Jürgen Gerner

deutscher Ingenieur

Jürgen Gerner (* 29. Juli 1952 in Hagenow) ist ein deutscher Ingenieur sowie Maler und Grafiker. Er war bei der Modernisierung der leistungsstärksten Rangierbahnhöfe der maßgebende zulassende Ingenieur. Seine amtlichen Zulassungen für rangiertechnische Einrichtungen werden in der EU und Russland bis heute genutzt.

Abnahme typzugelassener EDG-Richtungsgleisbremsen, Länge 20 m

Leben Bearbeiten

 
Traditionsfeier, Grafik 60 Jahre Gleisbremsen, Jürgen Gerner, 1985

Der Sohn des Piloten und Reichsbahnangestellten Kurt Gerner und dessen Frau Else, geb. Schmidt, wohnte seit August 1952 in Schwerin und absolvierte hier eine zehnklassige polytechnische Schulbildung. Als Jugendlicher wurde er im Malsaal des Staatstheaters als Bühnendekorateur für das Pioniertheater Schwerin angeleitet, der Großbrand des Kulissenhauses des Staatstheaters im Jahr 1967 vereitelte diese Berufsorientierung. Er lernte ab 1969 im Bahnbetriebswerk Schwerin und studierte Schienenfahrzeugtechnik, mit der Unterbrechung für die Ableistung des Wehrdienstes, bei der Deutschen Reichsbahn bis 1980 an der Ingenieurschule für Verkehrstechnik Dresden. Sein erstes hauptsächliches Arbeitsgebiet war die Rangiertechnik der Reichsbahndirektion Schwerin. Er wurde von der Zentrale der Reichsbahn durch die Präsidentin zum Sekretär der Kontrollgruppe für Rangiertechnik berufen, in dieser Funktion übernahm er auch die Rangieranlagen der Rbd Greifswald mit dem Breitspurgüterbahnhof Mukran auf Rügen. Der Schienengüterverkehr der DDR in den 1980er Jahren hatte ein extrem hohes Verkehrsaufkommen in den modernen automatisierten Rangierbahnhöfen. Um dieses Aufkommen zu bewältigen, wurde bei der DR ein autokratischer Führungsstil eingeführt. Er war Fachvorgesetzter der Gleisbrems- und Rangiertechnik im Norden der DR und arbeitete mit der VES-M Halle zusammen. 1989 und 1990 war er im Neuen Forum aktiv und Mitglied des Runden Tisches der Rbd. 1990 kam die Gleichstellung zu den Ingenieuren in den alten Bundesländern mit dem Titel Dipl.-Ing.(FH). Der Reichsbahn-Rat wurde von den Fachdiensten der Deutschen Bundesbahn, dem BZA in München und Minden eingeladen, sie stellten ihm die westdeutsche Gleisbremstechnik vor. Jürgen Gerner wurde danach als Typzulasser für Rangier- und Wägetechnik im alten Bundesgebiet angefordert. Von 1995 bis 2015 arbeitete er beim Eisenbahn-Bundesamt. In Deutschland war er der Ingenieur, der die maschinentechnische Rangiertechnik der nun vereinten Deutschen Bahnen nach den neuen europäischen Normen zuließ. Die Typzulassungen waren eine Voraussetzung, die Rangierbahnhöfe mit neuer innovativer Rangiertechnik auszurüsten und umzubauen – meistens Investitionen in Höhe zwei- bis dreistelliger Millionen-Euro-Beträge. Bei der Bundesbahn gab es zuvor keine typzugelassene Rangiertechnik. Ab 1998 wurden unter seiner Direktive die Fachausdrücke, die betriebsdienstlichen und maschinentechnischen Dienstvorschriften, Richtlinien, Lastenhefte, Zulassungen,[1][2][3] Abnahmen und Erprobungen der Rangiertechnik der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Bundesbahn vereinheitlicht und in ein neues Regelwerk der Deutschen Bahn AG überführt. Gerner war Mitglied in der Zentralen EBA-Gutachterkommission für RTE, seine Zulassungen wurden international anerkannt. Er regte bei der DB Netz AG die Durchführung eines internationalen Symposiums zur Rangiertechnik an.[4] Bis heute wird es zweijährig unter Beteiligung von europäischen Bahngesellschaften, der Bahnindustrie und europäischen Universitäten mit Lehrstühlen für Verkehrstechnik in München durchgeführt. In Mecklenburg-Vorpommern kontrollierte Gerner die Sicherheit der Infrastruktur der Bahnanlagen. Er ist verheiratet mit Gesine Gerner, geb. Handorf, einer ehemaligen Dipl.-Pädagogin und Fachberaterin, sie haben zwei Söhne.

Namenforschung und Gerner-Wappen Bearbeiten

 
Exulantenflucht 1682, Grafik, Jürgen Gerner, 2005
 
Bürgerliches Gerner-Wappen, vor 1640

Als Namenforscher des Nachnamens Gerner und ähnlicher forscht er seit 2003, die Ergebnisse sind veröffentlicht auf der Seite Gerner (Familienname), andere erforschte Namen sind Woith und Wehden. Auf dem 55. Deutschen Genealogentag in Schwerin[5] gründete er eine Forschergemeinschaft Gerner–Görner. Danach beteiligte er sich an der Korrektur einer digitalen Exulantenkartei des 18. Jahrhunderts[6][7] bei den Universitäten Dresden und München. Die sprachlichen Umformungen der Namen Gernot, Gernert, Gerner zu Görner und umgekehrt erforschte er in Süddeutschland, Böhmen, Schlesien und Sachsen. Die Namensform Gerner, die sich aus einem patronymisch gebildeten Familiennamen aus dem Gernot des Nibelungenliedes zu Gernet–Gernert–Gerner entwickelte, wies er nach. Auch die Verschiebungen der Häufungen der Gerner-Vorkommen im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg, bedingt durch Vertreibung und Binnenmigration, wurden von ihm analysiert. Dozenten an Universitäten für Namenforschung unterstützten ihn dabei. Zwei Sachbücher, Ortschroniken und große Stammbäume wurden publiziert. Als Ortschronist und Stadtforscher untersuchte er urbane Zusammenhänge der Ortschaften Hostinne, Sprottischwaldau, Cölpin und Peckatel. Seine grafischen Fähigkeiten halfen ihm Bücher zu illustrieren und verschollene Familienwappen der Woith, Gerner und ähnlicher Namen mit archivarischen Blasonierungen wieder bekannt zu machen. Wappen der Gerner, Gernert, Gernet und Görner auf folgenden Seiten:

Er schrieb und illustrierte 2021 ein Buch über das Schicksal einer Neubrandenburger Weberzunftvorsteher Familie Thiele, mecklenburger Auswanderer im Dakota-Land in New Ulm/Minnesota.[8]

Malerei und Grafik Bearbeiten

In Malerei und Grafik ließ er sich neben seiner Ingenieurtätigkeit von 1976 an einer Bezirkskulturakademie ausbilden. Von 1986 bis 1988 war er bei Fritz Eisel Mitglied einer Spezialklasse für Malerei und Grafik. Eisel und sein Sohn Paul prägten seine Malweise und sein Kunstverständnis für Formgestaltung. Ab 2005 experimentierte Gerner in der Ersten mecklenburgischen Porzellanmanufaktur[9] bei Kerstin Behrens an verschiedenen Porzellangestaltungen und -aufbaukeramiken. Die norddeutschen Landschaften Jürgen Gerners und sein grafisches Werk fanden Wege in zentrale Ausstellungen, u. a. ins Staatliche Museum Schwerin und in Einzelausstellungen in Mecklenburg. Als Pensionär lebt er seine Leidenschaft im KunstWasserWerk Schwerin aus.[10]

Ausstellungsteilnahmen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Jürgen Gerner: Sprottischwaldau: Chronik der Kolonie: 1776–1945 / Szprotawka: Kronika kolonii: 1945–2010 ([1]).
  • Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer – Minnesota im Jahre 1862. Schicksal einer Neubrandenburger Familie. Verlag Jürgen Gerner, Schwerin, 2021, ISBN 979-8-5766-1054-9
  • Jürgen Gerner, Podcast zum Buch Dakota-Aufstand ..... von Podcast PodBean His2Go#119[17]
  • Jürgen Gerner: Verarmter Landadel. Buchwald–Buchler–Puchler. AGoFF, Arbeitsbericht 2009, Heft 2, Berlin, S. 15.
  • Jürgen Gerner: Woyt/Woyth Vorfahren in Sprottau. AGoFF, Arbeitsbericht 2009, Heft 3, Berlin, S. 30–32.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. EBA – Homepage – Verlängerung der Typzulassung einer steuerbaren Gefälleausgleichsbremse TKG (21.72/57254 Imzb 01/05) vom 10. März 2010 (bund.de)
  2. EBA – Homepage – Typzulassung für die einfache zweiseitige Förderanlage Typ BDE 02 des Forschungs- und Entwicklungswerks Blankenburg GmbH (FEW) vom 11. April 2008 (bund.de)
  3. EBA – Homepage – Betriebserprobung der Balkengleisbremse TW-M der Fa. Sona BLW Präzisionsschmiede GmbH, 29. Februar 2008 (bund.de)
  4. 4. Symposium Rangiertechnik. In: hy-power.eu. Hy-Power Produktion und Handels GmbH, A-3021 Pressbaum, abgerufen am 6. Juni 2022.
  5. Autorenkollektiv: Genealogentag 2003 in Schwerin. In: genealogy.net. 2003, abgerufen am 6. Juni 2022.
  6. George Gerner, auf exulanten.geschichte.uni-muenchen.de
  7. Einführung, auf exulanten.geschichte.uni-muenchen.de
  8. Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer, Minnesota im Jahre 1862. In: Google Books. Abgerufen am 11. Oktober 2022.
  9. Kerstin Behrens: Erste mecklenburgische Porzellanmanufaktur. 2014, abgerufen am 1. September 2023.
  10. KunstWasserWerk Schwerin e.V. Abgerufen am 12. Dezember 2022.
  11. Malereien in der Klinik. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 22. September 1993.
  12. Impressionistisch – Malerei. In: Schwerin-Kurier. Schwerin 26. Januar 2000.
  13. KunstWasserWerk Schwerin e.V. In: kultur-mv.de/. Abgerufen am 1. Juni 2022.
  14. Bert Schüttpelz: Mehr als 300 Schweriner setzen Dom künstlerisch in Szene. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 14. Mai 2021.
  15. Matthias Labude: 1171–2021, 850 Jahre Dom zu Schwerin. In: Domgemeindebrief Schwerin. 1. Juni 2021.
  16. Anna Pfau: Kunst Orte Termine in Mecklenburg-Vorpommern. Hrsg.: Verband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in Mecklenburg-Vorpommern. Mai bis Dezember 2022. Rostock 2022, S. 6.
  17. Autorenkollektiv: Die Sioux und Minnesota-Aufstand-1862-Beginn-eines-brutalen-Krieges. PodBean, 20. Mai 2023, abgerufen am 22. August 2023.