Schloss vom Schlossplatz aus
Torbau des Höchster Schlosses
Detail über dem Torbogen: St. Martin teilt seinen Mantel

Das Höchster Schloß war die Residenz der Amtsleute des Mainzer Erzbistums in der ehemaligen Stadt Höchst am Main. Es besteht aus dem im 14. bis 16. Jahrhundert erbauten Alten Schloß und dem Ende des 16. Jahrhundert entstandenen Neuen Schloß. Beide befinden sich im Besitz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Seit 1957 steht das Höchster Schloß jährlich im Mittelpunkt des Höchster Schloßfestes.

Geschichte Bearbeiten

Die gotische Zollburg Bearbeiten

Bereits seit Mitte des 12. Jahrhunderts existierte an der Stelle des heutigen Schlosses eine Burganlage in Höchst. Ihre Reste, die nicht zur späteren gotischen Zollburg paßten, wurden 1981 bei Schachtungsarbeiten auf dem Gelände des Schlosses entdeckt. Auch die urkundliche Erwähnung eines vom erzbischöflichen Stuhl zu Mainz ab dem 12. Jahrhundert in Höchst eingesetzten Burggrafen läßt den Schluß zu, daß ab dieser Zeit eine Burganlage in Höchst existierte. Die gefundenen Gräben, Bodenfliesen und Palisadenreste lassen allerdings keine Rückschlüsse auf die Form der Anlage zu.




Das Alte Schloß Bearbeiten

 
Das Höchster Schloß auf zwei Kupferstichen aus dem frühen 17. Jahrhundert

Das Alte Schloß ersetzte die gotische Zollburg aus dem 13. Jahrhundert. Allein der Bergfried dieser Burg ist noch erhalten. Er wurde allerdings 1681 mit einer barocken Haube versehen, der dem Gesamtbauwerk heute seine Einzigartigkeit verleiht. In der Laterne der Haube hing die Sturmglocke der Stadt aus dem Jahr 1475. Die Glocke steht inzwischen in einer vergitterten Nische der Schlossmauer. Sie trägt die Inschrift

„IR BURGER ICH WARNE YCH ALLE SO IR HORET MYN SCHALLE – KELLERHEN VON HYNGE“

Der Rest des Schlosses wurde 1586 im Baustil der Renaissance erbaut. Der Palas und damit der Hauptteil des Bauwerks wurde während des Dreißigjährigen Krieges im Januar 1635 durch die Truppen Bernhards von Sachsen-Weimar niedergebrannt. Das Schloss wurde nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut, die Steine der Ruine wurden 1772 zum Bau des Bolongaropalastes genutzt. Erhalten ist lediglich der Gewölbekeller des Palas und ein Stück Mauerwerk an der südwestlichen Ecke der Plattform.

Nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 und der Auflösung des Kurfürstentums Mainz ging das Höchster Schloss 1803 in den Besitz des Herzogtums Nassau über. Mit der Annexion des Herzogtums durch Preußen 1866 nach dem Deutschen Krieg fiel das Schloss an den preußischen Staat. 1908 erwarb die Familie Adolf von Brünings, einer der Gründer der Farbwerke Höchst, den verfallenden Gebäudekomplex vom preußischen Fiskus, ließ ihn renovieren und öffnete den Park für die Öffentlichkeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die amerikanischen Besatzungstruppen 1945 beide Teile des Schlosses. Im Neuen Schloss befanden sich bis 1966 die Studios des Soldatensenders American Forces Network.[1]

1961 kaufte die Hoechst AG den Erben das Schloss ab. Das Alte Schloss wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es wurde Sitz des Museums für Höchster Geschichte und des Firmenmuseums der Hoechst AG.

Nach der Fusion der Hoechst AG mit Rhône-Poulenc und der Verlagerung des Firmensitzes nach Straßburg ging das Schloss auf die Infraserv Höchst über, die es zum 1. Januar 2002 an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz verkaufte. Die Stiftung kehrte damit an ihren Ursprungsort zurück: Sie war 1985 mit Unterstützung des Hoechster Vorstandes gegründet worden. Die entscheidende Vorstandssitzung hatte im Höchster Schloss stattgefunden.

Seit 2007 befindet sich im Schloss die Denkmalakademie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die bisher im Schloss befindlichen zwei Museen wurden zum Jahresende 2006 geschlossen. Seitdem ist das Schloss für die Öffentlichkeit nur eingeschränkt zugänglich, so finden beispielsweise im Schlosskeller Jazzveranstaltungen statt. Die Parkanlage im Burggraben und der Schlosshof sind für Besucher tagsüber auch weiterhin erreichbar. Die Stiftung Denkmalschutz für seit 2007 Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen am Schloß und am Burggraben durch.

Das Neue Schloss Bearbeiten

 
Westfassade des Neuen Schlosses
 
Neues Schloss von Südosten

Verlässliche Daten über den Ursprung der „Neues Schloss“ genannten Anlage liegen nicht vor, auch die weitere Geschichte ist nur lückenhaft dokumentiert. Der Bau stammt wahrscheinlich aus dem späten 16. Jahrhundert und war wohl ein ehemaliger Adelshof. Mit Erweiterung der Stadt und dem Ausbau des Höchster Schlosses im späten 16. Jahrhundert entstand daraus das Neue Schloss, auch „Cavaliersbau“ genannt. Es diente als kurfürstliches Gästehaus.[2]

Nach der Säkularisierung 1803 ging die Anlage an das Herzogtum Nassau und 1866 an die preußische Finanzverwaltung über. Mitte des 19. Jahrhunderts war das neue Schloss im Besitz der Familie Andreae-Winkler, die hier bis 1863 eine Weinhandlung unterhielt.

1908 kaufte die Familie von Brüning von der preußischen Finanzverwaltung die gesamte Höchster Schlossanlage und nutzte sie als Wohnung und Gästehaus. Die Liegenschaft ging später in den Besitz der von Brüningschen Familienstiftung über. Während der französischen Besatzung Höchsts zwischen 1918 und 1930 wurde das Schloss von den Franzosen beschlagnahmt und als Offizierskasino genutzt. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte der Soldatensender AFN ab Juli 1945 bis 1966 ein Sendestudio im Neuen Schloss, die Mannschaftsunterkünfte befanden sich im Alten Schloss.

Hoechst AG erwarb die Schlossanlage im Jahr 1962 von der von Brüningschen Familienstiftung und richtete 1972 das Neue Schloss als repräsentatives Gästehaus ein. Im Zuge der Umgestaltung der Hoechst AG zu einer Managementholding ging der Komplex auf die Infraserv Höchst über, die ihn zum 1. Januar 2002 für einen symbolischen Preis an die Deutschen Stiftung Denkmalschutz verkaufte. Die Gastronomie ist an die Eurest Deutschland verpachtet.

Das Neue Schloss dient als exklusiver Veranstaltungsort mit gehobener Gastronomie und einem kulturellen Rahmenprogramm.

Architektur Bearbeiten

Das Alte Schloß Bearbeiten

Das repräsentative Torhaus im Osten ist eindeutig der Renaissance zuzuordnen. Man erkennt die Trennung der Fassade in zwei Stockwerke. Im unteren Stockwerk herrscht die dorische Säulenordnung. Der Fries enthält das Bild des Heiligen Martin. Im zweiten Stockwerk dominiert dagegen die ionische Säulenordnung. Die Bauelemente sind durch prunkvolle Bemalung und Vergoldung voneinander getrennt.

Das Hauptgebäude des Schlosses verfügt über einen rechteckigen Grundriss, an dessen nordöstlicher Ecke sich ein niedriger runder Turm anschließt. Er verfügt über eine glockenförmige Haube im Renaissance-Baustil. Der gotische Bergfried mit barocker Haube befindet sich im südwestlichen Teil des Hauptgebäudes. Auf der nördlichen und der südlichen Seite dominiert der charakteristische Renaissance-Giebel des Daches.

Das Neue Schloß Bearbeiten

Der zweigeschossige Längsflügel der Anlage verläuft in Nord-Süd-Richtung und grenzt mit seiner Westfassade an den Brüningpark. In seiner Mitte trägt er einen erkerförmigen Renaissancegiebel. Hier ist an der Ostseite des Bauwerks der ebenfalls zweigeschossige Querflügel angesetzt. Im Querflügel befindet sich der Eingang mit einer Tordurchfahrt und die Veranstaltungshalle, an seiner Nordseite ist ein Treppenturm aus den 1970er Jahren angesetzt. Die Ostseite des Querflügels ist ebenfalls mit einem Renaissancegiebel abgeschlossen. Zur Bolongarostraße hin wird die Anlage durch einen fensterlosen Wirtschaftsflügel abgeschlossen.

Der Garten des Neuen Schlosses erstreckt sich auf der Mainseite, er wird in Westen und in Süden von der Höchster Stadtmauer begrenzt. Im Osten des Gartens liegt der Graben des Alten Schlosses. Eine Brücke, die auf der Stadtmauer über den Schloßgraben führt, verbindet beide Anlagen miteinander. Der an der Südwestecke der Höchster Stadtbefestigung stehende Ochsenturm ist vom Garten aus über eine Treppe zugänglich, sein Turmzimmer kann als Konferenzraum gemietet werden.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. History of AFN Europe (engl.)
  2. Nach Lit. Großbach, Höchst am Main. Gestern, heute, morgen.

Literatur Bearbeiten

  • Wilhelm Frischholz: Alt-Höchst. Ein Heimatbuch in Wort und Bild.. Frankfurt am Main 1926: Hauser.
  • Wilhelm Grossbach: Höchst am Main. Gestern, heute, morgen. Frankfurt am Main 2006: Frankfurter Sparkasse.
  • Wolfgang Metternich: Die städtebauliche Entwicklung von Höchst am Main. Frankfurt-Höchst 1990: Stadt Frankfurt und Verein für Geschichte und Altertumskunde.
  • Wolfgang Metternich: Die Burg des 13. Jahrhunderts in Höchst am Main. Frankfurt am Main-Höchst 1995: Verein für Geschichte und Altertumskunde
  • Rudolf Schäfer: Das kurmainzische Schloß zu Höchst am Main. Höchster Geschichtshefte 30/31. Frankfurt-Höchst 1978: Verein für Geschichte u. Altertumskunde.
  • Rudolf Schäfer: Höchst am Main. Frankfurt am Main 1981: Frankfurter Sparkasse von 1822.
  • Rudolf Schäfer: Chronik von Höchst am Main. Frankfurt am Main 1986: Waldemar Kramer.

Weblinks Bearbeiten

Commons: EvaK/Höchster Schloss – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten


Koordinaten: 50° 5′ 53″ N, 8° 32′ 49″ O