Lee Myung-bak

südkoreanischer Politiker, ehemaliger Staatspräsident

Lee Myung-bak ( * 19. Dezember 1941 in Osaka, Präfektur Osaka, Japan) ist ein südkoreanischer Politiker. Er amtierte vom 25. Februar 2008 bis zum 24. Februar 2013 als Präsident Südkoreas, zuvor war er Bürgermeister von Seoul. Er ist Mitglied der konservativen Saenuri-Partei.

Lee Myung-bak (2007)

Lee Myung-bak
Hangeul 이명박
Hanja 李明博
Revidierte
Romanisierung
I Myeong-bak
McCune-
Reischauer
Yi Myŏngbak

Lee sprach sich in programmatischer Hinsicht für eine stärkere Marktorientierung in der Wirtschaft und eine kompromisslosere Linie gegenüber Nordkorea aus.

Biografie Bearbeiten

Lee Myung-bak wurde 1941 in Osaka im japanischen Kaiserreich als Akihiro Tsukiyama (jap. 月山明博 Tsukiyama Akihiro)[1] geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg (genauer: Pazifikkrieg) kehrte seine Familie mit ihm nach Pohang in Südkorea zurück.

Im Jahr 1964 war er sechs Monate in Gefangenschaft, da er gegen eine Verbesserung der Beziehungen Südkoreas zu Japan, welches Korea von 1910 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kolonialisiert hatte, unter dem damaligen Machthaber General Park Chung-hee protestiert hatte. 1965 schloss er sein Studium an der Korea University mit einem Bachelor in Business Administration ab.

Bevor er in die Politik ging, war er zwischen 1977 und 1992 Geschäftsführer von insgesamt sechs unterschiedlichen Hyundai-Gesellschaften. In dieser Position spielte er eine wichtige Rolle bei der Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Südkorea und der Sowjetunion. Auch baute er Beziehungen zu anderen ausländischen Staatschefs aus, u. a. zum ehemaligen Singapurer Premierminister Lee Kuan Yew und zum ehemaligen kambodschanischen Premierminister Hun Sen. 1992 wurde er erstmals in die Nationalversammlung gewählt.

Er kam mehrfach in Konflikt mit Finanzbehörden, was 1996 zu einer Strafe von vier Millionen Won führte. 1998 musste er acht Millionen Won wegen Vergehen gegen das Wahlgesetz zahlen.[2]

Vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2006 war er Bürgermeister von Seoul. Zu seinen bekanntesten Projekten während seiner Amtszeit dort zählten die Restaurierung des Cheonggyecheon und die Ausweitung des öffentlichen Transportsystems. Am 10. Mai 2007 gab er bekannt, für die Hannara-Partei 한나라당, Hannara-dang, Große Nationalpartei} als Präsidentschaftskandidat antreten zu wollen. Am 20. August besiegte er in der parteiinternen Vorwahl die zweitplatzierte Park Geun-hye sowie zwei praktisch chancenlose Bewerber.[3] Bei der folgenden Präsidentschaftswahl setzte er sich gegen den zweitplatzierten Chung Dong-young der Yeollin-uri-Partei (열린우리당, Yeollin-uri-dang, Unsere Offene Partei) durch.[4] Dem amtlichen Ergebnis zufolge erhielt er 48,7 % der Stimmen, Chung Dong-young lediglich 26,1 %.

Lee gehört der evangelikalen Minderheit in Korea an. Ihm wurde vorgeworfen, die Evangelikalen gegenüber den Buddhisten zu bevorzugen und religiöse Konflikte in der koreanischen Gesellschaft zu schüren. Während seiner Zeit als Bürgermeister von Seoul bezeichnete er dieses als „heilige Stadt regiert durch Gott“ und sandte Grußbotschaften an eine Demonstration christlicher Fundamentalisten, welche für den physischen Kollaps der buddhistischen Tempel der Stadt beteten.[5][6]

Wirken als Staatspräsident Bearbeiten

 
Lee Myung-bak und Bundespräsident Horst Köhler (2010)

Lee wurde am 25. Februar 2008 als neuer Staatspräsident Südkoreas vereidigt. Am 29. Februar stimmte das südkoreanische Parlament seinem Vorschlag zur Bildung eines Kabinetts unter dem ehemaligen Außenminister Han Seung-soo zu.[7]

Lee hatte einen härteren Kurs gegen Nordkorea angekündigt; so werde die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Südkorea von dem Ende des nordkoreanischen Kernwaffenprogramms abhängig gemacht.[8] Die nordkoreanische Regierung reagierte überraschend heftig und überschattete mit Vorwürfen gegen Lee den Wahlkampf zur Parlamentswahl am 9. April 2008.[9] Auf anderen wirtschaftlichen Gebieten kündigte Lee hingegen engere Beziehungen zu Nordkorea an.

Bei einer geringen Wahlbeteiligung gewann Lees Hannara-Partei die Parlamentswahl mit einem deutlichen Vorsprung vor der sozial-liberalen Yeollin-uri-Partei und konnte erstmals seit Gründung der Partei die absolute Mehrheit der Parlamentssitze erreichen.[10] Lee kündigte danach an, die Unternehmenssteuern zu senken und gegen „Hardliner-Gewerkschaften“ vorzugehen.[11]

Seine Nachfolgerin Park Geun-hye war vom 25. Februar 2013 bis zum 10. März 2017 die amtierende Präsidentin Südkoreas.

Staatsbesuche Bearbeiten

USA Bearbeiten

Bei einem Gipfeltreffen in Camp David am 19. April 2008 einigten sich Lee und US-Präsident George W. Bush auf die Stärkung ihrer bilateralen Beziehungen. Bei dieser Begegnung verwarfen beide Staatsoberhäupter den Plan zur Reduzierung der in Südkorea stationierten 28.500 US-Soldaten, so dass die seinerzeitige Truppenstärke aufrechterhalten wurde.

Bush begrüßte die am Vortag beschlossene Öffnung des südkoreanischen Marktes für US-Rindfleischprodukte. Mit dieser Entscheidung wurde eine wesentliche Voraussetzung für die Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen Korea und den USA (KORUS FTA) durch den US-Kongress erfüllt. Lee wird im Inland als Reaktion mit Protesten konfrontiert, u. a. da viele Koreaner US-Rinderimporte wegen früherer BSE-Fälle als gefährlich ansehen.[12][13][14]

Darüber hinaus bestätigten beide Seiten übereinstimmend die Notwendigkeit einer friedlichen und diplomatischen Lösung der nordkoreanischen Atomkrise im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche, an denen Süd- und Nordkorea, die USA, Japan, China und Russland beteiligt sind.

Japan Bearbeiten

Anlässlich eines Staatsbesuches in Japan Ende April 2008 kamen Lee und Japans Premierminister Yasuo Fukuda zu Gesprächen zusammen. Sie vereinbarten eine verstärkte Zusammenarbeit in Bezug auf den Atomkonflikt mit Nordkorea und die Auseinandersetzung mit globalen Themen wie dem Klimawandel. Zudem einigten sie sich auf die Wiederaufnahme von Verhandlungen über den Abschluss eines Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (EPA) sowie das Anstreben eines Freihandelsabkommens zwischen den beiden Staaten Japan und Südkorea. Gegenstand des Gespräches war auch die Möglichkeit, ein neues Produktionszentrum in Südkorea für japanische Investoren auszuloten.

Strafverfahren Bearbeiten

Ende März 2018 wurde Lee in Untersuchungshaft genommen. Die Strafermittlungsbehörden warfen ihm unter anderem Korruption, Machtmissbrauch, Steuerhinterziehung und Unterschlagung vor.[15][16] Am 5. Oktober 2018 wurde Lee vom Bezirksgericht Seoul zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt.[17][18] Am 12. Oktober gab Lees Anwalt Kang Hoon bekannt, dass Lee gegen das Urteil Widerspruch einlegen werde.[19]

Im Berufungsprozess am 19. Februar 2020 wurde Lee vom Obergericht Seoul zu einer Haftstrafe von 17 Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 13 Milliarden Won verurteilt. Zudem soll er 5,78 Milliarden Won an den Staat zahlen. Die Richter des Obergerichts Seoul nahmen die Freilassung auf Kaution aus dem März 2019 zurück, woraufhin Lee sofort wieder verhaftet wurde.[20] Ende 2022 wurde er von Präsident Yoon Suk-yeol im Rahmen einer Massenbegnadigung zur „nationalen Einheit“ begnadigt.[21]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Lee Myung-bak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. 이명박 선친의 성은 '쓰키야마 (月山)'였다. In: news.hankooki.com. Hankook Media Network, 19. Januar 2007, archiviert vom Original am 19. März 2012; abgerufen am 25. April 2019 (koreanisch).
  2. Ser Myo-ja: Lee’s ascent marked by persistence, JoongAng Daily vom 21. August 2007 (englisch).
  3. South Korean opposition name presidential candidate, The China Post vom 20. August 2007 (englisch).
  4. Former Seoul Mayor Wins South Korean Presidency, Chosun Ilbo vom 20. Dezember 2007 (englisch).
  5. President Embarrassed Over Angry Buddhists. Koreatimes.co.kr, 30. Juli 2008, abgerufen am 15. Juni 2010 (englisch).
  6. Buddhists set to protest against Lee’s religious bias. In: The Hankyoreh. 22. August 2008, abgerufen am 3. September 2011 (englisch): „Buddhists who supported Lee’s presidential bid are becoming increasingly disillusioned by his discriminatory behavior“
  7. The Korea Times: Assembly Endorses Han as Prime Minister vom 29. Februar 2008. (englisch)
  8. Südkorea knüpft Hilfen für Nordkorea an Bedingungen. Reuters Deutschland, 19. Mai 2008, archiviert vom Original am 19. Januar 2012; abgerufen am 14. März 2022.
  9. Der Spiegel: Staatliche Zeitung druckt Beschimpfungen über Südkoreas Präsident vom 1. April 2008.
  10. Tages-Anzeiger: Konservative gewinnen Mehrheit in Südkorea vom 10. April 2008.
  11. Kim Jong-cheol: What are Lee Myung-bak’s true colors? Hankyoreh, 28. August 2007, abgerufen am 7. Februar 2021 (englisch).
  12. Präsident Lee Myung-bak entschuldigt sich für Fehler, Der Standard vom 22. Mai 2008.
  13. Tens of Thousands of People Protest Against US Beef, The Korea Times vom 1. Juni 2008 (englisch).
  14. Police Break Up Anti-US Beef Protest, The Korea Times vom 1. Juni 2008 (englisch).
  15. Der ehemalige Präsident von Südkorea, Lee Myung Bak, muss wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft. NZZ, 22. März 2018, abgerufen am Tage darauf.
  16. Haftbefehl gegen ehemaligen südkoreanischen Präsidenten. FAZ.NET, 22. März 2018, abgerufen am Tage darauf.
  17. Der Standard: Lee Myung-bak als zweiter Ex-Präsident Südkoreas in Folge zu Haft verurteilt, 5. Oktober 2018.
  18. Jo He-rim: Lee Myung-bak sentenced to 15 years in prison for corruption. In: The Korea Herald. 5. Oktober 2018, abgerufen am 5. Oktober 2018 (englisch).
  19. Südkoreas Ex-Präsident beruft gegen Urteil zu 15 Jahren Haft. 76-Jähriger Lee Myung-bak wegen Bestechung und Unterschlagung schuldig gesprochen. In: Der Standard. 12. Oktober 2018, abgerufen am 12. Oktober 2018.
  20. Ex-Präsident Lee Myung-bak in Berufungsinstanz zu 17 Jahren Haft verurteilt. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  21. South Korea’s jailed ex-president Lee gets presidential pardon. Abgerufen am 27. Dezember 2022 (englisch).
VorgängerAmtNachfolger
Goh Kun32. Bürgermeister von Seoul
1. Juli 2002 bis 30. Juni 2006
Oh Se-hoon