Backhaus


Ein Backhaus, auch Gemeindebackhaus (in manchen Gegenden Deutschlands „Backes“ genannt; englisch bakehouse, französisch four, spanisch horno oder in der Schweiz auch als Ofenhaus bekannt), stand, da unverzichtbar ehemals in nahezu jedem Ort; je nach Größe des Dorfes gab es auch zwei. Abgelegene Gehöfte oder Mühlen hatten eigene kleine Backhäuser.
Meist war es ein einfacher Zweckbau mit zentralem oder teilweise die Außenwände bildenden Backofen; oftmals auch verbunden mit dem örtlichen Rathaus (siehe Bad Endbach, Backhäuser) im Obergeschoss. Backhäuser standen im Ortskern, aber etwas abseits von der nächsten Bebauung wegen der Brandgefahr. Der flachgewölbte Ofen aus Tuffsteinen wurde mit Holz befeuert, die Asche entfernt und anschließend mit den Teigrohlingen belegt. Der Sauerteig-Brotteig wurde zu Hause zu Laiben geformt und zum Backhaus getragen wo er gebacken wurde. In manchen Gegenden brachte man den zu Hause vorbereiteten und von feuchten Tüchern bedeckten Teig mit und formte ihn erst im Backhaus zu Laiben. Die Reihenfolge, wer wann backen konnte, wurde eine Woche zuvor ausgelost.
GeschichteBearbeiten
Das Garen von Speisen wie auch das Backen von Brot war grundsätzlich Frauensache. Ursprünglich wurde der Teig auf heiße Steine gelegt und nach kurzer Zeit gewendet. Später hatte nahezu jedes Haus eine offene Feuerstelle, wo ein Kochkessel aufgehängt werden konnte und – getrennt davon und meist im Hof – einen in der Regel gewölbten Backofen, in welchem der Brotteig auf die heißen Steine gelegt wurde und gleichzeitig Oberhitze empfing. Mit der Entwicklung von Städten wurde diese Praxis allmählich aufgegeben und es entstanden die ersten Bäckereien.
Der Ursprung gemeinschaftlich genutzter Backhäuser liegt im Dunkeln; wahrscheinlich gab es sie bereits in der Antike. Im mittelalterlichen Europa sind sie im 14. Jahrhundert nachgewiesen; ihre flächendeckende Verbreitung begann jedoch erst im 17. Jahrhundert, als in mehreren Territorien des Heiligen Römischen Reiches Hausbacköfen wegen der Brandgefahr und des höheren Holzverbrauchs hoheitlich untersagt wurden. In ländlichen Regionen waren Backhäuser bis in die 1960er Jahre verbreitet; in größeren Orten mit eigenen Bäckern wurden viele zuvor und auch noch später abgerissen.
Regelmäßige Backtage der Gemeindemitglieder sparten den Bäcker, den eigenen Ofen und Energie. In vielen Orten wurde die Reihenfolge des Backens jedes Mal durch Lose neu bestimmt, da das Backen am Anfang durch die noch sehr große Hitze und am Ende durch den bereits teilweise abgekühlten Ofen schwieriger war. Auch Arbeiten wie Anheizen und Reinigen des Ofens nach dem Backen mussten mitunter von den ersten bzw. letzten Nutzern übernommen werden.
Der meist einmal wöchentlich stattfindende Backtag stellte mit seiner festgelegten Backzeit ein wichtiges, die Interaktion und Gemeinschaft förderndes Ereignis dar. Beim Warten auf das fertige Brot (seltener auch Kuchen) wurden Neuigkeiten ausgetauscht; oft gab es steinerne Sitzbänke im Raum vor dem Ofen. Ein weiterer Grund für die Errichtung der Backhäuser bestand darin, die Feuergefahr durch Backen in Einzelhaushalten zu vermindern, dies galt vor allem für Regionen, in denen die tendenziell besonders feuergefährdeten Fachwerk- oder Holzhäuser mit Strohdächern üblich waren. Neben dem eigentlichen Ofenraum gibt es mancherorts auch Nebenräume, in denen die vor- oder nachbereitenden Arbeiten durchgeführt werden konnten. Manche Backhäuser waren stattliche Anlagen, die auch für andere Zwecke benutzt wurden, so lag mitunter der Raum für den Schulunterricht im ersten Stock des Backhauses oder dort traf sich der Gemeinderat.
Konstruktion und FunktionBearbeiten
Der Bau der regelmäßig mit einem Rauchabzug ausgestatteten und meist gewölbten, ansonsten aber völlig unterschiedlich gestalteter Backhäuser, wurde zum Teil von spezialisierten Handwerkern übernommen, die in Einzelfällen sogar Zünfte bildeten. Die mit Backofenstein ausgekleideten Öfen wurden mit lokal verfügbarem Heizmaterial beheizt, meist Reisig z. B. vom Obstbaumschnitt und Holz. Vor dem Einbringen der Backware wurde vorgeheizt; die entstandene Glut wurde vor dem Beschicken entfernt.
In jüngster Zeit werden die alten Backhäuser mancherorts zu touristischen oder dörflich-sozialen Zwecken genutzt, in denen einmal oder mehrmals jährlich „Backhausfeste“ stattfinden. Einwohner backen Brot und andere regionale Backwaren, Touristen backen unter Anleitung selbst. Kleine Backhäuser gibt es ferner auf einzelnen Bauernhöfen oder Mühlen oder auf ehemaligen Weingütern.
BeispieleBearbeiten
- Deutschland
- Backhaus Beinstein
- Gemeindebackhaus (Biberach)
- Backhaus Bockhorst (Westfalen)
- Backhaus Bremthal
- Gemeindebackhaus (Brücken)
- Backhaus (Dirmstein)
- Backhaus Eismannsberg (Altdorf bei Nürnberg)
- Backhaus Emmershausen
- Backhaus (Gessel), Syke
- Backhaus Giesel (Landkreis Fulda)
- Backhaus Grönwohld
- Backhaus und Winzerhaus der Hoflößnitz
- Backhaus (Irresheim)
- Backhaus Laufdorf
- Backhaus Alfstraße 32, Lübeck
- Backofen (Niedersteinbach)
- Backhaus Nahrstedt
- Backhaus Seißen
- Gemeindebackhaus (Sontheim)
- Backhaus (Stetten im Remstal)
- Backhaus Törbel
- Backhaus des Oberdorfes, Wetzlar
- Backhaus des Unterdorfes, Wetzlar
- Backhaus (Vagen)
- Backes (Wülscheid) (Ende 19. Jh.)
- Belgien
- Backhaus (Recht), Recht, Ortsteil der belgischen Stadtgemeinde Sankt Vith, Provinz Lüttich