Magazine. Band 42, 1978, S. 278–278 (englisch, rruff.info [PDF; 55 kB; abgerufen am 14. April 2020]).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – T. (PDF 87 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 29. August 2019.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  12. Tučekit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 15. April 2020.
  13. Kanowna Goldfield, Kalgoorlie-Boulder Shire, Western Australia, Australia. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  14. Localities for Tučekite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 14. April 2020 (englisch).
  15. a b Fundortliste für Tučekit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 14. April 2020.
  16. N. S. Rudashevskii, Y. P. Men'shikov, A. A. Lentsi, N. I. Shumskaya, A. B. Lobanova, G. N. Goncharov, A. G. Tutov: Вожминит – (Ni,Co)4(As,Sb)S2Новый Минерал. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 111, Nr. 4, 1982, S. 480–485 (russisch, rruff.info [PDF; 505 kB; abgerufen am 26. März 2020] englische Übersetzung des Titels: Vozhminite, (Ni,Co)4(As,Sb)S2, a new mineral).