Mungbohnensprossen, im deutschen Sprachgebrauch irrtümlicherweise häufig als Sojasprossen bezeichnet, sind die kulinarisch weit verbreiteten Keimsprossen der Mungbohne.[1] Sie können aus den Samen der Mungbohne gezogen werden, indem man diese bewässert und im Schatten aufbewahrt, bis die Hypokotyle eine ausreichende Länge erreichen. Im Gegensatz zu den tatsächlichen Sprossen der Sojabohne, die in rohem Zustand giftig sind, müssen Mungbohnensprossen vor dem Verzehr nicht erhitzt werden, sondern können roh verspeist werden. Mungbohnensprossen werden vor allem in Ost- und Südostasien kultiviert und konsumiert.

Mungbohnensprossen
Mungbohnensprossen
Mungbohnensprossen
Chinesische Bezeichnungen
Langzeichen 綠豆芽
Kurzzeichen 绿豆芽
Pinyin lǜdòuyá
Jyutping luk6dau6ngaa4
POJ li̍k-tāu-gê
Kantonesische Bezeichnung
Langzeichen 芽菜
Jyutping ngaa4coi3
Taiwanesische Bezeichnung
Langzeichen 豆菜
POJ tāu-tshài
Japanische Bezeichnung
Kanji 萌やし
Kana もやし
Hepburn moyashi
Koreanische Bezeichnung
Hangeul 숙주나물
R. R. Sukjunamul
M. R. Sukchunamul
Vietnamesische Bezeichnung
Quốc Ngữ giá đỗ
Alternativ
Quốc Ngữ giá đỗ xanh
Thailändische Bezeichnung
Thai ถั่วงอก
RTGS thua ngok
Malaysische Bezeichnung
Malaysisch tauge
Alternativ
Malaysisch tauge halus
Indonesische Bezeichnung
Indonesisch kecambah
Alternativ
Indonesisch kecambah kacang hijau
Indonesisch taoge
Philippinische Bezeichnung
Tagalog toge
Khmer
Khmer សណ្ដែកបណ្ដុះ
Transkription sândêkbândŏh

Anbau Bearbeiten

Für die Keimung von Mungbohnen werden verschiedene Techniken verwendet. Eine gängige Technik für die Heimaufzucht ist das Keimen der Bohnen in einem Glas, das mit einem durch ein Gummiband oder einer Schnur befestigten feinmaschigen Netz oder Musselin-Tuch abgedeckt wird. Es können auch eigens für die Sprossenzüchtung konzipierte Gläser verwendet werden. Die Bohnen werden drei- bis viermal am Tag mit frischem Wasser abgewaschen und das Glas auf den Kopf gestellt, sodass das Wasser abtropfen kann. Die genaue Anbautechnik hängt von der zu kultivierenden Menge ab. Generell sollte auf eine Auswahl von gutem Saatgut (frisch und einheitlich) geachtet werden und darauf, dass die Bohnen genug Feuchtigkeit erhalten, es aber zu keiner Staunässe kommt.[2] Mungbohnensprossen sind Dunkelkeimer.[3] Durch ein Kilogramm Mungbohnensamen können circa 6–10 kg Sprossen gezüchtet werden.[4]

Kulinarische Verwendung Bearbeiten

Sprossengemüse im Supermarkt
a.
b.
c.
Soja- und Mugbohnensprossen:
a. Sojasprossen (大豆芽)[5]
b. Mungbohnensprossen ohne Knospe
und Wurzel (銀芽)[6]
c. Mungbohnensprossen (綠豆芽)[7]

China Bearbeiten

In der chinesischen Küche finden Mungbohnensprossen in Gerichten wie Frühlingsrollen, gebratenen Reis (Fried Rice), gebratene Nudeln (Chow mein, Hokkien-Nudeln), Nudelsuppen, Eierflockensuppe oder Pekingsuppe Anwendung.[8][9] Sie können sowohl als Füllung für die chinesischen Teigtaschen wie Dimsum oder Baozi verwendet werden als auch allein als Gemüsegericht.[10][11][12][13]

In der kantonesischen Küche kommen Mungbohnensprossen in Gerichten wie Omelettes und in gebratenen Bandnudeln mit Rindfleisch vor.[14]

Indien Bearbeiten

In der indischen Küche, vor allem der in der maharashtrischen Küche gibt es mit Usal ein scharfes Gericht, das die Schärfe des Curry durch Mungbohnen oder Mungbohnensprossen ausgleicht.

Indonesien Bearbeiten

Mungbohnensprossen sind in der indonesischen Küche weit verbreitet. Sie werden meist als Beilage zu Suppengerichten wie Rawon, Mie Celor oder Soto serviert, unter indonesische Salate wie Pecel, Karedok oder Gado-gado gemischt, oder wie in Tauge Goreng scharf angebraten.

Japan Bearbeiten

In der japanischen Küche werden Mungbohnensprossen als moyashi (もやし, „Bohnensprosse“) bezeichnet. Sie sind eine weit verbreitete Zutat in diversen japanischen Gerichten, vor allem in Wok-Gerichten und Suppen.

Korea Bearbeiten

In der koreanischen Küche bezeichnet sukjunamul (숙주나물) sowohl die Mungbohnensprossen selbst als auch das aus Mungbohnensprossen hergestellte Namul, ein würziges Gemüsegericht, das als Beilage serviert wird. Mungbohnensprossen sind in der koreanischen Küche jedoch keine so häufige Zutat wie die tatsächlichen Sprossen der Sojabohne, die vor dem Verzehr erhitzt werden müssen, aber sie werden in Bibimbap, in der Füllung von Mandu und in Sundae (koreanische Wurst) verwendet. Die aus Jeonju stammende scharfe Suppe Gongnamul Gukbap besteht vor allem aus Reis und Mungbohnensprossen.

Die Bezeichnung sukjunamul ist eine Zusammensetzung aus sukju und namul. Die Bezeichnung Sukju stammt von Shin Suk-ju (1417–1475), einem der bedeutendsten Joseon-Gelehrten, ab. Dieser verriet seine Standeskollegen und begünstigte den Onkel des Königs als Thronanwärter. Das Volk betrachtete Shin Suk-jus Vorgehen als unethisch und unmoralisch und gab deshalb den Mungbohnensprossen, die dazu neigen, schlecht zu werden und zu verderben, seinen Namen.[15]

Nepal Bearbeiten

In der nepalesischen Küche wird Kwati, eine Suppe aus neun Sorten gekeimter Bohnen, speziell zum Fest Janai Purnima zubereitet, das normalerweise in den Monat August fällt. Kwati wird zubereitet, indem man Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Kartoffeln, Gewürze und Bohnensprossen, einschließlich der Mungbohnensprossen, vermischt und anbrät. Kwati gilt in Nepal als nahrhaftes Essen und wird normalerweise mit Reis und manchmal auch mit Fleisch (vor allem mit gebratener Ziege) gegessen.

Philippinen Bearbeiten

Philippinische Empanadas enthalten üblicherweise eine mit Sojasauce gewürzte Füllung aus Rinderhackfleisch, gehackten Zwiebeln und Rosinen, jedoch gibt es dabei starke regionale Abweichungen. In der Provinz Negros Occidental ist z. B. eine vegetarische Variante mit grünen Papayas, Kürbis und Mungbohnensprossen gängig.[16]

Thailand Bearbeiten

In der thailändischen Küche finden Mungbohnensprossen meist in Suppen und Wok-Gerichten Anwendung. Sie werden beispielsweise kurz vor dem Servieren unter das Nudelgericht Phat Thai gerührt und über Suppen wie Nam Ngiao gestreut.[17]

Vietnam Bearbeiten

Nährstoffgehalt Bearbeiten

In einer Studie wurde festgestellt, dass der Keimprozess den Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen wie Phenolen und Flavonoiden, Vitamin C und die antioxidative Aktivität signifikant erhöht. Der Vitamin-C-Gehalt der Samen betrug 11,69 mg/100 g Trockengewicht und erreichte durch die Keimung an seinem Höhepunkt nach 8 Tagen 285 mg / 100 g Trockengewicht. Eine verzehrfertige Portion Mungbohnensprossen (104 g) liefert 21,6 mg Vitamin C und damit 21,6 % der Zufuhrempfehlung für einen gesunden Erwachsenen laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.[18][19] Durch die Keimung verringert sich zudem der Triglycerid-Gehalt und der Anteil der freien Aminosäuren wird erhöht.[20]

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. R. M. Nöcker: Das große Buch der Sprossen und Keime – Mit vielen Rezepten. 5. Auflage. W. Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-05422-9, S. 154–157.
  2. Massahiro Takeguma: Growing Moyashi. In: cultivozen.massahiro.com. Abgerufen am 20. Mai 2023 (brasilianisches Portugiesisch, englisch).
  3. Niko Rittenau, Sebastian Copien: Vegan Low Budget. Großer Geschmack zum kleinen Preis. Becker Joest Volk Verlag, 2020, ISBN 978-3-95453-202-5.
  4. Richard L. Fery: New opportunities in Vigna. In: Jules Janick, Anna Whipkey (Hrsg.): Trends in New Crops and New Uses. American Society for Horticultural Science Press, Alexandria, Virginia 1. Januar 2002, S. 424–428 (englisch, purdue.edu).
  5. Frische Sojasprossen (links; chin. 大豆芽, dàdòuyá, Jyutping daai6dau6ngaa4, kant. 大豆芽菜, dàdòu yácài, Jyutping daai6dau6 ngaa4coi3) im Hongkonger Supermarkt.
  6. Keimstängel der Mungbohnensprossen – ohne Keimblatt und Wurzel; Mungbohnenkeimstängel, also Mungobohnenkeimlinge bei dem die Keimblätter und Wurzeln entfernt wurden, werden im chinesischen Küchenjargon als „Silbersprossen“ (Mitte; 銀芽 / 银芽, yínyá, Jyutping ngan4ngaa4) bezeichnet.
  7. Frische Mungbohnensprossen (rechts; 綠豆芽 / 绿豆芽, lǜdòuyá, Jyutping luk6dau6ngaa4) neben echte Sojasprossen (links außen) beim Verkauf.
  8. Chinese Food & Recipes. Bean sprouts recipes. In: thespruceeats.com. Abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  9. Ching-He Huang: Peking-style duck with udon noodle soup. Beansprouts recipes. In: bbc.co.uk. BBC, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  10. Chungah Rhee: Easy Chow Mein. In: damndelicious.net. Damn Delicious, 17. Mai 2019, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  11. Ed Baines: Peking-style vegetable dumplings. Beansprouts recipes. In: bbc.co.uk. BBC, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  12. Grace: Bean Sprouts with Fried Garlic. Bean sprouts recipes. In: nyonyacooking.com. 8. Mai 2017, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  13. Liv Wan: Chinese Mung Bean Sprout Stir-Fry. Bean sprouts recipes. In: thespruceeats.com. 17. Mai 2022, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  14. Bill: Beef Chow Fun. In: thewoksoflife.com. 9. Dezember 2019, abgerufen am 29. Januar 2021 (englisch).
  15. 송백헌 Song Baek-heon: 숙주나물, 성삼문과 멀어진 신숙주의 변절.englisch Sukjunamul, the betrayal of Sin Sukju who became estranged from Seong Sammun“. In: joongdo.co.kr. Joongdo Ilbo, 9. Juni 2016, abgerufen am 20. Mai 2023 (koreanisch).
  16. Amy Besa, Romy Dorotan: Memories of Philippine Kitchens. Stewart, Tabori & Chang, New York 2006, ISBN 978-1-58479-451-6, S. 98 (englisch).
  17. Bean Sprouts – ถั่วงอก. Ingredients. In: thaitable.com. ThaiTable, abgerufen am 20. Mai 2023 (englisch).
  18. Xinbo Guo, Tong Li, Kexuan Tang, Rui Hai Liu: Effect of germination on phytochemical profiles and antioxidant activity of mung bean sprouts (Vigna radiata). In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 60, Nr. 44, 22. Oktober 2012, S. 11050–11055 (englisch).
  19. DGE: Die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: Vitamin C (Memento des Originals vom 25. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dge.de, gültig für den Bereich D-A-CH, Stand 2008.
  20. Kriskamol Na Jom,Thomas Frank, Karl-Heinz Engel: A metabolite profiling approach to follow the sprouting process of mung beans (Vigna radiata). In: Metabolomics. Band 7, Nr. 1, 5. September 2010, S. 102–117 (englisch).