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Steppenwürger

Steppenraubwürger

Systematik
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Familie: Würger (Laniidae)
Gattung: Echte Würger (Lanius)
Art: Steppenwürger
Wissenschaftlicher Name
Lanius excubitor pallidirostris
Cassin, 1852

Der Steppenraubwürger (Lanius excubitor pallidirostris),(Syn.Laniuspallidirostris) ist ein Singvogel aus der Gattung der Echten Würger (Lanius) innerhalb der Familie der Würger (Laniidae). Der etwa amselgroße Vogel ist vergleichsweise wenig kontrastierend, verwaschen, grau-schwarz-weiß gefärbt; häufig erscheint an den Flanken eine rosa- oder rostrote Tönung.

Der Steppenraubwürger wurde 1852 von Cassin erstbeschrieben; namensgebend war der hornfarbene Schnabel. (lat.: pallidus=blass, bleich; lat.: rostrum=Schnabel). Die Art zählt zum Artenkomplex der Großen Grauen Würger, der zur Zeit (Stand Ende 2018) einer umfangreichen systematischen Revision unterliegt. Sein taxonomischer Rang wird unterschiedlich bewertet: Einige Autoritäten stellen ihn in Artrang,[1][2] andere betrachten ihn als Unterart des Raubwürgers[3] oder klassifizieren ihn zusammen mit anderen Unterarten des Raubwürgers (z.B. L. e. lahtora oder L. e. aucheri) als polytypische Spezies.[4][5]

Das sehr große Verbreitungsgebiet der Art erstreckt sich vom Kaspischen Meer im Westen bis Westchina und die Mongolei im Osten. Südwärts reicht es bis in die Wüstengebiete Nordpakistans und Nordwestindiens.

Die meisten Populationen des Steppenraubwürgers sind Langstreckenzieher mit zum Teil enormen Zugdistanzen; nur wenige überwintern nach einem nur kurzen Zug bereits südwestlich der Brutgebiete. Seine Überwinterungsgebiete liegen vor allem im östlichen, äquatornahen Afrika. Wie die meisten Vertreter seiner Gattung ist er ein Lauerjäger, der sich vornehmlich von großen Insekten, gelegentlich auch von Reptilien und kleinen Säugetieren ernährt.

Lanius pallidirostris ist monotypisch. Überregionale quantitative- oder qualitative Bestandseinschätzungen sind nicht vorhanden; zumindest regional scheint die Art nicht selten vorzukommen.[6] Panov berichtet allerdings von erheblichen regionalen Bestandsfluktuationen.[7]

Kennzeichen Bearbeiten

 
Adulter Steppenraubwürger

Mit bis zu 25 Zentimeter Körperlänge und einem Gewicht von etwa 65 Gramm ist der Steppenraubwürger ein großer Vertreter der Gattung. Seine Oberseite ist fahlgrau, zuweilen mit einer leicht sandfarbenen Tönung. Die Flügel zeigen viel Weiß, ebenso der Schwanz. Die Geschlechter weisen nur einen marginalen Färbungsdimorphismus auf und unterscheiden sich in Größe und Gewicht nicht.

Scheitel, Nacken und Mantel sind hellgrau, der Bürzel ist oft leicht sandfarben getönt. Die Augenmaske beginnt erst kurz vor den Augen und verläuft bis hinter die Ohrdecken. Sie ist auf der Oberseite deutlich weiß gerandet; diese Weißzeichnung ist auch über der frontalen Schnabelbasis erkennbar. Oft ist die Augenmaske nicht gesättigt schwarz, sondern weist leichte Brauntöne auf, dies gilt besonders für Weibchen. Die Schulterfedern sind rein weiß, die Schwingen und die Oberflügeldecken schwarz. Die Basen der Handschwingen sind breit weiß gefärbt; von den Armschwingen sind die meisten Schäfte breit schwarz, die angrenzenden Bereiche dagegen weiß. Das erzeugt beim sitzenden Vogel einen doppelten, markanten Flügelspiegel, beim fliegenden ein breites, sichelförmiges Flügelfeld im Bereich der Handschwingen und eine unregelmäßige, strichförmige Weißzeichnung im Bereich der Armschwingen. Kehle, Brust, Bauch und Unterschwanzdecken sind schmutzig weiß. An den Flanken zeigen sich vor allem im frischen Gefieder rosa- oder rostrote Farbtöne. Die inneren vier Steuerfedern des leicht gestuften Schwanzes sind zur Gänze schwarz, die beiden äußeren Federpaare bis auf einige schwarze Einschlüsse weiß. Die dazwischenliegenden weisen eine individuell unterschiedliche schwarz-weiße Farbverteilung auf, wobei der Weißanteil vor allem zur Schwanzspitze hin zunimmt. Der Schnabel ist zur Brutzeit schwarz, hellt aber danach deutlich auf und wird vor allem an der Schnabelwurzel und am Unterschnabel hornfarben.[8] Die Iriden sind dunkelbraun, ebenso sind auch die Läufe gefärbt.

Die Geschlechter unterscheiden sich in der Größe nicht und in ihrer Färbung nur unwesentlich. Weibchen sind meist geringfügig weniger kontrastreich gezeichnet, sehr selten ist eine leichte Sperberung im Brust-, Flanken- und Nackenbereich erkennbar. Die bei den Männchen tiefschwarz-gesättigten Gefiederbereiche können bei den Weibchen ein sehr dunkles Braun aufweisen. Die Sperberung juveniler Individuen ist im Kopfbereich erkennbar aber nicht so markant wie bei einigen anderen Würgerarten; die Handschwingen der Jungvögel sind breiter weiß eingefasst, und der Schnabel ist immer hornfarben. Die Gesichtsmaske ist bräunlich und beginnt erst hinter den Augen.[9]

Lautäußerungen Bearbeiten

Der Steppenraubwürger ist akustisch nicht sehr auffällig. Am lautesten sind kreischende Alarmrufe,[10] die in Charakter und Tonlage an jene von Elstern erinnern. Alarmfunktion haben auch hohe, metallisch klingende, dreisilbige Tonfolgen und nasales, zweisilbiges Krächzen.[11] Häufig ist auch von beiden Altvögeln ein eher leiser, meist langsam gereihter, reintönender, kurzer Pfiff[12] zu hören, der als weitgehend undifferenzierter Kommunikationslaut interpretiert wird. Der Gesang ist ein leises, mehrsilbiges, gepresstes Zwitschern, das in unterschiedlichen Variationen vor allem in der Vorbrutzeit vorgetragen wird.[13] In der Balzzeit gibt das Weibchen häufig juvenile Bettellaute von sich.

Mauser Bearbeiten

Kurz nach dem Ausfliegen wechseln Jungvögel ins Immaturgefieder. Dabei vermausern sie alle Konturfedern und einen Großteil der Deckfedern. Einige erneuern auch die äußeren Handschwingen und einige Steuerfedern. Diese Mauser dauert etwa 2 Monate; sie beginnt im Brutgebiet, nur bei frühen Bruten wird sie auch dort abgeschlossen. Ins erste Erwachsenengefieder wechseln Jährlinge daran anschließend, meist noch in den Überwinterungsgebieten. Die Komplettmauser der Adulten beginnt oft schon während der Brutzeit Ende Mai, Anfang Juni. Sie ist vor dem Wegzug abgeschlossen; in unterschiedlichem Ausmaß vermausern Adulte vor Brutbeginn einen Teil ihrer Körperfedern; diese Mauser beginnt vor dem Heimzug noch im Überwinterungsgebiet.[14]

Verbreitung und Lebensraum Bearbeiten

 
Brutgebiet des Steppenraubwürgers
Die genaue Abgrenzung des Brutgebietes ist unklar; dies gilt vor allem für die hier gestreift dargestellte Nordgrenze.
 
Sehr trockene, nur mehr spärlich mit Büschen bewachsene Habitate, wie hier in der Kyzylkum werden vom Steppenraubwürger bevorzugt
 
Lebensraum des Steppenraubwürgers in einer Oasenlandschaft der Wüste Gobi

Der Steppenraubwürger bewohnt geeignete Habitate in einem sehr ausgedehnten Gebiet, das sich vom Ostufer des Kaspischen Meeres über die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Uzbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und Kirgisistan ostwärts bis in die westliche, zentrale und südliche Mongolei und in das autonome Gebiet Xinjiang erstreckt. Im Südwesten und Süden kommt die Art in weiten Teilen des nördlichen und zentralen Irans, im nördlichen und zentralen Afghanistan, im Kashmirgebiet und im nördlichen Pakistan vor. Im äußersten Südosten erreicht das Verbreitungsgebiet das nördliche und nordwestliche Indien, sowie die nordwestlichsten Landesteile Tibets. Die nördliche Verbreitungsgrenze verläuft in Kasachstan und in der Mongolei. Sie ist offenbar wie der gesamte Lebensraum erheblichen Fluktuationen unterworfen; inwieweit die Ausbreitung von Wüstengebieten die Lebensbedingungen der Art verändert, beziehungsweise sogar neue Lebensräume schafft, ist nicht geklärt.[15]

In Teilen Irans besteht eine Berührungszone zu L. e. aucheri; dort werden intermediär gefärbte Hybride festgestellt. Ob weitere Kontaktzonen, insbesondere zu L. e. lahtora im zentralen Pakistan bestehen, ist unklar.[16]

In diesem großen Verbreitungsgebiet brütet der Steppenraubwürger in mit Federgräsern, Salzsteppen-Wermut und Queller bewachsenen Steppengebieten, gerne in Senken oder entlang temporärer Fließgewässer, wo sich noch differenziertere Buschvegetation wie Saxaul, Erbsensträucher und Tamarisken behaupten konnten. Häufig besiedelt die Art auch busch- und vereinzelt baumbestandene Geländeabschnitte entlang von Bächen und kleinen Flüssen in sonst nur mehr karg bewachsenen, oder bereits weitgehend vegetationslosen submontanen Gebieten oder Vegetationsinseln vom Tugay-Typ innerhalb oder am Rande von Wüsten.[17][18] In nicht geringer Anzahl besiedelt er auch nur mehr vereinzelt buschbestandene Areale am Fuße großer Sanddünen, und gehört dort wie auch in den Pistazienbeständen des Badkhyz-Naturreservats zu den häufigsten Brutvogelarten.[19] Erst in den letzten Jahrzehnten drang der Steppenraubwürger auch in agrarisch genutzte Gebiete vor und brütet in Buschvegetation entlang von Straßen, wo er an den begleitenden Strom- und Telefonleitungen geeignete Ansitze findet.[20]

Die Siedlungsdichte schwankt regional sehr stark und ist auch jährlichen Fluktuationen unterworfen, deren Ursachen bislang nicht festgestellt werden konnten.[7]. Eine hohe Siedlungsdichte mit bis zu 10 Brutpaaren auf 10 km² erreicht die Art im Badkhyz-Naturreservat, insbesonders entlang des Murgab. Bei Linientaxierungen konnten hier etwa alle 200 Meter ein beflogenes Nest festgestellt werden.[21] Eine 2004 abgeschlossene Langzeituntersuchung entlang verschiedener busch- und baumbestandener Straßen in Kasachstan ergab stark schwankende Ergebnisse von 0,1 – 16,7 BP auf 10 Straßenkilometer.[21]

Nahrung und Nahrungserwerb Bearbeiten

Wie Raubwürger

Brutbiologie Bearbeiten

Wie Raubwürger

Systematik Bearbeiten

Mit Stand Ende 2019 scheint sich die Ansicht durchgesetzt zu haben, dass der Steppenraubwürger als Unterart des Raubwürgers zu betrachten ist.[22]

Literatur Bearbeiten

  • Tony Harris, Kim Franklin: Shrikes & Bush-Shrikes. Including wood-shrikes, helmet-shrikes, flycather-shrikes, philentomas, batises and wattle-eyes. Christopher Helm, London 2000, ISBN 0-7136-3861-3.
  • Norbert Lefranc, Tim Worfolk: Shrikes. A Guide to the Shrikes of the World. Pica Press, 1997, ISBN 1-4081-3505-1.
  • Reuven Yosef & International Shrike Working Group (2018): Great Grey Shrike (Lanius excubitor). In: del Hoyo, J., Elliott, A., Sargatal, J., Christie, D.A. & de Juana, E. (eds.). Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona. Hochgeladen von http://www.hbw.com/node/60482 am 4. September 2018.
  • Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, ISBN 978-954-642-576-8.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. IOU - Bird List Shrikes
  2. Avibase Factsheet
  3. Reuven Yosef & International Shrike Working Group, C.J Sharpe, J.S. Marks und G.M. Kirwan: Great Grey Shrike (Lanius excubitor). In: del Hoyo, J., Elliott, A., Sargatal, J., Christie, D.A. & de Juana, E. (eds.). Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona. (heruntergeladen von http://www.hbw.com/node/60482 am 4. September 2018).
  4. Jelmer Poelstra: Speciation in shades of grey: the great grey shrike complex. In: Dutch Birding 32: 229-250, 2010
  5. Yaroslav A. Red’kin, Vladimir Yu. Arkhipov, Sergej V. Volkov, Aleksej A. Mosalov und Evgenij A. Kobli: Art oder keine Art? Strittige taxonomische Ansichten zu den Vögeln Nord-Eurasiens. In: Ornithologische Mitteilungen Jahrgang 68 (2016) Nr. 11/12: 327 – 354.
  6. T. Harris, K. Franklin: Shrikes & Bush-Shrikes… 2000, S. 157.
  7. a b Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 244–245 ISBN 978-954-642-576-8.
  8. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 241–242 ISBN 978-954-642-576-8.
  9. T. Harris, K. Franklin: Shrikes & Bush-Shrikes… 2000, S. 62.
  10. Alarmrufe
  11. Dreisilbige Alarmrufe und nasales Krächzen
  12. Pfiff und Gesang
  13. Gesang
  14. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 261–262 ISBN 978-954-642-576-8.
  15. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 238–248 ISBN 978-954-642-576-8.
  16. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 239–240 ISBN 978-954-642-576-8.
  17. Anm.: Nach Panov (S. 341) sind der englische- und der deutsche Trivialname Steppe Gray Shrike / Steppenraubwürger insofern irreführend, als die Art vor allem ein Bewohner arider und semiarider, nur mehr spärlich bewachsener Landschaftsräume ist, also in Wüsten und Halbwüsten wesentlich stärker verbreitet ist als in Steppen. Wüstenraubwürger, bzw. Desert Gray Shrike wären also die treffenderen Bezeichnungen.
  18. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 241 ISBN 978-954-642-576-8.
  19. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 243–244 ISBN 978-954-642-576-8.
  20. Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 243 ISBN 978-954-642-576-8.
  21. a b Evgenij N. Panov: The True Shrikes (Laniidae) of the World – Ecology, Behavior and Evolution. Pensoft Publishers, Sofia 2011, S. 244 ISBN 978-954-642-576-8.
  22. IOC-Birdnames - Shrikes, vireos, shrike-babblers IOC World Bird List eng.