Hyperbelzirkel des Frans van Schooten

Der Hyperbelzirkel des Frans van Schooten ist ein Mechanismus, der die Form einer Hyperbel erzeugt. Im Jahr 1657 veröffentlichte Frans van Schooten in seinem Werk Exercitationum mathematicarum libri quinque[1] in LIBER IV[2] einen Hyperbelzirkel.[3] Er ähnelt dem Ellipsenzirkel des Frans van Schooten.

Hyperbelzirkel des Frans van Schooten
Hyperbelzirkel des Frans van Schooten

Im Wesentlichen besteht der Hyperbelzirkel aus drei Teilen:

  1. einer Raute mit den Gelenkpunkten mit der ersten Zirkelnadel im Brennpunkt ,
  2. einer Diagonalschiene aus zwei an den Enden verbundenen Stäben, mit dem Schreibstift in
  3. einer Führungsschiene mit der zweiten Zirkelnadel im Punkt . Die Führungsschiene ist nach dem Gelenkpunkt geschlitzt und verläuft durch den Punkt .

Drei sogenannte Gleitsteine ermöglichen linear bewegliche Verbindungen. Einer davon führt den Gelenkpunkt der Raute, der zweite den Schreibstift im Punkt und der dritte Gleitstein führt den Gelenkpunkt der Raute. Die Diagonalschiene ist nicht in einem Gelenkpunkt oder der Raute gelagert, sie ist deshalb in Längsrichtung von bis und von bis verschiebbar. Im Vergleich dazu ist im Ellipsenzirkel des Frans van Schooten der Diagonalstab im Gelenkpunkt der Raute gelagert.

Das Zeichnen einer Hyperbel mithilfe des Zeichenstiftes in soll die Hand verdeutlichen. Nach dem Einstechen des Zirkels in die Brennpunkte und wird mit einer Hand mithilfe eines Griffes im Punkt der Hyperbelzirkel bewegt. Dabei zwingt die Führungsschiene ( durch und ) zusammen mit der Diagonalschiene den Schreibstift in in eine hyperbelförmige Bahn.

Aufgrund der Darstellung ist anzunehmen, dass der Hyperbelzirkel in bestimmten labilen Lagen (u. a. wenn Brennpunkte und Zeichenstift auf einer Linie liegen) mit der anderen Hand, am Punkt oder einer Stützung bedarf.

Eine mögliche Begründung, weshalb die mit dem Hyperbelzirkel des Frans van Schooten gezogenen Kurven exakte Hyperbeln sind, ist im nachfolgenden Abschnitt Geometrische Betrachtung beschrieben.

Geometrische Betrachtung Bearbeiten

Zur Verdeutlichung, weshalb die mit dem Hyperbelzirkel erzeugten Kurven exakte Hyperbeln sind, wird im Folgenden zuerst in einer Basiskonstruktion ein Hyperbelpunkt   nach Definition mit Leitkreis bestimmt und im Anschluss daran der Hyperbelzirkel prinzipiell eingearbeitet. In Hyperbel zeichnen wird dessen Bewegungsablauf erläutert. Die Bezeichnungen der Punkte sind der obigen originären Darstellung Hyperbelzirkel des Frans van Schooten entnommen.

Hyperbelpunkt nach Definition mit Leitkreis Bearbeiten

 
Bild 1: Hyperbelpunkt nach Definition mit Leitkreis  
  oder  
Basiskonstruktion für Hyperbelzirkel des Frans van Schooten

Mit den von Bild 1 eingesetzten Bezeichnungen der Punkte, lautet eine maßgebende Aussage der Definition mit Leitkreis, bezogen auf den rechten Ast der Hyperbel:

„Ist   der Kreis um   mit Radius  , so hat   vom Kreis   denselben Abstand wie vom Brennpunkt  :   Man nennt   den zu   gehörigen Leitkreis der Hyperbel.“

Es beginnt mit dem Einzeichnen einer Geraden, der Mittelachse der späteren Hyperbel. Darauf wird der erste Scheitelpunkt   beliebig markiert und anschließend, mit einem frei wählbaren Abstand, der zweite Scheitelpunkt   festgelegt. Somit ist der Abstand   der Scheitelpunkte, gleichbedeutend mit dem Radius   des Leitkreises   bestimmt. Nun setzt man mit einem abgeschätzten, aber gleichen Abstand zu   bzw.   jeweils nach außen, die Brennpunkte   und   Mit den gewählten Brennpunkten   und   sowie mit einem der beiden Scheitelpunkte   oder   (drei bekannte Punkte) ist die Hyperbel bereits mathematisch bestimmt. Die Hyperbel (grün) kann z. B. mithilfe einer Dynamischen‐Geometrie‐Software (DGS) eingetragen werden.

Es geht weiter mit dem Ziehen des Leitkreises   um   mit dem Radius   für den rechten Ast der Hyperbel; es ergibt den Hilfspunkt   Um den Punkt   zu finden, der zum Brennpunkt   den gleichen Abstand hat wie zum Leitkreis   zieht man mit beliebigem Radius, aber mit derselben Zirkelöffnung um   den Kreis   und um   den Kreis   dabei ergibt sich der zweite Hilfspunkt   Wird jetzt ein Kreis   mit dem Radius   um   eingezeichnet, wird sozusagen der Radius   des Kreises   zum Radius   des Leitkreises   addiert. Der Schnittpunkt des Kreises   mit   ist der gesuchte Punkt  

Die nun folgende Halbgerade   ab   durch   schneidet den Leitkreis   in   und liefert das gleichschenklige Dreieck   (rosa) mit den beiden gleich langen Seitenlängen   und   Abschließend wird noch die Mittelsenkrechte   des Abstandes   eingetragen; wegen des gleichschenkligen Dreiecks   verläuft sie durch den Punkt   Daraus folgt:

das gleichschenklige Dreieck   mit

 

ist eine halbe Raute, in der die Mittelsenkrechte   und die Winkelhalbierende des Winkels   Tangenten der Hyperbel sind. Somit ist der konstruierte Punkt   ein Hyperbelpunkt.

Konstruktion des Hyperbelzirkels Bearbeiten

  • Damit der Hyperbelzirkel eine komplette Hyperbellinie zeichnen kann, ist es erforderlich, dass die Führungsschiene (ab   durch  ) oberhalb der Raute   (Zirkelnadel in  ) liegt. Anzumerken ist, in der obigen originären Darstellung Hyperbelzirkel des Frans van Schooten liegt die Führungsschiene unterhalb der Raute. Mit dieser Position der Führungsschiene kann die Hyperbellinie nicht durch den Scheitelpunkt   gezogen werden, sondern nur, z. B. gegen den Uhrzeigersinn, bis die Führungsschiene an der Zirkelnadel in   der Raute anliegt.

Die Prinzipskizze (Bild 2) ist eine Weiterführung der Basiskonstruktion Hyperbelpunkt nach Definition mit Leitkreis   (Bild 1). Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden die irrelevanten Kreise, Punkte etc. ausgeblendet. Der Leitkreis   sowie u. a. die Punkte   und   sind bereits in der vorangegangenen Konstruktion (Bild 1) bestimmt, es bedarf deshalb nur noch einer einfachen Einarbeitung der obig beschriebenen wesentlichen Teile des Hyperbelzirkels.

Zuerst werden die zwei Seitenlängen   und   der Raute, mit abgeschätzter Zirkelöffnung, deutlich größer als der Abstand  , auf der Mittelsenkrechten   festgelegt. Die Verbindung der Gelenkpunkte   mit   sowie   mit   schließt sich an und vollendet die Raute   mit dem gleichschenkligen Dreieck   (hellblau). Es folgt das Einzeichnen der Diagonalschiene, deren Länge   größer ist, als die Diagonale   der Raute. Abschließend wird die Führungsschiene ab   durch   eingezeichnet. Sie schneidet die Diagonalschiene  , wie vorgegeben, ebenfalls im Hyperbelpunkt   des gleichschenkligen Dreiecks   (rosa).

Bild 2: Prinzipskizze, Führungsschiene
(ab   durch  ) liegt oberhalb der Raute  
Animation der Prinzipskizze

Hyperbel zeichnen Bearbeiten

Wird der Hyperbelzirkel wie oben beschrieben von Hand bewegt, läuft der Punkt   auf dem Leitkreis   und der Schreibstift ( ) im Spalt der Diagonalschiene   Die Führungsschiene (  durch   und  ) zwingt die Diagonalschiene   als konstante Mittelsenkrechte   der sich kontinuierlich verändernden gleichschenkligen Dreiecke   und  , zu wirken. Daraus folgt: In jeder gedrehten Stellung des Parabelzirkels gilt

 

Damit wird aufgezeigt: Die mit dem Hyperbelzirkel gezogenen Kurven sind exakte Hyperbeln.

Siehe auch Bearbeiten

Fadenkonstruktion einer Hyperbel

Literatur Bearbeiten

  • C. Edward Sandifer: Van Schooten’s Ruler Constructions. In: Convergence August 2010. August 2010, doi:10.4169/convergence20141101 (englisch, Onlineversion vom November 2014).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Frans van Schooten: Exercitationum mathematicarum libri quinque. Lugdunum Batavorum (= Johannes Elsevir, Leiden 1657, Inhaltsübersicht, books.google.de).
  2. Frans van Schooten: Exercitationum mathematicarum libri V. Buch IV. Johannes Elsevir, Leiden 1657 S. 293 (books.google.de).
  3. Frans van Schooten: Exercitationum mathematicarum libri V. Band IV. Johannes Elsevir, Leiden 1657, S. 349 (books.google.de).