Bugatti Bolide
Der Bugatti Bolide ist ein von der Bugatti Engineering GmbH und Bugatti Automobiles in Wolfsburg entwickelter Supersportwagen mit dem stark modifizierten 8,0-Liter-W16-Motor des Bugatti Chiron. Aus einem zuerst gedachten technischen Demonstrator entwickelte sich innerhalb von drei Jahren ein Serien-Sportwagen in einer Kleinserie von 40 Einheiten.
Bugatti | |
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Bugatti Bolide auf der Milano Monza Open-Air Motor Show 2021
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Bolide | |
Produktionszeitraum: | seit 2024 |
Klasse: | Sportwagen |
Karosserieversionen: | Coupé |
Motoren: | Ottomotor: 8,0 Liter (1176 kW) |
Länge: | 4835 mm |
Breite: | 2100 mm |
Höhe: | 1047 mm |
Radstand: | 2750 mm |
Leergewicht: | 1450 kg |
Im August 2021 gab Bugatti bekannt, dass der technische Demonstrator Bolide in den folgenden drei Jahren zur Serienreife entwickelt werden soll. Anschließend sollen 40 Exemplare gebaut werden.[1] Im April 2023 gab Bugatti bekannt, dass daraus ein Serienauto mit 1.600 PS und maximal 1.600 Newtonmetern abgeleitet werden soll.[2]
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Bugatti Type 35 präsentierte der Hersteller im August 2024 auf dem Laguna Seca Raceway während der Monterey Car Week das Einzelstück 100 Year Anniversary Edition. Es ist in der Farbe „Grand Prix Blue“ lackiert, das eine Neuinterpretation des „Bleu de Lyon“ der ersten Type 35 sein soll.[3]
Technik
BearbeitenDer Motor des technischen Demonstrator Bugatti Bolide hat acht Liter Hubraum, leistet mit 110-oktanigem Rennbenzin 1360 kW (1850 PS) und kann maximal ein Drehmoment von 1850 Newtonmetern abgeben. Wenn der Bolide 2024 als Kleinserienfahrzeug zu den Kunden kommt, wird der W16 auf den Betrieb mit 98-oktaniges Super Plus ausgelegt sein, was die Leistung schrumpfen lässt: 1176 kW (1600 PS) und maximal 1.600 Newtonmetern Drehmoment, ab 2.250/min verfügbar.[2] Die Bauart des Motors wird gelegentlich W-Motor genannt, es ist jedoch ein Doppel-V-Motor, das heißt, er hat nicht drei Zylinderbänke, sondern zwei, wobei die Zylinder jeder Bank nach Art eines VR-Motors etwas gegeneinander verschränkt sind, aber alle Zylinder einer Bank einen gemeinsamen Zylinderkopf haben. Der Antrieb ist auf Rundstreckeneinsatz ausgelegt. Dazu wurden unter anderem die Schaufeln in den Turboladern und die Ansaug- und Abgasanlage des Motors verändert, um mehr Leistung und ein besseres Ansprechverhalten zu erzeugen. Ölkreislauf und Trockensumpfschmierung sind für den Rennstreckeneinsatz ausgelegt. Durch Wechsel von der Wasser-Luft-Ladeluftkühlung – wie beim Bugatti Chiron – zu einer Luft-Ladeluftkühlung mit einer Wasservorkühlung wurde das Gewicht des Antriebs im Vergleich zum Chiron verringert. Der Bolide hat insgesamt drei luftdurchströmte Ölkühler für Motor, Getriebe und Differential, jeweils mit Wasservorkühlung.[4]
Der erste Bugatti Bolide, der für Bugatti als Wissens- und Technologieträger dient, wiegt 1240 kg (Trockengewicht). Die Leermasse des fahrfertigen Boliden gibt Bugatti hingegen mit 1450 Kilogramm an, was zu einem Leistungsgewicht von 0,91 kg/PS führt.[2] Alle Schraub- und Verbindungselemente bestehen aus Titan und an vielen Stellen werden hohle, dünnwandige Funktionsbauteile aus einer Luft- und Raumfahrt-Titanlegierung eingebaut, die im 3D-Druck mit Wandstärken bis herunter zu 0,5 mm hergestellt sind. Die Zugfestigkeit des verwendeten Titan-Werkstoffs liegt bei 1250 N/mm². Darüber hinaus gibt es neuartige, hybride Bauteile aus Titan und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK), wie beispielsweise die 50 cm lange Antriebsnebenwelle mit einem Rohr aus hochfesten und hochsteifen Kohlenstofffasern und 3D-gedruckten Titan-Endfittingen. Sie hält einer Dauerbetriebstemperatur von bis zu 260 °C stand. Durch die hybride Bauweise wiegt die Welle nur noch 1,5 kg, wodurch die rotierende Masse reduziert und damit die Drehfreudigkeit des Motors erhöht wird. Das Entwicklungsfahrzeug des Bugatti Bolide hat eine Rennsportbremsanlage. Sie besteht vorne aus zwei Acht-Kolben-Monobloc-Bremssätteln, die beide mit jeweils vier 25-mm-Hochleistungsbelägen ausgestattet sind, und Carbon-Bremsscheiben in der Größe von 390 × 37,5 mm. Die Bremssättel sind aus einer Aluminiumlegierung gefräst und nickelbeschichtet. An der Hinterachse kommen zwei Sechskolben-Monobloc-Bremssättel mit je vier Hochleistungsbremsbelägen zum Einsatz, die mit 24,5 mm etwas dünner sind als die vorderen. Ergänzt werden die hinteren Bremssättel durch große 390 × 34 mm Carbon-Bremsscheiben. Jeder Sattel der Bremsanlage bringt nur etwa 2,5 Kilogramm auf die Waage; jede Bremsscheibe des Boliden wiegt nur 3,175 Kilogramm.[2] Gekühlt wird sie mithilfe von Radialventilatoren aus einem neu entwickelten Titan-Carbon-Verbund. Wie an einem Rennwagen üblich, haben die Räder Zentralverschlüsse. Die 18"-Räder von OZ Racing des Versuchsträgers sind aus Magnesium geschmiedet und wiegen an der Vorderachse 7,4 kg und an der Hinterachse 8,4 kg pro Stück. Die Reifenbreiten betragen 340 mm an der Vorderachse sowie 400 mm an der Hinterachse. Um Boxenstopps kurz zu halten, hat der Wagen eine Druckluft-Hebeanlage sowie eine Kraftstoff-Schnellbetankungsanlage.[4][2] Beim Serienfahrzeug kommen 18"-BBS-Racing-Räder mit Michelin-Slicks (vorn 30/68-18 und hinten 34/71-18) zum Einsatz.[5]
Die auf den vorderen und hinteren Flügel wirkenden Kräfte werden von leichten und sehr festen Titan-3D-Druck-Bauteilen übertragen. Die vordere Anbindung wiegt 600 g bei einem Abtrieb des Frontflügels von bis zu 800 kg (bei 320 km/h), das hintere Element wiegt 325 g bei einem Abtrieb des Heckflügels von bis zu 1800 kg (bei 320 km/h). Fährt der Bolide mit Höchstgeschwindigkeit – Bugatti sprach ursprünglich von theoretisch möglichen 500 km/h, was angesichts des Flügelwerks und der Rennstrecken-Getriebeübersetzung wohl deutlich zu viel ist – wirken laut Bugatti Abtriebskräfte von fast 3000 Kilogramm.[2] Die Höchstgeschwindigkeit des fahrfertigen Bugatti Bolide liegt offiziell bei 380 km/h.[6]
Alle Räder sind an doppelten Querlenkern aufgehängt. Die Feder-Dämpfer-Einheiten an der Vorderachse – mit integrierten Ölreservoirs – sind liegend angeordnet und werden über Schubstangen betätigt. Die nur 100 g schweren Schubstangen sind als hohle, strömungsgünstig geformte Titan-3D-Druck-Konstruktion mit einer Knicklast von 34 kN (entsprechend einer Gewichtskraft von 3,5 t) ausgeführt. Die Querlenker sind aus Stahl mit einer Zugfestigkeit von 1200 N/mm² geschweißt und ebenfalls als strömungsgünstige Flügelprofile ausgeführt.[4] Die Feder-Dämpfer-Einheiten der Hinterachse sind direkt mit den Radträgern verbunden und stehend eingebaut.
Der Bugatti Bolide hat ein neu entwickeltes Monocoque aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, an das der Vorderwagen sowie der aerodynamisch günstig ausgeformte Fahrzeugunterboden angeflanscht sind. Die Einzelfaserzugfestigkeit der verwendeten Fasern liegt bei 6750 N/mm² und die Einzelfasersteifigkeit bei 350.000 N/mm². Im Heck des Bolide nimmt ein als Stahlschweißbaugruppe ausgeführter Heckrahmen Motor und Getriebe auf. Die Zugfestigkeit des hochfesten Stahls aus der Luftfahrt beträgt 1200 N/mm², die Wandstärke des Rahmens 1,0 mm.[4] Die in Zusammenarbeit mit Dallara entwickelte Karbonstruktur erfüllt die gleichen Anforderungen der Fédération Internationale de l’Automobile wie die LMH- und LMDh-Fahrzeuge.[7]
Mit Sicherheitseinrichtungen wie HANS-System, automatischer Feuerlöschanlage, Abschleppvorrichtung, Zentralverschluss für die Räder, Sechspunkt-Gurtanlage, Leichtbau-Scheiben aus Polycarbonat sowie der Möglichkeit der Druckbetankung mit einer Kraftstoffblase entspricht der Bolide dem FIA-Reglement. In die seitlichen Böden des Monocoques sind CFK-Kühlwasser-Leitungen eingearbeitet und sie dienen gleichzeitig als Seitencrashstrukturen sowie als Strukturversteifung des Monocoques. Auf einem Motorsport-Kombiinstrument sind alle motorsportrelevanten Daten abzulesen. Die Pedale wie auch die Beifahrerfußstütze lassen sich um jeweils 150 mm verschieben.[4] Die ersten Prototypen des Serienfahrzeugs sind seit 2023 auf internationalen Teststrecken unterwegs. Die ersten der 40 geplanten Fahrzeuge werden ab 2024 an Kunden ausgeliefert – für einen Nettopreis von rund vier Millionen Euro.[8]
Technische Daten
BearbeitenBugatti Bolide[4][9][2] | |
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Motorart | Ottomotor |
Motorbauart | Doppel-V-Motor mit 16 Zylindern |
Hubraum | 7993 cm³ |
max. Leistung | 1176 kW (1600 PS) bei 7050/min |
max. Drehmoment | 1600 Nm von 3800 bis 7050/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Antrieb | Allrad |
Fahrleistungen[10] | |
Beschleunigung auf 100 km/h | 2,2 s |
Beschleunigung auf 200 km/h | 5,4 s |
Beschleunigung auf 300 km/h | 11,5 s |
300 km/h–0 | 6,0 s, 228 m |
200 km/h–0 | 4,2 s, 105 m |
100 km/h–0 | 2,5 s, 30 m |
Höchstgeschwindigkeit | 380 km/h |
Maximale Querbeschleunigung | 2,5 g |
Konkurrenzumfeld
BearbeitenWeblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Manuel Lehbrink: Bugatti Bolide (2021): Jetzt geht das Hypercar in Serie. In: Motor1.com. 13. August 2021, abgerufen am 14. August 2021.
- ↑ a b c d e f g Bugatti Bolide Leichtbau-Rennwagen (2024) – Wirklich schneller als ein Formel-1-Auto? In: Auto, Motor und Sport. 12. April 2024, abgerufen am 13. April 2024.
- ↑ Roland Hildebrandt: Bugatti Bolide 100 Year Anniversary Edition in Laguna Seca. In: de.motor1.com. 16. August 2024, abgerufen am 18. August 2024.
- ↑ a b c d e f Bugatti: Bolide Media Kit. Archiviert vom am 15. November 2020; abgerufen am 11. November 2020.
- ↑ Bugatti Communications: Bugatti startet Serienentwicklung des Experimental-Hypersportwagens Bolide – Bugatti Newsroom. 13. August 2021, abgerufen am 19. Juni 2024.
- ↑ Technical data. Abgerufen am 19. Juni 2024.
- ↑ Bugatti Communications: Mit dem Bugatti Bolide Performance neu erleben – Bugatti Newsroom. 11. April 2024, abgerufen am 19. Juni 2024.
- ↑ Der Bolide wird ausgeliefert. 20. Februar 2024, abgerufen am 19. Juni 2024.
- ↑ Technisches Datenblatt Bugatti Bolide. In: Bugatti. Bugatti, archiviert vom am 1. November 2020; abgerufen am 18. November 2020 (englisch).
- ↑ Thomas Harloff: Leichtbau-Rennwagen-Studie „Bugatti Bolide“: 1.850 PS treffen auf 1.240 Kilogramm. 9. Dezember 2020, abgerufen am 19. Januar 2021.