Karl Theodor (Pfalz und Bayern)

Karl (oder Carl) Philipp Theodor (* 10. Dezember 1724 auf Schloss Drogenbusch bei Brüssel[1]; † 16. Februar 1799 in der Münchner Residenz) war seit dem 31. Dezember 1742 als Karl IV. Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz sowie Herzog von Jülich-Berg. Seit dem 30. Dezember 1777 war er als Karl II. auch Kurfürst von Bayern. Er war der vorletzte pfalz-bayerische Kurfürst. Seine Regierungszeit hatte enorme Bedeutung für die kulturelle, ökonomische und infrastrukturelle Entwicklung des süddeutschen Raumes in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
HerkunftBearbeiten
Seine Eltern waren Herzog Johann Christian von Pfalz-Sulzbach und Marie de La Tour d’Auvergne, Enkelin des vormaligen Statthalters der Spanischen Niederlande Otto de Grana sowie Großnichte von Henri de La Tour d’Auvergne, Vicomte de Turenne. Von ihr erbte er im Alter von vier Jahren die Markgrafschaft von Bergen op Zoom in den Niederlanden. Durch den frühen Tod seines Onkels Joseph Karl von Pfalz-Sulzbach und seines Vaters wurde Karl Theodor im Alter von zehn Jahren Pfalzgraf / Herzog von Pfalz-Sulzbach. Im Auftrag seines Vorgängers und entfernten Verwandten Karl Philipp wurde er bereits ab dem Alter von zehn Jahren durch Jesuiten zum Kurfürsten erzogen. Da Karl Philipp keine männlichen Nachkommen hatte, starb mit ihm die Wittelsbacher Linie Pfalz-Neuburg aus. Karl Theodor erbte daher dessen Lande, so auch insbesondere die Kurpfalz.
Kurfürst von der PfalzBearbeiten
Regierungsbeginn in der KurpfalzBearbeiten
1742 heiratete er im Alter von 17 Jahren seine Cousine Elisabeth Auguste, älteste Enkelin des Kurfürsten Karl Philipp, an deren 21. Geburtstag. Während dieser Ehe kam erst nach knapp zwanzig Jahren als einziges Kind ein Sohn namens Franz Ludwig Joseph zur Welt. Der lang ersehnte Stammhalter starb jedoch zur großen Bestürzung der Eltern einen Tag nach seiner Geburt am 29. Juni 1761. Dieses Ereignis entfremdete die Ehegatten zunehmend voneinander. Trotz der Kinderlosigkeit seiner Frau, ihrer Liebhaber und der zahlreichen eigenen Mätressen verstieß Karl Theodor seine Gattin bis zu ihrem Tode jedoch nicht. Als Folge des frühen Todes seines Sohns ließ er 1766 ein Entbindungsheim mit angeschlossener Hebammenschule gründen.
Am letzten Tag des Jahres 1742 erbte Karl Theodor die Herrschaftsgebiete Karl Philipps. Karl Theodor führte gemeinsam mit Maximilian III. Joseph von Bayern das Reichsvikariat nach dem Tod Kaiser Karls VII. Sein Vikariatstaler von 1745 trägt in der Umschrift den Titel des Reichsvikars mit PROV(isor) & VICARIUS. Auch der doppelköpfige Reichsadler mit dem pfälzischen Wappen auf der Brust weist auf sein Vikariat hin. Beim Tode Kaiser Franz I. Stephans 1765 war dann sein Sohn Joseph II. bereits deutscher König, so dass es zu keinem Vikariat der Kurfürsten kam.
Kulturpolitik und MäzenatentumBearbeiten
Im Geiste der Aufklärung vollzog er zahlreiche Reformen und betätigte sich als Mäzen. Im Jahre 1753 stattete ihm Voltaire einen wohl recht spontanen Besuch ab. Dieser war gerade aus Preußen weggegangen und hatte einen die damalige Öffentlichkeit empörenden, mehr als einen Monat dauernden Arrest in der Freien Reichsstadt Frankfurt durchlitten. Der Kurfürst entschädigte ihn durch die verschwenderisch gestaltete und in Voltaires Korrespondenz gelobte Aufführung von vier Theaterstücken. Dabei verausgabte er sich jedoch finanziell derart, dass er Voltaire in der Folge um 100.000 Francs bat.[2]
Im Jahre 1763 gründete er die Mannheimer Akademie der Wissenschaften mit den zwei Klassen Geschichte und Naturwissenschaften und in Düsseldorf das Collegium Anatomico-Chirurgicum. Im Jahr 1780 gründete er die Societas Meteorologica Palatina als dritte Klasse der Akademie; das war die erste international tätige meteorologische Gesellschaft. Unter seiner Regierung konnte sich die kurpfälzische Residenzstadt Mannheim zu einem kulturellen Zentrum mit europäischer Bedeutung entwickeln. Mannheim und die nahe Sommerresidenz Schwetzingen zogen zahlreiche Künstler, Musiker, Dichter und Philosophen (u. a. Mozart und Voltaire) an. So konnte Karl Theodor Einfluss auf die politische und kulturgeschichtliche Entwicklung in Deutschland nehmen. Er ließ unter anderem im Schloss Mannheim ein Kupferstich- und Zeichnungskabinett anlegen, aus dem später die Staatliche Graphische Sammlung München entstand. Außerdem gründete er 1769 die Mannheimer Zeichnungsakademie mit ihrem berühmten Antikensaal.
Der Name Karl Theodor steht für die wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit Mannheims im 18. Jahrhundert und für den Aufstieg der Stadt zu einem der Kristallisationspunkte des europäischen Barock. In seiner Regierungszeit wurden der Bau der kurfürstlichen Residenz mit Schloss und Schlosskirche – eine der größten barocken Schlossanlagen in ganz Europa – sowie der Sommersitz in Schwetzingen vollendet. Das Leben in Mannheim entfaltete einen bislang nicht gekannten höfischen Glanz.
Karl Theodor war ein aufgeklärter Landesherr, gerühmt für seine intellektuelle Neugierde und Toleranz, seine Bildung und seinen Kunstgeschmack. Wissenschaft und Kunst förderte er weit über das übliche Maß hinaus. So ließ er Johann Stamitz als „Instrumental-Musicdirektor“ die Hofkapelle reformieren und vergrößern. In konsequenter Strenge erzogen, wurde sie zu einem Elite-Ensemble, das herausragende Instrumentalisten aus ganz Europa vereinigte. Hinzu kamen exzellente Sängerinnen und Sänger. Wolfgang Amadeus Mozart gab 1777 etliche Konzerte am Hof und war Musiklehrer der fürstlichen Kinder.
Doch Karl Theodor genügte es nicht, sich im Glanz prachtvoller Opernaufführungen zu sonnen. Er ermöglichte auch die Weiterentwicklung eines bis dahin unbekannten besonderen Instrumentalstils, mit dem seine Hofkapelle zum Wegbereiter der europäischen Klassik wurde: Als „Mannheimer Schule“ ging dieser Stil in die Musikgeschichte ein. Außerdem beteiligte sich der Kurfürst engagiert an einer Diskussion über die Erneuerung der Oper seiner Zeit: weg von der italienischen Opera seria hin zur deutschsprachigen Oper.
Diese „goldene Ära“ Mannheims endete abrupt im Jahre 1777, als die bayerische Linie der Wittelsbacher ausstarb. Karl Theodor erbte Bayern und musste seine Residenz nach München verlegen. Viele wichtige Solisten der Hofkapelle folgten ihm, ebenso das höfische Publikum. Das Ende der kulturellen Blütezeit in Mannheim schien besiegelt und damit auch das weit vorangetriebene Bemühen um die Gründung eines dortigen Nationaltheaters gefährdet. Die Idee einer solchen Institution zur Förderung und Weiterentwicklung des deutschen Dramas, der deutschen Sprache und Literatur war damals in Theaterkreisen allgegenwärtig – spätestens seit einem ersten von Gotthold Ephraim Lessing mitgetragenen, jedoch 1769 gescheiterten Versuch in Hamburg.
Doch Karl Theodor bestimmte, dass das Schauspiel als wichtiger Wirtschaftsfaktor in Mannheim verbleiben sollte, bewilligte die notwendigen Mittel zum Engagement eines festen Ensembles im gerade neu gebauten Schauspielhaus im Quadrat B 3 und ernannte Freiherr Wolfgang Heribert von Dalberg zum ersten Intendanten. Günstiger hätte die Gelegenheit kaum sein können: Gerade erst hatte der Herzog von Gotha sein Hoftheater geschlossen. Dalberg verpflichtete dessen Spitzenkräfte, darunter August Wilhelm Iffland, nach Mannheim. Am 7. Oktober 1779 nahm das neu gegründete Ensemble den Spielbetrieb auf und entwickelte sich binnen weniger Jahre zu einer der angesehensten Bühnen Deutschlands. Ein erster Meilenstein war die legendäre Uraufführung der Räuber am 13. Januar 1782. Dalberg hatte Mut bewiesen und das ungestüme Drama eines damals unbekannten jungen Autors – Friedrich Schiller – auf seiner Bühne vorgestellt. Mit Erfolg: Das Mannheimer Nationaltheater war plötzlich in aller Munde; bis heute ist ihm der Beiname Schillerbühne geblieben.
Herzog von Jülich und BergBearbeiten
In Düsseldorf, der Hauptstadt der Herzogtümer Jülich und Berg, geht die klassizistische Stadterweiterung auf Karl Theodor zurück. Dieser Stadtteil trägt seither den Namen Carlstadt. Baugeschichtlich besonders bedeutend ist das Schloss Benrath, das der Kurfürst zwischen 1755 und 1773 als Jagd- und Sommerresidenz errichten ließ. Auf Karl Theodor als Bauherrn gehen ebenfalls der spätbarocke Umbau des Düsseldorfer Schlosses, das Schloss Jägerhof sowie die Erweiterung und Öffnung des Düsseldorfer Hofgartens als Volksgarten zurück. In vielen Städten seiner früheren Territorien gibt es nach Karl Theodor benannte Straßen und Plätze. Kulturpolitisch folgenreich war seine Gründung der „Kurfürstlich-Pfälzischen Academie der Maler, Bildhauer- und Baukunst“ im Jahre 1773, aus der die heutige Kunstakademie Düsseldorf hervorging. Mit der Gemäldegalerie Düsseldorf, deren Kollektion später einen Grundstock der Alten Pinakothek in München bildete, besaß Karl Theodor eine der bedeutendsten Kunstsammlungen des Barock.
Kurfürst von BayernBearbeiten
Bayerische ErbfolgeBearbeiten
Bereits am 22. September 1766 unterzeichneten Karl Theodor und Kurfürst Max III. Joseph von Bayern eine Erbverbrüderungs-Erneuerung, in der erstmals Bayern und Pfalz als unteilbarer Gesamtbesitz behandelt wurden. Im Jahre 1771 wurde dann vereinbart, dass Bayern und die Pfalz als Ganzes dem jeweiligen Haupt einer der überlebenden Linien zufallen sollten. Als am 30. Dezember 1777 der bayerische Kurfürst starb, trat Karl Theodor seine Nachfolge an und wurde damit „Herr der sieben Länder“. Er verlegte 1778, wie in der Hausunion vorgesehen, seine Residenz von Mannheim nach München. Auch seine landfremden pfälzischen Räte brachte er mit. Der neue Doppelstaat wurde gemeinhin Pfalz-Baiern genannt und war damals der drittgrößte Länderkomplex des Reiches. Nach den Bestimmungen des Westfälischen Friedens erlosch nun die pfälzische Kurwürde und die bayerische blieb bestehen.
Da Kaiser Joseph II. Niederbayern und die Oberpfalz für Österreich beanspruchte, war Karl Theodor bereit, im Tausch gegen Vorderösterreich auf diese Landesteile zu verzichten. Nachdem dieser Tausch in der Wiener Konvention vom 3. Januar 1778 von beiden besiegelt worden war, rückten österreichische Truppen in die Oberpfalz und in Niederbayern ein.
Diese Vereinbarung führte jedoch zum entschiedenen Widerstand sowohl der Witwe seines Vorgängers, Maria Anna, zahlreicher Wittelsbacher wie Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken, Maria Anna von Pfalz-Sulzbach und Maria Antonia von Bayern als auch der Regierung unter Matthäus von Vieregg sowie schließlich im Juli 1778 zum Eingreifen Friedrichs II. von Preußen. Im Bayerischen Erbfolgekrieg verlor Karl Theodor 1779 im Frieden von Teschen das Innviertel an Österreich und erhielt dafür die Anerkennung der Rechtmäßigkeit seiner Erbfolge.
Danach versuchte er, ganz Bayern gegen die Österreichischen Niederlande zu tauschen, was ihn bei der Bevölkerung noch unbeliebter machte. In Verhandlungen mit dem Kaiser hoffte er auf ein eigenes mittel- und niederrheinisches Königreich Burgund, und Wien hatte ihm bereits auch den Titel „König von Burgund“ zugesichert. Doch scheiterten auch diese Pläne am Widerstand Karl Augusts und Friedrichs II., der 1785 den Fürstenbund mobilisierte und so auch dieses Tauschgeschäft verhinderte.
Regierung in Kurpfalz-BayernBearbeiten
Anders als in der Pfalz war Karl Theodor daher in Bayern unbeliebt. Er umgab sich nur mit Pfälzern und interessierte sich lange Zeit wenig für bayerische Angelegenheiten. Erst nach dem Scheitern der Tauschpläne wurde seine Regierung in Bayern bedeutsam. Die Vergrößerung des Territoriums brachte auch eine Erhöhung der Schuldenlast mit sich, die nun bei rund 25 Millionen Gulden lag.[3] Wie sein Vorgänger bemühte sich auch der neue Kurfürst, gemeinsam mit den Landständen, um deren Abtragung, was die finanzielle Lage des Landes langsam verbesserte. Eine völlige Sanierung des Haushalts scheiterte jedoch letztlich an der Verschwendungssucht Karl Theodors und an der Verwicklung in die französischen Revolutionskriege in späteren Jahren. 1784 verbot Karl Theodor alle Vereinigungen, die ohne ausdrückliche landesherrliche Erlaubnis gegründet worden waren. 1785 wurde dieses Verbot durch ein Edikt erneuert, in dem namentlich die Illuminaten und die Freimaurer als „landesverräterisch“ und „religionsfeindlich“ genannt wurden. Graf Rumford wurde zum Adjutanten und Kammerherrn ernannt und reformierte das Militär- und das Staatswesen, welches bis dahin von Ämterkauf und Ämtervererbung geprägt worden war.
Am 26. April 1782 empfing Karl Theodor Papst Pius VI. in München. 1785 richtete der Papst in München eine Nuntiatur ein, wogegen die Erzbischöfe von Köln, Trier, Mainz und Salzburg protestierten.
Karl Theodors Maßnahmen hatten ihre Schwerpunkte in den Bereichen Kunst, Wissenschaft, Wohlfahrt und Bildung. In London nahm er 1788 die Warwick Street Church unter seinen persönlichen Schutz, um den dortigen katholischen Bischöfen und Gläubigen eine Ausübungsmöglichkeit für ihre Religion zu sichern. Bis zu seinem Lebensende ließ er überdies jährlich 1500 Pfund für die Kirche anweisen und stiftete 1794 einen wertvollen Altaraufsatz mit vergoldetem Tabernakel.[4] Für die Pfarrkirche St. Sebastian in Mannheim stiftete er 1778 einen Reliquienaltar des Hl. Theodor zur Verehrung seines Namenspatrons. Auf seine Initiative hin entstand in München unter anderem auch der Englische Garten. An seinen Namen erinnern heute noch das Karlstor und der Karlsplatz (Stachus).
1788 verlegte Karl Theodor im Streit mit dem Münchner Rat um eine von der Bevölkerung geforderte Getreidesperre die Residenz nach Mannheim. Obwohl der Kurfürst bereits im darauffolgenden Jahr nach München zurückkehrte, kam es am 21. Mai 1791 zu einem neuen Eklat: Die Mitglieder des Rates der Stadt, der eine revolutionäre Broschüre herausgegeben hatte, wurden gezwungen in der Maxburg auf Knien vor einem Bildnis Karl Theodors Abbitte zu leisten.
Nach dem Tode der Kaiser Joseph II. 1790 und Leopold II. 1792 fungierte Karl Theodor jeweils wieder als Reichsvikar. In beiden Fällen ließ er erneut während seines Vikariats Vikariatsmünzen in Gold und Silber prägen.
Nach der Französischen Revolution von 1789 und dem Verlust des linksrheinischen Teils seiner Stamm Lande in den folgenden Jahren verschärfte er den Kampf gegen die Illuminaten. Die letzten Jahre seiner Regierungszeit waren von Überwachung und obrigkeitsstaatlichem Druck bestimmt.
Karl Theodors erste Gemahlin starb am 17. August 1794. Bereits am 15. Februar 1795 ging Karl Theodor in der Hoffnung auf einen legitimen Erben eine weitere Ehe mit Habsburger Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este, einer Enkelin Kaiserin Maria Theresias, ein. Die erst 18-jährige, temperamentvolle Maria Leopoldine lehnte jeden körperlichen Kontakt mit ihm ab. So blieb diese Ehe kinderlos und Karl Theodor endgültig ohne legitimen Erben.
Krieg gegen FrankreichBearbeiten
1794 wurde im Zuge des Ersten Koalitionskrieges, in dem Kurpfalzbayern unter Ysenburg auf der Seite der Koalition kämpfte, das Herzogtum Jülich von französischen Truppen besetzt, wenig später dann faktisch der linksrheinische Teil der Kurpfalz infolge der französischen Besetzung vom rechtsrheinischen Teil abgetrennt. 1796 waren französische Revolutionsheere bis in die Oberpfalz und an die Isar vorgestoßen. Karl Theodor hatte mit Wien ein Bündnis geschlossen, das die Verteidigung Bayerns durch die österreichische Armee zum Inhalt hatte. Im Sommer 1796 wurde dann auch München von französischen Truppen bombardiert, Karl Theodor und sein Hofstaat hatten sich derweil in Sachsen in Sicherheit gebracht. Die Politik des Kurfürsten lavierte zwischen Österreich und dem revolutionären Frankreich. Der Austritt Bayerns aus der Koalition mit dem Waffenstillstand von Pfaffenhofen am 7. September 1796 schwächte zunächst die österreichische Stellung. Das wechselnde Kriegsglück, Erfolge der Österreicher und der rasche Rückzug der französischen Truppen über den Rhein erlaubten es Karl Theodor schließlich, dem harten Waffenstillstandsvertrag von Pfaffenhofen nachträglich die Anerkennung zu versagen. Österreich dominierte jedoch nach dem Frieden von Campo Formio von 1797 Süddeutschland, im Folgejahr begannen die Feindseligkeiten mit dem Zweiten Koalitionskrieg erneut und Kurbayern beteiligte sich am Reichskrieg gegen Frankreich.
Tod und NachfolgeBearbeiten
Im 75. Lebensjahr stehend, starb der Kurfürst am 16. Februar 1799 an den Folgen eines vier Tage zuvor erlittenen Schlaganfalls in der Münchner Residenz. In München brach daraufhin öffentlicher Jubel aus. Er wurde später in der Theatinerkirche zu München beigesetzt; sein Herz wurde getrennt bestattet und befindet sich in der Gnadenkapelle von Altötting.
Als Karl Theodor starb, standen knapp 110.000 Mann österreichischer Truppen in Bayern. Die allgemein als wenig brauchbar eingestuften etwa 17.000 Mann bayerischer Truppen waren über das ganz Land verstreut und in die österreichischen Verbände integriert. Dass Österreich in dieser Situation nicht unmittelbar Zugriff auf Bayern zu erreichen versuchte, war der allgemeinen politischen Lage (Preußen und Russland opponierten diplomatisch, andere Staaten hätten sich ebenfalls gegen Österreich gestellt) und wohl auch dem begonnenen zweiten Koalitionskrieg zuzuschreiben, dessen Ausgang Österreich abwarten wollte. So blieb es bei letzten Versuchen des österreichischen Gesandten in München Graf Josef Johann August von Seilern noch auf dem Sterbebett Unterschriften Karl Theodors unter für Österreich günstige Abmachungen zu erreichen (wahrscheinlich Abtretungsvereinbarungen oder vergleichbare Testamentsklauseln), die die höchst eigenwillige zweite Frau Karl Theodors, die damals 22-jährige Maria Leopoldine von Österreich-Este, obgleich selbst eine Habsburgerin, energisch vereitelte.
Da Karl Theodor trotz seiner zwei Ehen keinen Thronfolger hinterließ, folgte ihm somit ohne Zwischenfall Herzog Maximilian IV. Joseph von Pfalz-Zweibrücken, der jüngere Bruder des mittlerweile verstorbenen Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken, als Kurfürst nach.
NachkommenBearbeiten
Eheliche NachkommenBearbeiten
Kurfürst Karl Theodor heiratete am 17. Januar 1742 in Mannheim Pfalzgräfin Elisabeth Auguste, Tochter des Erbprinzen Joseph Karl Emanuel von Pfalz-Sulzbach und dessen Gattin Prinzessin Elisabeth Auguste Sofie von der Pfalz. Sie hatten zusammen einen Sohn:
- Franz Ludwig Joseph, Erbprinz von Pfalz-Sulzbach (* 28./† 29. Juni 1761 auf Schloss Schwetzingen)
In zweiter Ehe heiratete er am 15. Februar 1795 in Innsbruck Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este (1776–1848), Tochter des Erzherzogs Ferdinand von Österreich-Este und dessen Gattin Prinzessin Maria Beatrix von Modena. Die Ehe blieb kinderlos.
Uneheliche NachkommenBearbeiten
Aus der Verbindung mit der französischen Schauspielerin Françoise Després-Verneuil († 1765), später Gräfin von Parkstein:
- Caroline Franziska Dorothea von Parkstein (* 1762; † 7. September 1816 in Ickelheim)
- ⚭ Prinz Friedrich Wilhelm zu Isenburg und Büdingen in Birstein (* 13. Dezember 1730 in Birstein; † 12. Oktober 1804 in Mannheim)
- Sohn (* 1764; † 1765)
Aus der Verbindung mit Maria Josepha Seyffert (* 1748; † 24. Dezember 1771), später Gräfin von Heydeck (siehe auch Bretzenheim (Adelsgeschlecht)):
- Caroline Josepha Philippina von Bretzenheim (* 11. Januar 1768; † 27. Juni 1786) ⚭ 1784 Graf Maximilian Josef von Holnstein (* 1760; † 1838)
- Karl August Friedrich Joseph, Graf von Heydeck und Reichsfürst von Bretzenheim, Großprior des Malteserordens zu Bayern (* 24. Dezember 1768; † 27. Februar 1823) ⚭ 27. April 1788 in Oettingen Maria Walburga von Oettingen-Spielberg (* 29. August 1766; † 8. Mai 1833)
- Eleonore Caroline Josephine von Bretzenheim (* 9. Dezember 1771; † 23. Dezember 1832) ⚭ 21. November 1787 (Scheidung 1801) Graf Wilhelm Carl zu Leiningen-Guntersblum (* 5. Juli 1737; † 26. Januar 1809)
- Friederike Caroline Josephine von Bretzenheim (* 9. Dezember 1771; † 2. März 1816); Zwillingsschwester von Eleonore; Äbtissin in Lindau ⚭ 1796 Graf Maximilian von Westerholt-Gysenberg (* 1772; † 1854)
Aus der Verbindung mit Maria Christine Edle von Hauer (* 1734; † 1796), verheiratete Freifrau von Stengel:
- Stephan Christian Freiherr von Stengel (* 6. Oktober 1750; † 3. Oktober 1822); Staatsrat und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg ⚭ 1784 Marianne von Blesen († 1802)[5]
Aus der Verbindung mit Elisabeth Freiin Schenk von Castell (* ?; † 1798):
- Gräfin Maria Walburga von Warenberg (* 1790; † August 1797); für sie erwarb Karl Theodor Gründe im Donaumoos und ließ vier Höfe errichten. Für die Brautlach genannte Ansiedlung, heute Teil der Gemeinde Karlskron, wurde am 15. Oktober 1795 die Niedergerichtsbarkeit verliehen; am 30. März 1796 wurde sie zur Hofmark erklärt. Ein Vormund führte die Geschäfte; doch bereits im Alter von sieben Jahren starb Maria Walburga.[6][7]
AuszeichnungenBearbeiten
1778 wurde er Großmeister des Hausritterorden vom Heiligen Georg. Im selben Jahr wurde er als Ritter in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.
WürdigungenBearbeiten
Ab 1791 entstand die erste Kolonistensiedlung im Donaumoos, die nach ihm den Namen Karlskron erhielt.
Nach Karl Theodor ist die 1743 von ihm errichtete Saline Theodorshalle in Bad Kreuznach benannt. Auch der offizielle Name des Stachus in München, Karlsplatz, weist auf Karl Theodor. In mehreren Orten der ehemaligen Kurpfalz gibt es eine Carl-Theodor-Straße (z. B. Frankenthal, Oggersheim, Schwetzingen, Mosbach).
In Bad Reichenhall, wo unter Karl Theodor großzügige Einrichtungen zur Förderung und Versiedung der Sole geschaffen sowie die Triftanlagen umfangreich ausgebaut wurden, sind die stark salzhaltige Solequelle Carl-Theodor-Quelle sowie die Kurfürstenstraße nach ihm benannt.
In Heidelberg tragen das Karlstor am östlichen Ende der Altstadt und die Karl-Theodor-Brücke – besser bekannt als Alte Brücke –, auf der sich auch eine Statue des Kurfürsten befindet, seinen Namen. Beide Bauwerke ließ Karl Theodor errichten. Auch in Neckargemünd wurde ihm zu Ehren ein Stadttor gebaut.
In Schwetzingen steht seit 2016 die Skulptur Glücksschwein von Peter Lenk, die den leichtbekleideten Kurfürsten mit einer Mätresse auf einer Sau reitend zeigt. Lenk bezieht sich auf ein Zitat des Preußenkönigs Friedrichs II., der den Kurfürsten einst als Glücksschwein bezeichnet hatte.[8]
Am 4. Februar 2015 wurde vom Bund der Pfalzfreunde erstmals der Kurfürst-Karl-Theodor-Preis für wissenschaftliche Arbeiten verliehen.[9]
Seit 2016 vergibt die Metropolregion Rhein-Neckar den Carl-Theodor-Preis an Personen, aber auch Organisationen, die sich in besonderer Weise für die Rhein-Neckar-Region engagieren. Der Kurfürst dient als Namensgeber, da er die Rhein-Neckar-Region (ehem. Kurpfalz) zu einem europaweit bedeutenden Ort für wissenschaftliche, kulturelle und technische Innovationen formte, von deren Erbe die Metropolregion Rhein-Neckar bis heute profitiert.[10]
Nach ihm benannt ist auch die Pflanzengattung Theodora Medik. aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae).[11]
LiteraturBearbeiten
- Churpfälzisch- auch Gülich und Bergisches erneuertes Militar-Verpflegungs-, Disciplin-Bequartierungs-, Marche und Vorspann-Reglement : vom 1. Dec. 1775. Zehnpfennig, Düsseldorf 1775. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Erneuerte Messer-Lohn-Satz-Ordnung [Düsseldorf, den 31.ten Jenner 1792]. Düsseldorf, 1792 (Digitalisat)
- Karl Theodor von Heigel: Karl Theodor, Kurfürst von Pfalz-Baiern. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 15, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 250–258.
- Peter Fuchs: Karl (IV.) Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 252–258 (Digitalisat).
- Silke Herrmann: Carl-Theodor, der himmlische Kurfürst. 48 Seiten, ISBN 978-3-940875-00-6
- Ingrid Münch: Karl Theodor. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 1171–1176.
- Hans Rall: Kurfürst Karl Theodor, Regierender Herr in sieben Ländern. Mannheim 1993, ISBN 3-411-15792-5
- Sylvia Krauss-Meyl: Das „Enfant Terrible“ des Königshauses, Maria Leopoldine, Bayerns letzte Kurfürstin, Regensburg 1997, ISBN 3-7917-1558-5
- Lebenslust und Frömmigkeit, Kurfürst Carl Theodor zwischen Barock und Aufklärung. Handbuch ISBN 3-7917-1679-4 und Ausstellungskatalog ISBN 3-7917-1679-4
- Karl Weich: Mannheim – das neue Jerusalem. Die Jesuiten in Mannheim 1720–1773. Mannheim 1997, ISBN 3-920671-17-1
- C. Kupfer, W. Schröck-Schmidt: Nichts ist eine Kleinigkeit bei Hofe – Gefährliche Intrigen im Mannheimer Schloss. Dryas Verlag, Mannheim 2009, ISBN 978-3-940855-15-2
- Adalbert Prinz von Bayern: Die Wittelsbacher. Geschichte unserer Familie. Prestel Verlag, München u. a. 2005, ISBN 3-7913-3505-7.
- Jörg Nimmergut, Frank Wernitz: Orden als zeitlose Symbole der Macht. Die Herrscherbildnisse des Kurfürsten Carl Theodor von 1742–1799. In: Orden und Ehrenzeichen. Das Magazin für Freunde der Phaleristik. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Ordenskunde, Heft 115, 20. Jahrgang, Gäufelden 2018. ISSN 1438-3772.
TV-DokumentationBearbeiten
- Bernhard Graf: Herr der sieben Länder. Kurfürst Carl Theodor von Baiern und der Pfalz, Bayerischer Rundfunk 1999.
Radio-FeatureBearbeiten
- Bernhard Setzwein: Der ungeliebte Kurfürst. Der Pfälzer Karl Theodor als bayerischer Regent. Bayerischer Rundfunk, 1999.
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Susan Richter und Ralf Richard Wagner: Geburt und Taufe Karl Theodors. Eine Betrachtung zum 275. Geburtstag des Kurfürsten 1999. In: Mannheimer Geschichtsblätter. Neue Folge, Band 6, 1999, S. 297–304.
- ↑ Ian Davidson: Voltaire in Exile. London 2004, S. 12.
- ↑ 200 Jahre Bayerischer Oberster Rechnungshof. Abgerufen am 5. Mai 2017.
- ↑ Reginald Fuller: A short history of Warwick Street Church, formerly the Royal Bavarian Chapel, Kath. Pfarramt Warwick Street Church, London, 1973, S. 32
- ↑ Beispiel einer Quelle die Stengel als heimlichen Kurfürstensohn ansieht; siehe auch: Hans Rall: Kurfürst Karl Theodor – Regierender Herr in sieben Ländern. Mannheim 1993. S. 341.
- ↑ Protokoll der Geheimen Staatskonferenz vom 17. April 1802
- ↑ Peter Fuchs: Karl (IV.) Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 252–258 (Digitalisat).
- ↑ Wolf H. Goldschmitt: Südwest: Schwetzingen: Peter Lenk hat einem Kurfürsten ein Denkmal gewidmet. Badische Zeitung, 1. Dezember 2016, abgerufen am 1. Dezember 2016.
- ↑ Bericht über die Preisverleihung auf der Webseite des Bayerischen Landtags
- ↑ m-r-n.com: Carl-Theodor-Preis an Muhammad Yunus (Memento des Originals vom 14. Juli 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
WeblinksBearbeiten
- Werke von und über Karl Theodor in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Christian Schönfelder über die Geschichte des Nationaltheaters Mannheim
- Karl Theodor und die Musik in Mannheim
- Kurfürstenglanz und Kurpfuschertum. Historische Hintergründe zum Roman „Die Partie“
- Tripota – Trierer Porträtdatenbank
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Marie de La Tour d’Auvergne französische Besatzung | Markgraf von Bergen op Zoom 1728–1747 1748–1795 | französische Besatzung französische Besatzung |
Johann Christian Joseph | Herzog von Pfalz-Sulzbach 1733–1799 | Maximilian Joseph |
Karl Philipp | Kurfürst von der Pfalz 1742–1777 | aufgegangen im Kurfürstentum Pfalz-Bayern |
Karl Philipp | Herzog von Pfalz-Neuburg 1742–1799 | Maximilian Joseph |
Karl Philipp | Herzog von Berg 1742–1799 | Maximilian Joseph |
Karl Philipp | Herzog von Jülich 1742–1794 | französische Besatzung |
Maximilian III. | Kurfürst von Bayern 1777–1799 | Maximilian IV. (Maximilian Joseph) |
Personendaten | |
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NAME | Karl Theodor |
ALTERNATIVNAMEN | Karl Philipp Theodor; Carl Philipp Theodor; Karl IV. (als Kurfürst von der Pfalz); Karl II. (als Kurfürst von Bayern) |
KURZBESCHREIBUNG | Kurfürst von der Pfalz und von Bayern |
GEBURTSDATUM | 10. Dezember 1724 |
GEBURTSORT | Brüssel |
STERBEDATUM | 16. Februar 1799 |
STERBEORT | Schloss Nymphenburg bei München |