Als Gütersloher Fußballkrieg wurde in den 1960er und 1970er Jahren die sportliche Rivalität zwischen den Fußballclubs SVA und DJK Gütersloh bezeichnet. Die Bezeichnung „Fußballkrieg“ geht auf einen Artikel des Sportmagazins Kicker zurück.[1]
Geschichte
BearbeitenNachdem der SVA Gütersloh von 1951 an durchgängig in der höchsten westfälischen Amateurliga spielte musste die Mannschaft im Jahre 1963 in die Landesliga Westfalen absteigen. Ein Jahr später bot sich der Möbelfabrikant Willy Stickling aus dem nahen Avenwedde dem SVA als Sponsor an. Die Vereinsführung wies ihn jedoch an, so dass sich Stickling der DJK Gütersloh zuwandte. Dieser Verein war erst im Jahre 1963 entstanden, als die jeweils 1953 durch Abspaltung vom SVA enstandenen Vereine DJK Blau-Weiß Gütersloh und DJK Gütersloh-Süd fusionierten. Stickling holte mehr als 50 Spieler zum Verein, die nach eigener Aussage „nicht alle wegen der schönen blauen Trikots zur DJK gekommen waren“.[1] Schon 1965 stieg die DJK in die Landesliga auf und traf dort erstmals in Ligaspielen auf den SVA. In der Saison 1966/67 lieferten sich beide Vereinen ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um die Meisterschaft, welches der SVA mit zwei Punkten Vorsprung auf die DJK für sich entscheiden sollte. Ein Jahr später stieg auch die DJK auf und beide Vereine trafen sich in der Verbandsliga Westfalen wieder.
Dort sorgte die DJK für einen Machtwechsel, als sie sich in der Saison 1968/69 auf Anhieb die Meisterschaft sicherten und in der folgenden Aufstiegsrunde den Sprung in die Regionalliga West schafften. Der Aufstieg in die Regionalliga war bei der DJK nicht unumstritten. Einige Puristen unter den Vereinsmitgliedern waren der Meinung, dass der Verein als Mitglied der Deutschen Jugendkraft im bezahlten Fußball „nichts zu suchen hätte“. Der Kicker stellte 1969 in einem Artikel über den Verein die Frage, seit wann „die Kirche etwas gegen Geld hätte“. Für die Regionalliga musste die Mannschaft ihre bisherige Heimspielstätte, den Ludwig-Wolker-Platz an der Schledebrückstraße verlassen, da dieser den Anforderungen nicht entsprach.[1] Die naheliegendste Lösung war der Umzug in das Heidewaldstadion, was zu Problemen mit dem SVA führte, der gemeinsam mit der Schützengesellschaft das Stadion Pächter des Stadions war.[2]
Zunächst weigerte sich der SVA, dass die von ihren eigenen Fans als „Kirchen-Elf“ verspottete DJK[1] ebenfalls das Heidewaldstadion bezieht. Es folgten langwierige Verhandlungen, die schließlich damit endeten, dass die Stadt Gütersloh am 1. August 1969 das Pachtverhältnis für 50 Jahre übernahm mit einer Option auf weitere 50 Jahre. Die SVA erhielt im Gegenzug eine Abfindung, zumal der bisherige Pachtbetrag ohnehin 1975 ausgelaufen wäre. Vielen SVA-Anhängern vertraten dennoch die Meinung, dass die DJK „in Rheda oder auf dem Mond hätte spielen sollen“.[2] Erst 1971 kam es wieder zu einem Stadtderby, nachdem der SVA unter Trainer Erhard Ahmann ebenfalls in die Regionalliga aufgestiegen war. Beide Partien der Saison 1971/72 wurden auf neutralen Plätzen ausgetragen. Da das Heidewaldstadion umgebaut wurde wich der SVA in die TSG-Kampfbahn in Rheda aus, während die DJK ihre Heimspiele im Stadion Brackwede austrug.[2]
1974 schaffte die DJK Gütersloh die Qualifikation für die neu geschaffene 2. Bundesliga dank eines 3:1-Sieges am letzten Spieltag beim Derby vor 6000 Zuschauern.[3] Die DJK hielt sich für zwei Jahre in der 2. Bundesliga, bevor sie wieder in die Verbandsliga absteigen musste. Der SVA verpasste sowohl 1975 als auch 1977 den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Jahrzehnte später behaupteten die Spieler, dass sie aus finanziellen Gründen nicht aufsteigen durften, da der Verein noch unter den Altlasten aus den Regionalligajahren zu kämpfen hatte.[4] Auch die DJK konnte nach dem Abstieg in die Verbandsliga nicht mehr an einstige Erfolge anknüpfen. In der Saison 1977/78 wurde die DJK Achter und der SVA Neunter. Am 12. Mai 1978 fusionierten schließlich die Fußballabteilungen beider Vereine zum FC Gütersloh und beendeten damit den „Gütersloher Fußballkrieg“. Fußballhistoriker Hardy Grüne spracht von einer „Vernunftehe, die keine Liebesheirat war“.[1]
Ergebnisse
BearbeitenEs gab zwölf Meisterschaftsspiele zwischen beiden Vereinen. Davon gewann der SVA vier und die DJK sechs bei zwei Unentschieden. Die Tordifferenz beträgt aus Sicht des SVA 14:15.
Jahr | Spielklasse | SVA – DJK | DJK – SVA | Quelle |
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1968/69 | Verbandsliga, Gr. 1 | 2:1 | 1:0 | [5] |
1971/72 | Regionalliga West | 3:0 | 1:0 | [6] |
1972/73 | Regionalliga West | 0:1 | 2:0 | [7] |
1973/74 | Regionalliga West | 0:3 | 3:2 | [3] |
1976/77 | Verbandsliga, Gr. 1 | 1:1 | 0:0 | [8] |
1977/78 | Verbandsliga, Gr. 1 | 2:1 | 1:4 | [9] |
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e Hardy Grüne, Christian Karn: Das große Buch der deutschen Fußballvereine. AGON Sportverlag, Kassel 2009, ISBN 978-3-89784-362-2, S. 193.
- ↑ a b c Werner Skrentny (Hrsg.): Das große Buch der deutschen Fußball-Stadien. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2010, ISBN 978-3-89533-668-3, S. 156.
- ↑ a b Ergebnisse/Tabelle 1973/74. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
- ↑ Uwe Kramme: "Wir durften ja nicht aufsteigen". Neue Westfälische, abgerufen am 23. September 2015.
- ↑ Ergebnisse/Tabelle 1968/69. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
- ↑ Ergebnisse/Tabelle 1971/72. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
- ↑ Ergebnisse/Tabelle 1972/73. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
- ↑ Ergebnisse/Tabelle 1976/77. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
- ↑ Ergebnisse/Tabelle 1977/78. Jörg Rudolf, abgerufen am 9. August 2021.
Kategorie:Fußballderby Kategorie:FC Gütersloh Kategorie:Geschichte (Gütersloh)
Personendaten | |
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NAME | Kuschmann, Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Fußballspieler |
GEBURTSDATUM | 21. August 1979 |