Nyquist-Diagramm

Ortskurve der Ausgangsgröße eines Regelkreises mit der Frequenz als Parameter

Ein Nyquist-Diagramm, auch als Nyquist-Graph oder Nyquist-Plot bezeichnet, stellt die Ortskurve der Ausgangsgröße eines Regelkreises mit der Frequenz als Parameter dar. Es wird in der Regelungstechnik, Verstärkerkonstruktion und Signalaufbereitung verwendet, um die Stabilität eines Systems mit Rückkopplung zu beschreiben. Benannt ist es nach dem schwedisch-amerikanischen Physiker Harry Nyquist.

Ortskurve eines PT2-Gliedes, dargestellt auch für negative Frequenzen

Details Bearbeiten

Das Nyquist-Diagramm ist ein parametrischer Funktionsgraph einer komplexwertigen Funktion, im Normalfall einer Fourier-Übertragungsfunktion eines LZI-Systems, in der komplexen Ebene. Es erfüllt also einen ähnlichen Zweck wie das Bode-Diagramm, nämlich die Darstellung von Funktionen mit komplexwertigen Ausgabewerten:

 

Im Gegensatz zum Bode-Diagramm wird beim Nyquist-Diagramm Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm dargestellt, nämlich indem man den Real- und Imaginärteil des Ausgabewertes direkt in die komplexe Zahlenebene zeichnet. Eine Linie entsteht, indem man für den Funktionsparameter   alle möglichen Werte einsetzt. Alternativ kann auch Betrag und Phase des Ausgabewertes eingetragen werden, wobei der Bezug zu Frequenz- und Phasengang des Bode-Diagramms nahe liegt. Ein wesentlicher Unterschied zum Bode-Diagramm besteht darin, dass beim Nyquist-Diagramm häufig keine Werte des Funktionsparameters   eingetragen werden, weshalb anhand des Graphen keine Aussage über Knickfrequenzen u. Ä. gemacht werden können.

Der Nutzen von Nyquist-Diagrammen besteht darin, dass die Stabilität des rückgekoppelten Systems leicht vorausgesagt werden kann, indem man diese Kurve darstellt. Dabei können Stabilität und andere Eigenschaften verbessert werden, indem man den Plot graphisch verändert. Siehe Stabilitätskriterium von Nyquist

Nyquist- und ähnliche Diagramme sind klassische Methoden zur Voraussage der Stabilität einer Schaltung. Sie wurden zwar ab den 1990er Jahren durch computergestützte mathematische Werkzeuge ergänzt oder verdrängt, aber sie sind besonders geeignet, dem Entwickler ein intuitives Gefühl für das Schaltungsverhalten zu geben.

Experimentelles Bestimmen eines Nyquistdiagramms Bearbeiten

 
RC-Tiefpass
 
Zeitverlauf Eingangs- und Ausgangssignal
 
Nyquistdiagramm einer RC-Schaltung

Man kann sich folgenden Experimentaufbau vorstellen: Die nebenstehende Schaltung, als Beispiel die Reihenschaltung eines Widerstands und eines Kondensators (Tiefpass/​RC-Glied), wird von einem Funktionsgenerator mit einer Sinusspannung beaufschlagt. Mit einem Oszilloskop werden die Eingangsspannung und die Spannung am Kondensator (als Ausgangsspannung) gemessen. Am Eingang gilt:

 

Die Spannung am Ausgang hat eine andere Amplitude und eine Phasenverschiebung gegenüber der am Eingang:

 

Es sind:

 : Kreisfrequenz der Eingangsspannung
 : Augenblickswert der Eingangsspannung
 : Augenblickswert der Ausgangsspannung
 : Amplitude (Betrag) der Eingangsspannung
 : Amplitude (Betrag) der Ausgangsspannung
 : Phasenverschiebung
 : Zeit

Wenn man zu jedem   die Parameter   und   ermittelt, ergibt sich der komplexe Frequenzgang zu:

 

Im dritten Bild ist das Nyquistdiagramm der als Beispiel gewählten RC-Schaltung (ein PT1-Glied) dargestellt. Die mit   beschriftete Linie entspricht einem von   abhängigen Funktionswert in der komplexen Zahlenebene. Die Ortskurve verläuft ausgehend von 1 mit steigendem   zum Ursprung und bildet dabei einen Halbkreis. Die Amplitude wird mit steigendem   kleiner, daher handelt es sich um einen Tiefpass.

Berechnen eines Nyquistdiagramms Bearbeiten

Als Beispiel für die Berechnung des Nyqistdiagramms nimmt man ein einfaches PT1-Glied. Um auf das Beispiel mit dem Widerstand und dem Kondensator zurückzukommen, ist   und  .

 

Die komplexe Zahl im Nenner lässt sich durch konjugiert komplexes Erweitern herauskürzen:

 

dann erhält man Real- und Imaginärteil:

 ,
 

Damit errechnet sich Betrag und Phase

 
 

Die Extremwerte ergeben sich folgendermaßen:

 
 
 
 

Es ergibt sich ein Halbkreis wie in der obigen Grafik unter Experimentelles Bestimmen eines Nyquistdiagramms.

Zeichnen eines Nyquistdiagramms Bearbeiten

Zum Zeichnen einer Übertragungsfunktion (Fourier-Frequenzbereich):

 

Das Zeichnen der Funktion erfolgt nun durch bloßes Einsetzen von Werten für Parameter  , was komplexe Zahlen ergibt, welche dann ins Diagramm eingetragen und verbunden werden. Um ein breites Spektrum abzudecken, sind logarithmisch ansteigende Werte für   sowie Grenzwertbetrachtungen für   von Nutzen. Außerdem ist es nützlich, die Achsenschnittstellen zu berechnen, indem man die Real- bzw. Imaginärteile gleich Null setzt und nach   umformt.

Z. B.:  

  berechnen und eintragen.

Hinweis: Die Tangente des Nyquist-Pfades im Punkt   verläuft stets senkrecht zum Realteil.

Vereinfachte Skizze der Nyquist-Ortskurve Bearbeiten

Eine schnelle Skizze der Ortskurve kann in bestimmten Fällen auch mit einem vereinfachten Verfahren erfolgen. Dabei ist die Übertragungsfunktion in folgender Form gegeben:

 

Zusätzlich müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:  ,  , und die Pole und Nullstellen dürfen nicht rechts der imaginären Achse liegen. Der Beginn der Ortskurve für   wird unter einem Winkel von   (von der Realachse aus gemessen) gezeichnet, und die Ortskurve dreht im Uhrzeigersinn weiter, bis   für  . Wenn   ist, dreht die Ortskurve monoton, und es treten keine Änderungen in der Krümmung der Ortskurve auf. Wegen   endet die Ortskurve im Ursprung.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten