Matthias Knoll

deutscher Übersetzer, Lyriker und Schauspieler

Matthias Knoll (* 9. März 1963 in Berlin) ist ein deutscher Übersetzer, Lyriker und Rezitator.

Matthias Knoll (rechts) mit Dace Rukšāne (2013)

Leben und Tätigkeiten Bearbeiten

Matthias Knoll wurde 1963 in West-Berlin geboren. Angeregt durch eine Begegnung mit Frederike Frei entstanden 1978 erste Gedichte. Von 1981 bis 1987 studierte er in Berlin an der Schule für Eurythmische Art und Kunst bei Helene und Claudia Reisinger Eurythmie und legte anlässlich seines Diplomabschlusses einen ersten Gedichtband vor. Einer kurzen Lehrtätigkeit als Eurythmielehrer folgte ein Engagement als Schauspieler und Regieassistent am Kölner Theater der Keller und am „Theater unterm Dach“ in Balingen.

Nach der Rückkehr nach Berlin 1989 begann er mit der regelmäßigen Herausgabe eigener Lyrikbände; bis 1992 erschien jedes Jahr ein neuer Gedichtband bzw. 1993 die zweisprachige Anthologie Wunder und Wunden. Lyrik aus Lettland. Danach verlagerte sich Knolls Haupttätigkeit auf das Übersetzen lettischer Literatur für renommierte deutsche und Schweizer Verlage. 1996 wurde er in den Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke (VdÜ) sowie 2000 – in seiner Funktion als Übersetzer – in den Lettischen Schriftstellerverband (Latvijas Rakstnieku savienība) und die Lettische Dramatikergilde (Latvijas Dramaturgu ģilde) aufgenommen. Im selben Jahr erfolgte der Aufbau der Webseite www.literatur.lv als „Portal für Texte & Autoren aus Lettland“.[1]

Seit 2001 veranstaltet Knoll die „LiteraTour durch Riga“, eine interaktive Stadtführungs-Performance im urbanen Ambiente, bei der passend zur jeweiligen Stadtansicht Gedichte sowie Dramen- und Prosafragmente lettischer Autoren in deutscher Übersetzung durch eine Anmoderation erschlossen und sodann rezitiert werden. Auf diese Weise wird sowohl Kulturreisegruppen und Delegationen etc. als auch Individualreisenden die literarische bzw. geistig-schöpferische Dimension des lettischen Kulturraumes eröffnet.[2]

Um die Zeit des EU-Beitritts der Republik Lettland im Jahre 2004 übersetzte Knoll u. a. die im deutschsprachigen Raum gehaltenen Reden der lettischen Staatspräsidentin Vaira Vīķe-Freiberga sowie mehrere Essays und Reden der Schriftstellerin Māra Zālīte[3] ins Deutsche.

Im September 2009 veröffentlichte er in Lettland den Lyrikband 5 9 7. mīlas apmātības vārsmas, in dem ein Gedicht enthalten ist, das – ohne Hinweis auf seinen Autor und somit unter Verletzung des Urheberrechts – in einem lettischen Roman abgedruckt wurde.[4]

Seit 2009 ist Knoll in Lettland zunehmend schauspielerisch tätig. In Episodenrollen wirkte er in den Spielfilmen Dancis pa trim („Tanz zu dritt“, 2011, Regie: Arvīds Krievs)[5][6], Tēvs Nakts (englischer Verleihtitel: The Mover, 2018, Regie: Dāvis Sīmanis, über Žanis Lipke) und in der Rolle des Dr. Kremer in dem „historischen Kriminaldrama“ 1906 (2019, Regie: Gatis Šmits)[7] mit. Für die Rigaer Film- und Fernsehproduktionsfirma Hansa Media entwickelte er die Episodenreihe Herder kehrt zurück nach Riga, in der er sowohl Johann Gottfried Herder als auch dessen Interview-Partner verkörpert.[8] Am Lettischen Nationaltheater war Knoll in der Spielzeit 2019/2020 in der Dramatisierung von Aivars Freimanis’ Roman Katls („Der Kessel“, Regie: Ināra Slucka) zu sehen.[9]

Auszeichnungen Bearbeiten

  • Drei-Sterne-Orden der Republik Lettland „für einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung der lettischen Kultur in der Welt“ (18. November 2019).[10]
  • Übersetzerpreis des Wiesbadener Kurier für die Übersetzung und Synchronisierung des Theaterstücks Melnais piens (Schwarze Milch) des Jaunais Rīgas teātris (Regie: Alvis Hermanis) im Rahmen der Theater-Biennale 2012[11]
  • Nominierung für den Titel Gada rīdzinieks 2013 (Rigenser des Jahres 2013) und Anerkennungsurkunde des Rigaer Stadtrats (Rīgas Dome) für die Popularisierung der lettischen Literatur und des Rigaer Kulturambientes[12]
  • Nominierung des Romans Die wilden Piroggenpiraten für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013 (Kategorie Kinderbuch).[13]

Werke Bearbeiten

Gedichtbände Bearbeiten

  • Die Erfindung der Schrift. Gedichte, literatur.lv/edition, Berlin 2010 (ohne ISBN).
  • 5 9 7 – mīlas apmātības vārsmas, apgads literatur.lv, Riga 2009, ISBN 978-9984-39-885-3.[14]
  • Glut. Gedichte, Berlin & Riga 1992 (ohne ISBN).
  • Der Bogen. Gedichte, Berlin & Riga 1991 (ohne ISBN).
  • Sturz in den Morgen. Gedichte einer Liebe, Berlin 1990, Berlin & Riga 1992 (ohne ISBN).[15]
  • Mein Haus. Gedichte & Prosa, Berlin 1989, Berlin & Riga 1992; enthält die Erzählung Das Geständnis (ohne ISBN).[16]
  • Wort wird Welt. Gedichte aus der Lehrzeit, Berlin 1987, Berlin & Riga 1995 (ohne ISBN).[17]

Übersetzungen aus dem Lettischen Bearbeiten

Romane • Biographien • Erzählungen • Kurzprosa Bearbeiten

Gedichte • Versepen Bearbeiten

Theaterstücke • Libretti Bearbeiten

  • Inga Ābele: Der Jasmin. Primitives Drama in drei Teilen (2002), DEA (deutschsprachige Erstaufführung) am Luzerner Theater, Regie: Peter Carp, April 2007.
  • Inga Ābele: Stechgras. Drama in zwei Teilen (2001), als Hörspiel produziert vom Nordwestradio, Regie: Christiane Ohaus, Juni 2004.[22]
  • Inga Ābele: Die dunklen Hirsche. Drama in einem Aufzug (2000), DEA am Staatstheater Stuttgart, Regie: Charlotte Koppenhöfer, Januar 2002.
  • Ralfs Berzinskis: Der verwunschene Mond. textum theatralis (1999), frei zur DEA.
  • Ivo Briedis: Wo ist die Frontlinie? Kommerzkomödie (2013), frei zur DEA.
  • Baiba Broka, Ģirts Krūmiņš, Agnese Rutkēviča, Edgars Samītis, Andis Strods: Bruderherzen (2014), frei zur DEA (Drei Masken Verlag, München).
  • Dārta Dzenīte: Die Beichte. Kammerspiel in sieben Szenen (2009), frei zur DEA.
  • Nikolai Gogol: Der Revisor. Stück in drei Aufzügen (1836), bearbeitet von Alvis Hermanis, DEA am Burgtheater Wien, Regie: Alvis Hermanis, September 2015.
  • Lauris Gundars: Wagner wird nicht wiederkehren (2001), frei zur DEA.
  • Viesturs Kairišs nach Mircea Eliade: Die Schlange (1996).[23]
  • Margarita Perveņecka: Beziehungskette. Dramolett in 7 Szenen (1998), DEA unter dem Titel Menschenkette oder das lustige Karussell am ACUD Theater Berlin, 2002.[24]
  • Pēteris Pētersons: Kein einziges Wort. Ein Gleichnis in dreizehn Bildern (1996), frei zur DEA.
  • Dace Rukšāne: Morgen kommt Florinda. Psychologischer Thriller in 12 Szenen (2001), frei zur DEA.
  • Evita Sniedze: Linksabbieger. Zwei Tage im Leben einer Familie / Fast eine Soap Opera (2004), frei zur DEA.
  • Māra Zālīte: Grundsteuer. Stück in zwei Aufzügen (2002), DEA am Theater Krefeld Mönchengladbach, Regie: Ulrich Hüni, September 2007.[25]
  • Māra Zālīte: Margarete. Kammerspiel in zwei Teilen (2000), frei zur DEA.
  • Māra Zālīte: Das Gericht. Ein dramatisches Poem mit Zitaten aus dem Buch „Die Letten“ von Garlieb Merkel (1982), Berlin & Riga 1993, ISBN 3-929081-80-6, frei zur DEA.
  • Inese Zandere: Die Rückkehr der Lysistrate. Libretto nach Motiven aus Aristophanes’ „Lysistrate“ (2014).[26]
  • Mārtiņš Zīverts: Fiasko. Ein Zirkusspiel der Epoche (1960), frei zur DEA.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Matthias Knoll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Über diese Seite bei literatur.lv.
  2. Über die LiteraTour bei literatur.lv.
  3. Rubrik Citas valodas (Andere Sprachen)auf der Webseite von Māra Zālīte, abgerufen am 1. Oktober 2019.
  4. the debacle of the roses bei literatur.lv/597.
  5. Dancis pa trim in der IMDb.
  6. Dancis pa trim im Journal Kino Raksti Nr. 1/2009, S. 57 (lettisch, mit Foto; lettische Schreibweise des Namens (Matiass Knolls)).
  7. 1906 in der IMDb.
  8. Trailer Herder DE bei vimeo.com.
  9. Stückbeschreibung (lettisch) auf den Seiten des Lettischen Nationaltheaters.
  10. Staatspräsident überreicht die höchsten staatlichen Auszeichnungen (lettisch) auf leta.lv, abgerufen am 19. November 2019.
  11. „Es floss in mich hinein“ – Matthias Knoll – Kurier-Übersetzer-Preisträger arbeitet mit Intuition und Kriminalistik. In: „Wiesbadener Kurier“ vom 5. Juli 2012, S. 16 (Kultur).
  12. „Gada rīdzinieki 2013“. Artikel vom 18. November 2013 in der „Latvijas Avīze“, abgerufen am 1. Oktober 2019.
  13. Jurybegründung für die Nominierung zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2013 beim Arbeitskreis für Jugendliteratur.
  14. Webpräsenz des Gedichtbandes 5 9 7 – mīlas apmātības vārsmas (lettisch).
  15. Datensatz zu Sturz in den Morgen in der DNB.
  16. Datensatz zu Mein Haus in der DNB.
  17. Datensatz zu Wort wird Welt in der DNB.
  18. Erscheint laut Ankündigung auf reprodukt.com im Oktober 2021.
  19. laut Bibliographie auf literatur.lv.
  20. Inhaltsverzeichnis des Baltikum-Heftes auf wespennest.at.
  21. Inhaltsverzeichnis des Baltikum-Heftes auf wespennest.at.
  22. Stechgras in der ARD-Hörspieldatenbank.
  23. Schlange im Garten Eden, Rezension von Carola Dürr in Die Welt vom 13. April 2000 bei welt.de, abgerufen am 12. Oktober 2019.
  24. Hinweis auf Menschenkette oder das lustige Karussell auf den Seiten des Festivals SKIN CHARTS – Literatur, Theater, Film, Kunst und Musik aus Lettland.
  25. Play Service 2007/2008 des ITI, S. 113 (PDF, 1,4 MB), mit Kurzinhalt, ohne Angabe des Übersetzers.
  26. Nikolaus Cybinski: Die Tragödie nach der Komödie im Gare du Nord, Rezension vom 25. Oktober 2014 auf bzbasel.ch, abgerufen am 28. November 2019.