Wilhelm Pieck (Schiff, 1976)

Motorschulschiff der Volksmarine der DDR

Die Wilhelm Pieck (Kennung: S61) war das erste neu gebaute Motorschulschiff der Volksmarine, das von 1976 bis 1990 für die praktische Ausbildung von Schülern militärischer Lehranstalten, vornehmlich zur Ausbildung von Offiziersschülern, eingesetzt war. Benannt war es nach dem ehemaligen SED-Vorsitzenden und einzigen Präsidenten der DDR Wilhelm Pieck.

Wilhelm Pieck
Typschiff Wodnik der polnischen Marine
Schiffsdaten
Flagge Deutsche Demokratische Republik DDR
Schiffstyp Schulschiff
Klasse Wodnik-Klasse
Heimathafen Warnemünde
Bauwerft Stocznia Północna (Nord-Werft), Gdańsk
Stapellauf 1975
Verbleib In Santander abgewrackt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 71,4 m (Lüa)
Breite 12,0 m
Tiefgang (max.) 4,0 m
Verdrängung 1750 t
 
Besatzung 60 + 63 Offiziersschüler
Maschinenanlage
Maschine Dieselmechanisch:
2 × Cegielski-Sulzer 6TD 48
Maschinen­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat 2.640 kW (3.589 PS)
Höchst­geschwindigkeit 17 kn (31 km/h)
Propeller 2 × Zameck-Liaaen-Verstellpropeller
Bewaffnung
Sensoren

Die Wilhelm Pieck war die Baunummer 3 der auf der Nord-Werft in Gdańsk gebauten Wodnik-Klasse (Projekt 888), einem Schulschiff auf der Basis der ebenfalls in Polen für die sowjetische Marine gebauten Vermessungsschiffe der Moma-Klasse (Projekt 861).

Der Rumpf war als Backdecker ausgelegt und durch zehn Schotte in elf wasserdichte Abteilungen unterteilt. In den Aufbauten befanden sich der Hauptbefehlsstand, technische Räume, die sogenannten Lehrkabinette, eine Bibliothek und weitere Ausbildungsräume. Die Offiziersschüler waren je in einem 26-, 21- und 16-Mann-Deck untergebracht. Die weiteren Einrichtungen des Schiffes erlaubten die „Unbegrenzte Fahrt“.

Von den polnischen Schwesterschiffen Wodnik und Gryf unterschied sich die Wilhelm Pieck durch einen zusätzlichen Mast auf der Back, das Fehlen der Schanzkleider am Vorschiff und anderer Brückenaufbauten. Zwei weitere Schiffe dieser Klasse, Luga und Oka, wurden für die sowjetische Marine gebaut.

Ausbildungsfahrten

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Die Indienststellung des neuen Motorschulschiffes ermöglichte der Volksmarine auch Ausbildungsfahrten in entfernte Gewässer. Die erste Reise führte am 25. Juli 1976 nach Leningrad und die erste „Große Fahrt“ (jeweils der Höhepunkt des 3. Studienjahres) fand 1978 statt. In der nachfolgenden Tabelle sind die bekannten Ausbildungsfahrten aufgeführt.

Zeitraum Häfen
4.–24. April 1977 GdyniaTallinnRiga
10.–23. Juni 1977 Leningrad – Gdynia
29. Juni – 7. August 1978 Murmansk
17. Mai – 3. Juli 1979 SewastopolConstanțaWarna
10. Mai – 4. Juni 1980 Murmansk
16. Juni – 5. August 1981 Sewastopol – Split
13. Juni – 18. Juli 1983 Leningrad – Riga – Turku
16. August – 8. September 1983 Gdynia – Tallinn
3. Mai – 30. Juni 1984 Tripolis – Sewastopol – Piräus
4. Juni – 25. Juli 1987 Latakia – Sewastopol – Warna – Constanța
1988 Gdynia – Tallinn
3. Juni – 15. Juli 1988 Murmansk – Tallinn – Gdynia
1988 Gdynia – Leningrad
23. Mai – 14. Juli 1989 Algier – Sewastopol – Piräus – Split
1989 Leningrad – Gdynia – Riga
11.–26. Juni 1990 Plymouth – Gdynia – Riga

Auf den Mittelmeer-Reisen wurde die Wilhelm Pieck 1979 und 1981 vom Bergungsschiff Otto von Guericke, 1984 vom Werkstattschiff Kühlung und 1989 vom Hochseeversorger Darss begleitet. Während der letzten Fahrt machte das Schiff auf dem Weg nach Riga in Warnemünde zum Geldwechsel fest (D-Mark-Einführung).

Verbleib

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Die Wilhelm Pieck wurde nicht von der Bundesmarine übernommen und in Kröslin aufgelegt. Am 8. Mai 1991 wurde sie zum Marinestützpunkt Olpenitz geschleppt und 1993 nach Flensburg.[1] Zuletzt lag das Schiff im Kieler Tirpitzhafen. In der Marineschule Mürwik liegt noch ein Anker mit polnischer Signierung.

Die Pläne eines dänischen Geschäftsmanns, das ehemalige Schulschiff als Herberge für vietnamesische Straßenkinder einzusetzen, sind an der erheblichen Asbestbelastung gescheitert. So wurde das Schiff letztendlich über die VEBEG verkauft und zum Abwracken nach Santander geschleppt.[2]

Sonstiges

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Mit Bezug auf die Rumpfnummer S61 wurde die Wilhelm Pieck im Marinejargon auch Sidol 61 genannt. Sidol war ein „beliebtes“ Reinigungsmittel in der DDR und an Bord ausreichend vorhanden, um die Offiziersschüler zu beschäftigen.

Literatur

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  • Hans Mehl, Knut Schäfer, Ulrich Israel: Vom Küstenschutzboot zum Raketenschiff. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986, ISBN 3-327-00075-1.
  • Siegfried Breyer, Peter Joachim Lapp: Die Volksmarine der DDR. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1985, ISBN 3-7637-5423-7.
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Fußnoten

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  1. Gerhard Koop, Siegfried Breyer: Die Schiffe, Fahrzeuge und Flugzeuge der deutschen Marine von 1956 bis heute. Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996, ISBN 3-7637-5950-6.
  2. Marineforum 5/1997 S. 36