Ebene Welle

Welle im dreidimensionalen Raum, deren Fronten durch Ebenen dargestellt werden können

Eine ebene Welle ist eine Welle im dreidimensionalen Raum, deren Wellenfronten (d. h. Flächen gleichen Phasenwinkels) parallele Ebenen bilden. Die Ausbreitungsrichtung der Welle steht senkrecht dazu, ist also räumlich konstant.

Darstellung der Ebenen gleicher Phase im dreidimensionalen Raum.

Der Begriff wird fast ausschließlich für Wellen verwendet, die auch homogen und harmonisch sind, d. h. die mit zeitlich konstanter Frequenz einen sinusförmigen Verlauf zeigen, dessen Amplitude im ganzen Raum konstant ist. Solche Wellen gehören zu den einfachsten Lösungen der Wellengleichung, die in der klassischen Mechanik für Elastizität (Physik), elastische Verformungen und Druck- und Dichteschwankungen, in der Elektrodynamik für elektromagnetische Felder, und in der Quantenmechanik für manche Materiewellen eine wichtige Rolle spielt.

Andere Lösungen der Wellengleichung sind die Kugelwelle (konzentrisch um einen Punkt) und die Zylinderwelle (konzentrisch um eine Gerade). Diese lassen sich in weiter Entfernung vom Zentrum in kleinen Bereichen gut durch eine ebene Welle annähern.

Das zweidimensionale Analogon zur ebenen Welle ist eine Welle, deren Wellenfronten gerade Linien sind, die sich auf einer ebenen Fläche bewegen. Ein anschauliches, aber nur näherungsweise[Anm. 1] zutreffendes Beispiel sind die auf den Strand zulaufenden Ozeanwellen.

Homogene harmonische ebene Welle Bearbeiten

 
Schnappschuss einer harmonischen ebenen Welle in einer Dimension.

Im nebenstehenden Bild ist der örtliche Verlauf einer harmonischen ebenen Welle gezeigt, die sich in x-Richtung ausbreitet und deren Größe A(x,t) in y-Richtung schwingt (Ein Schnappschuss zum Zeitpunkt t=0). Die maximale Auslenkung (Amplitude) der Welle ist mit   bezeichnet, ihre Wellenlänge mit   und ihre Phasenlage zu diesem Zeitpunkt mit  . Die Wellenlänge gibt die Periodizität von A im Ort an.

 
Ebene Sinuswelle, die in die negative x-Richtung läuft.

Im nachfolgenden Bild ist der zeitliche Verlauf an einem festen Ort als Animation dargestellt. Die Frequenz   ist ein Maß für die Periodizität von A in der Zeit. Die Phasengeschwindigkeit c gibt das Verhältnis aus zeitlicher Periode T und räumlicher Periode   an:

 .

Eine ebene Welle wird am einfachsten beschrieben, wenn das Koordinatensystem so gewählt wird, dass eine Achse ihrer Ausbreitungsrichtung entspricht. In den Richtungen senkrecht zur Ausbreitung findet keine Schwingung statt. Somit lässt sich eine harmonische homogene ebene Welle als

 

darstellen. Bei dieser bewegen sich die Punkte konstanter Phase mit der Phasengeschwindigkeit c in die positive x-Richtung. In der inneren Klammer kompensiert das Anwachsen von x/c gerade das der Zeit t, so dass

 

eine Ebenengleichung für die Wellenfront darstellt.

Für eine Richtungsumkehr, wie sie etwa durch Reflexion an einer Inhomogenität im Medium (z. B. Brechungsindex- oder Schallkennimpedanzänderung) auftritt, ist das Vorzeichen von x oder die x-Achse selbst umzudrehen.

Die Physik der sich periodisch ändernden Größe A ist für das Konzept der ebenen Welle unwichtig. Es kann sich um eine mechanische Auslenkung, eine Druckänderung, eine Feldstärke oder etwa eine Wahrscheinlichkeitsamplitude handeln. Falls es sich um eine vektorielle Größe handelt, gibt die Richtung ihrer Amplitude   relativ zur Ausbreitungsrichtung ihre Polarisation an.

Allgemeine Form einer ebenen Welle Bearbeiten

In allgemeiner Form ist eine ebene Welle einer physikalischen Größe   gegeben durch

 

Darin ist   eine beliebige (skalare oder vektorwertige) Funktion und   der Einheitsvektor in Ausbreitungsrichtung. Die Welle pflanzt sich in Richtung   fort mit der Geschwindigkeit c. Beobachtet man die Welle an einem festen Ort  , ändert sich die betrachtete Größe   zeitlich gemäß der Funktion  , die nicht notwendig periodisch sein muss. Die Schwingungsphase ist durch

 

gegeben. Die Punkte gleicher Schwingungsphase bilden eine Ebene, die auf dem Vektor   senkrecht steht. Bei der physikalischen Größe   kann es sich um einen Skalar handeln, bspw. den Druck, oder um einen Vektor, bspw. die räumliche Auslenkung aus einer Ruhelage, oder ein Kraftfeld. Bei vektoriellen Wellen kann man grundlegend die beiden einfachen Fälle der longitudinalen bzw. der transversalen Polarisation unterscheiden. Im ersten Fall liegt der Vektor   parallel zur Ausbreitungsrichtung  , im zweiten Fall senkrecht dazu.

Die ebene Welle ist eine Lösung der Wellengleichung

 

In der Praxis werden nur harmonische ebene Wellen verwendet, da jede allgemeine ebene Welle als Summe harmonischer ebener Wellen dargestellt werden kann. Dies liegt daran, dass man die allgemeine Form der ebenen Welle A als Fourierintegral darstellen kann:

 

Dies entspricht einer Summe über harmonische ebene Wellen mit frequenzabhängigen Amplituden  . Hier wird nur der physikalisch sinnhafte Realteil der Fouriertransformation betrachtet und im letzten Teil der Gleichung mithilfe der Identität   mit der komplexen Konjugation * dargestellt. Aufgrund der Gültigkeit des Superpositionsprinzips für die Wellengleichung reicht es nun für weitere Betrachtungen, nur die spektrale Komponente der Kreisfrequenz  

 

zu betrachten. g wird harmonische ebene Welle genannt. Üblicherweise wird diese Form noch mit Hilfe des Wellenvektors   ausgedrückt. Es gilt   und somit 

 

Der Realteil der harmonischen ebenen Welle entspricht für   und   der im vorherigen Abschnitt eingeführten sinusförmigen ebenen Welle.

Inhomogene ebene Welle Bearbeiten

 
Vergleich zwischen homogener und inhomogener ebener Welle.

Eine ebene Welle ist immer eine Lösung der Helmholtzgleichung (zeitliche Fouriertransformation der Wellengleichung)

 

mit realer Dispersionsrelation  . Die Helmholtzgleichung wird auch gelöst, wenn man für den Wellenvektor komplexe Komponenten zulässt:

 

Damit die Helmholtzgleichung erfüllt bleibt, muss aber die Wellenzahl   real bleiben, was auf die Bedingung

 

führt und eine Einschränkung der Wahl des komplexen Wellenvektors bedeutet. Diese Bedingung bedeutet anschaulich, dass der Realteil ( ) des Wellenvektors senkrecht zu seinem Imaginärteil ( ) stehen muss.

Eine Welle der Form

 

wird inhomogene ebene Welle oder nicht uniforme ebene Welle[1] genannt. Sie breitet sich in die Richtung   aus und ihre Amplitude fällt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung ab. Im Gegensatz zur homogenen ebenen Welle stehen hier die Ebenen konstanter Amplitude senkrecht zu den Ebenen konstanter Phase. Außerdem ist die Phasengeschwindigkeit immer geringer als bei einer homogenen ebenen Welle gleicher Frequenz.[2][3]

Absorption Bearbeiten

Wählt man Real- und Imaginärteil des komplexen Wellenvektors als parallele Vektoren, so ist der Imaginärteil der Wellenzahl nicht wie im vorherigen Abschnitt Null und die Wellenzahl wird komplex

 

  wird Absorptionskoeffizient oder Dämpfungskonstante genannt und   als Phasenkonstante bezeichnet. Dies führt auf eine gedämpfte harmonische ebene Welle. Legt man die x-Achse in Ausbreitungsrichtung, so folgt

 

Die Ebenen konstanter Phase und konstanter Amplitude sind identisch, nur die Amplitude nimmt in Ausbreitungsrichtung exponentiell ab.[4] Es handelt sich also um eine homogene ebene Welle.

Idealisierung Bearbeiten

Eine ebene Welle füllt immer einen unendlich ausgedehnten Raum aus und ist somit eine Idealisierung der realen Welle. Denn einerseits kann keine ebene Welle von einem endlich ausgedehnten Sender abgestrahlt werden und andererseits ist die Energie einer ebenen Welle unendlich. Beides ist unphysikalisch.

Anmerkung Bearbeiten

  1. Wasserwellen verringern (bei gleichbleibender Frequenz) ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit und Wellenlänge, wenn die Wassertiefe abnimmt, und verändern daher ihre ohnehin meist nicht sinusförmige Form bis hin zum Brecher.

Siehe auch Bearbeiten

Partialwellenentwicklung

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ebene Welle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. G.S. Smith: An Introduction to Classical Electromagnetic Radiation. Cambridge University Press, 1993, S. 179 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. :4 Inhomogene ebene Wellen können bei Brechung oder Reflexion in einfache ebene Wellen übergehen und umgekehrt. Sie existieren aber nur in beschränkten Räumen und nicht wie die einfache ebene Welle auch im unendlichen  . Die Begründung dafür ist wie folgt: Die Amplitude der inhomogenen ebenen Welle nimmt in eine Richtung exponentiell ab, das aber ist gleichbedeutend mit einem exponentiellen Anwachsen in der Gegenrichtung. Dies führt in einem unbeschränkten Raum zu einer unendlichen Leistungsdichte und ist unphysikalisch.
  3. G.D. Durgin: Space-Time Wireless Channels. Prentice Hall Professional, 2003, S. 78–79 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. G. Lehner: Elektromagnetische Feldtheorie. Springer, 2008, S. 436 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).