Lehr ist ein Stadtteil Ulms und liegt etwa drei Kilometer nördlich der Innenstadt. Mit seinen derzeit etwa 2.854 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2019)[1] zählt es zu den kleineren Stadtteilen Ulms. Ursprünglich war Lehr eine aus mehreren Höfen bestehende Rodungssiedlung im nahen Waldgebiet „Oberer Eselsberg“ und wurde erstmals urkundlich 1272 als „Löher“ erwähnt.

Lehr
Stadt Ulm
Wappen von Lehr
Koordinaten: 48° 26′ N, 9° 58′ OKoordinaten: 48° 26′ 0″ N, 9° 58′ 0″ O
Höhe: 594 m ü. NN
Fläche: 5,59 km²
Einwohner: 2854 (31. Dez. 2018)
Bevölkerungsdichte: 511 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 89081
Vorwahl: 0731
Karte
Lage von Lehr in Ulm

Geschichte Bearbeiten

Im Gegensatz zu vielen Siedlungen und Orten, welche auf „-ingen“ enden, alemannischen Ursprungs sind und sich innerhalb der ersten Jahrhunderte nach deren Zuwanderung gründeten, ist das Gebiet um Lehr erst später besiedelt worden und befand sich zunächst im Besitz des Klosters Reichenau, worauf das Kreuz im oberen Wappenteil verweist. Die erste urkundliche Nennung stammt aus dem Jahre 1272. Im 12. und 13. Jahrhundert wurden die Höfe Lehen verschiedener Adeliger, wechselten nach und nach in den Besitz von Ulmer Patriziern und kamen dann, etwa ab der Mitte des 15. Jahrhunderts, unter die Herrschaft der Reichsstadt Ulm. Nachdem Ulm durch Napoleon seinen Status als Reichsstadt 1804 verloren hatte, erwarben Bauern und Söldner die Höfe.

1742 standen 20 Häuser in Lehr.[2] Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zählte der Ort rund 370 Einwohner, die vorwiegend in der Landwirtschaft tätig waren. Der große Luftangriff vom 17. Dezember 1944 vernichtete 13 Wohnhäuser und 18 Scheunen. Der Wiederaufbau begann sofort nach Kriegsende mit Material aus dem zerstörten Ulm. Durch den Zuzug von Vertriebenen wuchs der Einwohnerstand bis 1953 auf über 600. 1960 zählte Lehr etwa 800 Einwohner und bestand aus rund 35 Bauernhöfen. Seither entwickelte sich der Ort zu einer Arbeiter- und Wohngemeinde.

Am 1. Januar 1975 wurde Lehr in die Stadt Ulm eingegliedert[3] und erhielt einen eigenen Ortschaftsrat und einen hauptamtlichem Ortsvorsteher, welcher zudem für den Nachbarort Mähringen zuständig ist.

Name Bearbeiten

Löher ist die Mehrzahl von „Loh“, was einen kleinen, lichten Wald bezeichnete. Im schwäbischen wurde eine Loh als „Lau“ ausgesprochen, welches sich noch in dem bis heute verwendeten Flurnamen „Birkenlauh“ findet. Die Mehrzahl hiervon ist „Läuer“, auf schwäbisch „Laier“, und eine bis heute gebräuchliche Bezeichnung Lehrs. Auf die Siedlung als Rodungsgebiet weisen die drei Bäume im unteren Teil des Wappens hin.

Kirchengemeinden Bearbeiten

Evangelische Kirche Bearbeiten

 
Innenansicht der Lehrer Marienkirche

Die evangelischen Christen Lehrs sind Angehörige der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und bilden seit der Reformation ein gemeinsames Pfarramt mit Mähringen.[4] Bis zum Kriegsende waren die Bürger Lehrs praktisch ausnahmslos evangelisch.

Gottesdienstort ist die verhältnismäßig kleine evangelische Marienkirche. Sie wurde zwischen 1470 und 1480 erbaut und birgt viele sehr wertvolle, seltene mittelalterliche Fresken und Malereien aus dem 15. Jahrhundert. Im Jahr 2003 wurde die Kirche aufwändig restauriert.[5] Daneben existiert in der weiteren Nachbarschaft zur Kirche ein modernes Gemeindehaus. Die Evangelische Kirchengemeinde Lehr betreibt in Lehr zwei Kindergärten und zeichnet sich durch ein aktives Gemeindeleben aus.

Katholische Kirche Bearbeiten

Die katholischen Christen gehören seit 1984 zur Pfarrei St. Maria Suso in Ulm, welche außer dem Stadtteil Eselsberg auch Mähringen umfasst. Die erst nach 1945 nach Lehr zugezogenen, vor allem heimatvertriebenen Katholiken wurden zuvor bis 1983 vom Katholischen Pfarramt in Bollingen betreut.

Die katholische Allerheiligenkirche ist eine von 1972 bis 1975 erbaute, quadratische Betonkirche. Sie wurde vom Bollinger Pfarrer und Künstler Nikolaus Stark mit großen Fresken ausgestattet. Er gestaltete auch Altar, Ambo, Kreuz und Tabernakel (1975),[6] einen Glasfensterzyklus zur Schöpfung (1986)[7] und einen gemalten Kreuzweg (1996). Zum Gebäudekomplex der Kirche gehören auch Gemeinde- und Jugendräume. Die Allerheiligenkirche wird zu Anlässen mit größerer Gottesdienstbesucherzahl in ökumenischer Verbundenheit auch der Evangelischen Kirchengemeinde überlassen.

Sport Bearbeiten

Im ansässigen Sportverein SC Lehr gibt es, neben bekannten Sportarten wie Fußball, Handball, Volleyball, Ski, Tischtennis, Gymnastik oder Tennis, auch eine Theatergruppe.

Freiwillige Feuerwehr Bearbeiten

Die Freiwillige Feuerwehr in Lehr wurde 1888 gegründet.[8] Heute ist die Freiwillige Feuerwehr Lehr eine Abteilung der Feuerwehr Ulm. Neben der Jugendfeuerwehr, welche seit 1995 existiert, der Einsatzabteilung und der Altersabteilung, gibt es in Lehr einen Spielmannszug. Im 1952 erbauten und 1996 erweiterten Feuerwehrhaus befinden sich vier Einsatzfahrzeuge.[9] Eins von diesen Einsatzfahrzeugen ist ein sogenannter Gerätewagen Gefahrgut (kurz GW-G), ein für den Umgang mit Säuren und Laugen ausgerüsteter Gerätewagen.

Persönlichkeiten Bearbeiten

  • Augustin Mair (auch Augustin Mayer, 1485–1543), römisch-katholischer Geistlicher und Weihbischof in Freising, Basel sowie in Würzburg, geboren in Lehr

Verkehr Bearbeiten

Im ÖPNV ist Lehr über die Linie 49 (Nellingen – Ulm) der RAB sowie die Linie 13 (Ulm-Jungingen – Lehr – Ulm-Mähringen) der SWU angebunden.

Westlich von Lehr verläuft die Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm; östlich die Bundesstraße 10.

Literatur Bearbeiten

  • Lehr. In: Johann Daniel Georg von Memminger (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Ulm (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 11). Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart / Tübingen 1836, S. 202–203 (Volltext [Wikisource]).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bevölkerungsdaten Statistisches Jahrbuch 2018. Abgerufen am 1. April 2020.
  2. Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.): Stadtkreis Ulm. Amtliche Kreisbeschreibung. Ulm 1977, S. 367–371.
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 541.
  4. Homepage der Evang. Kirchengemeinden Mähringen und Lehr
  5. Evang. Marienkirche Lehr
  6. Nikolaus Stark: Kirchenführer der Allerheiligenkirche in Lehr bei Ulm. 2. Auflage. Ellwangen 1977.
  7. Nikolaus Stark: Die Glasfenster in der Allerheiligen-Kirche zu Ulm-Lehr. Aalen 1986.
  8. 125-Jähriges Jubiläum der Feuerwehr Lehr. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. August 2018; abgerufen am 1. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/125jahre.feuerwehr-lehr.de
  9. Freiwillige Feuerwehr Abteilungen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. August 2016; abgerufen am 1. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ulm.de