Der Satz von Bernstein-Doetsch ist ein Lehrsatz des mathematischen Teilgebiets der Analysis, der auf eine Arbeit der beiden Mathematiker Felix Bernstein und Gustav Doetsch aus dem Jahre 1915 zurückgeht. Der Satz gibt eine hinreichende Bedingung, unter der gewisse konvexe Funktionen des euklidischen Raums bereits stetig sind.[1][2]

Formulierung des Satzes

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Der Satz von Bernstein-Doetsch lässt sich angeben wie folgt:[2][1]

Sei   eine konvexe und zugleich offene Teilmenge des  .
Sei   eine Jensen-konvexe Funktion, also eine reellwertige Funktion, welche der Bedingung
 
für alle   genügen möge.
Weiter gebe es mindestens einen Punkt   derart, dass für eine offene Umgebung   die Einschränkung   nach oben beschränkt sei.
Dann gilt:
  ist in jedem Punkt von   stetig.

Historische Anmerkung

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Johan Ludwig Jensen hat schon im Jahre 1906 ein Vorläuferresultat zum Satz von Bernstein-Doetsch geliefert, indem er nämlich zeigte, dass der entsprechende Sachverhalt für konvexe Funktionen auf offenen reellen Intervallen gilt.[3]

Folgerungen

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Der Satz von Bernstein-Doetsch zieht unmittelbar das folgende Korollar nach sich:[4]

Eine auf einer offenen und konvexen Teilmenge des euklidischen Raums gegebene Jensen-konvexe Funktion ist entweder stetig oder in jedem Punkt unstetig.

Darüber hinaus gewinnt man mit dem Satz von Bernstein-Doetsch das folgende grundlegende Resultat, welches der polnische Mathematiker Marek Kuczma in seiner bekannten Monographie An Introduction to the Theory of Functional Equations and Inequalities als The basic theorem betitelt. Dieses besagt:[5]

Ist   eine reellwertige Funktion für eine konvexe offene Teilmenge   des  , so ist   sowohl Jensen-konvex als auch stetig genau dann,
wenn für je zwei Punkte   und jede reelle Zahl   stets die Ungleichung
 
erfüllt ist.

Die Sätze von Sierpiński und Fréchet

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Auf den polnischen Mathematiker Wacław Sierpiński geht ein Satz zurück, dessen Fragestellung der des Satzes von Bernstein-Doetsch gleicht, wenngleich dessen Beweis auf anderen Methoden beruht. Er lautet:[6][7][8]

Gegeben seien eine konvexe offene Teilmenge   des   und darauf eine Jensen-konvexe Funktion  .
Dann gilt:
Ist   messbar, so ist   bereits stetig.

Der Satz von Sierpiński wiederum führt unmittelbar zu einem Satz, der für den Fall der Dimension   schon von dem französischen Mathematiker Maurice Fréchet im Jahre 1913 formuliert wurde:[6]

Jede messbare additive Funktion   ist stetig.

Verwandtes Resultat für normierte Räume

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Zum Satz von Bernstein-Doetsch gibt es ein verwandtes Resultat, welches den Fall der konvexen reellwertigen Funktionen auf normierten Räumen behandelt. Es lässt sich folgendermaßen formulieren:[9]

Gegeben seien ein normierter  -Vektorraum   und darin eine konvexe offene Teilmenge   sowie eine konvexe reellwertige Funktion  .
Dann sind die folgenden Aussagen gleichwertig:
(a)   ist stetig.
(b)   ist oberhalbstetig.
(c) Es gibt eine nichtleere offene Teilmenge   derart, dass   nach oben beschränkt ist.
(d) Es gibt mindestens einen Punkt  , in dem   stetig ist.
Ist   darüber hinaus ein Banachraum, so sind sogar gleichwertig:
(a')   ist stetig.
(b')   ist oberhalbstetig.
(c')   ist unterhalbstetig.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b F. Bernstein, G. Doetsch: Zur Theorie der konvexen Funktionen. in: Math. Ann. 76, S. 514–526.
  2. a b Marek Kuczma: An Introduction to the Theory of Functional Equations and Inequalities. 2009, S. 155 ff.
  3. Bernstein/Doetsch, op. cit., S. 514.
  4. Kuczma. op. cit., S. 158
  5. Kuczma. op. cit., S. 161–162.
  6. a b Kuczma. op. cit., S. 241 ff
  7. W. Sierpiński: Sur un problème concernant les ensembles mesurables superficiellement . in: Fund. Math. 1, S. 112–115.
  8. Sierpiński, op. cit., S. 125–128.
  9. Peter Kosmol: Optimierung und Approximation. 2010, S. 328 ff., S. 331 ff.