Campus Lausanne

Universität in der Schweiz
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Der Campus Lausanne oder Campus Dorigny (frz. Campus de Lausanne bzw. Campus de Dorigny) ist ein grosses Areal unmittelbar westlich von Lausanne im Schweizer Kanton Waadt, wo sich die Universität Lausanne (UNIL), die École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) und verschiedene andere Institutionen befinden. Der Campus ist etwa 2,2 km² gross und liegt überwiegend auf dem Gebiet der Gemeinde Ecublens, kleinere Teile gehören zu den Gemeinden Chavannes-près-Renens und Saint-Sulpice (alle im Bezirk Ouest lausannois). Im Jahr 2013 arbeiteten und studierten hier rund 31'000 Personen.

Luftansicht der EPFL im westlichen Teil des Campus
Universitätsbibliothek Unithèque im östlichen Teil des Campus

Lage Bearbeiten

Durch das weitläufige Gelände fliesst der Fluss Chamberonne; er nimmt hier die Mèbre auf und mündet wenige hundert Meter südlich in den Genfersee. Die Verkehrserschliessung erfolgt durch die Autobahn A1 und die Hauptstrasse 1. Die im Jahr 1991 eröffnete Linie M1 der Métro Lausanne besitzt auf dem Gelände vier Haltestellen: UNIL-Chamberonne, UNIL-Mouline, UNIL-Sorge und EPFL. Ein Wahrzeichen des Campus ist die im Jahr 1800 gepflanzte Napoleoneiche; mehrere Äste des mächtigen Baumes wurden einer vollständigen Genomsequenzierung unterzogen.[1]

Geschichte Bearbeiten

 
Das spätere Campusgelände im Jahr 1960

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts baute ein Zweig der Familie de Loys nach und nach einen Gutshof in der Umgebung des Flusses Chamberonne auf. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entwickelte sich hier eine proto-industrielle Aktivität. Jean-Rodolphe de Loys richtete in der Schleife des Wasserlaufs ab 1706 eine Papierfabrik ein, 1731 dann eine Wäscherei und eine Schmiede. Étienne-François-Louis de Loys liess von 1770 bis 1774 ein repräsentatives Herrenhaus errichten, das Château de Dorigny. Ebenso baute er das Landgut durch die Errichtung von Wirtschaftsgebäuden weiter aus. Bis 1910 lebte die Familie de Loys ständig in Dorigny.[2]

1906 überlegte sich Pierre de Coubertin, am Genfersee einen dauerhaften Austragungsort für die Olympischen Spiele zu errichten. Fünf Jahre später organisierte er zu diesem Zweck einen Architekturwettbewerb, den Eugène Monod und Alphonse Laverrière gewannen. Für ihren Entwurf erhielten sie die Goldmedaille bei den Kunstwettbewerben der Sommerspiele 1912 in Stockholm zugesprochen. 1918 überarbeitete Laverrière seinen Entwurf, doch das Projekt der «Olympiastadt» scheiterte endgültig. Das Olympiastadion war am Standort der heutigen Universitätsbibliothek vorgesehen.[3] Von 1917 bis 1950 wurde das Herrenhaus an prominente Personen vermietet, darunter Prinz Aga Khan III., Prinz Karim Aga Khan IV. und dessen Ehefrau Rita Hayworth. Nach dem Tod von Marguerite de Loys, der letzten Vertreterin ihres Familienzweigs, fiel das Landgut Dorigny 1938 an die Familie Hoyos-de Loys, die sich jedoch nicht mehr dafür interessierte.[2]

1945 stellte Gabriel Despland, der für Verkehr zuständige Staatsrat des Kantons Waadt, das ambitionierte Projekt eines Flughafens auf dem flachen Gelände vor. Doch ein Jahr später lehnten die Stimmberechtigten von Lausanne die Genehmigung eines Planungskredits ab. 1963 verkaufte die Erbengemeinschaft Hoyos-de Loys den Gutshof an den Kanton Waadt[4], der die auf mehr als 40 Standorte verteilte Universität zusammenführen wollte. Das erste Gebäude der Universität, das auf dem neuen Campus eröffnet wurde, war das Amphipôle im Oktober 1970. Der Chefarchitekt des Campus war Guido Cocchi.[5] 1978 bezog auch die EPFL ihre ersten Gebäude in der westlichen Hälfte des Campus Dorigny. Über die Jahrzehnte entstanden mehr als 60 Bauwerke.[6]

2013 kündigte Radio Télévision Suisse an, sein Zentrum in Lausanne (Hauptsitz der Radiosender) in ein neues Gebäude auf dem Campus zu verlegen. Die Bauarbeiten begannen 2020 und sollen 2025 abgeschlossen sein.[7][8]

Institutionen Bearbeiten

 
La Grange de Dorigny
 
Rolex Learning Center
 
Gebäude Extranef der UNIL
 
SwissTech Convention Center
 
Internationale Akademie für Sportwissenschaft und -technik

Universität Lausanne (UNIL):

École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL):

Gemeinsame Einrichtungen UNIL/EPFL:

  • Sprachenzentrum
  • Sportzentrum
  • Universitätssportvereine (American Football, Badminton, Fussball, Rugby, Unihockey, Volleyball)
  • Berufsbildungszentrum
  • Universitätszentrum für Finanzwesen
  • Kompetenzzentrum für Materialoberflächenanalyse
  • Biotechnologiezentrum
  • Human Brain Project
  • Fréquence banane (Campusradio)

Weitere Institutionen:

Einrichtungen Bearbeiten

 
Vortex
 
Montreux Jazz Cafe auf dem Campus der EPFL

Verpflegung:

  • Zahlreiche Restaurants, Cafeterias und Essensstände
  • Bars («Zelig» im Géopolis der UNIL und «Satellite» im CM-Gebäude der EPFL)

Lebensmittelläden:

  • Zentrum «Les Arcades» mit Migros, Coop und Holy Cow! Burger Company
  • «L’épicentre» an der UNIL
  • «Le négoce» an der EPFL

Unterkünfte:

  • Studentenwohnheime Atrium, Ochettes und Triaudes der Fondation de maisons pour étudiants de Lausanne (FMEL)
  • Vortex (Studentenwohnheim der FMEL, olympisches Dorf der Olympischen Jugend-Winterspiele 2020)
  • Starling Hotel und Swiss Tech Hotel
  • Motel des pierrettes

Sonstiges:

  • Buchhandlungen («Basta!» in der Anthropole und «La fontaine» im Rolex Learning Center)
  • Universitäre Souvenirläden (der UNIL im Amphimax und der EPFL im Rolex Learning Center)
  • Bankfilialen: Banque Cantonale Vaudoise im Internef und Credit Suisse im Rolex Learning Center
  • Schweizerische Post an der Avenue Auguste-Piccard
  • Ticket-Shop der Schweizerischen Bundesbahnen
  • Kioske
  • Kindertagesstätten
  • Carsharing-Fahrzeuge
  • Landwirtschaftsmärkte
  • Biobauernhof (Ferme de Bassenges)

Weitere Einrichtungen in Lausanne Bearbeiten

Diese Bildungs- und Forschungseinrichtungen sind an anderen Standorten in Lausanne untergebracht:

Literatur Bearbeiten

  • Nadja Maillard: L’Université de Lausanne à Dorigny. Éditions Infolio, Gollion 2013, ISBN 978-2-88474-280-1.
  • Jean-Philippe Leresche, Frédéric Joye-Cagnard, Martin Benninghoff, Raphaël Ramuz: Gouverner les universités. L’exemple de la coordination Genève-Lausanne (1990–2010). Presses polytechniques et universitaires romandes, Lausanne 2010, ISBN 978-2-88074-931-6.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Campus Lausanne – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Mathilde Ythier: Napoleome: le projet de séquençage du chêne de Napoléon, emblème vivant du campus de l’UNIL. Universität Lausanne, 25. Mai 2014, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  2. a b Magali Kocher: Le domaine de Dorigny. Universität Lausanne, 2010, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  3. Domaine de Dorigny. Stadt Lausanne, 2022, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  4. 1946: Dorigny transformé en aéroport? (PDF, 661 kB) In: Uniscope, Nr. 244. Universität Lausanne, 1995, S. 7, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  5. Sur les pas de Guide Cocchi. (PDF, 11,9 MB) In: Allez savoir!, Nr. 56. Universität Lausanne, 2014, S. 61, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  6. Histoire de l’EPFL. École polytechnique fédérale de Lausanne, 2023, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  7. Vers un transfert des activités de la RTS à Lausanne sur le site de l’EPFL. Radio Télévision Suisse, 17. Dezember 2013, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).
  8. Bienvenue dans notre futur bâtiment RTS à Lausanne. Radio Télévision Suisse, 2022, abgerufen am 17. März 2023 (französisch).

Koordinaten: 46° 31′ 14,3″ N, 6° 34′ 18,7″ O; CH1903: 533489 / 152518