Neugersdorf [ˌnɔʏˈɡɛrsˌdɔrf] (oberlausitzisch: Gierschdurf[1]) ist ein Ortsteil der Oberlausitzer Stadt Ebersbach-Neugersdorf im Landkreis Görlitz. Der Ortsteil liegt im Südosten Sachsens an der Grenze zu Tschechien.

Neugersdorf
Wappen von Neugersdorf
Koordinaten: 50° 59′ N, 14° 37′ OKoordinaten: 50° 58′ 44″ N, 14° 36′ 39″ O
Höhe: 413 m
Fläche: 5,53 km²
Einwohner: 5854 (31. Dez. 2010)
Bevölkerungsdichte: 1.059 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2011
Postleitzahl: 02727
Vorwahl: 03586
Neugersdorf (Sachsen)
Neugersdorf (Sachsen)

Lage von Neugersdorf in Sachsen

Geographie Bearbeiten

Neugersdorf befindet sich am Nordhang des Hutungsberges im Quellgebiet der Spree an der deutsch-tschechischen Grenze im Lausitzer Bergland und nimmt den südlichen Teil der Stadt Ebersbach-Neugersdorf ein. Mit einem Bahnhof liegt Neugersdorf an der in der Relation DresdenBischofswerda–Zittau–Liberec befahrenen Bahnstrecke der Süd-Lausitzer Bahn.

Umgebende Orte sind Ebersbach/Sa. im Nordwesten, Walddorf im Nordosten, Eibau und Neueibau im Osten, Leutersdorf im Südosten, Seifhennersdorf im Süden, Rumburk im Südwesten und Filipov im Westen.

Geschichte Bearbeiten

Altgersdorf wurde erstmals im Mai 1306 urkundlich erwähnt. In einer Urkunde der Markgrafen Otto und Woldemar von Brandenburg, Lausitz und Landsberg wurde es als „Gherardesdorpp“ bezeichnet. Der Ort erhielt Beinamen wie „Bösengerhardsdorff“ (1408), „Gerhartstorff malum“ (1419), „Bösengerisdorff“ (1419), diese legen die Vermutung nahe, dass ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse herrschten. Eine weitere Variante mag dem vermeintlichen Räuberunwesen der feudalen Hofbesitzer entsprungen sein.

Am 10. Juni 1429 wurde der Ort vollständig von den Hussiten vernichtet. Die Dorfstatt blieb jahrhundertelang wüst und überwaldete. Eine wechselvolle Geschichte folgte. Der Besitzer wechselte immer wieder. Im Jahr 1657 wurde auf dem Flurstück Gersdorfer Wald das Dorf Neu-Gersdorf gegründet. Seine ersten Bewohner waren Flüchtlinge, die 26 Häuser errichteten. Wenige Jahre später kam es zu einer weiteren Gründung, diesmal von böhmischen Flüchtlingen, die mit acht Häusern Alt-Gersdorf gründeten.

Da die Landwirtschaft keine ausreichenden Voraussetzungen für den Lebensunterhalt bot, nutzten die neuen Bewohner ihre mitgebrachten Kenntnisse der Weberei und begründeten damit eine lange Tradition der Textilwirtschaft in diesem Gebiet.

Mit dem Gut Neu-Gersdorf belehnten die sächsischen Landesherren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts den Besitzer der böhmischen Fideikommissherrschaft Rumburg. Obwohl beide Dörfer selbständig waren und verschiedenen Grundherrschaften angehörten, wuchsen sie allmählich zusammen und verschmolzen zunehmend durch persönliche Verbindungen, gemeinsame Vereine und öffentliche Einrichtungen, wie Kirche, Freiwillige Feuerwehr, Standesamt, Sparkasse, Bahnhof, Post.

Die industrielle Blüte des 19. Jahrhunderts brachte auch wirtschaftlichen Aufschwung nach Neugersdorf. Villen, Geschäftshäuser, Fabriken wurden errichtet und neue Bebauungs- und Industriegebiete besiedelt.

Die Textilbranche legte das wirtschaftliche Fundament, dieses wurde unterstützt durch die Einführung der Dampfkraft (3. Februar 1855) und den Eisenbahnanschluss (1. November 1874). Die Entwicklung der Textilindustrie und des Textilmaschinenbaues führte zu Unternehmen von Weltruf.[2]

Am 1. Januar 1899 vereinigten sich die beiden zusammengewachsenen Dörfer Alt-Gersdorf und Neu-Gersdorf zu der neuen Gemeinde „Alt- und Neugersdorf“. Im September des gleichen Jahres wurde der Name auf Neugersdorf geändert. Fünfundzwanzig Jahre später, am 15. Dezember 1924, wurde Neugersdorf zur Stadt erhoben.

Ortsnamenformen Bearbeiten

1732: Gerßdorff, 1759: Neu Giersdorff, 1791: Gersdorf, 1834: Neu-Gersdorf, 1875: Neugersdorf b. Ebersbach

Eingemeindung Bearbeiten

Zum 1. Januar 2011 wurde Neugersdorf mit der Stadt Ebersbach/Sa. zur neuen Stadt „Ebersbach-Neugersdorf“ zusammengeschlossen.[3]

Verwaltungszugehörigkeit Bearbeiten

1777: Bautzener Kreis, 1843: Landgerichtsbezirk Bautzen, 1856: Gerichtsamt Ebersbach, 1875: Amtshauptmannschaft Löbau, 1952: Kreis Löbau, 1994: Landkreis Löbau-Zittau, 2008: Landkreis Görlitz

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Jahr Einwohner[4]
1777 4 besessene(r) Mann, 32 Gärtner,
207 Häusler, 11 Wüstungen
1834 02.325
1871 03.562
1890 04.972
1910 11.595
1925 11.165
1939 11.026
1946 12.526
1950 13.313
1964 11.970
1990 07.725
2000 06.660
2007 06.163
2010 05.854

Politik Bearbeiten

Wappen Bearbeiten

 
Wappen der ehemaligen Stadt Neugersdorf

Die Stadt hatte ihr Wappentier, den Kranich, von der am Südfuße des Beerberges gelegenen Kranichpfütze, einer alten Viehtränke, entlehnt. So hat bereits 1740 ihr Name den Anlass gegeben einen Kranich im Gerichtssiegel zu verwenden. Im Jahr 1931, sieben Jahre nach der Erhebung zur Stadt, wurde das Stadtwappen, der Kranich mit dem Hufeisen in der rechten Kralle, verliehen. Die Stadtfarben waren Schwarz-Gelb.

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Verkehr und Infrastruktur Bearbeiten

 
Haltepunkt Neugersdorf

Neugersdorf besitzt drei Grenzübergänge für Pkw nach Tschechien:

  • Neugersdorf Ortsumgehung S 148 – Rumburk (Rumburg)
  • Neugersdorf Hauptstraße – Jiříkov (Georgswalde)
  • Neugersdorf Rudolf-Breitscheid-Straße – Jiříkov (Georgswalde)

Am zentralen Marktplatz im Stadtzentrum (Karl-Marx-Platz) befindet sich ein Busbahnhof der KVG Dreiländereck. Mit folgenden Buslinien bedient die KVG den Ortsteil Neugersdorf:[5]

  • PlusBus 30: Löbau – Kottmarsdorf – Neugersdorf (– Seifhennersdorf)
  • Bus 36: Löbau – Eibau – Neugersdorf
  • Bus 38: Ebersbach – Neugersdorf – Leutersdorf – Großschönau
  • PlusBus 50: Löbau – Oppach – Ebersbach – Neugersdorf
  • den Sonderlinien S36 und S38

Neugersdorf besitzt auch einen Haltepunkt an der Bahnstrecke Oberoderwitz–Wilthen, welcher von Zügen der Linien TLX2 und TL61 in Richtung Dresden bzw. Zittau bedient wird.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Spreequelle

In Neugersdorf liegt die zweite der drei Quellen der Spree. Die Erste befindet sich in Ebersbach, die Dritte entspringt am Berg Kottmar. Die Neugersdorfer Spreequelle ist die ergiebigste, sie erhielt 1888 eine schmiedeeiserne Einfassung und befindet sich unmittelbar vor dem Volksbad.[6]

Bauwerke Bearbeiten

  • Bismarckturm, 1904 auf dem Hutungsberg errichtet
  • Evangelisch-Lutherische Kirche: barocker Kirchenbau, erbaut 1735 bis 1738; nach Umbau- und Sanierungsarbeiten 1872 entstand der 64 Meter hohe Kirchturm (jetzige Form)
  • Wassertürme, weithin sichtbare Wahrzeichen Neugersdorfs
  • typische Oberlausitzer Umgebindehäuser

Gedenkstätten Bearbeiten

An der Hauptstraße steht ein Gedenkstein mit der Inschrift: Zum 1. Mai 1890 Einigkeit macht stark

Auf dem Friedhof befinden sich:

  • ein Denkmal für die gefallenen Krieger der deutschen Einigungskriege 1866, 1870 und 1871
  • ein Gefallenendenkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges (1914–1918), welches einen Sarkophag darstellt, sowie ein 5 Meter hohes Holzkreuz mit der Aufschrift FÜR UNS

In einer Grünanlage vor dem ehemaligen Rathaus erinnert ein Denkmal an die Opfer des Faschismus.

Sport Bearbeiten

Der bedeutendste Sportverein von Neugersdorf ist der FC Oberlausitz Neugersdorf. Er spielte zwischen 2006 und 2013 in der sechstklassigen Fußball-Sachsenliga. Ab dem Aufstieg 2013 spielte die erste Herrenmannschaft in der fünftklassigen NOFV-Oberliga Süd. 2014 und 2018 zog der FC Oberlausitz Neugersdorf in das sächsische Pokalfinale ein. 2015 stieg der Verein erstmals in die viertklassige Regionalliga Nordost auf, aus der er sich 2019 aus finanziellen Gründen in die Oberliga zurückzog.

Regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

Der jährlich stattfindende Jacobimarkt (Gierschdurfer Schiss’n) ist das größte Volksfest der Oberlausitz. Als Geburtsjahr des Jacobimarktes gilt das Jahr 1728, als die Privilegierte Schützengesellschaft vom Fürsten von und zu Liechtenstein ihre „confirmierten Schützenmatrikel“ erhielt.

Neugersdorf ist eine Karnevalshochburg mit langer Tradition:

  • zu DDR-Zeiten NKC (Neugersdorfer Karnevalsclub)
  • seit 1991 Oberlausitzer Karnevalsgesellschaft Neugersdorf e. V. – OKG

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter des Ortes Bearbeiten

Personen mit Bezug zu Neugersdorf Bearbeiten

  • Gustav Nauenburg (1803–1875), Theologe, Sänger, Schriftsteller, Musikpädagoge, Musikkritiker und Enzyklopädist
  • Carl Melzer (1849–1928), von 1880 bis 1916 Pfarrer von Neugersdorf. Im Jahr 1903 brachte er die Chronik von Neugersdorf heraus.

Literatur Bearbeiten

  • Die südöstliche Oberlausitz mit Zittau und dem Zittauer Gebirge (= Werte der deutschen Heimat. Band 16). 2. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1971.
  • Karl August Fritsche: Chronik der Stadt Neugersdorf. Ortsgeschichte der Parochie Gersdorf. Verlag Ostsachsen Druckerei. Löbau 1929. (Nachdruck der Originalausgabe von 1857) (Digitalisat)
  • Carl Melzer: Chronik von Neugersdorf. Verlag Teller & Roßberg. Neugersdorf 1903. (Digitalisat)
  • Stadt Neugersdorf (Hrsg.): Neugersdorf. Stadt am Hutungsberg. Lusatia-Verlag. Bautzen 2007.
  • Cornelius Gurlitt: Neugersdorf. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 34. Heft: Amtshauptmannschaft Löbau. C. C. Meinhold, Dresden 1910, S. 407.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Neugersdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Oberlausitzer Wörterbuch: Buchstabe G. Archiviert vom Original am 4. März 2013; abgerufen am 22. März 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oberlausitzer-woerterbuch.de
  2. Die Fabrik baumwollener Waaren von C. G. Hoffmann in Neu-Gersdorf. In: Album der sächsischen Industrie, 1856. (Wikisource)
  3. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen: Neubildung der Gemeinde Ebersbach-Neugersdorf, Stadt im Regionalregister Sachsen, abgerufen am 25. Mai 2013.
  4. Neugersdorf im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  5. Linienübersicht. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. August 2015; abgerufen am 1. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kvg-zittau.de
  6. Spreequellstadt Ebersbach-Neugersdorf: Sehenswertes. 22. Juni 2020, abgerufen am 3. August 2020.