Carmen Scheibenbogen

deutsche Hämatoonkologin und Immunologin

Carmen Scheibenbogen (* 16. März 1962 in Oberviechtach) ist eine deutsche Hämatoonkologin und Professorin für Immunologie an der Berliner Charité. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und Long COVID bzw. das Post-COVID-Syndrom sowie Immunmonitoring, -defekte, -therapien und Tumorimpfstoffe.[1]

Scheibenbogen leitet die einzige Ambulanz[2] für erwachsene Menschen mit ME/CFS in Deutschland. Sie engagiert sich öffentlich für eine stärkere Wahrnehmung von ME/CFS sowie eine Verbesserung der Situation Betroffener.

Beruflicher Werdegang

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Scheibenbogen studierte von 1982 bis 1988 mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes Humanmedizin an den Universitäten Bonn und Marburg. Während ihres Studiums arbeitete sie ein Semester in Denver (USA). 1987 wurde sie an der Universität Marburg promoviert. Anschließend war sie von 1988 bis 1990 an der Universität Freiburg in der Hämatoonkologie wissenschaftlich tätig. Von 1990 bis 1998 war sie an der Universität Heidelberg beschäftigt. Sie wurde 1994 Fachärztin für Hämatoonkologie. 1997 wurde Scheibenbogen habilitiert und erlangte die Venia Legendi.[3][1][4][5]

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft leitete sie ab 1998 als Oberärztin eine Arbeitsgruppe an der Charité mit dem Schwerpunkt Tumorimmunologie und Entwicklung von Tumorimpfstoffen. Die Ernennung zur Professorin für Immunologie, verbunden mit der stellvertretenden Leitung des Instituts für Medizinische Immunologie der Charité, erfolgte 2007.[1][5][6] Sie steht der Immundefektambulanz der Charité vor[7] und ist Direktorin des Charité Fatigue Centrums.[1]

Versorgungs- und Forschungsschwerpunkte

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2007 übernahm Scheibenbogen eine Sprechstunde für ME/CFS an der Charité und spezialisierte sich auf ME/CFS.[4][3] Sie initiierte Forschungsprojekte und erste klinische Studien, auch organisierte sie Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte und Betroffene.[4] Schwerpunkt der Forschung ihrer Arbeitsgruppe ist bis heute die Rolle von Autoimmunität und des Epstein-Barr-Virus bei ME/CFS.[8] 2018 gründete sie das Charité Fatigue Centrum.[1][4] Dort werden Erwachsene aus Berlin und Brandenburg mit ME/CFS diagnostiziert. Eine Behandlung erfolgt aufgrund fehlender Kapazitäten nicht.[9]

2015 gründete sie gemeinsam mit anderen internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das von der Europäischen Union geförderte ME/CFS-Netzwerk EUROMENE.[3][10][11] Von 2016 bis 2021 war Scheibenbogen Vorstandsmitglied.[1]

Vom Innovationsfonds erhält sie seit 2021 eine Förderung für die Versorgungsstudie CFS_CARE.[12][13] Gemeinsam mit Uta Behrends und dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München baut sie seit 2021 mit einer Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit ein standortübergreifendes ME/CFS-Register auf.[13][14][15][16] 2021 unterstützte sie zudem den Aufbau des Post-COVID-Netzwerks der Charité.[1][4]

Seit 2022 leitet sie das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundforschungsprojekt IMMME: Immune Mechanisms of ME.[17][16] Im selben Jahr erhielt Scheibenbogen zusammen mit Ärztinnen und Ärzten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen und mehrerer Universitäten eine Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für eine klinische Studienplattform für ME/CFS und das Post-COVID-Syndrom (Nationale Klinische Studiengruppe MECFS PCS, NKSG).[18][16]

Scheibenbogen ist an einer Vielzahl an wissenschaftlichen Publikationen zu ME/CFS und Long COVID beteiligt.[19] In einer Kohortenstudie zeigte sie zusammen mit anderen Autorinnen und Autoren, dass viele Betroffene des Post-COVID-Syndroms die Kriterien für ME/CFS erfüllen.[20][21]

Öffentliche Aktivitäten zu ME/CFS und Long COVID

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Scheibenbogen setzt sich seit vielen Jahren öffentlich für die Erforschung von ME/CFS und die Verbesserung der Versorgung Betroffener ein. Seit der COVID-19-Pandemie vertritt sie zudem die Anliegen Long-COVID-Erkrankter.

Sie nahm an mehreren Anhörungen zu ME/CFS und Long COVID teil, unter anderem im Petitions- und im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages sowie am Runden Tisch des Bundesministeriums für Gesundheit.[22][23][24][25] Sie ist Vorsitzende des ärztlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS[26] sowie Mitglied des Arbeitskreises „Long-Covid“ der Bundesärztekammer[27] und der Expertengruppe Long COVID Off-Label-Use des Bundesministeriums für Gesundheit.[28]

Am 30. September 2022 erhielt Scheibenbogen das Bundesverdienstkreuz am Bande von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für ihre Forschung und Öffentlichkeitsarbeit zu ME/CFS.[29][4] In zahlreichen Medienauftritten klärt sie über ME/CFS und Long COVID auf und stellt die Situation der Betroffenen dar.[30][31][32][33]

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Lebenslauf von Carmen Scheibenbogen (PDF; 0,01 MB). Bundesärztekammer. Abgerufen am 30. September 2024.
  2. Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) – Aktueller Kenntnisstand (PDF; 2,7 MB), Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 17. April 2023, S. 29, abgerufen am 29. September 2024.
  3. a b c Porträt von Carmen Scheibenbogen. In: Tagesspiegel. 2. Januar 2021, abgerufen am 30. September 2024.
  4. a b c d e f Pressemitteilung. Unermüdlicher Einsatz für Erforschung und Behandlung von ME/CFS. In: Charité Berlin. 30. September 2022, abgerufen am 30. September 2024.
  5. a b Lebenslauf von Carmen Scheibenbogen (PDF; 0,03 MB). Lost Voices Stiftung. Abgerufen am 30. September 2024.
  6. Institut für Medizinische Immunologie. In: Charité Berlin. 2024, abgerufen am 30. September 2024.
  7. Institut für Medizinische Immunologie. Immundefektambulanz. In: Charité Berlin. 2024, abgerufen am 30. September 2024.
  8. Forschungsschwerpunkte & Kooperationen der AG Scheibenbogen. In: Charité Berlin. 2024, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  9. Kathryn Hoffmann, Astrid Hainzl, Michael Sting et al.: Interdisziplinäres, kollaboratives D-A-CH Konsensus-Statement zur Diagnostik und Behandlung von Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom. In: Wiener klinische Wochenschrift. Band 136, Nr. 5, 14. Mai 2024, ISSN 1613-7671, S. 106, doi:10.1007/s00508-024-02372-y, PMID 38743348, PMC 11093804 (freier Volltext).
  10. Luis Nacul, François Jérôme Authier, Carmen Scheibenbogen et al.: European Network on Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (EUROMENE): Expert Consensus on the Diagnosis, Service Provision, and Care of People with ME/CFS in Europe. In: Medicina. Band 57, Nr. 5, 19. Mai 2021, ISSN 1648-9144, S. 510, doi:10.3390/medicina57050510, PMID 34069603, PMC 8161074 (freier Volltext).
  11. Home. In: Euromene. 2016, abgerufen am 1. Oktober 2024 (englisch).
  12. CFS_CARE - Versorgungsmodell für Patientinnen und Patienten mit Chronischem Fatigue Syndrom (ME/CFS). In: Charité Berlin. 2024, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  13. a b Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) – Aktueller Kenntnisstand (PDF; 2,7 MB), Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 17. April 2023, S. 30, abgerufen am 29. September 2024.
  14. MECFS-Register/Biobank. In: Charité Berlin. Abgerufen am 29. September 2024.
  15. Hannah Hieber, Rafael Pricoco, Katrin Gerrer et al.: The German Multicenter Registry for ME/CFS (MECFS-R). In: Journal of Clinical Medicine. Band 13, Nr. 11, Januar 2024, ISSN 2077-0383, S. 3168, doi:10.3390/jcm13113168, PMID 38892879, PMC 11172639 (freier Volltext).
  16. a b c Yvonne Maier: Wenn Grippe und Erschöpfung nicht weggehen. In: ARD alpha. 16. Mai 2024, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  17. Pressemitteilung. Komplikation nach Infektionskrankheiten: Was steckt hinter ME/CFS? In: Charité Berlin. 26. August 2022, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  18. Pressemitteilung. Charité startet erste klinische Studien bei Post COVID und Chronischem Fatigue-Syndrom. In: Charité Berlin. 10. November 2022, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  19. Carmen Scheibenbogen bei PubMed. In: PubMed. Abgerufen am 1. Oktober 2024.
  20. Claudia Kedor, Helma Freitag, Lil Meyer-Arndt et al.: A prospective observational study of post-COVID-19 chronic fatigue syndrome following the first pandemic wave in Germany and biomarkers associated with symptom severity. In: Nature Communications. Band 13, Nr. 1, 30. August 2022, ISSN 2041-1723, S. 5104, doi:10.1038/s41467-022-32507-6, PMID 36042189, PMC 9426365 (freier Volltext).
  21. Yvonne Maier: Corona-Spätfolgen. Post-Covid - Wenn ME/CFS dazukommt. In: ARD alpha. 17. Mai 2024, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  22. Anhörung zu ME/CFS im Bundestag. In: Deutsche Gesellschaft für ME/CFS. 18. Februar 2022, abgerufen am 30. September 2024.
  23. Lauterbach: „Wendepunkt in der Long COVID Versorgung: Wir lassen Betroffene nicht allein“. In: Bundesministerium für Gesundheit. Abgerufen am 19. Juli 2024.
  24. ME/CFS: Behandlung möglichst schnell verbessern. In: Deutsches Ärzteblatt. 20. April 2023, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  25. Anni Dietzke: Fachgespräch zu ME/CFS im Bundestag: Millionen Menschen leiden weltweit am Chronischen Fatigue Syndrom. In: Tagesspiegel. 4. März 2020, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  26. Ärztlicher Beirat der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS. In: Deutsche Gesellschaft für ME/CFS. Abgerufen am 30. September 2024.
  27. Arbeitskreis Long-Covid. In: Bundesärztekammer. 9. Dezember 2021, abgerufen am 30. September 2024.
  28. Expertengruppe Long COVID Off-Label-Use. In: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Abgerufen am 19. Juli 2024.
  29. Eva Richter-Kuhlmann: Carmen Scheibenbogen: Hoffnung für Long-COVID-Erkrankte. 4. November 2022, abgerufen am 4. Oktober 2024.
  30. Ulrich Timm im Gespräch mit Prof. Carmen Scheibenbogen. In: ARD Mediathek. 27. Januar 2024, abgerufen am 30. September 2024.
  31. Mehr als erschöpft: Der Kampf gegen das Fatigue-Syndrom. In: ZDF heute. 8. August 2023, abgerufen am 30. September 2024.
  32. Internationale Konferenz in Berlin. ME/CFS - eine kaum erforschte Krankheit. In: Tagesschau. 11. Mai 2023, abgerufen am 30. September 2024.
  33. Corona-Folgen. Was über Long Covid bekannt ist. In: Tagesschau. 11. Mai 2023, abgerufen am 30. September 2024.