Riemannsche Xi-Funktion

mathematische Funktion

In der Mathematik ist die Riemannsche Xi-Funktion eine Transformierte der Riemannschen Zeta-Funktion. Ihre Nullstellen entsprechen dabei ausschließlich den nichttrivialen Nullstellen der Zeta-Funktion, und im Gegensatz zu dieser ist die Xi-Funktion holomorph auf der ganzen komplexen Ebene. Zudem genügt sie einer besonders einfachen Funktionalgleichung. Bernhard Riemann führte sie 1859 in derselben Arbeit über die Primzahlverteilung ein, in der er auch die später nach ihm benannte Riemannsche Vermutung formulierte.

Die Riemannsche -Funktion in der komplexen Zahlenebene

Definition Bearbeiten

Die Riemannsche Xi-Funktion   („klein xi“) ist definiert als

 

wo   die Riemannsche Zeta-Funktion und   die Gamma-Funktion bezeichnet. Der Produktterm auf der rechten Seite vor der Riemannschen  -Funktion eliminiert genau alle negativen Nullstellen und die Singularität der Zeta-Funktion an der Stelle  . Die einzigen Nullstellen von   sind daher genau die nichttrivialen Nullstellen der  -Funktion.

Eine Variante der Xi-Funktion wird üblicherweise mit   („groß Xi“) bezeichnet und geht aus   durch die Variablentransformation   (also  ) hervor:

 

Die Riemannsche Vermutung ist äquivalent zu der Aussage, dass alle Nullstellen von   reell sind.

Bemerkenswerterweise verwendete Riemann selber den Buchstaben   zur Bezeichnung derjenigen Funktion, die man heute (nach Landau) mit   bezeichnet; die Ursache für diese zunächst verwirrende Symbolik liegt offenbar in einem Fehler Riemanns,[1] der aber keinerlei Auswirkungen auf die Aussagen seines Artikels hat.

Analytische Fortsetzung Bearbeiten

Für die modifizierte Funktion   leitet man zunächst für   die folgende Integraldarstellung her:

 

Hierbei ist   der Thetanullwert der Thetafunktion. Dies liefert die meromorphe Fortsetzung auf die komplexe Ebene mit einfachen Polen in 1 und 0. Multiplikation mit dem Faktor   ergibt die gewünschte analytische Fortsetzung auf ganz  .

Eigenschaften Bearbeiten

Spezielle Werte Bearbeiten

Es gilt:

 
  (Minimum im reellwertigen Definitionsbereich, Folge A114720 in OEIS)
 
 

Für gerade natürliche Zahlen gilt

 

wobei   die  -te Bernoulli-Zahl bezeichnet. Aus dieser Darstellung ergeben sich unter anderem die Werte:

 
 

Funktionalgleichung Bearbeiten

Die Xi-Funktion genügt der Funktionalgleichung („Reflexionsformel“)

 

oder äquivalent dazu für die  -Funktion:

 

  ist damit eine gerade Funktion.

Produktdarstellung Bearbeiten

 

wobei   in der Produktformel über alle Nullstellen von   läuft.[2]

Summendarstellung Bearbeiten

Aus der meromorphen Fortsetzung der modifizierten Funktion   folgt auch für alle   aus   die Summendarstellung

 

mit der verallgemeinerten Integralexponentialfunktion  .

Beziehung zur Riemann-Siegelschen Z-Funktion Bearbeiten

Es gilt[3]

 

Asymptotisches Verhalten Bearbeiten

Für reelle Werte von   gilt[4]

  für  

also

 

(wobei   und anschließend auch   Landau-Symbole bezeichnen). Entsprechend gilt für reelle Werte von  [5]

  für  

Li-Koeffizienten Bearbeiten

Die Xi-Funktion   hat eine enge Beziehung zu den sogenannten Li-Koeffizienten

 

wobei sich die Summe über die Nullstellen   von   erstreckt; denn es gelten die Beziehungen[6]

 

und

 

Das lische Kriterium ist die Eigenschaft   für alle positiven  . Es ist äquivalent zur Riemannschen Vermutung.

Literatur Bearbeiten

  • H. M. Edwards: Riemann’s Zeta Function. Dover Publications, Mineola, NY 2001, ISBN 0-486-41740-9.
  • J. C. Lagarias: Li coefficients for automorphic L-functions. In: Mathematics. 2004, arxiv:math.MG/0404394.
  • B. Riemann: Über die Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Größe. In: Monatsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1859.
  • E. C. Titchmarsh: The Theory of the Riemann Zeta Function, Second revised (Heath-Brown) edition. Oxford University Press, 1986, ISBN 0-19-853369-1.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Edwards (2001), Fußnote §1.16 (S. 31)
  2. Edwards (2001) §2.1 (S. 39)
  3. Titchmarsh (1986) §4.17 (S. 89)
  4. Titchmarsh (1986) §2.12 (S. 29)
  5. Titchmarsh (1986) §5.1 (S. 96) & §10.2 (S. 257)
  6. Lagarias (2004)