Kolpaschewo (russisch Колпашево) ist eine Stadt in der Oblast Tomsk (Russland) mit 24.124 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010).[1]

Stadt
Kolpaschewo
Колпашево
Wappen
Wappen
Föderationskreis Sibirien
Oblast Tomsk
Rajon Kolpaschewo
Bürgermeister Juri Sjablizew
Gegründet 1611
Stadt seit 1938
Fläche 266 km²
Bevölkerung 24.124 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte 91 Einwohner/km²
Höhe des Zentrums 65 m
Zeitzone UTC+7
Telefonvorwahl (+7) 38254
Postleitzahl 63646x
Kfz-Kennzeichen 70
OKATO 69 232 501
Website kolpadm.tom.ru
Geographische Lage
Koordinaten 58° 19′ N, 82° 55′ OKoordinaten: 58° 19′ 0″ N, 82° 55′ 0″ O
Kolpaschewo (Russland)
Kolpaschewo (Russland)
Lage in Russland
Kolpaschewo (Oblast Tomsk)
Kolpaschewo (Oblast Tomsk)
Lage in der Oblast Tomsk
Liste der Städte in Russland

Geographie Bearbeiten

Die Stadt liegt im Südosten des Westsibirischen Tieflandes, etwa 270 km nordwestlich der Oblasthauptstadt Tomsk am rechten Ufer des Ob.

Die Stadt Kolpaschewo ist der Oblast administrativ direkt unterstellt und Verwaltungszentrum des gleichnamigen Rajons.

Kolpaschewo hat einen kleinen Flughafen und eine Schiffsanlegestelle am Ob. Es besteht Straßenverbindung mit Tomsk, allerdings nur über eine Fährverbindung an das linke Obufer. 2009 oder 2010 sollte der Bau einer knapp zwei Kilometer langen Brücke beginnen,[2] wurde jedoch aufgeschoben.

Geschichte Bearbeiten

Kolpaschewo entstand als Dorf 1611, nur wenig später als Tomsk. Der Name bezieht sich auf den Gründer, den „Dienstmann“ Kolpaschnikow. 1710 wurde es als Kolpaschnikowo erwähnt. Das Dorf lag am vor der Errichtung des Sibirischen Traktes üblichen Weg nach Tomsk und weiter nach Ostsibirien. Daher kamen viele frühe Expeditionen durch den Ort oder machten hier Station, so z. B. die Erste Kamtschatkaexpedition unter Vitus Bering.

1933 wurde Kolpaschewo Siedlung städtischen Typs und 1938 erhielt es Stadtrecht.

Von 1932 bis 1944 war die Stadt Verwaltungszentrum des Kreises Narym (Narymski okrug), in dem sich eine Reihe von Gulag-Lagern befand.

Im Mai 1979 erlangte Kolpaschewo traurige Bekanntheit, als am nahe gelegenen Steilufer Kolpaschewski Jar durch Hochwasser ein im Jahr 1937 nur 30 Meter vom Fluss entfernt angelegtes Massengrab aus der Stalinzeit freigespült wurde und viele im gefrorenen Boden mumifizierte Leichen wochenlang auf dem Ob trieben. Vermutlich auf Anweisung des damaligen Tomsker Oblastsekretärs der KPdSU Jegor Ligatschow sollte der Vorfall vertuscht werden, indem die Leichen nicht umgebettet, sondern im Fluss versenkt oder mit Schiffsschrauben zerstückelt wurden. Ein 1990 in diesem Zusammenhang eröffnetes Gerichtsverfahren wurde jedoch 1992 wieder eingestellt.[3][4]

Bevölkerungsentwicklung Bearbeiten

Jahr Einwohner
1897 700
1926 1.400
1939 15.182
1959 22.595
1970 24.911
1979 28.581
1989 31.319
2002 28.441
2010 24.124

Anmerkung: Volkszählungsdaten (1926 gerundet)

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

In Kolpaschewo gibt es ein Heimatmuseum.

Wirtschaft Bearbeiten

Kolpaschewo ist Zentrum der Flussfischerei und hat eine Werft für Fischereischiffe. Daneben gibt es metallverarbeitende und Lebensmittelindustrie, in der Umgebung Land- und Forstwirtschaft.

In der Nähe der Stadt befindet sich eine Kommandostelle der russischen Weltraumtruppen.

Literatur Bearbeiten

  • Kerstin Holm: Wer trägt den Mühlstein der Erinnerung? : Der Krieg der Lebenden gegen die Toten im sibirischen Kolpaschewo: Wo 1979 ein Massengrab mit Tausenden Opfern des Stalin-Terrors gefunden wurde, herrscht heute beklemmende Nachsicht, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Januar 2016 online

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
  2. http://www.kolpashewo.ru/kolpashevomost/ (russisch)
  3. W. Sapezki: Kolpaschewski Jar. Nowosibirsk 1992 (russisch)
  4. Artikel aus der Belaruskaja gaseta (vom 30. Oktober 2006; russisch)

Weblinks Bearbeiten