Bahnstrecke Bad Kreuznach–St. Johann

Bauwerk in Deutschland

Die Bahnstrecke Bad Kreuznach–St. Johann war eine Überlandstraßenbahn der Kreuznacher Straßen- und Vorortbahnen, die von 1912 bis 1953 betrieben wurde.

Bad Kreuznach–St. Johann[1]
Triebwagen auf dem Stadthausplatz, 1906
Triebwagen auf dem Stadthausplatz, 1906
Streckenlänge:15,8 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Zweigleisigkeit:nein
0,0 Bismarckplatz (heute: Kornmarkt)
nach Bad Münster am Stein
Bahnhof Bad Kreuznach
0,6 Bahnhof Bad Kreuznach
Nahetalbahn
Straßenbahndepot
Lämmerbrücke
Seifenfabrik
Preußen / Hessen
5,1 Bosenheim
7,9 Pfaffen-Schwabenheim
Appelbach
9,8 Badenheim
Bahnhof Badenheim
Bahnstrecke Sprendlingen–Fürfeld
Rheinhessenbahn
13,3 Bahnhof Sprendlingen
Stichgleis zum Empfangsgebäude
Sprendlingen Markt
15,8 St. Johann

Technische Parameter Bearbeiten

Die Strecke war meterspurig, elektrifiziert und 15,8 km lang. Im Personenverkehr wurden Straßenbahnfahrzeuge eingesetzt. Es wurde aber auch Güterverkehr angeboten. Dafür gab es Elektrolokomotiven und Rollböcke, um normalspurige Güterwagen der Staatsbahn befördern zu können.[2]

Verkehrsgeografie Bearbeiten

Die Strecke führte vom Bismarckplatz (heute: Kornmarkt) über den Bahnhof Bad Kreuznach in östlicher Richtung, am Straßenbahndepot vorbei aus Kreuznach hinaus, überquerte die Landesgrenze zwischen Preußen und Hessen und führte nach Badenheim (9,8 km). Hier überquerte sie die Bahnstrecke Sprendlingen–Fürfeld, in Sprendlingen die Bahnstrecke Worms–Bingen Stadt (Rheinhessenbahn). In St. Johann, der Endstation angekommen, hatte die Strecke eine Steigung von etwa 200 m genommen.[3]

Geschichte Bearbeiten

Seit 1906 betrieben die Kreuznacher Straßen- und Vorortbahnen eine Straßenbahn in Kreuznach, die auch über den südlichen Ortsrand in die Nachbargemeinde Bad Münster führte.[4] 1911 kam die Linie 2 mit der Strecke Kreuznach–Langenlonsheim hinzu.

Bau Bearbeiten

Lange diskutiert wurde über eine Strecke nach St. Johann, eine Querverbindung in den östlich angrenzenden hessischen Landkreis Alzey.[5] Die Diskussion um die Strecke zog sich hin. Zum einen leistete Sprendlingen Widerstand, zum anderen wurde die Idee in die Diskussion eingebracht, ob eine Verbindung in Normalspur nicht sinnvoller sei.[6]

Zustande kam schließlich ein Streckenneubau von knapp 14,5 km in Meterspur, davon etwa 13 km mit eigenem Gleiskörper.[7] Gebaut wurde die Strecke, wie schon die beiden anderen, von der Eisenbahnbau-Gesellschaft Becker & Co GmbH, Berlin. Deren Geschäftsmodell bestand darin, mit dem für den Betrieb der Straßenbahn erforderlichen Elektrizitätswerk zugleich die Anliegergemeinden mit Strom für das öffentliche Netz zu versorgen. Deshalb wurden, als die Strecke in Betrieb ging, die Anliegergemeinden mit einer öffentlichen Stromversorgung versehen und an das Elektrizitätswerk in Kreuznach angeschlossen.

Betrieb Bearbeiten

Die Strecke nahm am 7. November 1912 bis Badenheim[8][9] und am 21. Dezember 1912 bis St. Johann[10] als Linie 3 ihren Betrieb auf.

Die Wagen der Linie 3 führten eine weiß-rote Scheibe als Erkennungszeichen.[5] Etwa 15 bis 20 Mal am Tag verkehrten Zugpaare, jedoch ohne Taktfahrplan. Nachdem 1938 die Strecke nach Langenlonsheim aufgegeben wurde, erhielt die Verbindung nach St. Johann die Liniennummer „2“. Der Fahrplan der Linie war zeitweise auch in Eisenbahn-Kursbüchern abgedruckt.[11]

Über den Linienbetrieb im Personenverkehr erfolgte auf der Strecke auch Güterverkehr: In Sprendlingen gab es eine Rollbockgrube, wo normalspurige Güterwagen auf Rollböcke verladen werden konnten. Die Güterzüge wurden durch Elektrolokomotiven gezogen.[7] Die Strecke wies insgesamt fünf private Anschlussgleise von 1,89 km, unter anderem zu Raiffeisen in St. Johann, sowie zusätzlich Ladegleise auf. Zwischen Bosenheim und Sprendlingen beförderte die Straßenbahn zudem Postsendungen.[12]

Die Strecke wurde während des Zweiten Weltkriegs weiter befahren. Nach Luftangriffen und Brückensprengungen 1944/45 kam es zu Einschränkungen sowie zu einer Einstellung des Betriebs von Mai bis Dezember 1945. 1946 wurde der Verkehr wieder aufgenommen. Wie in vielen anderen deutschen Städten wurden die veralteten Straßenbahnwagen in Bad Kreuznach mehr und mehr als Verkehrshindernis betrachtet. Außerdem fehlten Wille und Mittel für eine Modernisierung der Fahrzeuge und der Infrastruktur. Der Straßenbahnbetrieb wurde deshalb am 5. Januar 1953 insgesamt eingestellt und durch Omnibusse ersetzt.[13]

Literatur Bearbeiten

  • Rudolf Brumm: Die Kreiznacher [!] Elektrisch in Bildern. Nahetal, Bad Kreuznach 1989. ISBN 3-926421-01-0
  • Rudolf Brumm: Die Kreiznacher [!] Elektrisch 1906–1953. Eine Zusammenfassung über Planung, Bau und Betrieb der Kreuznacher Strassen- [!] und Vorortbahnen […]. Rudolf und Rainer Brumm, Bad Kreuznach 2002.[Anm. 1] [Zitiert als: Brumm (2002)].
  • Dieter Höltge: Deutsche Straßen- und Stadtbahnen 4 = Rheinland-Pfalz/Saarland. Wolfgang Zeunert, Gifhorn 1981. ISBN 3-921237-60-2, S. 6–22.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Vorauflage: 1977.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Angaben nach Brumm (2002), S. 6, 17, 65ff.
  2. Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 18. Dezember 1915, Nr. 62. Bekanntmachung Nr. 819, S. 399: Genehmigung der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion Mainz für den Rollbockverkehr zwischen Sprendlingen und St. Johann.
  3. Brumm (2002), S. 78.
  4. Brumm (2002), S. 30.
  5. a b Brumm (2002), S. 41.
  6. Brumm (2002), S. 64f.
  7. a b Höltge, S. 10.
  8. Brumm (2002), S. 70
  9. Höltge, S. 10, nennt den 6. November 1912 als Tag der Eröffnung.
  10. Brumm (2002), S. 74.
  11. Vgl. etwa: Kursbureau des Reichs-Postamts (Hg.): Reichs-Kursbuch. Übersicht der Eisenbahn-, Post-, und Dampfschiff-Verbindungen in Deutschland, Österreich-Ungarn, Schweiz sowie der bedeutenderen Verbindungen der übrigen Teile Europas und der Dampfschiff-Verbindungen mit außereuropäischen Ländern. Berlin 1914. Nachdruck 1974, Tabelle 209k.
  12. Höltge, S. 12.
  13. Brumm (2002), S. 123.