Nationalratswahlkreis Aargau-Mitte

Der Nationalratswahlkreis Aargau-Mitte war ein Wahlkreis bei Wahlen in den Schweizer Nationalrat. Er bestand von 1851 bis 1919 (Einführung des heute üblichen Proporzwahlrechts) und umfasste den zentralen Teil des Kantons Aargau.

Wahlverfahren Bearbeiten

Hierbei handelte es sich um einen Pluralwahlkreis. Dies bedeutet, dass zwar mehrere Sitze zu verteilen waren, jedoch das Majorzwahlrecht zur Anwendung gelangte. Im Sinne der romanischen Mehrheitswahl benötigte ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen, um gewählt zu werden. Zur Verteilung aller Sitze waren unter Umständen mehrere Wahlgänge notwendig. Jeder Wähler hatte so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben waren.

Bezeichnung und Sitzzahl Bearbeiten

Aargau-Mitte ist eine inoffizielle geographische Bezeichnung. Im amtlichen Gebrauch üblich war eine über die gesamte Schweiz angewendete fortlaufende Nummerierung, geordnet nach der Reihenfolge der Kantone in der schweizerischen Bundesverfassung. Aufgrund der wechselnden Anzahl im Laufe der Jahre erhielten manche Wahlkreise mehrmals eine neue Nummer. Aargau-Mitte trug ab 1851 (erstmalige Anwendung eines einheitlichen Bundesgesetzes) die Nummer 37, ab 1863 die Nummer 35, ab 1872 die Nummer 36, ab 1881 die Nummer 37, ab 1890 die Nummer 39 und ab 1901 die Nummer 37.

Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und des Wahlkreiszuschnitts hatte Aargau-Mitte eine wechselnde Anzahl von Sitzen:

  • 1851 bis 1878: 4 Sitze
  • 1881 bis 1908: 3 Sitze
  • ab 1911: 4 Sitze

Ausdehnung Bearbeiten

 
Wahlkreise Kanton Aargau 1851–1890
 
Wahlkreise Kanton Aargau 1890–1911
 
Wahlkreise Kanton Aargau 1911–1919

Das Gebiet des Wahlkreises wurde am 21. Dezember 1850 mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes» erstmals verbindlich festgelegt, nachdem 1848 der ganze Kanton noch einen einzigen Wahlkreis gebildet hatte.[1] Aargau-Mitte umfasste:

Mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath» vom 20. Juni 1890 erfolgte eine markante Verkleinerung. Der grösste Teil der Region Freiamt bildete den neu geschaffenen Wahlkreis Aargau-Südost und die sieben Gemeinden im Bezirk Baden gelangten zum Wahlkreis Aargau-Nord. Hingegen wurde die Stadt Aarau vom Wahlkreis Aargau-Südwest abgetrennt und Aargau-Mitte hinzugefügt.[2] Aargau-Mitte umfasste neu:

  • im Bezirk Aarau die Gemeinden Aarau, Biberstein, Buchs, Densbüren, Erlinsbach, Küttigen, Rohr und Suhr
  • im Bezirk Bremgarten die Gemeinden Anglikon, Dottikon, Hägglingen und Wohlen
  • den Bezirk Brugg
  • den Bezirk Lenzburg

Zu einer letzten Gebietsveränderung kam es mit dem «Bundesgesetz betreffend die Nationalrathswahlkreise» vom 23. Juni 1911. Die fünf verbliebenen Gemeinden im Bezirk Aarau wurden ebenfalls vom Wahlkreis Aargau-Südwest abgetrennt.[3] Aargau-Mitte umfasste zuletzt:

  • den Bezirk Aarau
  • im Bezirk Bremgarten die Gemeinden Anglikon, Dottikon, Hägglingen und Wohlen
  • den Bezirk Brugg
  • den Bezirk Lenzburg

1919 wurden die vier Aargauer Wahlkreise zum heute noch bestehenden Nationalratswahlkreis Aargau zusammengelegt, in welchem das Proporzwahlrecht gilt.

Nationalräte Bearbeiten

  • G = Gesamterneuerungswahl
  • E = Ersatzwahl bei Vakanzen
  • Demokratische Linke (DL)
  • Freisinnige Linke (FL), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
  • Liberale Mitte (LM)
  • Datum Wahl Gewählte Partei
    26.10.1851
    09.11.1851
    23.11.1851
    G   Johann Peter Bruggisser, Friedrich Schmid, Franz Waller FL
      Samuel Schwarz LM
    20.06.1852 E   Johann Rudolf Ringier LM
    26.10.1854 G   Johann Peter Bruggisser, Friedrich Schmid, Franz Waller FL
      Gottlieb Jäger LM
    20.06.1856 E   Johann Rudolf Ringier LM
    25.10.1857 G   Johann Peter Bruggisser, Gottlieb Jäger, Franz Waller FL
      Johann Rudolf Ringier LM
    28.10.1860
    11.11.1860
    G   Johann Peter Bruggisser, Gottlieb Jäger, Franz Waller FL
      Johann Rudolf Ringier LM
    25.10.1863
    08.11.1863
    G   Johann Peter Bruggisser, Augustin Keller FL
      Gottlieb Jäger, Johann Rudolf Ringier LM
    28.10.1866
    11.11.1866
    25.11.1866
    G   Peter Suter FL
      Theodor Bertschinger, Alois Isler, Samuel Schwarz LM
    10.06.1868 E   Samuel Wildi LM
    31.10.1869
    14.11.1869
    G   Rudolf Urech DL
      Theodor Bertschinger, Alois Isler, Peter Suter LM
    27.10.1872 G   Theodor Haller, Peter Suter, Plazid Weissenbach FL
      Hans Weber LM
    12.07.1874 E   Robert Straub FL
    31.10.1875 G   Theodor Haller, Robert Straub, Peter Suter FL
      Hans Weber LM
    16.01.1876 E   Johann Rohr LM
    27.10.1878
    17.11.1878
    01.12.1878
    G   Hans Riniker, Robert Straub, Peter Suter FL
      Johann Rohr LM
    30.10.1881 G   Hans Riniker, Robert Straub FL
      Anton Bruggisser, Johann Rohr LM
    26.10.1884
    16.11.1884
    G   Theodor Haller, Hans Riniker FL
      Peter Emil Isler, Johann Rohr LM
    13.03.1887 E   Max Alphonse Erismann LM
    30.10.1887 G   Hans Riniker FL
      Max Alphonse Erismann, Peter Emil Isler, Johann Rohr LM
    26.10.1890 G   Max Alphonse Erismann, Hans Riniker, Olivier Zschokke FL
    22.01.1893 E   Emil Frey FL
    29.10.1893 G   Max Alphonse Erismann, Emil Frey, Olivier Zschokke FL
    25.10.1896 G   Max Alphonse Erismann, Hans Müri, Olivier Zschokke FDP
    28.11.1897 E   Conradin Zschokke FDP
    29.10.1899 G   Max Alphonse Erismann, Hans Müri, Conradin Zschokke FDP
    26.10.1902 G   Max Alphonse Erismann, Hans Müri, Conradin Zschokke FDP
    29.10.1905 G   Max Alphonse Erismann, Hans Müri, Conradin Zschokke FDP
    29.10.1908 G   Max Alphonse Erismann, Hans Müri, Conradin Zschokke FDP
    29.10.1911 G   Heinrich Eugen Abt, Hans Müri, Hans Siegrist, Conradin Zschokke FDP
    28.04.1912 E   Emil Keller FDP
    25.10.1914 G   Heinrich Eugen Abt, Emil Keller, Hans Siegrist, Conradin Zschokke FDP
    28.10.1917 G   Heinrich Eugen Abt, Emil Keller, Hans Siegrist, Arthur Widmer FDP

    Quelle Bearbeiten

    Einzelnachweise Bearbeiten

    1. Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes (vom 21. Dezember 1850). (PDF, 676 kB) In: Bundesblatt Nr. 61 vom 28. Dezember 1850. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 31. Oktober 2014.
    2. Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath (vom 3. Mai 1881). (PDF, 296 kB) In: Bundesblatt Nr. 26 vom 21. Juni 1890. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 31. Oktober 2014.
    3. Bundesgesetz betreffend die Nationalrathswahlkreise (vom 23. Juni 1911). (PDF, 296 kB) In: Bundesblatt Nr. 26 vom 28. Juni 1911. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 31. Oktober 2014.