Landkreis Hirschberg im Riesengebirge

preußischer Landkreis in Schlesien (1816-1945)
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Der Landkreis Hirschberg i. Rsgb. war ein preußischer Landkreis in Schlesien, der von 1742 bis 1945 bestand. Seine Kreisstadt war die Stadt Hirschberg im Riesengebirge, die seit 1922 einen eigenen Stadtkreis bildete. Der polnische Nachfolger des Landkreises ist der Powiat Karkonoski in der Wojewodschaft Niederschlesien.

Karte des Landkreises Hirschberg (1932–1945)
Das Riesengebirge mit der Schneekoppe und der Stadt Hirschberg nördlich davon auf einer Landkarte um ca. 1900

Verwaltungsgeschichte

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Königreich Preußen

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Nach der Eroberung des größten Teils von Schlesien durch Preußen im Jahre 1741 wurden durch die königliche Kabinettsorder vom 25. November 1741 in Niederschlesien die preußischen Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten zum 1. Januar 1742.[2]

Im Fürstentum Jauer, einem der schlesischen Teilfürstentümer, wurden aus alten schlesischen Weichbildern die preußischen Kreise Hirschberg, Jauer und Löwenberg-Bunzlau gebildet. Als erster Landrat des Kreises Hirschberg wurde Conrad Gottlieb von Zedlitz eingesetzt.[3][4]

Der Kreis Hirschberg unterstand zunächst der Kriegs- und Domänenkammer Glogau. Bei der Einrichtung von vier schlesischen Regierungsbezirken im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen wurde der Kreis 1815 dem Regierungsbezirk Reichenbach der Provinz Schlesien zugeordnet.[5] Zum 1. Januar 1818 wurde aus dem Nordteil des Kreises Hirschberg der neue Kreis Schönau gebildet.[6] Nach der Auflösung des Regierungsbezirks Reichenbach wurde der Kreis Hirschberg am 1. Mai 1820 dem Regierungsbezirk Liegnitz zugeteilt.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich

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Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet. Zum 1. April 1922 wurde die Stadt Hirschberg zu einem eigenen Stadtkreis erhoben. Damit erhielt der Kreis Hirschberg die Bezeichnung Landkreis.

Am 1. Januar 1924 wurde der Gutsbezirks Hartau aus dem Landkreis Hirschberg in den Stadtkreis Hirschberg eingegliedert. Am 9. Juli 1927 erhielt der Landkreis Hirschberg, der bisher auch den Zusatz i. Schles. trug, die neue Bezeichnung Hirschberg im Riesengebirge. Es setzte sich bald die amtliche Schreibweise Hirschberg i. Rsgb. durch. Am 17. Oktober 1928 wurde der Gutsbezirk Schwarzbach aus dem Landkreis in den Stadtkreis Hirschberg eingegliedert. Zum 30. September 1929 fand im Landkreis entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Zum 1. Oktober 1932 wurden die Stadt Kupferberg (kleinste Stadt Preußens im Riesengebirge) sowie die Landgemeinden Boberstein, Dreschburg, Eichberg, Jannowitz, Kammerswaldau, Maiwaldau, Nieder Berbisdorf, Ober Berbisdorf, Rohrlach, Schildau, Seiffersdorf, Waltersdorf aus dem aufgelösten Kreis Schönau in den Landkreis Hirschberg eingegliedert. Gleichzeitig gab der Landkreis die Landgemeinden Röhrsdorf (Riesengebirge) und Rothenzechau an den Kreis Landeshut ab.[7][8]

Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen, die zum 18. Januar 1941 wieder aufgelöst wurde. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde das Kreisgebiet von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Im Kreisgebiet begann daraufhin der Zuzug polnischer Zivilisten, die zum Teil aus den an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. In der Folgezeit wurde die deutsche Bevölkerung größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1795 77.787 [9]
1819 47.619 [10]
1846 57.069 [11]
1871 63.189 [12]
1885 69.732 [13]
1900 78.188 [14]
1910 87.952 [14]
1925 69.958 [15]
1939 79.918 [15]

Landräte

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1742–176900Conrad Gottlieb von Zedlitz[4]
1769–180500Otto Friedrich Conrad von Zedlitz[4]
1805–181800Franz Anton von Vogten und Westerbach[4]
1818–183200Karl von Vogten und Westerbach
1832–184500Gustav von Matuschka
1845–184900zu Stolberg-Wernigerode
1849–000000Hugo von Graevenitz (1822–1911)
1867–187000Hans von Kanitz (1841–1913) (kommissarisch)
1874–189400Heinrich IX. Reuß zu Köstritz (1827–1898)
1894–190200Maximilian von Küster
1902–191300August von Pückler (1864–1937)
1913–192600Rudolf von Bitter (1880–1957)
1926–193300Kurt Schmeisser (1889–1958)
1933–193700Friedrich von Alten (1888–1944)
1937–193900Fritz Schmige (1880–1974)
1939–194100Arthur Joachim
1941–194200Walter Bitter
1942–194500Georg von Schellwitz (1897–1974)
19450000000Georg Geist (1895–1974) (kommissarisch)[16][17]

Kommunalverfassung

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Der Kreis Hirschberg gliederte sich seit dem 19. Jahrhundert in Städte, in Landgemeinden und Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden

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Der Landkreis umfasste zuletzt drei Städte und 53 Landgemeinden:[15][18]

Zum Landkreis gehörte außerdem der Forstgutsbezirk Riesengebirge. Bis 1938 verloren die folgenden Gemeinden ihre Eigenständigkeit:

  • Arnsberg, am 1. April 1938 zu Schmiedeberg
  • Dreschburg, am 1. Juli 1934 zu Kupferberg
  • Erdmannsdorf, am 1. April 1937 zu Zillerthal-Erdmannsdorf
  • Herischdorf, am 1. Oktober 1941 zu Bad Warmbrunn
  • Hohenwaldau, am 1. Juli 1929 zu Rothenzechau
  • Cunnersdorf, am 27. Februar 1922 zu Hirschberg
  • Nieder Berbisdorf, am 1. Juli 1934 zu Berbisdorf
  • Ober Berbisdorf, am 1. Juli 1934 zu Berbisdorf
  • Querseiffen, am 1. April 1938 zu Krummhübel
  • Zillerthal, am 1. April 1937 zu Zillerthal-Erdmannsdorf

Literatur

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  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 218–219, Ziffer 7.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 248–253 (Faksimile in der Google-Buchsuche).
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 256–261 (Online).
  • Michael Rademacher: Provinz Schlesien – Stadt und Landkreis Hirschberg im Riesengebirge. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
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Commons: Landkreis Hirschberg im Riesengebirge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Königliche Ordre zur Bestellung von Landräthen in Niederschlesien, S. 259 (Digitalisat).
  3. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  4. a b c d Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  5. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  6. Roman Kamionka: Die Reorganisation der Kreiseinteilung Schlesiens in der Stein-Hardenbergschen Reformperiode, Breslau 1934
  7. Verordnung über die Neugliederung von Landkreisen vom 1. August 1932. In: Preußisches Staatsministerium (Hrsg.): Preußische Gesetzessammlung. Berlin 1932, Kreisreform im Regierungsbezirk Liegnitz, S. 257 (Digitalisat).
  8. Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 4: Dieter Stüttgen: Schlesien. Johann-Gottfried-Harder-Institut, Marburg/Lahn 1976, ISBN 3-87969-116-9.
  9. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 36 (Digitalisat).
  10. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 95 (Digitalisat).
  11. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  12. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  13. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  14. a b www.gemeindeverzeichnis.de
  15. a b c Michael Rademacher: Hirschberg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  16. Mitte Mai-Dezember 1945
  17. Kreisarchiv Esslingen N 12 Bü. 3
  18. Territoriale Veränderungen in Deutschland