Physikalische Größe
Name Drehimpuls
Formelzeichen L
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI kg·m2·s-1·rad M·L2·T-1·1

Der Drehimpuls ist eine physikalische Größe, die im alltäglichen Sprachgebrauch auch Drall oder Schwung heißt.

Der Drehimpuls eines Massenpunktes ist das Kreuzprodukt seines Ortsvektors mit seinem Impuls

Der Drehimpuls ändert sich, wenn ein Drehmoment wirkt, das heißt, wenn eine Kraft mit einem Hebelarm angreift. Verschwindet das Drehmoment, so behält der Drehimpuls seinen anfänglichen Wert. Dann ist der Drehimpuls eine Erhaltungsgröße.

Grundlagen

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Beziehung zwischen Kraft  , Drehmoment  , Impuls  , Drehimpuls   und Kraft- bzw. Hebelarm  

Bei einer Kreisbewegung kann man sich den Drehimpuls als Pfeil vorstellen, dessen Richtung die Drehachse angibt und dessen Länge den Schwung der Drehung angibt: Je länger der Pfeil, desto mehr Schwung. Der Schwung wächst mit

 
Rechte-Hand-Regel

Die Skizze zeigt den Zusammenhang von Ort, Geschwindigkeit und Drehimpuls für eine Kreisbewegung. Man beachte, dass der Drehimpuls senkrecht auf der Ebene steht, in der sich die Masse bewegt. Seine Länge ist, da die Geschwindigkeit senkrecht auf dem Ortsvektor steht, gleich dem Produkt aus Masse, Radius und Geschwindigkeit.

Der Drehimpuls zeigt in die Richtung, die mit dem Ort und der Geschwindigkeit eine sogenannte Rechtsschraube bildet. Es gilt die Rechte-Hand-Regel: wenn die gekrümmten Finger der rechten Hand die Richtung der Drehbewegung angeben, so zeigt der Daumen in Richtung des Drehimpulses.

Verschiebung, Drehung, Spiegelung

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Der Drehimpulses hängt davon ab, welchen Punkt man als Ursprung wählt. Bei Verschiebung des Ursprungs ändert sich der Vektor jedes Ortes in   und der Drehimpuls in

 

Weil der Drehimpulsvektor ein Kreuzprodukt ist, ändert sich der Drehimpuls bei Drehungen so wie der Ort oder die Geschwindigkeit.

Bei einer Spiegelung am Ursprung geht der Ort in den entgegengesetzten Ort über und auch das Vorzeichen der Geschwindigkeit dreht sich um. Daher ändert sich der Drehimpuls nicht bei der Spiegelung am Ursprung. Um das verschiedene Verhalten bei Spiegelungen zu unterscheiden, nennt man den Drehimpuls einen Axialvektor oder Pseudovektor. Beim Ortsvektor und der Geschwindigkeit spricht man von polaren Vektoren.

Ebene Bahn, Flächensatz

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Behält der Drehimpuls eines Teilchens (beispielsweise die Erde, die die Sonne umläuft) jederzeit den anfänglichen Wert, dann verläuft die Bahn des Teilchens in der Ebene durch den Ursprung, die senkrecht auf dem Drehimpuls steht.

Denn das Kreuzprodukt steht senkrecht auf seinen Faktoren und zu allen Zeiten   gilt

 

Wenn nun der Drehimpuls zeitunabhängig ist,   dann erfüllt jeder Bahnpunkt die Ebenengleichung

 

Zudem gilt das zweite Keplersche Gesetz:

Der Fahrstrahl zum Ursprung überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen.

Denn in einer kurzen Zeit   ändert sich der Fahrstrahl   um   und überstreicht dabei die Fläche des Dreiecks mit diesen beiden Seiten. Die Dreieck ist halb so groß wie das von beiden Vektoren aufgespannte Parallelogramm, dessen Größe durch das Kreuzprodukt gegeben ist. In der Zeit   überstreicht der Fahrstrahl folglich die Fläche

 

Wenn der Drehimpuls sich nicht mit der Zeit ändert, ist folglich die Flächengeschwindigkeit konstant.

Der Flächensatz gilt auch in relativistischer Physik, wenn zudem die Energie   erhalten ist. Denn in relativistischer Physik ist

 

und

 

Eulerscher Drehimpulssatz

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Um den Impuls eines Körpers zu ändern, muss eine Kraft wirken. Die zeitliche Änderung des Impulses ist die Kraft,

 

Um den Drehimpuls eines Körpers zu ändern, muss eine Kraft mit einem Hebelarm angreifen. Solch eine Hebelkraft nennt man Drehmoment.

Genauer besagt der Eulersche Drehimpulssatz:

Die zeitliche Änderung des Drehimpulses ist gleich dem Drehmoment,

 

Er wurde 1754 von Leonhard Euler formuliert.

Das Drehmoment ist das Kreuzprodukt von Ortsvektor (Hebelarm) und Kraft:

 

Der Drehimpulssatz ergibt sich, wenn man den Drehimpuls nach der Zeit ableitet,

 

Da die Geschwindigkeit und der Impuls parallel sind, verschwindet ihr Kreuzprodukt. Aus der zeitlichen Änderung des Impulses   folgt so die zeitliche Änderung des Drehimpulses,

 

Der Drehimpuls eines starren Körpers

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Bei einem starren Körper bezieht man den Drehimpuls auf den Schwerpunkt des Körpers und nennt ihn Eigendrehimpuls oder kürzer, Drehimpuls.

Der Drehimpuls eines starren Körpers (zum Beispiel eines Spielzeugkreisels, eines Autorades oder der Erde) wird durch seine Drehgeschwindigkeit, genauer seine Winkelgeschwindigkeit  , und den Trägheitstensor bestimmt. Das ist eine Matrix  , aus der man die Trägheitsmomente und die Hauptträgheitsachsen berechnen kann. Die Hauptträgheitsachsen sind die Richtungen, in denen der Drehimpuls und die Winkelgeschwindigkeit einander parallel sind.

Der Drehimpuls eines starren Körper ist das Produkt seines Trägheitstensors mit seiner Winkelgeschwindigkeit

 

Der Trägheitstensor   hat für die Drehbewegung vergleichbare Bedeutung wie die Masse für die Translationsbewegung. Allerdings sind die Winkelgeschwindigkeit und der Drehimpuls im Allgemeinen nicht zueinander parallel.

Herleitung

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Der Drehimpuls eines starren Körpers ist die Summe der Drehimpulse der Massepunkte, aus denen er besteht. Wir bezeichnen die einzelnen Massepunkte mit   und mit   die Orte, an denen sie sich befinden befinden. Der Drehimpuls ist ingesamt

 .

Dabei ist über alle Massenpunkte zu summieren, aus denen der Körper besteht. Sein Schwerpunkt sei als Koordinatenursprung gewählt.

Wenn der Schwerpunkt ruht, so ist die Bewegung des starren Körpers eine Drehung um den Schwerpunkt. Die Geschwindigkeit der einzelnen Massepunkte ist dabei das Kreuzprodukt von Winkelgeschwindigkeit und Ortsvektor,

 

Eingesetzt erhalten wir

 

Das doppelte Kreuzprodukt werten wir mit der BAC-CAB-Formel aus,

 

Dieser Ausdruck ist linear in der Winkelgeschwindigkeit und läßt sich daher als Matrix mal   in der Form

 

schreiben, wobei der Trägheitstensor durch

 

gegeben ist.

Bei einer kontinuierlichen Massenverteilung steht statt der Summe ein Volumenintegral über die Massendichte  , die je nach Matrixelement mit unterschiedlichen Produkten der Koordinaten gewichtet ist,

 

Siehe auch

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