Catherine Destivelle
Catherine Destivelle (* 24. Juli 1960 in Oran, Algerien) ist eine französische Kletterin und Bergsteigerin. Sie hat sehr früh mit dem Klettern begonnen und bereits in jungen Jahren schwierigste Kletterrouten in den französischen Alpen begangen. In den 1980er Jahren konnte sie Sportwettkämpfe gewinnen; in den 1990er Jahren nahm sie an Expeditionen in den Himalaya teil. Sie war die erste Frau, die im Winter die drei großen Nordwänder der Alpen solo durchkletterte. Destivelle gilt als eine der weltweit besten Bergsteigerinnen.
Leben
BearbeitenHerkunft und Jugend
BearbeitenDestivelle wurde in Oran, Algerien geboren und migrierte mit ihren Eltern Anfang der 1960er Jahre nach Frankreich. Zusammen mit fünf jüngeren Geschwistern ist sie in einen Vorort von Paris aufgewachsen. Die Familie unternahm häufig Ausflüge in den Wald von Fontainebleau; hier hat sie bereits als Teenager zu bouldern begonnen. Im Alter von 12 Jahren meldeten ihre Eltern sie beim Club Alpin Français an.[1] Mit diesem verbrachte sie jedes Wochenende beim Bouldern in Fontainebleau, später auch in Saffres an der Côte-d’Or und in den Dauphiné-Alpen.
Nach ihrer Schulausbildung machte Destivelle von 1981 bis 1984 eine Ausbildung zur Physiotherapeutin.[1]
Kletterin und Bergsteigerin
BearbeitenDestivelle steigerte sich sehr rasch und mit 16 Jahren führte sie bereits schwierige Routen im Klettergebiet Verdonschlucht. Im gleichen Jahr gelang ihr die Devies/Gervasutti an der L’Ailefroide-Nordwand, mit 17 die Direct Americaine am Petit Dru. Mit der Chouca in Buoux gelang ihr 1988 als erste Frau eine Route im Grad 8a+.[1]
Im Juli 1985 gewann sie den 1. „westlichen“ Kletterwettkampf, den Sport-Roccia in Bardonecchia (Italien). Sie wurde für einige Jahre eine der beherrschenden Figuren des Frauen-Wettkampfkletterns und konnte die Leistungsgrenze enorm nach oben verschieben.[2] Kurze Zeit später verletzte sie sich bei einem 35-Meter-Sturz in eine Gletscherspalte schwer, gewann aber trotzdem 1986 die zweite Auflage des Sport-Roccias, diesmal in Arco.[3]
Nach 1990 widmete sie sich wieder dem alpinen Bergsteigen und kletterte schwierigste Routen in aller Welt:
- 1990 zweite freie Begehung der Slowenenroute am Nameless Tower in Pakistan mit Jeff Lowe für ein Filmprojekt von David Breashears;[4][3]
- 1990 Solobegehung des Bonatti-Pfeilers an der Aiguille du Dru;[3]
- 1991 Eröffnung und Solobegehung der Destivelle Route (VI 5.11b A5, 800 m) an der Westwand des Petit Dru in elf Tagen;
- 1992 Wintersolodurchsteigung der Eiger-Nordwand in 17 Stunden;[3]
- 1993 Wintersolodurchsteigung der Grandes-Jorasses-Nordwand;
- 1993 Versuche am Westpfeiler des Makalu, an die Annapurna-Südwand und am Shishapangma;
- 1993 Wintersolodurchsteigung der Matterhorn-Nordwand auf der Bonatti-Route;
Zwischen 1992 und 1994 gelang ihr die Trilogie der drei großen Nordwände: Solo Winterbegehungen der Heckmair-Route am Eiger, des Walkerpfeilers an den Grandes Jorasses und der Bonatti-Route am Matterhorn. Sie war die erste Frau, der das gelang und dies machte sie international berühmt.[1]
Im Jahr 1996 erlitt Destivelle einen schweren Unfall in der Antarktis, von dem sie sich aber wieder gut erholte. Im Jahr 1999 gelang ihr die Solodurchsteigung der Große-Zinne-Nordwand auf der Hasse-Brandler-Führe mit nur teilweiser Selbstsicherung.[1]
Destivelle unternahm auch einige Expeditionen im Himalaja: am Makalu, die Annapurna und die Durchsteigung der Südwand des Shisha Pangma; diese musste sie aber alle vor Erreichen des Gipfels abbrechen.[1]
Seit Dezember 2008 ist Destivelle Ko-Vorsitzende der Groupe de Haute Montagne.[5] 2005 erschien ihre Autobiographie „Ascension“ oder „Solo durch große Wände“ im AS Verlag, Zürich, übersetzt von Gaby Funk (Bergjournalistin/Autorin).
Für ihre Leistungen wurde sie 1992 mit dem Ordre National du Mérite, 2007 mit dem Ordre national de la légion d’honneur und 2008 mit dem King Albert Mountain Award ausgezeichnet.[1] Im Jahr 2020 erhielt sie als erste Frau den Piolet d’Or für ihr Lebenswerk, der wohl bedeutendsten Auszeichnung im extremen Bergsport.[6]
Privatleben
Bearbeiten1996 heiratete sie Érik Decamp. Ein Jahr später wurde ihr Sohn Victor geboren.
Literatur
Bearbeiten- Caroline Fink, Karin Steinbach: Erste am Seil: Pionierinnen in Fels und Eis. Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen. Tyrolia, Innsbruck/Wien 2013, ISBN 3-7022-3252-4, S. 203–210.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Catherine Destivelle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Catherine Destivelle bei IMDb
- Video Verdonschlucht: https://www.dailymotion.com/video/x76jic
- Offizielle Website
- Interview, 15. September 2020 (Archiv).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g Caroline Fink, Karin Steinbach: Erste am Seil: Pionierinnen in Fels und Eis. Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen. Tyrolia, Innsbruck/Wien 2013, ISBN 3-7022-3252-4, S. 203–210.
- ↑ Reinhold Messner: Vertical 100 Jahre Kletterkunst. München 2002, ISBN 978-3-405-16420-1.
- ↑ a b c d Josph Pointdexter: Zwischen Himmel und Erde. Die 50 höchsten Gipfel. Könemann, Köln 1999, ISBN 3-8290-3561-6, S. 142
- ↑ Gaby Funk: Tänzerin in der Senkrechten. (PDF) Deutscher Alpenverein, April 2005, abgerufen am 5. August 2017.
- ↑ COMPTE-RENDU: ASSEMBLÉE GENERALE DU GROUPE DE HAUTE MONTAGNE. CHAMONIX LE 13 DECEMBRE 2008. Groupe de Haute Montagne, 13. Dezember 2008, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 5. August 2017; abgerufen am 5. August 2017 (französisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Piolet d’Or für Catherine Destivelle. 21. Juli 2020, abgerufen am 21. Juli 2020.
Personendaten | |
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NAME | Destivelle, Catherine |
KURZBESCHREIBUNG | französische Alpinistin |
GEBURTSDATUM | 24. Juli 1960 |
GEBURTSORT | Oran, Algerien |