EDA-DOPO

organische Phosphorverbindung

EDA-DOPO ist als Reaktionsprodukt von DOPO mit Ethylendiamin ein neuartiges Phosphonamidat, das als hochwirksames halogenfreies Flammschutzmittel, insbesondere für Polyurethan-Schaumstoffe in den Markt gebracht wird.

Strukturformel
Strukturformel von EDA-DOPO
Allgemeines
Name EDA-DOPO
Andere Namen
  • N,N′-Bis(6-oxido-6H-dibenz[c,e][1,2]oxaphosphiorin-6-yl)-1,2-ethandiamin
  • 6,6′-(Ethylendiamin-N,N′-diyl)bis(6H-dibenzo[c,e][1,2]oxaphosphinin-6-oxid)
  • 6,6′-[Ethan-1,2-diylbis(azandiyl)]bis(6H-dibenzo[c,e][1,2]oxaphosphin-6-oxid)
  • DOPO-EDA
  • EDAB-DOPO
Summenformel C26H22N2O4P
Kurzbeschreibung

weißes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1421927-53-8
EG-Nummer (Listennummer) 815-096-7
ECHA-InfoCard 100.249.032
Wikidata Q55525551
Eigenschaften
Molare Masse 488,4 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

271 °C[1]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser, schlecht löslich in Chloroform[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Herstellung Bearbeiten

Der Phosphinsäureester DOPO muss zunächst durch Überführung in das Säurechlorid aktiviert werden, wobei verschiedene Chlorierungsmittel eingesetzt werden können. So nutzt die Atherton-Todd-Reaktion das cancerogene Tetrachlormethan zur Chlorierung von DOPO zu DOP-Cl (Route A.); die Methode ist jedoch wegen der Verwendung von CCl4 obsolet.

 
Synthese von EDA-DOPO

Mit Sulfurylchlorid (SO2Cl2) in Dichlormethan in Gegenwart von Triethylamin als Base werden Ausbeuten bis 85 % erzielt (bevorzugte Route B.), während mit der festen Trichlorisocyanursäure TCCA als Chlorierungsreagenz in Acetonitril als Lösungsmittel eine schlechtere Ausbeute von 74 % erreicht wird (Route C.). Das Produkt wird als 1:1-Diastereomerengemisch erhalten.[4][2]

Eigenschaften Bearbeiten

EDA-DOPO ist ein Feststoff, der als weißes Kristallpulver anfällt und in Wasser kaum, in Chloroform wenig löslich ist. Die Verbindung ist thermisch außerordentlich stabil und beginnt sich erst bei Temperaturen oberhalb 350 °C zu zersetzen, was der räumlichen Abschirmung der labilen P-N-Bindung durch die Biphenyl-Strukturen zugeschrieben wird.[4] In-vitro-Tests lieferten bisher keine Hinweise auf neurotoxische, cytotoxische oder entzündungsfördernde Eigenschaften.[5]

Anwendungen Bearbeiten

Die Vorstufe DOPO besitzt bereits brauchbare brandhemmende Eigenschaften, aber insbesondere für thermoplastisch verarbeitete Polymere eine zu niedrige Zersetzungstemperatur (< 200 °C). Die flammhemmende Wirkung von DOPO und seinen Derivaten wird auf die Bildung reaktiver Radikale vom Typ PO• und HPO• in der entstehenden Gasphase bei der Pyrolyse des Materials (engl. gas phase mechanism) zurückgeführt.[6] Bei EDA-DOPO werden auch Synergien zwischen Stickstoff und Phosphor bei der flammhemmenden Wirkung diskutiert.[4]

Aufgrund seiner hohen Schmelz- und Zersetzungstemperatur eignet sich EDA-DOPO als halogenfreies und bei verhältnismäßig niedrigen Zugabemengen (< 5 %) wirksames Flammschutzmittel für hochschmelzende thermoplastische und duroplastische Kunststoffe, wie Polyester oder Polyamide, wobei es nach dem allgemein anerkannten Entflammbarkeitstest UL 94[7] mit der Einstufung V0 als am wenigsten entflammbar klassifiziert wurde.[8] Bei dem in jüngster Zeit forcierten Einsatz zur Flammschutzausrüstung von Polyurethan-Schäumen[9] kann EDA-DOPO seine Wirksamkeit und sein ökologisches und ökonomisches Profil unter Beweis stellen.[10]

Zur optimalen Stabilisierung von Kunststoffe werden meist Gemische von Flammschutzmitteln mit unterschiedlichen Wirkmechanismen eingesetzt, wie z. B. Aluminiumhydroxid, roter Phosphor oder organische Verbindungen wie Radikalfänger, Antioxidantien oder Intumeszenzmaterialien, wie Ammoniumpolyphosphate.

Literatur Bearbeiten

  • Edward D. Weil, Sergei V. Levchik: Flame retardants for Plastics and Textiles – Practical Applications, 2nd edit. Carl Hanser, München 2015, ISBN 978-1-56990-578-4.
  • Rudolf Pfaendner, Manfred Döring: Eco-Friendly Fire Prevention. In: Kunststoffe International. Carl Hanser, München 2014 (fraunhofer.de [PDF]).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b DOPO-EDA, Technical Data Sheet. (PDF; 44 KB) In: metadynea.at. Metadynea Austria GmbH, abgerufen am 27. Juni 2018 (englisch).
  2. a b Patent EP2557085A1: Novel phosphonamidates – synthesis and flame retardant applications. Angemeldet am 8. August 2011, veröffentlicht am 13. Februar 2013, Anmelder: EMPA Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, F. Nauer AG, Erfinder: H. Mispreuve, R. Näscher, S. Gaan, M. Neisius, P. Mercoli, S. Liang.
  3. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von EDA-DOPO im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Juli 2018.
  4. a b c N.M. Neisius, M. Lutz, D. Rentsch, P. Hemberger, S. Gaan: Synthesis of DOPO-based phosphonamidates and their thermal properties. In: Ind. Eng. Chem. Res. Band 53, Nr. 8, 2014, S. 2889–2896, doi:10.1021/ie403677k.
  5. C. Hirsch et al.: Multiparameter toxicity assessment of novel DOPO-derived organophosphorus flame retardants. In: Arch. Toxicol. Band 91, Nr. 1, 2017, S. 407–425, doi:10.1007/s00204-016-1680-4k.
  6. M. Rakotomalala, S. Wagner, M. Döring: Recent developments in halogen free flame retardants for electrical and electronic applications. In: Materials. Band 3, 2010, S. 4300–4327, doi:10.3390/ma3084300.
  7. Technische Informationen, Kunststoffe, Flammwidrigkeit von Kunststoffen. In: www.bobla.de. Bobla Gehäuse Systeme GmbH, archiviert vom Original am 9. Juli 2017; abgerufen am 28. Juni 2018.
  8. A. Buczko, T. Stelzig, L. Bommer, D. Rentsch, M. Heneczkowski, S. Gaan: Bridged DOPO derivatives as flame retardants for PA6. In: Polym. Degrad. Stab. Band 107, 2014, S. 158–165, doi:10.1016/j.polymdegradstab.2014.05.017.
  9. S. Liang, M. Neisius, H. Mispreuve, R. Näscher, S. Gaan: Flame retardancy and thermal decomposition of flexible polyurethane foams: Structural influence of organophosphorus compounds. In: Polym. Degrad. Stab. Band 77, 2012, S. 2428–2440, doi:10.1016/j.polymdegradstab.2012.07.019.
  10. Neuer Flammhemmer vor Markteintritt. In: www.empa.ch. empa, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, 26. September 2017, abgerufen am 28. Juni 2018.