Zalavár

Gemeinde in Ungarn
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Zalavár ist eine Gemeinde in Ungarn im Komitat Zala mit 936 Einwohnern (Stand 2011). Sie liegt etwa 9 km südwestlich des Plattensees. In Quellen des 9. Jahrhunderts wurde Zalavár als Mosapurc bezeichnet. In modernen Quellen wird es auch als Moosburg (deutsch) oder Blatnohrad (slowakisch), Blatnograd (kroatisch) oder Блатноград (bulgarisch) bezeichnet.

Zalavár
Wappen von Zalavár
Zalavár (Ungarn)
Zalavár (Ungarn)
Zalavár
Basisdaten
Staat: Ungarn Ungarn
Region: Westtransdanubien
Komitat: Zala
Kleingebiet bis 31.12.2012: Keszthely
Kreis: Keszthely
Koordinaten: 46° 40′ N, 17° 9′ OKoordinaten: 46° 40′ 12″ N, 17° 9′ 24″ O
Höhe: 119 m
Fläche: 31,06 km²
Einwohner: 800 (1. Jan. 2022)
Bevölkerungsdichte: 26 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+36) 83
Postleitzahl: 8392
KSH-kód: 13736
Struktur und Verwaltung (Stand: 2015)
Gemeindeart: Gemeinde
Bürgermeisterin: Ildikó Horváth (parteilos)
Postanschrift: Dózsa György u. 1
8392 Zalavár
Website:
(Quelle: Localities 01.01.2022. bei Központi statisztikai hivatal)

Geschichte Bearbeiten

 
Überreste der romanischen Basilika (Hadriankirche) in Zalavár, 2006

Hauptstadt des Plattensee-Fürstentums Bearbeiten

Im 9. Jahrhundert war Moosburg die befestigte Hauptstadt des fränkischen Pannonischen Fürstentums und Sitz des Fürsten. Das Herrschaftszentrum wurde auf einer Insel inmitten eines Wald- und Sumpfgebietes am Fluss Zala um 840 von Fürst Pribina als Festung neu errichtet und besiedelt. Hier wurde vom Salzburger Erzbischof aus ein, direkt dem Bischof unterstehendes, Missionszentrum geschaffen. Die ständige Bevölkerung der Hauptstadt bestand aus Adel, Mönchen, Kriegern und Dienstvolk.[1] Zu Beginn hatte Moosburg noch dörflichen Charakter, ab 850 nahm es bereits städtische Züge an.[2] Die Bewohner der Burg lebten in oberirdischen, unterteilten Balkenhäusern, die für die Zeit relativ groß waren. In unmittelbarer Nähe der Häuser befanden sich Brunnen, Öfen, Arbeits- und Vorratsgruben. Das östlichste Drittel der Burginsel, wo Häuser von Handwerkern, Kaufleuten der Adelshöfe der wichtigsten Vertrauten des Hofes standen, ist noch am wenigsten erforscht.[3]

Die gesamte L-förmige Burginsel war durch einen äußeren Burgwall befestigt, der aus einem, zwischen zwei parallelen Pfostenreihen laufenden, mit Flechtwerk gestampften Erdwall bestand.[4] Der befestigte Adelshof der Fürsten stand im südlichen Drittel der Insel. Der Adelshof war vom Rest der Insel durch einen 12 Meter breiten und 2,5 Meter tiefen Befestigungsgraben und Palisaden getrennt. Innerhalb dieses Bereiches stand die Marienkirche für den Gemeindegottesdienst.[3]

Außerhalb des Adelshofes standen ein Palast mit mehreren Nebengebäuden und einem Brunnen für den Bischof sowie zwei weitere Kirchen. Die Kirche Johannes des Täufers. ein Baptisterium aus Holz aus den frühen 840er Jahren, wurde allerdings im letzten Drittel des 9. Jahrhunderts geschleift und auf ihrem westlichen Teil eine Werkstatt für Geweihverarbeitung errichtet. Ebenfalls außerhalb des Adelshofes ließ Erzbischof Liupram die dreischiffige Hadrianskirche als Wallfahrtskirche errichten, die von einer Palisadenmauer umgrenzt war und in der der Märtyrer Hadrian bestattet lag. Deren Palisadenumgrenzung war etwa genauso groß wie das fürstliche Areal. Am Westende der Kirche standen ein Mönchskloster und ein runder Glockenturm mit der größten Glocke der Karolingerzeit. Die Glocke wurde direkt neben der Kirche gegossen.[5] Auch das in Silbergelb und Kupferrot mit Heiligenfiguren bemalte Glas der Kirchenfenster wurde direkt vor Ort hergestellt. Die Hadrianskirche wurde gelegentlich auch als „Thron- und Erscheinungskirche“ des Bischofs benutzt.[6] In der Hadrianskirche wurden Firmungen vollzogen, die Priesterweihe erteilt und kirchliche Befehle und Rechtssprüche verkündet.[7]

Zentrum der christlichen Mission Bearbeiten

Moosburg war das Zentrum der Christianisierung Unterpannoniens im 9. Jahrhundert. Unter Fürst Kocels Regentschaft weilte der Salzburger Erzbischof Adalwin von Weihnachten 864 bis ins Frühjahr 865 sowie von Sommer bis Herbst 865 in Moosburg. In dieser Zeit weihte der Metropolit elf neue Kirchen im Pannonischen Fürstentum. Später spielte Kocel eine wichtige Rolle bei der, vom byzantinischen Kaiser Michael III. betriebenen, Mission von Kyrill und Method und kam damit in Konflikt mit dem Salzburger Bischof.[8] Kocel ging es dabei um eine eigenständige, direkt dem Papst unterstellte Kirchenorganisation und damit auch um eine größere Unabhängigkeit von Salzburg und dem Ostfrankenreich. Im Sommer 867 beherbergte er die beiden Slawenmissionare während ihrer Durchreise nach Rom in Moosburg. Sie sollen damals in Moosburg bis zu 50 Schüler ausgebildet haben. Kocel unterstützte und verbreitete danach die altkirchenslawische Liturgie in seinem Herrschaftsbereich.

Ab 869 wirkte Method von Saloniki als päpstlicher Legat am Hofe Kocels. Im Winter 869/870 erreichte Kocel bei Papst Hadrian II. die Ernennung Methods zum Erzbischof von Pannonien und Großmähren mit Sitz in Sirmium. Der eigentliche Bischofssitz war damals allerdings Moosburg.[9] Sirmium lag im Machtbereich der Bulgaren und diente nur der Demonstration der päpstlichen Ansprüche. 870 wurde Method durch eine Bairische Bischofssynode verurteilt und verbrachte anschließend drei Jahre in Klosterhaft. Unterdessen nahmen die Salzburger Missionare ihre Missionsarbeit in Moosburg wieder auf. 873/874 kehrte Bischof Method wieder an den Hof Kocels zurück. Nach dem Tod Kocels musste Method dem Druck seiner Gegner weichen. Er ging daraufhin zu Fürst Sventopluk nach Großmähren, wo er bis zu seinem Lebensende wirkte.[10]

Nach 900 Bearbeiten

Im Jahre 907 wurde der bairische Heerbann von den Magyaren vernichtend geschlagen. Zumeist wird Pressburg als Ort dieses Ereignisses angegeben (Schlacht von Pressburg). Es gibt aber auch Wissenschaftler, die unter Berücksichtigung der topographischen, militärhistorischen und taktischen Gegebenheiten diese Schlacht bei Mosapurc (Zalavár) lokalisieren.[11] In der Frühzeit der Magyaren hat Heerführer Bulcsú über diese Gegend geherrscht. Im 11. Jahrhundert wurde die Burg reaktiviert und in das ungarische Verteidigungssystem Gyepű mit einbezogen. Nördlich der einstigen Eigenkirche Pribinas, die 1019 neu eingeweiht wurde, entstand eine Festung als erstes Zentrum der Gespanschaft des Komitates Zala. Ende des 11. Jahrhunderts wurden Kloster und Kirche umgebaut sowie eine neue Kirche errichtet (heute Kapelle Stephans des Heiligen).[2]

Palatin Thomas III. Nádasdy erweiterte die seit Mitte des 15. Jahrhunderts bestehende Befestigung des Klosters. Die Mönche verließen das Kloster im Jahre 1575. Das Kloster wurde daraufhin eine ungarische Grenzburg, die im Zuge der fortwährenden Grenzkämpfe mit den Türken zerstört wurde, bis die Anlage schließlich auf Befehl des ungarischen Königs Leopold I. gesprengt wurde. Die Abtei Zalavár wurde 1715 dem Stift Göttweig als Filialabtei übergeben. Der Orden errichtete in Zalaapáti ein neues Kloster.[2]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

  • Gedenkpark Zalavár[2]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Keszthely – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur Bearbeiten

  • Béla Miklós Szőke: Die Karolingerzeit in Pannonien (= Monographien des RGZM. Band 145). Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz 2021, ISBN 978-3-88467-308-9, S. 303–409 (online).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Béla Miklós Szőke: ANTÆUS 31-32. Communicationes ex Instituto Archaeologico Academiae Scientiarum Hungaricae, Budapest 2010.
  2. a b c d Gedenkpark Zalavár. In: zalavarpark.hu. Abgerufen am 6. August 2020 (deutsch, englisch, ungarisch).
  3. a b Béla Miklós Szőke: Christliche Denkmäler in Pannonien aus der Karolingerzeit. Zalai Múzeum, 2002, S. 248 ff.
  4. Agnes Sós, Sándor Bökönyi: Die Ausgrabungen Géza Fehérs in Zalavár. ArchHung, Budapest 1963.
  5. Elek Benkő: Die karolingerzeitliche Glockengussgrube von Zalavár. Jahrbuch für Glockenkunde, 2005–2006.
  6. Günter Bandmann: Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger. Berlin 1951, S. 173, 207.
  7. Edgar Lehmann: Von der Kirchenfamilie zur Kathedrale. Kunsthistorische Studien, Baden-Baden 1962, S. 21–37.
  8. Franz Greszl: Tausend Jahre deutsches Leben im Karpatenraum. Eine kirchen- und geistesgeschichtliche Untersuchung. Unsere Post, Stuttgart 1971, S. 11 ff.
  9. Herwig Wolfram: Salzburg, Bayern, Österreich. Die Conversio Bagoarium et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit. Verlag Oldenbourg, Wien/München 1996.
  10. Heinz Dopsch: Zwischen Salzburg, Byzanz und Rom. Zur Missionierung Pannoniens im 9. Jahrhundert. In: Christentum in Pannonien im ersten Jahrtausend. Zalaegerszeg 2002, S. 267 ff.
  11. Charles R. Bowlus: Franks, Moravians and Magyars: The Struggle for the Middle Danube, 788–907. Philadelphia 1995.