Ind-Objekte und Pro-Objekte sind in der Mathematik ein Ersatz für induktive bzw. projektive Limites, wenn diese in einer Kategorie nicht existieren.

Definition

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Sei   eine Kategorie und   die kovariante Yoneda-Einbettung (  ist die Kategorie der kontravarianten Funktoren von   in die Kategorie   der Mengen). Die Kategorie   der Ind-Objekte in   ist eine volle Unterkategorie von  . Ein Objekt   liegt genau dann in  , wenn es eine kleine filtrierende Indexkategorie und einen Funktor   gibt, so dass   isomorph zu   ist. (  heißt filtrierend, wenn gilt:   ist nicht leer; für   existiert   mit Morphismen   und  ; für zwei Morphismen   in   existiert ein Morphismus  , so dass  . Ist   eine Halbordnung, dann ist   genau dann filtrierend, wenn   gerichtet ist.) Die Objekte von   werden auch ind-darstellbare Funktoren genannt, vgl. Darstellbarkeit (Kategorientheorie).

Sei weiter   die kontravariante Yoneda-Einbettung. Dann ist   die volle Unterkategorie von   bestehend aus Objekten, die isomorph zu   für ein projektives System   sind. Die Objekte von   werden auch pro-darstellbare Funktoren genannt.[1] Es ist  .

Statt der generischen Bezeichnung Ind- bzw. Pro-Objekt spricht man ggf. konkret von Pro-Gruppen oder Ind-Schemata usw.

Alternative Beschreibung

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Sei   die Kategorie der Paare   bestehend aus einer kleinen filtrierenden Kategorie   und einem Funktor  , wobei die Morphismen von   nach   durch

 

gegeben sind. Der Funktor   ist volltreu, sein essentielles Bild ist nach Definition  . Als Merkhilfe für die Reihenfolge kann dienen, dass die Identität kein Element in

 

definiert.

Wegen dieser Beschreibung schreibt man Objekte von   auch oft in der Form   oder, wenn klar ist, dass nicht der induktive Limes in   gemeint ist, einfach  .

Analog ist   äquivalent zur Kategorie der projektiven Systeme   mit Morphismen

 

Pro-Objekte werden auch als   notiert.

Bemerkungen

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  • Für   und ein induktives System   ist
 
  • Für   und ein projektives System   ist
 
  • Wenn   in   isomorph zu   für ein   ist, dann ist   ein induktiver Limes von   in  . Die Umkehrung dieser Aussage gilt aber nicht. Beispiel: Ist   das induktive System der endlich erzeugten Untergruppen von  , dann ist (siehe oben)
 
  • Die Voraussetzungen an die Indexkategorien sind wesentlich, weil jedes Objekt   induktiver Limes des Systems   ist (die so genannte Grothendieck-Konstruktion; siehe Kommakategorie für die Notation).
  • Ist   eine kleine Kategorie, in der endliche Limites existieren, dann ist ein Funktor   genau dann ind-darstellbar, wenn er linksexakt ist. Dabei bewirkt die Linksexaktheit, dass die Kategorie   in der Grothendieck-Konstruktion filtrierend ist.

Beispiele

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  • Ist   die Kategorie der endlichen Mengen, ist   äquivalent zur Kategorie aller Mengen und   äquivalent zur Kategorie der booleschen Räume (d. h. total unzusammenhängenden kompakten Hausdorffräume). Die Äquivalenz ist in beiden Fällen durch die Auswertung des induktiven bzw. projektiven Limes in der größeren Kategorie gegeben, wobei im zweiten Fall endliche Mengen mit der diskreten Topologie ausgestattet werden, um sie als boolesche Räume aufzufassen.[2]
  • Ist   die Kategorie der endlichen Gruppen, ist   äquivalent zur Kategorie der proendlichen Gruppen.
  • Ist   die Kategorie der endlich präsentierten Moduln über einem Ring  , ist   kanonisch äquivalent zur Kategorie aller  -Moduln.

Literatur

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Fußnoten

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  1. Der Begriff der Pro-Darstellbarkeit wird in der Deformationstheorie auch abweichend benutzt, siehe Remark 6.2.2 in: Barbara Fantechi, Lothar Göttsche et al.: Fundamental Algebraic Geometry. Grothendieck's FGA explained. AMS, Providence 2005, ISBN 978-0-8218-4245-4.
  2. Der wesentliche Beweisschritt ist ausgeführt in Lemma 1.1.16 (a) in: Luis Ribes, Pavel Zalesskii: Profinite Groups. Springer Berlin 2000 ISBN 978-3-540-66986-9