Geometrische Maßtheorie

Teilgebiet der Mathematik

Die Geometrische Maßtheorie ist das Studium geometrischer Eigenschaften durch die Maßtheorie. Sie liegt zwischen der Differentialgeometrie und der Topologie und liefert allgemeinere Ansätze als die Differentialgeometrie, da auch Flächen und Abbildungen mit Singularitäten betrachtet werden. Sie ist ein wichtiges Hilfsmittel in der Theorie der partiellen Differentialgleichungen und der Variationsrechnung.

Klassische Anwendungsprobleme sind Minimalflächen mit Singularitäten und nichtlineare partielle Differentialgleichungen mit Singularitäten.

Geschichte Bearbeiten

Eines der ältesten Probleme der geometrischen Maßtheorie ist der Beweis der Existenz einer Minimalfläche, wobei eine Randbedingungen vorgegeben ist. Dieses Problem nennt man Plateau-Problem.

Zu den ersten Arbeiten auf dem Gebiet der geometrischen Maßtheorie gehören die Resultate von Abram Besikowitsch.

In den 1950–1960er Jahren erschienen fundamentale Resultate von Mathematikern wie Ennio De Giorgi, Ernst Robert Reifenberg, Herbert Federer und Wendell Fleming. Der Begriff des Stroms stammt von Georges de Rham.

Als einer der Meilensteine gilt die Arbeit Normal and Integral Currents[1] von Federer und Fleming.

Maße Bearbeiten

Grundlegende Begriffe sind das  -dimensionale Hausdorff-Maß   und das  -dimensionale sphärische Maß  .

Hausdorff-Maß und sphärisches Maß Bearbeiten

Radon-Maß Bearbeiten

Dichte eines Maßes Bearbeiten

Sei   das  -dimensionale Volumen der Einheitskugel im euklidischen Raum

 .

Sei   ein Maß auf  ,   ein fixer Punkt und  .

  • Die obere  -dimensionale Dichte von   in   ist definiert als
 
  • Die untere  -dimensionale Dichte von   in   ist definiert als
 
  • Wenn  , dann spricht man von der  -dimensionalen Dichte von   in  .

  bezeichnet die abgeschlossene Kugel um   mit Radius  .

Caccioppoli-Mengen Bearbeiten

Definition (Caccioppoli) Bearbeiten

Sei   Lebesgue-messbare Menge in  .   ist eine Caccioppoli-Menge oder eine Menge mit (lokalem) endlichem Perimeter in   falls für jede kompakte Menge   gilt[2]

 

Die Menge ist nach Renato Caccioppoli benannt.

Rektifizierbarkeit Bearbeiten

Zentrale Objekte sind die rektifizierbaren Mengen, mit denen sich der approximative Tangentialraum definieren lässt.

Rektifizierbare Menge Bearbeiten

Approximativer Tangentialraum Bearbeiten

Ströme und Varifaltigkeiten Bearbeiten

Strom Bearbeiten

Sei   und mit   bezeichne den topologischen Dualraum von  . Dann ist   ein  -dimensionaler Strom auf  .

Erläuterungen Bearbeiten

Ein Strom ist somit ein stetiges, lineares Funktional auf dem Raum der  -Formen auf   mit kompaktem Träger.   ist der Vektorraum aller  -Ströme auf  .

Wichtige Klassen von Strömen sind normale Ströme (Ströme mit endlicher Masse) und Integral-Ströme.

Varifaltigkeit Bearbeiten

Eine Varifaltigkeit ist eine unorientierte Verallgemeinerung der differenzierbaren Mannigfaltigkeit, die auch Singularitäten besitzen kann. Sei   eine offene Teilmenge von   und   die Graßmann-Mannigfaltigkeit, wobei   und  . Im allgemeinsten Fall wird die Varifaltigkeit als Radonmaß auf dem kartesischen Produkt

 

definiert.

Hilfsmittel Bearbeiten

Überdeckungssätze Bearbeiten

Zentrale Sätze sind der Überdeckungssatz von Vitali und der Überdeckungssatz von Besikowitsch.

Überdeckungssatz von Besikowitsch Bearbeiten

Seien   und   eine Familie von abgeschlossenen, nicht-degenerierten Kugeln in   und entweder sei die Menge   der Mittelpunkte der Kugeln in   beschränkt oder  . Dann existieren eine positive Konstante   und Teilfamilien  , so dass

  • jedes   disjunkt und höchstens abzählbar ist und
  •  .

Flächen- und Koflächenformel Bearbeiten

Sei   eine Lipschitz-Funktion, und mit   bezeichnen wir das Lebesgue-Maß und mit   bezeichnen wir die  -dimensionale Jacobi-Determinante von  , die nachfolgend definiert wird.

Verallgemeinerte Jacobi-Determinante Bearbeiten

Falls  , dann

 

Falls  , dann

 

Falls  , dann

 .[3]

Flächenformel Bearbeiten

Falls  , dann gilt

 

für jede Lebesgue-messbare Menge  .[4]

Koflächenformel Bearbeiten

Falls  , dann gilt

 

für jede Lebesgue-messbare Menge  .[5]

Ungleichungen Bearbeiten

Poincaré-Ungleichungen Bearbeiten

Isoperimetrische Ungleichung Bearbeiten

Sobolev-Ungleichung Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Steven G. Krantz, Harold R. Parks: Geometric Integration Theory. Hrsg.: Birkhäuser. ISBN 978-0-8176-4676-9, doi:10.1007/978-0-8176-4679-0.
  • Francesco Maggi: Sets of Finite Perimeter and Geometric Variational Problems - An Introduction to Geometric Measure Theory. Hrsg.: Cambridge University Press.
  • Frank Morgan: Geometric Measure Theory - A Beginner's Guide. Hrsg.: Academic Press. ISBN 978-0-12-804489-6.
  • Herbert Federer: Geometric Measure Theory. Hrsg.: Springer Verlag. 1969.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Herbert Federer, Wendell H. Fleming: Normal and integral currents. In: Annals of Mathematics, 2nd Series, Bd. 72. Nr. 3, 1960, S. 458–520.
  2. Francesco Maggi: Sets of Finite Perimeter and Geometric Variational Problems - An Introduction to Geometric Measure Theory. Hrsg.: Cambridge University Press.
  3. Steven G. Krantz, Harold R. Parks: Geometric Integration Theory. Hrsg.: Birkhäuser. ISBN 978-0-8176-4676-9, S. 125, doi:10.1007/978-0-8176-4679-0.
  4. Steven G. Krantz, Harold R. Parks: Geometric Integration Theory. Hrsg.: Birkhäuser. ISBN 978-0-8176-4676-9, S. 121, doi:10.1007/978-0-8176-4679-0.
  5. Steven G. Krantz, Harold R. Parks: Geometric Integration Theory. Hrsg.: Birkhäuser. ISBN 978-0-8176-4676-9, S. 135, doi:10.1007/978-0-8176-4679-0.