Diësis
Diësis (altgriechisch δίεσις „kleinstes Intervall“, eigentlich „Durchgang“, zu diïēmi διΐημι „durchgehen“) bezeichnet
- in Italien und Frankreich chromatisch erhöhte Stammtöne: Der Ton Fis heißt in Italien „fa diesis“, in Frankreich „fa dièse“ (anderssprachige Tonbezeichnungen).
- ein kleines musikalisches Intervall, das in den zwei Formen kleine und große Diësis auftritt.
Kleine DiësisBearbeiten
Werden drei große Terzen aneinander gereiht, so ergeben diese eine übermäßige Septime. In gleichstufig-temperierter Stimmung entspricht dies genau einer Oktave, in reiner Stimmung ist das Intervall dagegen etwas kleiner. Der Unterschied zur Oktave wird kleine Diësis genannt:
Die reine große Terz hat ein Frequenzverhältnis von , drei solche Terzen ergeben somit ; die Oktave mit dem Frequenzverhältnis ist etwas größer. Die beiden Intervalle unterscheiden sich also um das Frequenzverhältnis:
(Beachte: 1 Cent = 1/1200 Oktave)
Gelegentlich wird für kleine Diësis auch die Bezeichnung enharmonisches Komma verwendet, da sie in reiner und mitteltöniger Stimmung genau den Unterschied zwischen enharmonischen Wechseltönen ausmacht, z. B. zwischen Gis und As.[1]
Große DiësisBearbeiten
Werden vier kleine Terzen aneinander gereiht, so ergeben diese eine verminderte None – in gleichstufig-temperierter Stimmung ist dies eine Oktave, in reiner Stimmung dagegen ein etwas größeres Intervall. Der Unterschied zur Oktave wird große Diësis genannt:
Die reine kleine Terz hat ein Frequenzverhältnis von , vier solche Terzen ergeben somit ; die Oktave mit dem Frequenzverhältnis ist etwas kleiner. Die beiden Intervalle unterscheiden sich also um das Frequenzverhältnis:
GeschichteBearbeiten
Philolaos versteht unter Diesis den Überschuss der Quarte über zwei Ganztöne (Ditonus), also den später als Limma bezeichneten diatonischen Halbton der Pythagoräer. Aristoxenos verwendete die Bezeichnung für alle Intervalle, die kleiner sind als ein Halbton. Marchetus de Padua definiert in seinem Lucidarium die Diesis als 1/5 Ganzton.
LiteraturBearbeiten
- Diesis in Willibald Gurlitt, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musik Lexikon (Sachteil). B.Schott’s Söhne, Mainz 1967, S. 225.
AnmerkungBearbeiten
- ↑ Betrachtet man den Quintenzirkel mit den 12 Quinten As–Es–B–F–C–G–D–A–E–H–Fis–Cis–Gis, so berechnet sich:
- In pythagoreischer Stimmung: As–Gis = 12 (reine Quinten) − 7 Oktaven = pythagoreisches Komma = 23,5 Cent.
- In mitteltöniger Stimmung: Gis–As = 7 Oktaven − 12 (mitteltönige Quinten) = 7 Oktaven − 12 (reine Quinten − 1⁄4 syntonisches Komma) = Oktave −3 (reine große Terzen) = kleine Diesis = 41,06 Cent.
- In der reinen Stimmung: kleine Diesis = 3 große reine Terzen - Oktave. Große reine Terzen sind c-,e / ,e-,,gis /,,gis ,,,his. Da ,his und c sich nur um das Schisma unterscheiden, folgt also:
- kleine Diesis = c- ,,,h = c -,h + 2• syntonisches Komma = - Schisma + 2•syntonisches Komma = - 1,954 + 2•21,506 = 41,06 Cent.