Khola Maryam Hübsch

deutsche Journalistin und Publizistin

Khola Maryam Hübsch (* 25. Oktober 1980 in Frankfurt am Main) ist eine deutsche Journalistin, Publizistin und Bloggerin. Sie ist die Tochter des deutschen Schriftstellers Hadayatullah Hübsch und einer indischen Mutter. Sie engagiert sich in der Ahmadiyya-Gemeinschaft für den interreligiösen Dialog.[1]

Khola Maryam Hübsch (2017)

Wirken Bearbeiten

Hübsch studierte Publizistik, Germanistik, Buchwissenschaften und Psychologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Sie schreibt für Zeitungen (u. a. für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Die Zeit, Cicero und Die Welt) und wissenschaftliche Publikationen und hält Vorträge über den Islam aus Sicht der Ahmadiyya. Das ARD-Morgenmagazin bezeichnete sie 2012 als das „öffentliche Gesicht der muslimischen Frauen in Deutschland“ und erklärte, Hübsch sei ein „gern gesehener Gast in Talkshows; ihre Meinung findet Gehör“. In den Diskussionsrunden der Polit-Talk-Formate von Anne Will,[2] Menschen bei Maischberger,[3] Phoenix Runde[4] oder log in[5] trat sie mehrfach als Gesprächspartnerin auf.

Sie war sieben Jahre lang die deutsche Beauftragte für den interreligiösen Dialog bei der internationalen Frauenorganisation Lajna Imaillah der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland und als Moderatorin für den internationalen Ahmadiyya-Fernsehsender MTA tätig. Sie unterstützt Migranten-Medienförderprojekte wie die Fernsehreihen „Aspekte des Islam“ und das Format „Islam im Brennpunkt“, das mit dem Integrationspreis des Landesparlaments Schleswig-Holstein ausgezeichnet wurde. Im April 2019 zeichnete die italienische Vize-Außenministerin Emanuela Del Re in Rom Hübsch mit dem „Mondoreligioni Award“ der Associazione Italiana di Sociologia (Italienischen Vereinigung für Soziologie) für ihren Einsatz für Menschenrechte aus.[6]

Seit 2021 vertritt Khola Maryam Hübsch die muslimischen Glaubensgemeinschaften im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks.[7]

Vorträge Bearbeiten

2011 hielt Hübsch im Rahmen der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster eine Vorlesung über das Selbst- und Fremdbild der muslimischen Frau.[8] Weitere Vorträge hielt sie an der Johannes-Gutenberg-Universität im Rahmen des Festival contre le racisme, an der Universität Koblenz-Landau, der Philipps-Universität Marburg, der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Hochschule Fulda sowie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Hübsch ist Referentin und Podiumsgast bei interreligiösen Dialogen (im Auftrag von Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie Gleichstellungsbeauftragten und der Landeszentrale für politische Bildung in Hessen) und linksalternativen Einrichtungen wie dem Club Voltaire in Frankfurt und auf der Frankfurter Buchmesse. Ihre Vorträge behandeln die Themenkomplexe „Islam und Aufklärung“, „Emanzipation im Islam“ sowie „Menschenrechte und Toleranz im Islam“. Außerdem gibt Hübsch Kurse über die Islamdarstellung der Medien sowie über Liebe und Partnerschaft im Islam. Weitere Themenschwerpunkte sind Integration, Islamophobie in Europa, Friedenskonzepte im Islam sowie „Bio-Islam“. 2013 hielt sie im Rahmen der Frauenkonferenz mit der Bischöfin der Isländischen Staatskirche in Island einen Vortrag über das Menschenbild des Islams am Beispiel der muslimischen Frau. 2015 war sie als Sachverständige im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages.

Im Rahmen der Ringvorlesung „Der Islam und die Islamische Theologie in Zeiten der Radikalisierung“ an der Universität Gießen beschäftigte sich Hübsch im Wintersemester 2015/2016 mit den Fundamenten des IS-Terrors und damit, wie die islamische Theologie und die Ästhetik westlicher Popkultur von der IS-Propaganda genutzt werden.[9]

Positionen Bearbeiten

Hübsch argumentiert anhand von Quellen des Islams für ein Islamverständnis, das nach ihrer Auffassung mit Demokratie, Toleranz und universalen Menschenrechten kompatibel ist. Sie ist der Meinung, „dass der Islam selbst koranisch vorschreibt, dass es einen säkularen Staat geben muss. Pluralismus ist gewollt, da könnte ich Ihnen jetzt unzählige Koranverse nennen, und diese Lesart des Korans ist in Deutschland weit verbreitet“.[10] Glaubensfreiheit sei im Koran manifestiert, und jeder habe das Recht, in den Islam ein- oder aus ihm auszutreten.[11] Für Hübsch ist der Islam eine moderne Religion, die im Einklang mit der Vernunft und der Aufklärung steht und für zeitgenössische Fragestellungen der Postmoderne eine wichtige Inspirationsquelle darstellt. Sie kritisiert die einseitige Verengung des Islams auf eine geistlose Obsession in der verbreiteten islamischen Orthodoxie, dem die ursprünglichen Kernthemen des Islams, etwa die Bewusstseinserweiterung des Menschen durch eine lebendige Beziehung zu Gott, verloren gegangen seien. Hübsch prangert in ihren Veröffentlichungen die Vereinnahmung des Islams durch islamistische Scharfmacher und buchstabengläubige Fundamentalisten[12] sowie „undifferenzierte Medienberichterstattung“ über den Islam an.[13] Sie plädiert in ihren Vorträgen und Publikationen für eine vernunftorientierte, geschlechtergerechte[14] und ganzheitliche Lesart des Korans.

Bei einer Sendung der Reihe Maybrit Illner (ZDF) im September 2016 verweigerte Hübsch dem Gast Paul Ziemiak (CDU, Vorsitzender der Jungen Union) hinter den Kulissen den Handschlag zur Begrüßung. Ziemiak nutzte dies während der Sendung zur Kritik an Hübsch. Diese erwiderte, die Verweigerung des Handschlages sei ihr gutes Recht.[15]

In der Sendung Hart aber fair (ARD) trat sie als Diskutantin – nach den Anschlägen auf die Redaktion der Zeitschrift Charlie Hebdo 2015 – für den Islam ein. Sie kritisierte darin unter anderem den Umstand, ohne, so der Wortlaut, „die Burka verteidigen zu wollen“, dass mit zweierlei Maß gemessen werde: „Wenn Muslime die Karikaturen aushalten müssen, so müsste dies in einer pluralistischen Gesellschaft doch auch für die Burka gelten.“ Das in Frankreich 2011 verabschiedete Gesetz zum Verschleierungsverbot betrachtet sie als kontraproduktiv.[16]

In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages zeigte sich Hübsch „überzeugt davon, dass eine offene, freundliche Flüchtlingspolitik dazu beitragen könne, das Bild des Westens in der islamischen Welt zu verbessern. Auch dies könne helfen, den Terrorismus einzudämmen“.[17]

Nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 vor dem Kölner Hauptbahnhof wies Hübsch darauf hin, dass in der öffentlichen Diskussion Vorurteile gegen muslimische Männer verstärkt würden. Sie sagte: „Die neuen alten Ressentiments gegen den muslimischen Mann sind auch Ausdruck eines Kulturchauvinismus, der den Feminismus vereinnahmt, um vom eigenen Sexismus und Rassismus abzulenken.“[18] Die meisten Täter würden eher aus wirtschaftlich schwachen Milieus stammen.[19]

In der TV-Sendung Phoenix Runde bemerkte die Islamkritikerin Sabatina James, dass Hübsch als Mitglied der minderheitlichen Ahmadiyya-Gemeinschaft die Ansichten der Muslime nicht umfänglich repräsentieren könne:[20] Ahmadiyya werden von vielen Muslimen als nicht-islamisch abgelehnt und ihre Anhänger in einigen Ländern religiös benachteiligt bzw. verfolgt.[21]

Privates Bearbeiten

In einem Interview mit Alfred Schier bekannte sich Hübsch dazu, in einer von ihrem Vater arrangierten Ehe zu leben; die Eheschließung sei ohne längere Beziehung erfolgt.[22] Jedoch trennt sie strikt zwischen arrangierten Partnervermittlungen und Zwangsehen. In ihrem Buch Unterm Schleier die Freiheit – was der Islam zu einem wirklich emanzipierten Frauenbild beitragen kann schrieb sie:

„Der Prophet Muhammad erklärte Zwangsehen für ungültig und annullierte eine ihm bekannt gewordene Zwangsheirat. Voraussetzung für eine Heirat muss immer das freiwillige und ohne Druckausübung abgegebene Einverständnis beider Partner sein. Darin besteht kein Zweifel. Die pauschale Verurteilung von arrangierten Ehen hat häufig etwas damit zu tun, dass nicht differenziert wird zwischen Zwangsehen, die eindeutig unislamisch sind, und arrangierten Ehevermittlungen, denen neudeutsch ausgedrückt eher eine Serviceleistung vorausgeht.“[23]

Publikationen Bearbeiten

  • Rebellion der Sehnsucht: Warum ich mir den Glauben nicht nehmen lasse Herder 2018, ISBN 978-3-451-38110-2
  • Störfaktor Glaube? Warum ein Gottesbezug in einer deutschen Landesverfassung auch Muslimen wichtig ist Bäumer, Beate/ Zabel, Frank Hrsg.: Wie viel Glaube braucht das Land? Antworten aus Politik, Kirche und Gesellschaft. Freiburg, 2017
  • Von „Kopftuchmädchen“ und „Ehrenmorden“ – Das Bild der muslimischen Frau im öffentlichen Diskurs. Saba-Nur Cheema, Hrsg., (K)Eine Glaubensfrage. Religiöse Vielfalt im pädagogischen Miteinander. Frankfurt 2017.
  • Zur „Muslimifizierung“ sozialer Probleme. Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. Hrsg.: Rassismuskritik. Düsseldorf 2017, ISSN 1616-6027
  • Ein Ring an der Hand. In: Genazino, Wilhelm, Hrsg.: Freiheit und Verantwortung. 95 Thesen heute. Stuttgart 2016., ISBN 978-3-476-02686-6
  • Handbuch Christentum und Islam in Deutschland, Mouhanad Khorchide, Hrsg., Herder Verlag 2014, ISBN 978-3-451-31188-8.
  • Unter dem Schleier die Freiheit – Was der Islam zu einem wirklich emanzipierten Frauenbild beitragen kann, Patmos Verlag 2014, ISBN 978-3-8436-0473-4.
  • Toleranz im Islam Yousefi, Hamid Reza und Seubert, Harald: Toleranz im Weltkontext: Geschichten – Erscheinungsformen – Neue Entwicklungen. Springer VS 2012, ISBN 978-3-658-00115-5.
  • Selbst- und Fremdbilder der muslimischen Frau, Barbara Stollberg-Rilinger, Hrsg., „Als Mann und Frau schuf er sie“. Religion und Geschlecht. Würzburg: Ergon Verlag 2013.
  • Der Sinn des Lebens. Eine theologische Betrachtung Dialog – Zeitschrift für Interreligiöse und Interkulturelle Begegnung. Institut für Human- und Islamwissenschaften e.V., 2012.
  • Der Islam in den Medien. Das Framing bei der Darstellung der muslimischen Frau Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-639-04817-9.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Khola Maryam Hübsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Das Kopftuch als Demonstration der Treue (Memento vom 28. Dezember 2014 im Webarchiv archive.today) bei echo-online.de
  2. “Es geht mir darum, eine Doppelmoral anzuprangern”. Abgerufen am 7. Januar 2013.
  3. Menschen bei Maischberger. Muslime verhöhnt, Botschaften brennen: Wie gefährlich ist dieser Zorn? 18. September 2012, abgerufen am 7. Januar 2013.
  4. PHOENIX Runde. Schert euch zum Teufel – Geht uns Religion nichts mehr an? 25. September 2012, abgerufen am 7. Januar 2013.
  5. Sendung vom 7. August 2014: „Feindbild Israel: Wächst in Deutschland neuer Judenhass?“
  6. Sociologia, a Roma la 2ª edizione di “Mondo Religioni”. In: Daily Muslim. 3. April 2019, abgerufen am 30. April 2019 (italienisch).
  7. Stephan Munder: Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks wählt Rolf Müller zum neuen Vorsitzenden. In: radioWOCHE - Aktuelle Radionews, UKW/DAB+ News und Radiojobs. 11. Februar 2021, abgerufen am 12. Februar 2021 (deutsch).
  8. „Zwischen Gewaltopfer und Haremsphantasie“. Abgerufen am 7. Januar 2013.
  9. Der Islam und die islamische Theologie in Zeiten der Radikalisierung. 21. November 2015, abgerufen am 11. Dezember 2015.
  10. wörtliche Äußerung in der Live-Diskussionssendung „Von Kopftuch bis Burkini - Wie viel Integration braucht das Land?“ (Memento vom 3. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF; 342 kB), NDR Kultur, 26. Sept. 2013
  11. in der Sendung „Aspekte des Islams“, 5. Sept. 2011, Hamburger Lokal-Fernsehen „TIDE-TV“, Diskussion mit Christa Goetsch, Grüne, Kay Sokolowsky u. a., ab Minute 9:08; vgl. auch Erwähnung von Hübschs Positionen in „Maischberger-Talk: ‚Was ist denn das für ein Unsinn?‘“, SPIEGEL ONLINE, 19. Sept. 2012
  12. „Barmherzigkeit für alle Welten“. 6. Oktober 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. August 2016; abgerufen am 7. Januar 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fnp.de
  13. Medien transportieren einseitiges Opfer-Bild von muslimischen Frauen. Abgerufen am 7. Januar 2013.
  14. Die Religion ist nicht das Problem. 12. April 2011, abgerufen am 7. Januar 2013.
  15. Handschlag verweigert: CDU-Politiker attackiert Muslima beim Integrations-Talk. In: focus.de. 2. September 2016.
  16. Ein Burka-Verbot ist kontraproduktiv! In: migazin.de. 21. Juli 2014, abgerufen am 30. Januar 2015.
  17. Deutscher Bundestag, Aktuelle Meldungen. 3. Dezember 2015, abgerufen am 8. Dezember 2015.
  18. Zitiert nach dem evangelikalen Pressedienst idea, abgerufen am 15. Januar 2016 http://www.idea.de/gesellschaft/detail/journalistin-mohammed-bekaempfte-die-unterdrueckung-der-frau-93346.html
  19. Zoff um Kölner Silvesternacht. In: bild.de.
  20. phoenix: Morden im Namen des Islam - Die missbrauchte Religion - phoenix Runde vom 01.10.2015. 1. Oktober 2015, abgerufen am 5. August 2017.
  21. Yohanan Friedmann: Prophecy Continuous. Aspects of Ahmadi Religious Thought and Its Medieval Background. 2. Auflage. Oxford University Press, Neu-Delhi 2003, S. 25–28.
  22. phoenix: Khola Maryam Hübsch im Dialog mit Alfred Schier am 24.01.2015. 23. Januar 2015, abgerufen am 5. August 2017.
  23. Khola Maryam Hübsch: Unter dem Schleier die Freiheit – was der Islam zu einem wirklich emanzipierten Frauenbild beitragen kann. 1. Auflage. Patmos-Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-8436-0473-4, S. 120,122.